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Japan Brief des Foreign Press Center, Japan

Japan Brief, FPC Nr. 0503

13.01.2005
   

 

Richtungweisendes Urteil im Fall der Blauen Diode (LED);
Firmen schaffen System zur Vergütung von Erfindungen ihrer Angestellten

 Nichia Corp., der japanische Hersteller der blaues Licht emittierenden Diode (LED), erklärte sich zur Zahlung von 840 Millionen Yen (acht Millionen US-Dollar) an einen ehemaligen Angestellten als Kompensation für die Entdeckung der Technologie zur Herstellung der blauen Diode bereit -  einer Entdeckung, die dem damals unbedeutenden Chemieunternehmen aus Japans Provinz das Monopol für die Produktion der blauen Diode bescherte.

Der am 11. Januar vom Gericht vermittelte Vergleich hinsichtlich der Forderung des Erfinders nach einer umfangreichen Kompensation hatte nicht nur als Frage wirtschaftlichen Belanges, sondern auch in Bezug auf seine gesellschaftlichen Auswirkungen hinsichtlich des Überdenkens der Rolle des Individuums in Japans Gesellschaft im Allgemeinen - vor allem aber der Ingenieure in der Industrie - große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Er bewirkte gleichzeitig, dass Wirtschaftskreise die Einführung eines Systems zur angemessenen Vergütung von Erfindungen Angestellter überdenken - ein Problem, das bislang im Verborgenen lag, aber gerade in Zeiten der zunehmenden Bedeutung geistigen Eigentums immer wichtiger wird.

Shuji Nakamura erhob 2002 vor dem Landgericht Tokyo Klage, um seinen früheren Arbeitgeber Nichia Corp., ein Unternehmen in der Stadt Anan in der Präfektur Tokushima, zur Zahlung von 20 Milliarden Yen als Entschädigung für eine 1990 gemachte technologische Erfindung zu zwingen - zu einem Zeitpunkt, als er Angestellter der Firma war, die er dann 1999 verließ. Nakamura, ein japanischer Staatsbürger, der gegenwärtig eine Professur an der University of California in Santa Barbara inne hat, klagte, dass die Firma dank seiner Erfindung, die als wichtiger Durchbruch in diesem Bereich gilt, immense Profite machte und weiterhin macht.

Die blaue LED ist ein Halbleiter, der blau leuchtet, sobald er unter Strom gesetzt wird. Während die rote und grüne Diode bereits vor mehr als zwanzig Jahren erfunden wurden, erwies sich die blaue LED als weitaus komplizierter und wurde als langfristiges Forschungsprojekt gehandelt. Nakamuras Erfindung wurde durch Nichia 1993 - viel früher als erwartet - für eine breite Anwendung von großformatigen Bildschirmen und Signalleuchten bis hin zu Lichtquellen für Handydisplays auf den Markt gebracht.

Im Januar 2004 verurteilte das Landgericht Tokyo das Unternehmen auf der Basis geschätzter Einnahmen in Höhe von 120,8 Milliarden Yen bis zum Auslaufen des Patents im Jahre 2010 zur Zahlung der gesamten von Nakamura geforderten Summe. In der Urteilsbegründung wurde der Beitrag von Nakamura an den Gewinnen mit 50% oder 60 Milliarden Yen - weit mehr als er gefordert hatte - beziffert.

Bestürzt ob der Höhe der Entschädigungssumme focht das Unternehmen das Urteil vor dem Oberlandesgericht Toyko an. Der Gerichtshof versuchte anstelle eines neuen Verfahrens zwischen beiden Parteien zu vermitteln und erreichte ein Übereinkommen beider Seiten zu folgenden Konditionen: Der Gerichtshof schätzte die Einkünfte der Nichia Corp. aus der Technologie für die blaue Diode gemeinsam mit möglichen Gewinnen aus weiteren 159 kleineren Patenten, an denen Nakamura beteiligt war, auf eine erheblich geringere, jedoch nicht genau definierte Summe. Nakamuras Beitrag wurde mit 5% der den Patenten zugeschriebenen Gewinne beziffert. Nichia erklärte sich schließlich zur Zahlung von 608 Millionen Yen als Gegenleistung für seine Erfindung zuzüglich 230 Millionen Yen Verzugszinsen bereit.

Obgleich der Konflikt beigelegt ist, scheint er weitaus mehr Fragen aufgeworfen zu haben, als durch das Kompensationssystem für so genannte "Erfindungen von Unternehmensangestellten" beantwortet werden; zudem hat er lediglich verdeutlicht, dass die japanische Unternehmenswelt für die kommenden Veränderungen auf diesem Gebiet nicht gewappnet ist.

Besonders überraschend war für die allgemeine Öffentlichkeit die große Diskrepanz zwischen den beiden Gerichtsentscheiden in Bezug auf die Nakamuras Erfindung zugeschriebenen Gewinne und seinen diesbezüglichen Beitrag. Ebenso überraschend war die extrem niedrige Summe, die Nakamura ursprünglich als Gegenleistung für seine Erfindung im Angestelltenstatus zugesprochen wurde - lediglich 20.000 Yen als "angemessene Entschädigung". Die Asahi Shimbun kommentierte in ihrer Ausgabe vom 12. Januar, dass diese Zahlen "als Maßstab für den angemessenen Wert einer Erfindung nur staunen machen. Anders können das normale Bürger nicht sehen."

Die Vermittlung durch das Oberlandesgericht Tokyo brachte somit Erleichterung für die Firmenvorstände, die die Entscheidung nach dem schockierenden Urteil des Landgerichts Tokyo zur Zahlung einer Summe, die - wie sie sagten -  in ihrer Höhe das Wirtschaftsklima erheblich gestört hätte, ungeduldig verfolgt hatten. Hiroshi Okuda, Vorsitzender des Unternehmensverbands Keidanren erklärte, dass die ausgehandelten Bedingungen "mit den üblichen Maßstäben einhergingen".

Zweifelhaft ist hingegen, dass der Gerichtshof nicht offenbarte, wie er auf die geschätzte Summe der der Erfindung zugeschriebenen Gewinne und die dem Erfinder zugestandenen 5 % Beteiligung kam. In vergangenen Gerichtsurteilen ähnlicher Prozesse um Erfindungen von Angestellten schienen 5 % mehr oder weniger die Regel zu sein - die Art der Berechnung wurde allerdings nie vollständig erläutert, was zu einiger Kritik führte, inwieweit Juristen eigentlich kompetent genug sind, wenn es um die adäquate Einschätzung der zu zahlenden Entschädigung geht.

Summe erscheint sehr hoch

Im Gegensatz zu Nichias gefeiertem "Sieg" im Rahmen des Vergleichs hielt Nakamura mit seiner Unzufriedenheit und seinem Ärger über die Entscheidung, die er lediglich mangels Aussicht auf ein besseres Ergebnis nach einer weiteren Verhandlung akzeptierte, nicht zurück. Nichtsdestotrotz sind 840 Millionen Yen für einen Einzelnen als Vergütung einer Erfindung eines Angestellten in Japan eine stattliche Summe. Nakamuras Klage gegen seinen Arbeitgeber gilt gleichwohl als Ereignis historischer Dimension und wird eine Reihe ähnlicher Verfahren auslösen. Sein Vorgehen wird als heroischer Kampf eines Einzelnen gegen eine Gesellschaft angesehen, die selbst hochtalentierte Wissenschaftler lieber versteckt und der das Risiko auf sich nahm, als "Verräter" angesehen zu werden. Die Nihon Keizai Shimbun hob in ihrer Ausgabe vom 12. Januar den Rechtsstreit hervor und unterstrich "seine Bedeutung im Kampf gegen die vorherrschende Geringschätzung von Erfindungen Angestellter und die Tatsache, diesen Fakt öffentlich gemacht zu haben." Die Zeitung wertete Nakamuras Prozess und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Tokyo als "folgenreiche Entwicklung für die Industrie zur Verbesserung der Entschädigungen und des Umgangs mit Erfindern".

Auch für die Unternehmen ist dieses Urteil bedeutsam, insbesondere in einer Zeit, da sie sich in wachsendem Maße mit dem strategischen Wert des Rechts auf geistiges Eigentum und Möglichkeiten seiner Stärkung befassen. Während sich der Großteil der Firmenvorstände angesichts eventuell auf sie zukommender exzessiver Entschädigungsforderungen für Erfindungen von Angestellten höchst beunruhigt zeigt, sehen einige die Notwendigkeit von Leistungsanreizen, um Leistungsträger an das Unternehmen zu binden.

In jedem Falle sind viele Unternehmen nun bestrebt, in präziser und transparenter Weise interne Regelungen für allgemein anerkannte "angemessene Entschädigungsleistungen" aufzustellen. Die Regierung unterstützt dieses Bestreben durch die für den 1. April geplante Verabschiedung eines revidierten Patentrechts, das solche Vereinbarungen gesetzlich regelt. Unter Verweis auf die Berücksichtigung der Unternehmensinteressen durch das Oberlandesgericht Tokyo schrieb die Sankei Shimbun am 12. Januar, dass "die Schaffung eines Systems für eine angemessene Vergütung von Erfindungen und des Beitrags der Erfinder eine dringliche Aufgabe darstellt."

 

(Copyright 2005 Foreign Press Center Japan)

 

 

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