
|
Japan Brief des Foreign Press Center Japan
04.04.2005
Vertrauen in finanzielle
Stabilität scheint wieder hergestellt - nach langer Verzögerung wird
Haftungsbegrenzung für Sparguthaben wieder eingeführt
"Pay-off" - ein in Japan geprägter Begriff, der
seit Jahren im finanziellen Sprachgebrauch verwendet wird, ist am 1.
April nun endlich in Kraft getreten. Das "Pay-off-System" beinhaltet
eine Begrenzung der Haftung für Bankguthaben und deren Zinsen auf 10
Millionen Yen (93.400 US-Dollar), die im Falle einer Insolvenz pro
Bank und pro Anleger gewährt wird. Nach zahlreichen Verzögerungen in
den letzten Jahren hat die Regierung nun in der Hoffnung, dass sich
das japanische Finanzsystem erholt hat, nun erneut eine
Haftungsobergrenze eingeführt und hofft damit, die Krise, in die es
nach Zusammenbruch der Bubble Economy in den achtziger Jahren
geraten war, zu beenden. Das bedeutet gleichzeitig, dass sich die
Regierung Koizumi dazu verpflichtet, das weit verbreitete Problem
der faulen Kredite endgültig zu lösen.
Tatsächlich wurde der Zeitpunkt zur Einführung
einer Haftungsbegrenzung für Bankguthaben als symbolischer
Stabilitätstest für das japanische Finanzsystem angesehen. Vor der
akuten Finanzkrise in den späten neunziger Jahren, die in der
Insolvenz solch großer Finanzinstitute wie Yamaichi Securities,
Hokkaido Takushoku Bank, der Long-term Credit Bank of Japan und der
Japan Credit Bank 1997 und 1998 gipfelte, waren Bankguthaben durch
die regierungsnahe Deposit Insurance Corporation für den Fall einer
Bankinsolvenz bis zu 10 Millionen Yen pro Anleger und pro
Bankinstitut versichert. Dieser Rahmen wurde allerdings 1996 im Zuge
einer fünfjährigen Notmaßnahme aufgehoben und eine unbegrenzte
Rückerstattung garantiert, da man auf dem Höhepunkt der Finanzkrise
befürchtete, die Anleger könnten in Panik geraten und damit noch
mehr Probleme verursachen.
Die Notmaßnahme wurde aufgrund der Befürchtung der
Regierung, die Wiedereinführung eines Limits könnte die Anleger
veranlassen, ihre Guthaben von in ihren Augen gefährdeten Banken zu
sicheren Banken transferieren - was zur Insolvenz schwächerer
Finanzinstitutionen hätte führen können - jeweils 2001 und 2002
verlängert. Obgleich dies in erster Linie kleinere Provinzbanken
betroffen hätte, wären eventuell auch einige Großbanken erschüttert
worden, da diese unter notleidenden Kredite litten.
Inzwischen ist wieder Ruhe in das japanische
Finanzsystem eingekehrt, und die Wahrscheinlichkeit einer Panik
unter den Anlegern ist eher gering. Als das "Pay-off-System" am 1.
April wieder eingeführt wurde, waren keine nennenswerten
Kontenverschiebungen innerhalb der Banken zu verzeichnen. Der
wichtigste Grund für die Wiedererlangung der finanziellen Stabilität
liegt dabei im Abbau der notleidenden Kredite, der die Banken
belastet und das Finanzsystem Japans lahm gelegt hatte. Die
Belastungen durch faule Kredite sind bei den vier wichtigsten
Bankgruppen auf 3% bis 5% (mit Ausnahme der UFJ-Bank, deren Anteil
weitaus höher liegt) ihres Kapitals gesunken; in der Vergangenheit
betrugen sie das Mehrfache. Diese Reduzierung ist zum großen Teil
den verbindlichen Anweisungen des Finanzministeriums zu verdanken,
das die Banken 2002 verpflichtete, bis zum Ende des Haushaltsjahres
2004 (das nun im März zu Ende ging) ihre notleidenden Kredite zu
halbieren.
Obgleich die Wiedereinführung der
Haftungsbeschränkung für Bankeinlagen für eine Stabilisierung des
japanischen Finanzsystems spricht, bedeutet dies noch lange nicht,
dass dieses völlig gesundet und stabil ist. Es leidet nach wie vor
unter den Auswirkungen der Prüfung, der es in den Jahren nach dem
Zusammenbruch der Bubble Economy unterzogen wurde. Selbst wenn die
großen Banken die Anteile ihrer faulen Kredite reduzieren konnten,
schulden die meisten von ihnen der Regierung immense Summen, die sie
zu ihrer Stabilisierung in Krisenzeiten durch Zuschüsse öffentlicher
Gelder erhalten haben. Darüber hinaus sind ihre Gewinne niedrig, da
sie Kapital zur Abschreibung fauler Kredite aufwenden mussten,
anstatt Investitionen zur Stärkung ihrer Kapitalkraft zu tätigen.
Die Mainichi Shimbun beschrieb die aktuelle
Lage der Bankindustrie in ihrem Leitartikel vom 29. März als
"unverändert subventioniert durch riesige Summen von Steuergeldern,
deren Rückzahlung das Finanzsystem erst wirklich stabilisieren
würde." Die Zeitung unterstrich zudem, dass "die Null-Zins-Politik,
die den Banken ein gewaltiges Vermögen aus den Sparanlagen der
Anleger bescherte, diese vor der Krise bewahrte. Bevor nicht wieder
Zinsen auf Guthaben gezahlt werden, kann man nicht von einer
Gesundung der Wirtschaft sprechen."
Der Präsident der Bank of Japan, Toshihiko Fukui,
kommentierte die Situation und betonte, dass "Ruhe" nicht
zwangsläufig Frieden bedeute. Man verstand seinen Kommentar so, dass
durchaus noch Probleme auf die kleineren Banken, bei denen die
Anteile an faulen Krediten noch relativ hoch sind, zukommen
könnten. Im Zuge der Einführung der Haftungsbeschränkung
fusionierten einige Kleinbanken, um ihr Geschäft zu stärken - eine
Tendenz, die zukünftig unter den 600 kleineren Kreditinstituten wie
Regionalbanken, sogenannten Shinkin-Banken und Gemeindebanken
zunehmen wird.
Anleger haben wichtige Lektion gelernt
Sparer und Anleger haben aus der vergangenen
Finanzkrise, die das Finanzsystem schockte und die Finanzindustrie
in bislang unvorstellbare Schwierigkeiten stürzte, wichtige Lehren
gezogen. Die wichtigste Lektion besteht darin, dass Banken Pleite
und ihre Einlagen als Ergebnis dessen verloren gehen können (was
bislang noch nicht wirklich vorgekommen ist). Der Glaube, dass so
etwas in Japans Bankensystem unter Kontrolle des allmächtigen
Finanzministeriums nie geschehen könnte, ist vollständig zerstört
worden. Eine weitere Lektion ist, dass sich Anleger nach dem
Vertrauensverlust nach sicheren und profitableren Möglichkeiten zum
Anlegen ihrer Ersparnisse umsehen müssen, anstatt - wie in der
Vergangenheit - fest und vorbehaltlos ihrer Bank zu vertrauen. "Es
ist an der Zeit, dass der Einzelne sich selbst um seine Ersparnisse
kümmert", warnte die Asahi Shimbun in ihrem Leitartikel vom
1. April. "Die Spareinlagen in den staatlich geschützten
Privatbanken sind soweit abgesichert. Sie erscheinen sicher -
möglich wurde dies jedoch nur durch die vielen Steuergelder, die den
Banken in Form staatlicher Zuschüssen gewährt wurden", kommentierte
die Zeitung.
Finanzkreise erwarten nun eine Verlagerung von
Sparkonten hin zu profitableren Anlageformen, insbesondere zu
Einzelaktien oder Aktiendepots. Dies spiegelt einen Trend wider, der
auch bei Japans Unternehmensfinanzierung erkennbar ist - statt der
sogenannten indirekten Finanzierung (durch Banken) erfolgt nun immer
öfter eine Direktfinanzierung durch Börsengänge.
(Copyright 2005 Foreign
Press Center Japan)
zum Überblick über JAPAN BRIEF

|

|