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Japan Brief des Foreign Press Center, Japan
Japan Brief, FPC Nr. 0507
28.01.2005
Japanische Presse kommentiert
Bushs zweite Amtszeit
Am 20. Januar wurde der Präsident der Vereinigten
Staaten, George W. Bush, im Rahmen einer Amtseinführungszeremonie
Zeremonie in Washington für seine zweite Amtszeit vereidigt.
Nachfolgend einige Kommentare, die Japans führende Tageszeitungen
über die zweite Regierung Bush abgaben, wobei sie den Blick
insbesondere auf die Amtsantrittsrede an diesem Tag richteten.
Analyse der Amtsantrittsrede
Die Chefs der Nachrichtenbüros der drei führenden
japanischen Tageszeitungen in den Vereinigten Staaten kommentierten
die Amtsantrittsrede, mit der Präsident Bush seine zweite Amtszeit
begann, folgendermaßen:
Yoichi Nishimura von der Asahi Shimbun
schrieb: "In seiner Rede zum Amtsantritt machte Präsident Bush
deutlich, dass es das höchste Ziel der US-Politik sei, der Tyrannei
in der Welt ein Ende zu machen. Man hat das Gefühl, dass Washington
gegenüber dem Regime von Kim Jong Il in der Frage des
nordkoreanischen Atomprogramms eine harte Haltung einnehmen wird,
während wichtige Vertreter der Regierung bereits verlautbaren
ließen, dass der Iran zur "Top-Priorität" der US-Außenpolitik
gemacht werden sollte. Der Optimismus jedenfalls, der in seiner Rede
über den ‚Glauben an die Freiheit' vorherrschte, weicht erheblich
von der Realität im Irak und anderen Fragen ab."
Toshifumi Kono von der Mainichi Shimbun
meinte: "Wenn man der Amtsantrittsrede von Präsident Bush zuhört,
dann fällt einem der Begriff ‚missionarisches Regime' ein. Der Grund
dafür ist seine eindringliche Botschaft von der Verbreitung der
Ideologie der amerikanischen ‚Freiheit' in alle Winkel der Welt
sowie die Tatsache, dass sich die dadurch angestrebte Ausrottung der
Tyrannei mit der Vorstellung von missionarischer Tätigkeit deckt.
Indem er seine Bereitschaft deutlich machte, dafür auch militärische
Mittel anzuwenden, scheint Bush die Rolle eines Weltpräsidenten
anzunehmen."
Masaomi Terada von der Yomiuri Shimbun
bemerkte: "Die politische Ideologie, dass der Weg zum Weltfrieden in
der ‚Ausbreitung der Freiheit auf der ganzen Welt' liege und dass es
‚der Tyrannei nicht erlaubt wird, fortzubestehen', kann als eine Art
‚Bush-Doktrin' bezeichnet werden, die nicht in das konventionelle
Rahmenwerk hineinpasst. Bush erklärte, dass er bereit sei, für die
‚Verbreitung der Freiheit' mit militärischen Mitteln gegen andere
Staaten vorzugehen und dafür auch Leben und Eigentum von US-Bürgern
zu opfern. Diesbezüglich ist es nur angemessen, Bush als einen
Präsidenten mit beispiellosen Ambitionen zu bezeichnen."
Prof. Fumiaki Kubo von der Universität Tokyo sagte
in einem Interview mit der Yomiuri: "Das Wesentliche dieser
Amtsantrittsrede ist, dass auch andere Länder frei sein müssen, wenn
die amerikanische Freiheit fortbestehen soll. Allerdings wurde, wenn
überhaupt, nur wenig darüber gesagt, wie dieses Ziel erreicht werden
soll. Bush sagt nicht, dass militärische Mittel zur Ausweitung der
Freiheit angewendet werden, und es besteht die Möglichkeit, dass
dies nur Rhetorik war. Meiner Ansicht nach liegt, abgesehen von sehr
außergewöhnlichen Umständen, die Anwendung militärischer Macht gegen
Staaten wie den Iran oder Nordkorea außerhalb aller Möglichkeiten."
Japankenner scheiden aus Regierung aus
Für die zweite Amtszeit von Bush bestehen die
wichtigsten anstehenden Fragen in den amerikanisch-japanischen
Beziehungen, einschließlich Außenbeziehungen und Sicherheit, u.a. in
der Neustrukturierung der in Japan stationierten US-Streitkräfte, in
der Verlegung des Flugplatzes der US-Marines in Futenma, Okinawa, im
nordkoreanisches Atomprogramm und in der Frage der entführten
japanischen Staatsbürger. Wirtschaftliche Fragen umfassen u.a. die
Wiederaufnahme des Exports von Rindfleisch aus den USA nach Japan
sowie der derzeit starke Yen und der schwache US-Dollar.
Die Mannschaft für die Japanpolitik der zweiten
Regierung Bush ist bereits aufgestellt. Zunächst wurde im Bereich
Außenpolitik und Sicherheit der stellvertretende Nationale
Sicherheitsberater Stephen Hadley als Nachfolger von Condoleezza
Rice, die jüngst das Amt der Außenministerin antrat, zum Nationalen
Sicherheitsberater ernannt. Michael Green wird weiter als Leitender
Direktor für Asiatische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat
wirken, während Victor Cha, Professor an der Georgetown-Universität,
Chuck Jones als Direktor für Asiatische Angelegenheiten im
Nationalen Sicherheitsrat ersetzt.
Im US-Außenministerium tritt der
Vize-Außenminister Richard Armitage ab und wird durch den
US-Handelsbeauftragten Robert Zoellick ersetzt. Der Nachfolger des
scheidenden Abteilungsleiters für Ostasien und den Pazifik, James A.
Kelly, wird Christopher R. Hill sein, zur Zeit noch US-Botschafter
in Südkorea, während der Leiter des Japanreferats, David Straub,
weiter im Amt bleibt. Bei den Spitzenleuten im
US-Verteidigungsministerium gibt es keinen Wechsel und auch John
Hill, der für Japan verantwortlich ist, bleibt im Amt.
Der US-Botschafter in Australien, J. Thomas
Schieffer, der als nächster Botschafter für Japan vorgesehen ist,
ist ein enger Freund von Präsident Bush. Er war zusammen mit Bush
früher Miteigner des Profi-Baseballteams Texas Rangers. Die Nihon
Keizai Shimbun bewertete diese Ernennung so: "Damit wird
Präsident Bush sich nicht länger auf eine prominente Person aus dem
politischen Bereich verlassen, wie es der jetzige Botschafter Howard
Baker Jr. ist. Dies ermöglicht eine stärkere ‚direkte Kontrolle' auf
die japanische Außenpolitik, wobei der Präsident selbst mehr in den
Vordergrund rücken dürfte."
In einem Beitrag in der Sankei Shimbun
bezeichnete Prof. Makoto Iokibe von der Universität Kobe den
"Verlust des Pro-Japan-Teams" als prägendes Merkmal des personellen
Rahmenwerks der zweiten Regierung Bush. Prof. Iokibe fuhr fort: "Armitage,
der erklärt hat, dass die Vereinigten Staaten für Japan als
Abschreckung gegenüber den Bedrohungen aus Nordkorea fungieren und
dass der Schutz der Senkaku-Inseln in den Zuständigkeitsbereich des
japanisch-amerikanischen Sicherheitsvertrages fällt, ist nicht mehr
im Amt. Es wäre von seinem Nachfolger Robert Zoellick zuviel
verlangt zu erwarten, diese Rolle zu übernehmen, und wenn es Mike
Green in seiner Eigenschaft als Leiter für Ostasien nicht schafft,
die neue Außenministerin Rice zu unterstützen, dann besteht das
Risiko, dass die Beziehungen zwischen Japan und den Vereinigten
Staaten zu sehr auf dem persönlichen Verhältnis zwischen
Ministerpräsident Junichiro Koizumi und Präsident Bush beruhen.
Innerhalb der Wirtschaftsmannschaft der Regierung
Bush wurden auch die Minister für Handel, Landwirtschaft und Energie
ausgetauscht, währen der Handelsbeauftragte Zoellick das Amt des
Vize-Außenministers von Armitage übernimmt. Dies und andere
Beispiele zeigen einen verdächtigen Exodus von Personen mit
ausgezeichneten Japan-Verbindungen im Bereich Handelsverhandlungen.
Wie können die proklamierten Ziele realisiert
werden?
Japans führende Tageszeitungen diskutierten Bushs
zweite Amtszeit in ihren Leitartikeln vom 22. Januar. Die Asahi
bemerkte: "In seiner Rede sprach Bush wiederholt von der
Ausbreitung von Freiheit und Demokratie in der ganzen Welt.
Allerdings gibt es eine große Glaubwürdigkeitslücke zwischen den
stolzen Idealen des Präsidenten und dem Boden, auf dem er steht. In
den letzten vier Jahren hat die Regierung Bush überall auf der Welt
Spaltungen verursacht, und sogar innerhalb der amerikanischen
Gesellschaft zeigen sich Risse. Diese Leistungen werfen einen eher
pessimistischen Schatten auf die kommenden vier Jahre." Sie fuhr
fort: "Wenn Bush die Haltung seiner ersten Amtszeit weiter
beibehält, werden die Spannungen gegenüber den europäischen Ländern
noch größer, wo die zunehmende Integration zu größer werdender
Unabhängigkeit von der US-Politik führt." Der Leitartikel schloss:
"Harmonie, nicht Zwietracht - wir hoffen, dass dies der Slogan für
Bushs zweite Amtszeit ist."
Die Mainichi kommentierte: "In seiner Rede
zum Amtsantritt stellte Präsident Bush die Erläuterung seiner
grundlegenden Politik, Freiheit und Demokratie auszuweiten, in den
Vordergrund. Er erwähnte als höchstes Ziel das ‚Ende der Tyrannei in
unserer Welt' und wiederholte mehrmals die Ideen von ‚Freiheit' und
‚Demokratie'." Sie fuhr fort: "Selbst die glühendsten Worte sind
bedeutungslos, wenn sie nicht von Selbstprüfung und Handeln
begleitet werden. Um die verkündeten Ziele zu verwirklichen, ist es
für Präsident Bush wesentlich, aufrichtig und entschlossen die
internationale Glaubwürdigkeit zurückzuerlangen, die er während
seiner ersten Amtszeit verloren hat. Wir hoffen, dass sich der
Präsident die Bedeutung langfristiger Zusammenarbeit zu Herzen
nimmt, die sich Japan und der Rest der Welt wünschen."
Die Yomiuri wies auf folgendes hin: "In
seiner Amtsantrittsrede sprach Präsident Bush von einer Politik des
Strebens nach, des Schutzes von und der Ausweitung der Freiheit
sowohl nach außen als auch im Innern. Auch wenn die proklamierten
Ideen nobel sind, fragen wir uns, ob die Regierung Bush in der Lage
ist, sie zu verwirklichen. Ihre Eignung dafür wird im Irak derzeit
einem Test unterzogen." Sie meinte weiter: "Die Partnerschaft mit
den Vereinigten Staaten wird für Japan noch wichtiger werden. Es
gibt eine lange Liste dringender Fragen, die Tokyo und Washington
gemeinsam in Angriff nehmen müssen, darunter die Umstrukturierung
der US-Streitkräfte in Japan, die Situation im Irak und die Haltung
gegenüber Nordkorea. Die Allianz zwischen Japan und den USA muss
weiter ausgebaut werden."
Die Sankei erklärte: "Präsident Bush nutzte
seine Amtsantrittsrede dazu, die Verbreitung von Freiheit in der
ganzen Welt hervorzuheben, während er gleichzeitig die positiven
Effekte der Bündnisbeziehungen zu freien und demokratischen Ländern
hervorhob. Der Ausbau und die Ausweitung der Bündnisbeziehungen zu
Japan wird mit Sicherheit eine der Säulen von Bushs Außenpolitik in
seiner zweiten Amtszeit sein." Sie bemerkte: "Wenn die Regierung
Bush Japan als einen vollwertigen Partner betrachtet, auf den man
zählen kann, und so die Allianz stärkt, besteht für Japan die große
Möglichkeit, im Sicherheitsbereich ein normales Mitglied der
internationalen Gemeinschaft zu werden."
Die Nihon Keizai meinte: "Der Krieg gegen
den Terrorismus bleibt für die Regierung Bush das wichtigste
Anliegen. Um in diesem Kampf erfolgreich zu sein, müssen die
Vereinigten Staaten noch mehr Anstrengungen unternehmen, um neue
Verbündete zu gewinnen. Es muss den Kreis internationaler
Solidarität in der Schlacht gegen die Terroristen ausweiten und
zugleich das ‚doppelte Defizit' beim Staatshaushalt und bei der
Handelsbilanz überwinden, um die Ursachen für Unsicherheiten
innerhalb der Weltwirtschaft zu beseitigen. Nichts weniger als die
Lösung dieser zwei miteinander verflochtenen Komplexe wird neue
Hoffnung für globale Stabilität geben. Zugleich ist dies die
Voraussetzung für die Ausbreitung der Demokratie in der Welt."
(Copyright 2005 Foreign
Press Center Japan)
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