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Japan Brief des Foreign Press Center Japan
 

07. 07. 2005      

Die Ergebnisse der Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament
und politische Prognose

 

Am 3. Juli fanden die Wahlen für die 127 Sitze des Tokyoter Stadtparlaments statt. Die Stimmenzettel wurden noch am gleichen Tag ausgezählt und ergaben, dass die Demokratische Partei Japans (auch DPJ oder Minshuto) respektable Zuwächse verzeichnen konnte; die Liberaldemokratische Partei bleibt unverändert die führende Partei im Parlament - wenngleich sie geringe Verluste zu verzeichnen hatte. Die Kommunistische Partei Japans und kleinere Reformparteien mussten gleichfalls Einbußen hinnehmen. Konkret gewann die LDP 48 Sitze (51 Sitze in der vorherigen Wahl), die DPJ 35 (19), die Komei-Partei 23 (21), die KPJ 13 (15) und die übrigen Parteien 8 Sitze. Obgleich es auf regionaler Ebene kaum nennenswerte Meinungsverschiedenheiten gab, da die Parteien ihren Wahlkampf bereits in Hinblick auf die kommenden Unterhaus-Wahlen führten, zogen die Wahlen als Indiz für erste Prognosen zukünftiger Landespolitik das Interesse auf sich. Beobachter richteten u. a. ihr Augenmerk sowohl auf die Tendenz hin zur Bildung eines Zwei-Parteien-Systems, in dessen Zentrum die LDP und die DPJ stehen, als auf den Einfluss der Wahlergebnisse auf Ministerpräsident Koizumis Handlungsspielraum bei politischen Problemen und letztendlich auf die kommenden Parlamentswahlen.

Die Wahlbeteiligung lag bei 43,99% (im Vergleich zu 50,08% bei den letzten Wahlen). Das war die zweitniedrigste je registrierte Wahlbeteiligung für Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament. Während die Beteiligung in weniger stark bevölkerten Teilen Tokyos relativ hoch war, war sie in Zentral-Tokyo gering. (Die niedrigste Wahlbeteiligung wurde mit 34% im Bezirk Minato registriert.)

Barometer für die Landespolitik
Betrachtet man sich die Machtverhältnisse nach der Wahl, so ist die LDP zum ersten Mal seit 1993 unter die Grenze von 50 Sitzen gerutscht und der zweitstärksten Partei des Parlaments gelang es erstmals seit 1965 - in anderen Worten das erste Mal in 40 Jahren - mehr als 30 Sitze zu erringen. In der Ausgabe der Sankei Shimbun vom 6. Juli kommentierte Prof. Yasunori Sone von der Keio-Universität: "Die Existenz zweier Hauptparteien im Tokyoter Stadtparlament bedeutet in den Augen der Wähler in erster Linie, dass offensichtlich ist, wer die Verantwortung trägt... Die Wahlen zum Stadtparlament sind eine Art Barometer für die Landespolitik... Wenn Tokyo keine Initiative zur Umsetzung von Finanz- und anderen Reformen ergreift, die auch Belastungen für den einzelnen mit sich bringen, dann sieht die Zukunft auch für andere Regionalregierungen finster aus."

Dazu kommt, dass mangels landesweiter Wahlen in diesem Jahr, Beobachter die Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament als Abstimmung über die Politik von Ministerpräsident Koizumi verstehen, der wiederum die Privatisierung der Post zum Kernstück seines Reformprogramms erklärt hat. (Die Gesetzesentwürfe zur Privatisierung der Post werden gerade im Parlament beraten; am 6. Juli sind sie in einer Plenarsitzung des Unterhauses mit Mühe verabschiedet worden und werden nun wiederum dem Oberhaus vorgelegt). Nicht wenige vermuteten, die LDP würde nach den Tokyoter Wahlen mehr denn je auf das Wohlwollen der DPJ angewiesen sein. Die Zusammenarbeit zwischen der LDP und der Komei-Partei hingegen funktionierte während der Wahlen erstaunlich gut - 16 von 17 LDP-Kandidaten wurden mit Unterstützung der Komei-Partei gewählt. Andere hingegen vermuteten, die Wahlergebnisse würden eine Ermutigung für die weitere Politik der Regierung Koizumi darstellen. Trotz der deutlichen Dominanz zweier Hauptparteien ist offensichtlich geworden, dass es der DPJ noch an Stärke fehlt, zu einer Partei zu werden, die Regierungsverantwortung übernehmen kann und die - angesichts der kommenden landesweiten Wahlen - verstärkt Anstrengungen unternehmen muss, um attraktive Kandidaten aufzustellen und eine glaubwürdige Politik zu formulieren.

Medienecho
Japans wichtigste Zeitungen griffen die Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament in ihren Ausgaben vom 5. Juli auf. Sie richteten ihr Augenmerk insbesondere auf die aktuellen Tendenzen innerhalb der japanischen Politik im Zusammenhang mit der Problematik eines möglichen Zwei-Parteien-Systems - eine Frage, der sich sowohl die Regierung Koizumi und die LDP gegenüber sehen und die zahlreiche ernste Probleme mit sich bringt, als auch die DPJ, die sich anschickt, Regierungspartei zu werden, und nicht zuletzt auf die kommenden Wahlen.

Unter der Überschrift: "Keine Zeit zum Luftholen" schrieb die Asahi Shimbun in Bezug auf die Zuwächse der DPJ: "Die Minshuto ist nun die zweitstärkste Partei im Parlament und hat die Komei-Partei überholt. Der starke Auftritt der Oppositionspartei mag ihre schockierenden Niederlagen in zwei Unterhausnachwahlen im April vergessen machen. Die Stimmengewinne der DPJ werden vorerst auch die parteiinterne Kritik an den Führungsqualitäten von Katsuya Okada verstummen lassen, die nach der törichten Entscheidung die Verabschiedung der Gesetze zur Privatisierung der Post zu boykottieren immer lauter wurde." Sie fuhr fort: "Die Wahl zum Stadtparlament hat Ministerpräsident Koizumi, der unbeirrt fortfuhr seine Gesetzesvorlagen zur Privatisierung der Post durchzudrücken, nicht erschüttern können. Die Novellen wurden (gestern) durch eine Mehrheit der Regierungsparteien in einem Sonderkomitee des Unterhauses verabschiedet. Solange die noch immer DPJ anstrebt, mit der nächsten Parlamentswahl eine Regierungspartei zu werden, ist das Wahlergebnis der Tokyoter Regionalwahl noch weit davon entfernt, ein Grund zum Jubeln zu sein."

Mit dem Titel "Hin in Richtung eines Zwei-Parteien-Systems" stellte die Yomiuri Shimbun fest, dass, "wenn man nach Zahlen geht, sich der Trend in der Landespolitik zur Bildung eines Zwei-Parteien-Systems - mit der LDP und der DPJ als Protagonisten - auch in den Ergebnissen der Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament widerspiegelt". Sie fügte allerdings hinzu: "Beobachten wir den aktuellen Wahlkampf, kommen jedoch Zweifel auf, ob es wirklich zu einem soliden politischen Zwei-Parteien-System kommen wird."

Hinsichtlich des Einflusses der Tokyoter Wahlen auf die Landespolitik schrieb die Yomiuri weiter: "Die Tokyoter Parlamentswahlen, in denen eine Großpartei gegen die andere antrat, spiegeln deutlich die aktuelle politische Tendenz wider. Bereits des öfteren war die Tokyoter Wahl ein Barometer für landesweite Wahlen. Den Zugewinnen der Sozialdemokratischen Partei Japans 1989, der Neuen Partei Japans 1993 und der Kommunistischen Partei Japans 1997 folgten ihre Erfolge in den Parlamentswahlen unmittelbar danach oder im darauffolgenden Jahr. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Tendenz zur Bildung eines Zwei-Parteien-Systems von nun an verstärkt."

Unter der ähnlichen Überschrift: "In den Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament entwickelt sich ein Zwei-Parteien-System" stellte die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) fest: "Die Ergebnisse der Wahl zum Tokyoter Parlament am 3. Juli hinterließen den Eindruck, dass sich der Trend hin zu einem Zwei-Parteien-System mit der LDP und der DPJ im Zentrum ständig verstärkt." In Hinblick auf die Geschichte der japanischen Parlamentswahlen schrieb die Nikkei: "Obgleich es sich lediglich um eine Regionalwahl handelt, stehen die Tokyoter Wahlen im Mittelpunkt, da sie eindeutig die aktuellen politischen Trends widerspiegeln." Sie fügte hinzu: "Hauptthema der aktuellen Wahlen in Tokyo ist vermutlich der Erfolg der DPJ. Die DPJ hat sehr gut abgeschnitten, sie hat die Zahl ihrer Sitze seit der Unterhaus-Wahl 2003 erheblich erhöht und entwickelte sich in der Oberhaus-Wahl vom letzten Jahr nach der Zahl der absoluten Stimmen zur stärksten Partei. Sie hat ihre Stärke gefestigt und die kommende landesweite Wahl wird ein Kampf um die Regierung - zwischen LDP und DPJ."

Mit dem Titel: "Der Wind blies nicht mal für die Minshuto" stellte die Mainichi Shimbun fest, dass der Trend hin zu einem Zwei-Parteien-System an Fahrt gewinnt, fügte jedoch auch hinzu: "Auffallend war auch die Zögerlichkeit der DPJ. Bereits im letzten Sommer schlug die DPJ die LDP bei der Verhältniswahl für die Sitze im Oberhaus und ebenso im Tokyoter Verhältniswahlblock bei den Unterhauswahlen im November 2003 - sie hätte es also besser gekonnt. In den vorangegangen Wahlen zum Tokyoter Stadtparlament hatte die LDP dank des Koizumi-Booms den Wind im Rücken. Diesmal blies überhaupt kein Wind. Es gab keinerlei Streitpunkte, zu denen sich Regierungs- und Oppositionspartei auseinandersetzten. Vielleicht war die Wahlbeteiligung deshalb so niedrig. Es war eine Wahl ohne klare Themen."

Die Mainichi stellte zudem fest: "Bislang wurde die Wahl zum Tokyoter Stadtparlament, die eine Art Vorwahl ist, als Indikator für die kommende Landeswahl gesehen." Als Beispiele führte die Mainichi die Tokyoter Wahlen von 1989 und 1993 an. 1989 verdreifachte die Sozialdemokratische Partei Japans (jetzt Sozialdemokratische Partei) ihre Sitze im Tokyoter Parlament und in den folgenden Wahlen zum japanischen Oberhaus überflügelte die Opposition die LDP. 1993 wurde die Wahl zum Tokyoter Stadtparlament durch den Erfolg der Neuen Partei Japans beherrscht und tatsächlich erlitt die LDP bei der Landeswahl einen Monat später eine herbe Niederlage, die schließlich zur Bildung einer Koalitionsregierung ohne Beteiligung der LDP führte. Die Mainichi unterstrich: "Es ist wahrscheinlich, dass sich der Trend zu einem Zwei-Parteien-System in den für nächstes Jahr geplanten landesweiten Wahlen noch verstärken und sich die Kluft zwischen LDP und DPJ sich verringern wird."

Bezüglich der Demokratischen Partei Japans stellte die Mainichi fest: "Die Tatsache, dass die DPJ nicht genug Kraft aufbrachte, um die LDP (bei den Tokyoter Wahlen) zu schlagen, lässt vermuten, dass eine Regierungsübernahme noch nicht in Reichweite ist." Betreffs der LDP kommentierte sie: "Die Wahlen haben gezeigt, dass der Koizumi-Boom vorüber ist. Dieses Mal setzte die LDP den amtierenden Generalsekretär Shinzo Abe an die Spitze - allerdings kann Abes Popularität nie mit Koizumis Beliebtheit mithalten."

(Copyright 2005 Foreign Press Center, Japan)

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