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Japan Brief des Foreign Press Center Japan
26.09.2005
Boden- und Aktienpreise steigen
- Japans Wirtschaft zeigt sich optimistisch
Sowohl die steigenden Aktienwerte als auch der
offensichtliche Aufschwung bei den Grundstückspreisen im Zentrum von
Tokyo zeigen, dass sich die japanische Wirtschaft nach einer
zehnjährigen Rezension infolge des Zusammenbruchs der Bubble Economy
und des darauf folgenden Pessimismus auf bestem Wege zu neuer
Zuversicht zu befindet. Den Hintergrund für die Aufbruchstimmung
bildet die Tatsache, dass sich die japanischen Unternehmen nun von
den Altlasten der Bubble Economy befreit haben, was sich im Bereich
Beschäftigung, beim Schuldenabbau und bei den steigenden
Produktionskapazitäten zeigt. Diese Indizies sprechen für ein
stärkeres Wachstum bei den Gewinnen. Hinzu kommt Ministerpräsident
Koizumis eindrucksvoller Sieg bei der Neuwahl, bei der die
überwältigende Mehrheit der Wähler seine Reformen befürwortete und
den Blick ausländischer Investoren wieder auf die
Wachstumsaussichten der japanischen Wirtschaft lenkte.
Der neue Optimismus spiegelt sich in erster Linie
in dem seit Mai anhaltenden Aufschwung der Tokyoter Börse wider. Den
Höhepunkt bildete der Durchbruch des Nikkei-Index durch die 13.000
Punkte-Marke am 20. September, als er auf 13.148,57 stieg, das ist
der höchste Wert seit vier Jahren. Es wird nun gemunkelt, dass der
Index in naher Zukunft sogar 14.000 Punkte überschreiten wird. Im
Sommer und Frühherbst veröffentlichte Wirtschaftsindikatoren
brachten die Regierung zu der Überzeugung, dass die seit Ende des
letzten Jahres vorherrschende wirtschaftliche Stagnation vorüber
sei, da sich die Wirtschaft in den letzten Monaten stetig nach oben
bewegte. Eines der Anzeichen war der Anstieg der BIP-Wachstumsrate
für den Zeitraum von April bis Juni von 2,2% auf 3,3%, gerechnet auf
Jahresbasis.
Der Börsenindex befindet sich allerdings nach dem
Rekordhoch von 38.915,87 Punkten Ende 1989, der Endphase der Bubble
Economy, noch immer auf Talfahrt, wenngleich der Umfang des
Aktienhandels in der ersten Sektion bereits das Niveau der Bubble
übersteigt. Am 20. September wechselte die Rekordmenge von 3,26
Milliarden Aktienanteilen ihre Besitzer - das sind 2,3 Billionen Yen
(20,9 Milliarden US-Dollar). 1988, zur Zeit der Bubble Economy, lag
der Durchschnitt noch bei einer Milliarde Aktien.
Es gibt zwei Hauptquellen, aus denen sich der
Aktienmarkt im Moment speist: ausländische konstitutionelle
Investoren und Einzelinvestoren aus dem Inland. Ausländische
Investoren, einschließlich derjenigen, die von den hohen Ölpreisen
profitieren, waren wichtige Akteure beim anhaltenden Anstieg der
japanischen Börsenwerte während der letzten Monate, die
interessanterweise schneller auf die wiedergefundene Stärke der
japanischen Wirtschaft reagierten als die Japaner selbst. Ein
weiteres wichtiges Element bildet die rasch wachsende Zahl
individueller Online-Investoren. Obgleich diese Investoren
grundsätzlich eher auf den wiederholten An- und Verkauf kleinerer
Aktienmengen in kurzen Zeiträumen setzen, sind sie nicht länger als
Randerscheinung innerhalb des japanischen Aktienhandels zu bewerten.
Die wachsende Beliebtheit des kostengünstigen Internethandels und
die Abkehr der Investoren von niedrigverzinsten Sparanlagen hin zu
ertragreicheren Investitionen werden als Gründe für diese
Entwicklung gesehen.
Ein weiteres Merkmal des aktuellen
Börsengeschehens sind die steigenden Werte von Aktien, die noch vor
kurzem als Altlasten der Bubble Economy identifiziert wurden, u.a.
Banken, Immobilien- und Maklerunternehmen sowie die Stahlbranche.
Dieser Trend wird als weiterer Beleg dafür gesehen, dass die
japanische Wirtschaft das Trauma der Bubble Economy der achtziger
Jahre endgültig hinter sich gelassen hat.
Endet die Deflation bei den Grundstückspreisen?
Diese Hoffnung scheint sich deutlich in der
Entwicklung der Bodenpreise widerzuspiegeln, die in den 23 zentralen
Bezirken Tokyos erstmals seit fünfzehn Jahren wieder gestiegen sind
und in anderen Landesteilen nicht mehr so stark fallen, wie eine
Statistik des Ministeriums für Land, Infrastruktur und Transport für
2005 belegt. Mehr als der Anstieg der Aktienpreise wird die Tendenz
bei den Grundstückspreisen als wichtiger Beleg für den Zustand der
japanischen Wirtschaft gesehen, die in der Preisdeflation der
Post-Bubble-Ära gefangen zu sein schien. Die Nihon Keizai Shimbun
titelte am 21. September triumphierend, dass dieser Trend "einen
ersten Schritt weg" von der Deflation bedeute.
Die Bodenpreise sind in den Gewerbegebieten Toykos
um 0,6% und in den Wohngebieten um 0,5% im Vergleich zum Juli
letzten Jahres gestiegen. In anderen Großstädten wie Osaka und
Nagoya konnten in mehr Gebieten als im Vorjahr Preisanstiege
verzeichnet werden. Im Landesdurchschnitt fielen die
Grundstückspreise zwar weiter das vierzehnte Jahr in Folge, diesmal
allerdings um fast ein Prozent weniger, nämlich um 4,2%. In den
Wohngebieten fielen die Preise um 3,8%, in Gewerbegebieten um 5%.
1991, noch unter dem Einfluss der Bubble Economy, waren die Preise
in Wohngebieten noch um 33%, nur wenig unter das Niveau von 1985
gefallen. Gewerbegebiete verloren damals 60% an Wert und sanken auf
den niedrigsten Wert seit 1977, das letzte Jahr, für das solche
Statistiken zur Verfügung standen.
Der Anstieg der Grundstückspreise in Tokyo scheint
insofern bedeutsam, als das Immobilienvermögen der Stadt 40% des
gesamten japanischen Vermögens an Grund und Boden ausmacht. Eine
starke Nachfrage nach Büroräumen und umfangreiche Investitionen auf
dem Grundstücksmarkt scheinen die Preise hier in die Höhe zu
treiben. Auch die vor vier Jahren unter Ministerpräsident Koizumi
geänderte Politik im Immobilienbereich, die sich seitdem auf die
Deregulierung der Landnutzung und die urbane Erneuerung
konzentriert, wird als wichtiger Faktor für die in die Höhe
schießenden Neubauten gewertet, die zunehmend die Skyline Tokyos
verändern. Sowohl ausländisches und einheimisches Immobilienkapital
als auch private Gelder spielen eine entscheidende Rolle bei der
Wiederbelebung des Grundstücksmarktes, zu einer Zeit, da Kapital in
Japan extrem billig ist und Immobilienfonds mit ca. 5% recht
lukrativ verzinst werden.
Beobachter sagen, dass die aktuelle Lage auf dem
Grundstücksmarkt an die Zeiten der Bubble Economy erinnere. Was sie
jedoch von dem damaligen allgemeinen Anstieg der Immobilienpreise
unterscheidet, ist die Tatsache, dass der jetzige Anstieg höchst
selektiv ist und die Polarisierung der Preise aufmerksam beobachtet
wird. Selbst in Tokyo ist eine solche Polarisierung zu erkennen. Die
Yomiuri Shimbun schrieb in ihrer Ausgabe vom 21. September:
"Die gegenwärtige Preisbildung bei Immobilien unterscheidet sich
grundsätzlich von der der Bubble-Periode, als von Toyko ausgehend
die Grundstückspreise im ganzen Land stiegen. Diesmal differieren
die Preise je nach Nutzwert des Bodens ganz erheblich". Während die
Nihon Keizai Shimbun am 21. September schrieb, dass "die
Immobiliendeflation von den Großstädten ausgehend verschwinden
wird", betonte sie zugleich, dass es für die Städte nun wichtig sei,
Projekte zu entwickeln, die den Verfall der Bodenpreise stoppen.
(Copyright 2005 Foreign
Press Center Japan)
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