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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
17. 11. 2005
Prinzessin Nori heiratet
Die Hochzeitszeremonie von Prinzessin Nori (auch
bekannt als Prinzessin Sayako) und Yoshiki Kuroda, einem
Angestellten der Tokyoter Stadtverwaltung, fand am 15. November im
Imperial Hotel Tokyo statt. Gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über
den Kaiserlichen Haushalt verliert die Prinzessin mit der Hochzeit
ihren Status als Mitglied der Kaiserlichen Familie und wird zu einer
Bürgerlichen mit dem Namen Sayako Kuroda. Mit dieser Änderung ihres
offiziellen Status ist Sayako nun die Ehefrau eines Angestellten
einer kommunalen Verwaltung. Sie hat nun das aktive und passive
Wahlrecht, die Pflicht, Steuern zu zahlen und ist in das
Rentensystem integriert. Für die japanischen Medien war das freudige
Ereignis das Hauptnachrichtenthema. In ihren Leitartikeln vom 16.
November berichteten die führenden japanischen Zeitungen sowohl auf
den Titel- und Gesellschaftsseiten als auch in Sonderkommentaren von
einer oder gar zwei Seiten Länge.
Einfache und offene Feier
Der Grundzug der allgemeinen Berichterstattung der
größten Zeitungen bestand in detaillierten Informationen über das
feierliche Ereignis sowie Grußworten von Vertretern verschiedenster
Kreise. Dies spiegelte den Wunsch der Kaiserlichen Familie wider,
das Gefühl der Verbundenheit mit dem Volk zu vertiefen. Bis zu
diesem Tage erschienen die Ereignisse im Kaiserhaus weit vom
alltäglichen Leben der Menschen entfernt und bildeten ein
verborgenes Mysterium. Nun hingegen zollten die Medien dem Versuch
der Kaiserlichen Familie, der Hochzeitsfeier ein frisches Image zu
verleihen, große Aufmerksamkeit.
Die Hochzeitsfeier von Prinzessin Nori und Yoshiki
Kuroda unterschied sich völlig von einer konventionellen Feier. Alle
Zeitungen sahen in der neuen Art und Weise der Gestaltung der
Festlichkeit den Wunsch der Kaiserlichen Familie ein offeneres Image
des Kaiserhauses zu kreieren. Die Überschrift eines Artikels auf der
Gesellschaftsseite der Yomiuri Shimbun las sich so: "Kein
Kleiderwechsel, kein Ringtausch: eine einfache Sache". Ein
umfangreicher Bericht der Mainichi Shimbun trug die
Überschrift "Bescheiden, kein Heiratsvermittler: ein neuer Stil in
der Tradition".
Der Leitartikel der Mainichi bewertete die
einfache, aber warme und herzliche Feier am 15. November positiv.
Dort hieß es: "Die Hochzeit des Paares strahlte eine Wärme aus, die
vielen Menschen nahe ging und die viel über die Kaiserliche Familie
von heute aussagte. Es war das erste Mal, dass eine Prinzessin ihre
Hochzeit in einem Hotel feierte, und es war auch das erste Mal, dass
der Kaiser und die Kaiserin daran teilnahmen. Die Zahl der geladenen
Gäste war mit 130 Personen für eine Veranstaltung des Kaiserhauses
bescheiden und selbst wenn es sich bei der Örtlichkeit um ein Hotel
ersten Ranges handelte, unterschied sich die Zeremonie nicht
wesentlich von der normaler Bürger. Rührend ist gleichfalls zu
hören, dass sich Prinzessin Nori den Kimono für die Feier von ihrer
Mutter, Kaiserin Michiko, lieh."
Die Asahi kommentierte am 15. November in
ähnlicher Weise: "...eine Tochter des Kaisers heiratete
üblicherweise ehemalige Mitglieder des Kaiserhauses oder Männer, die
früher einen Adelstitel führten. Kuroda jedoch ist keines von
beiden, wenngleich ein entfernter Verwandter ein ehemaliger Adliger
ist. Es ist das erste Mal, dass eine Kaisertochter einen
Bürgerlichen ehelicht." Sie fuhr fort: "Angeblich entschieden
Prinzessin Sayako und Yoshiki Kuroda selbst über den Rahmen der
Hochzeitsfeier und die Zahl der einzuladenden Gäste. Ihre Zeremonie
unterschied sich nicht von der anderer Bürger, bei der Braut und
Bräutigam umgeben von Freunden und Familie den Start in ein neues
Leben wagen. Obgleich die Traditionen des Kaiserhauses weitgehend
befolgt wurden, begrüßt die Öffentlichkeit die Feierlichkeit, in der
die Freundschaft der Prinzessin zu den ihr verbundenen Menschen und
ihre Zuneigung zu ihrer Familie zum Ausdruck kommt."
Idealbild einer Familie
In der japanischen Verfassung heißt es in Artikel
1 zum Status des Kaisers: "Der Kaiser ist das Symbol des Staates und
der Einheit des Volkes, dessen Stellung sich vom Willen des Volkes
ableitet". Artikel 4 fügt hinzu, dass er keine Macht über die
Regierung innehat. Nun ist "Einheit" ein Begriff spiritueller Natur,
der schwer zu fassen ist. Der Kaiser in seiner Rolle als Symbol des
Volkes hat die Menschen wegen der großen Bedeutung, die seine
Familie, die ihn sein ganzes Leben mit Liebe und Vertrauen
unterstützte, für ihn hat, seine öffentlichen Erklärungen und sein
Auftreten beeindruckt. Man kann davon ausgehen, dass dies auf seinem
Glauben beruht, dass die "Familie" das Herz der "Einheit" ausmacht.
Auch anlässlich der Hochzeit von Prinzessin Nori
räumten die Zeitungen der tiefen Bedeutung der Familie für Kaiser
und Kaiserin breiten Raum ein. Kommentare verwiesen auf die enge
Eltern-Kind-Bindung innerhalb der Kaiserlichen Familie. Die
Yomiuri (15. November) schrieb: "Prinzessin Nori nahm in der
Choken-no-gi-Zeremonie am Sonntag Abschied von Kaiser und Kaiserin.
Der Kaiser sagte zu seiner Tochter: 'Ich hoffe, dass du eine
glückliche Familie gründen wirst und deinen Pflichten als Mitglied
der Gesellschaft nachkommst.' Die Kaiserin gab ihr mit auf den Weg:
'Du hast der (Kaiserlichen) Familie gut gedient. Ich wünsche dir
ewiges Glück.' Das Kaiserpaar hat Prinzessin Nori liebevoll
aufgezogen. Die Prinzessin war immer eine wichtige
Gesprächspartnerin für Kaiser und Kaiserin. All dies mag der Grund
dafür sein, dass das Kaiserpaar so tief gerührt war."
Der oben genannte Bericht der Asahi brachte
die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Sitten innerhalb der
Kaiserlichen Familie menschlicher werden und schrieb: "Wir hoffen,
dass Prinzessin Sayako mit ihrer Familie den Kaiserlichen Palast
besuchen darf und den erbaulichen Gesprächen mit ihren Eltern
genauso viel Zeit wie früher widmen kann... Nachdem Michiko
Kronprinz Akihito geheiratet hatte, war es sehr schwierig für sie,
ihre Eltern zu sehen. Nur an bestimmten Tagen, wie z.B. Michikos
Geburtstagen, durften ihre Eltern, Hidesaburo und Fumiko Shoda, die
Residenz des Kronprinzen besuchen." Als wolle er solchen
Überlegungen entgegnen, äußerte der Kaiser angeblich am 15.
November, am Tag vor der Hochzeit, als Prinzessin Nori sich von
ihren Eltern verabschiedete, gegenüber seiner Tochter: "Ich bitte
dich, von nun an auf Yoshiki und jeden, der mit ihm und seiner
Arbeit zu tun hat, zu achten." Und dann fügte er leise hinzu:
"Unsere Familienbande werden bestehen bleiben, deshalb komm uns
gelegentlich besuchen."
Die Revision des Gesetzes über den Kaiserlichen
Haushalt und das neue Image der Kaiserlichen Familie
Das japanische Kaiserhaus, das auf eine lange
Geschichte und Tradition zurückblicken kann, steht nun hinsichtlich
der Frage der Thronfolge an einem entscheidenden Wendepunkt. Die
Vorschriften in Bezug auf die kaiserliche Thronfolge sind im Gesetz
über den Kaiserlichen Haushalt ausgeführt. Seit Jahresbeginn nahm
ein privates Beratungsgremium des Ministerpräsidenten, der Rat
gebildeter Persönlichkeiten über das Gesetz über den Kaiserlichen
Haushalt, Beratungen für eine Revision des Gesetzes auf (siehe auch
Japan Brief vom 30. Juli 2005: "Das System
der kaiserlichen Thronfolge in Japan und der Rat gebildeter
Persönlichkeiten über das Gesetz über den Kaiserlichen Haushalt").
Der Rat steht nun kurz vor der Vorlage des Entwurfs des
Abschlussberichts. Gemessen an der bisherigen Berichterstattung kann
man davon ausgehen, dass die aktuelle Beschränkung der Thronfolge
auf männliche Nachfahren männlicher Abstammung in dem
Abschlussbericht geändert werden wird, um eine Kaiserin oder einen
Kaiser weiblicher Abstammung zu ermöglichen. Wenn die Revision des
Gesetzes über den Kaiserlichen Haushalt in naher Zukunft vom
Parlament verabschiedet wird, müssen Töchter des Kaisers nicht mehr
mit ihrer Hochzeit den Kaiserpalast verlassen.
Hinsichtlich dieser Thematik hob die Asahi
hervor, dass sich Japans einzigartiges Kaisersystem mit der Zeit
Schritt für Schritt verändere. Sie kommentierte: "Wenn durch die
gerade beratene Revision des Gesetzes über den Kaiserlichen Haushalt
eine Kaiserin möglich wird, werden die Töchter des Kaisers auch nach
der Hochzeit ihren Status als Mitglied der Kaiserlichen Familie
beibehalten können. Prinzessin Sayako ist vielleicht die letzte
Kaisertochter, die aufgrund ihrer Eheschließung die Kaiserliche
Familie verlassen muss. Aus all diesen Gründen wird die
Öffentlichkeit die Prinzessin und Yoshiki Kuroda genau beobachten.
Aber die Tatsache, dass Prinzessin Sayako zu Sayako Kuroda wurde,
bedeutet, dass sie nun eine Privatperson und nicht länger eine
Person öffentlichen Interesses ist. Wir sollten Maß halten, wenn wir
sie und ihren Ehemann auf ihrem Weg ins normale Leben begleiten."
Die Hochzeit von Prinzessin Nori, die so erfrischend auf das
japanische Volk wirkte, wird aller Voraussicht nach als ein Ereignis
in Erinnerung bleiben, das einen Schritt auf dem Weg der Erneuerung
markierte.
(Copyright 2005 Foreign Press Center, Japan)
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