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Japan Brief des Foreign Press Center Japan
Japan Brief, FPC Nr. 0514
15.02.2005
China löst USA als wichtigsten
Handelspartner Japans ab;
Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf die Wirtschaft
China (einschließlich Hongkong) löste die
Vereinigten Staaten als wichtigsten Handelspartner Japans in den
letzten fünfzig Jahren ab und spielt für die japanische Wirtschaft
eine zunehmend größere Rolle. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen
werden sich nicht nur auf die Wirtschaft beschränken; viele sehen
darin möglicherweise auch auf politischem und diplomatischen Gebiet
große Veränderungen, die nicht nur die bilateralen Beziehungen der
beiden Länder betreffen, sondern auch Japans Stellung innerhalb des
internationalen Beziehungsgeflechts aller drei Länder.
Die japanische Regierung gab unlängst bekannt,
dass Japans Handel mit China im Jahre 2004 einen Umfang von
insgesamt 22,2 Billionen Yen (211 Milliarden US-Dollar) erreichte,
ein Anstieg um 17% gegenüber dem Vorjahr und somit zum ersten Mal
das Handelsvolumen mit den Vereinigten Staaten in Höhe von 20,48
Billionen Yen (195 Milliarden US-Dollar) bei einem Anstieg von nur
1% übertraf. Es scheint sicher, dass allein das Handelsvolumen mit
Festland-China (ohne Hongkong) in diesem Jahr das Volumen mit den
USA übersteigen wird.
Angesichts des geringen Anstiegs des japanischen
Handels mit den Vereinigten Staaten und den rapiden Zuwächsen im
Handel mit China wird China für die absehbare Zukunft Japans
wichtigster Handelspartner bleiben. China machte 2004 20,1% von
Japans Außenhandel aus und überschritt damit erstmals die 20%-Marke.
Innerhalb Chinas Außenhandelsvolumen ist Japans prozentualer Anteil
hingegen gesunken. Während Japan bis 2003 elf Jahre in Folge Chinas
wichtigster Handelspartner war, fiel es im letzten Jahr hinter der
EU und den vereinigten Staaten auf den dritten Rang zurück.
Japans Exporte nach China beliefen sich 2004 auf
11,830 Billionen Yen (112,6 Milliarden US-Dollar), ein Zuwachs von
17,2% im Vergleich zum Vorjahr. Die Importe aus China wiederum
machten 10,370 Billionen Yen (98,8 Milliarden US-Dollar) aus, ein
Anstieg um 16,7%. Dies weist einen Überschuss zugunsten Japans in
Höhe von 1,46 Billionen Yen (20,9 Milliarden US-Dollar) aus. Ohne
Hongkong weist Japans Handelsbilanz mit China hingegen ein Defizit
von 2,2 Billionen Yen (20,9 Milliarden US-Dollar) aus. Da aber
Japans Exporte nach Hongkong fast vollständig für Festland-China
bestimmt sind, kann man davon ausgehen, dass Japans Handel mit China
alles in allem schwarze Zahlen schreibt. Die bilaterale
Handelsbilanz zeigt, dass sich China eher zu einem wichtigen
Absatzmarkt für Japan entwickelt, als dass es Japans Binnenmarkt mit
Billigprodukten zu überschwemmen droht, wie noch vor einigen Jahren
befürchtet wurde.
Die starken Zuwächse sowohl im Ex- als auch im
Import sind auf die Fortschritte in der strukturellen Arbeitsteilung
zwischen beiden Ländern in den letzten Jahren zurückzuführen - weg
vom reinen Austausch von Fertigprodukten. Der Großteil der
japanischen Exporte nach China wird hochentwickelten
Produktionsanlagen zugeschrieben, hochwertigen Gütern sowie
Materialien (Metallprodukte wie Stahl und chemische Produkten wie
Plastik), die von japanischen Unternehmen in China benötigt werden.
Ein erheblicher Teil der Güter, die von China nach Japan exportiert
werden, umfassen Ausrüstungen und Geräte, die in China unter
Verwendung japanischer Maschinen, Materialien und Technologie
produziert wurden.
Wichtige japanische Importgüter aus China sind
gegenwärtig Maschinen, einschließlich Büroausstattungen und
Hörgeräte, die 40% der Gesamtimporte ausmachen und damit in der
Vergangenheit dominierende Produkte wie Textilien, Nahrungsmittel
und andere ersetzten. Heutzutage ist "Made in China" so gut wie
gleichbedeutend mit "Made in Japan". Nach Japan importierte PCs aus
China erreichten 2004 die 5-Millionen-Stück-Marke, das Zehnfache im
Vergleich zu vor drei Jahren, und man nimmt an, dass sie die Hälfte
des japanischen Computermarkts ausmachen. Ähnlich verhält es sich
mit Kopierern: mehr als die Hälfte der in Japan verkauften Geräte
stammen aus China, wo japanische Unternehmen wie Ricoh und Fuji
Xerox ihre Produkte unter Verwendung der wichtigsten Bauteile aus
Japan montieren.
Hinter der regen Einfuhr von Kapitalausrüstungen
und Materialien für die Produktion steht die großflächige
Verlagerung japanischer Produktionsstätten nach China, die in den
neunziger Jahren einsetzte und nach 2000 stetig anwuchs. Nach einer
Untersuchung der Japan Bank for International Cooperation überstieg
die Zahl dieser Fabriken 2001 die Zahl der nach Nordamerika
verlagerten. Stahlplatten allerdings, deren Qualität gut genug für
Karosserien ist, und hochfunktionales Plastik für elektrische
Haushaltsgeräte sind in China schwer zu beschaffen. Die Vorbehalte
japanischer Hersteller gegenüber den Defiziten in der
Produktionstechnologie und dem Transfer hochwertiger Güter an
chinesische Konkurrenten bewog diese dazu, die Herstellung solcher
Produkte in Japan zu belassen. Die wachsende Produktion japanischer
Unternehmen in China ist auf drei Ziele ausgerichtet: auf Japan
selbst, auf Drittmärkte - insbesondere die Vereinigten Staaten - und
Chinas Binnenmarkt. Ein Punkt besonderer Bedeutung und ein
potentielles Problem bildet dabei das Dreieck der Handelsbeziehungen
zwischen Japan, China und den Vereinigten Staaten. 2004 verzeichnete
China im Handel mit den USA einen Überschuss von 141,9 Milliarden
US-Dollar. Auch Japan wies ein Plus von 67,1 Milliarden US-Dollar
aus, während es gegenüber China einen Überschuss von 14 Milliarden
US-Dollar verzeichnete.
Ende der US-Vorherrschaft in Japan von
historischer Bedeutung
Da China für nahezu ein Viertel des gesamten
amerikanischen Handelsdefizits verantwortlich ist und die
Handelskonflikte einem Höhepunkt zustreben, sind japanische
Unternehmer nicht frei von Angst, dass auch Japan für das
Handelsdefizit mit China verantwortlich gemacht wird, da Produkte
japanischer Hersteller in China einen gehörigen Teil der Exporte in
die Vereinigten Staaten ausmachen. Ein solch trilateraler Handel
bedeutet, dass Japan um so mehr von seinen beiden größten Märkten
China und den Vereinigten Staaten abhängig ist.
Angesichts der Tatsache, dass die Vereinigten nach
dem Zweiten Weltkrieg mit Abstand Japans größter und wichtigster
Markt und Wirtschaftspartner waren, hat Chinas Einnahme dieser
Stelle Auswirkungen auf seine künftige Position zwischen beiden
Großmächten und ist auch in politischer Hinsicht von historischer
Bedeutung. In einem Interview mit der Mainichi Shimbun wird
Prof. Yoshihiko Motoyama von der Universität Kyoto mit den Worten
zitiert: "Seit Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich Japan damit
begnügt, in totaler Abhängigkeit von den USA, seinem größten Partner
in politischer, wirtschaftlicher, militärischer und kultureller
Hinsicht, zu leben. Allerdings findet diese Amerikanisierung ein
außergewöhnliches Ende. Jetzt ist eine gute Gelegenheit, über die
Unabhängigkeit von Amerika nachzudenken und nach Wegen für eine
Normalisierung der Beziehungen zu China zu suchen."
Soweit es lediglich um die bilateralen Beziehungen
zu China geht, sollte sich Japan auf die Bildung von langfristigem
bilateralen Vertrauen konzentrieren, da die Handelsbeziehungen
zwischen den beiden Ländern auf japanischen Unternehmen basieren,
die in Chinas Industriestruktur eingebunden sind. "Chinas Aufstieg
zu Japans größtem Handelspartner anstelle der Vereinigten Staaten
ist ein Beleg für die schnelle Vertiefung der unabhängigen
Beziehungen zwischen beiden Ökonomien", kommentierte die Nihon
Keizai Shimbun am 27. Januar.
(Copyright 2005 Foreign
Press Center Japan)
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