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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
21. 02. 2006
Einschränkung der Pressefreiheit
durch Chinas Regierung
im In- und Ausland in der Kritik
Die Kritik an der Kontrolle der Medien durch die
chinesische Regierung wächst sowohl in China selbst als auch im
Ausland. In China publizierten ehemals ranghohe Mitglieder der
Kommunistischen Partei, Wissenschaftler und Journalisten offenen
Briefe, in denen sie die Einstellung einer Wochenzeitung
kritisierten. In den Vereinigten Staaten brachte die US-Regierung
anlässlich der Zusammenarbeit amerikanischer Internetanbieter, die
sich auf dem chinesischen Markt zu etablieren versuchen, mit der
chinesischen Regierung, ihre Besorgnis über die
Internetrestriktionen der Regierung Chinas zum Ausdruck und kündigte
diplomatische Gegenmaßnahmen an. Die Problematik der Medienkontrolle
durch die chinesische Regierung wirft somit einen Schatten auf die
chinesisch-amerikanischen Beziehungen im Vorfeld des für April
geplanten Besuchs von Präsident Hu Jintao in den USA.
Wochenzeitung nach kritischem Artikel zu
chinesischen Geschichtsbüchern eingestellt
Der Wochenzeitschrift Freezing Point, eine
Tochter der einflussreichen China Youth Daily, wurde ihre
Einstellung per Mitteilung der chinesischen Behörden vom 24. Januar
zugestellt. Man nimmt allgemein an, dass die Einstellung auf einen
Artikel eines Universitätsprofessors zurückzuführen ist, der
chinesische Geschichtslehrbücher kritisierte. Als Reaktion auf diese
Maßregelung veröffentlichte eine Gruppe von 13 Personen, unter ihnen
ehemalige Funktionäre der Kommunistischen Partei, am 13. Februar
eine Erklärung, in der sie die Presseabteilung der KP kritisierten
und u.a. die rasche Verabschiedung eines Medienschutzgesetzes zur
Gewährleistung der Freiheit des Wortes forderten. Am 17. Februar
wendeten sich dann Wissenschaftler, die für die Wochenzeitung
geschrieben haben, und weitere Journalisten mit einem offenen Brief
an Präsident Hu und andere Parteifunktionäre an die Öffentlichkeit,
in dem sie kritisierten: "Sie verletzen das Recht auf eine freie
Meinung und das Recht der Freiheit der Medien."
Gemäß der Sankei Shimbun (30. Januar) sind
die Restriktionen in China in den vergangenen Jahren ständig
verschärft worden. Sie berichtete, dass es erst unlängst aufgrund
des auf den Chefredakteur der vielgelesenen Beijing News ausgeübten
Drucks hin zu Protesten kam, und vor einem Jahr veröffentlichte ein
bekannter Journalist der China Youth Daily, des offiziellen
Organs des Kommunistischen Jugendbundes, einen offenen Brief gegen
die Beeinflussung der Medien durch die Regierung im Zusammenhang mit
der Bestrafung eines Redakteurs und Journalisten eben dieser
Zeitung. Dieses Mal ist die Welle der Empörung aus ganz China
gegenüber der Regierung ungewöhnlich heftig und lässt vermuten, dass
sich der Widerstand gegen eine Verschärfung der Medienrestriktionen
verstärkt.
Demgegenüber äußerte der stellvertretende Sprecher
des chinesischen Außenministeriums auf einer regulären
Pressekonferenz am 16. Februar zum Fall Freezing Point: "Die
Zeitschrift publizierte einen Artikel, der den historischen
Tatsachen widersprach und die Gefühle des chinesischen Volkes
verletzte." Am selben Tag kündigte die China Youth Daily an,
den Chefredakteur der Freezing Point und seinen
Stellvertreter zu entlassen und die Zeitschrift einzustellen.
Amerikanische Unternehmen aufgrund ihrer
Kooperation hinsichtlich der Internetrestriktionen der chinesischen
Regierung in der Kritik
Inzwischen haben u.a. die führende Suchmaschine
Google Inc. und weitere amerikanische Internetfirmen, die den rasch
wachsenden chinesischen Markt, der Ende des Jahres die Zahl von 110
Millionen Internetnutzern überschreiten soll, die Kritik sowohl des
US-Kongresses als auch von Bürgerrechtsgruppen auf sich gezogen, da
sie bei den Internetrestriktionen mit der chinesischen Regierung
zusammenarbeiteten, um Zugang zum chinesischen Markt zu erhalten.
Die US-Medien berichteten, dass (1) Google Ende
Januar, anlässlich der Einrichtung seiner chinesischen Suchseite
freiwillig von der chinesischen Regierung verbotene Internetseiten
aus den Suchergebnissen gelöscht habe, (2) Yahoo Inc. der
chinesischen Regierung persönliche Angaben zu chinesischen
Journalisten, denen vorgeworfen wird, geheime Informationen
weitergeleitet zu haben, und ehemaligen Beamten, die sich gegen die
Regierung verschworen haben sollen, übermittelt habe, (3) Microsoft
Corp. Ende des letzten Jahres einseitig viel besuchte Internetseiten
sperrte, die die Repressionspolitik der chinesischen Regierung
anprangerten und (4) Cisco Systems Inc. eine Software entwickelte,
die die Polizei benachrichtigt, sobald ein bestimmtes Wort im
Internet erscheint, und diese der Regierung Chinas zur Verfügung
stellte.
Bei einer öffentlichen Anhörung des US-Kongresses
am 15. Februar unterstrichen die Unternehmen, dass sie sich an die
Gesetze und Regelungen der Länder halten, in denen sie aktiv sind.
Trotzdem blieben die Kongressmitglieder kritisch, was das Einlenken
in Bezug auf die chinesischen Restriktionen betrifft. Auch die
US-Regierung schien der chinesischen Regierung Paroli bieten zu
wollen. Sie forderte die Unternehmen auf, sich nicht von der
chinesische Regierung erlassenen Restriktionen zu unterwerfen und
das US-Außenministerium richtete eine Arbeitsgruppe zur Freiheit des
Internets ein, die jede Art von Zensur verhindern soll.
Im Gegenzug betonte der chinesische Außenminister:
"Sollten ausländische Internetfirmen auf dem chinesischen Markt
tätig werden wollen, müssen sie sich an die einheimischen Gesetze
und Regelungen halten. Die Kontrolle des Internet auf der Grundlage
gesetzlicher Regelungen dient sowohl der gesunden Entwicklung des
Internets als auch dem Schutz der Allgemeinheit. Alle Länder üben
eine solche Kontrolle aus. Die von China ergriffenen Maßnahmen
beruhen auf den Erfahrungen anderer Länder, die der Vereinigten
Staaten eingeschlossen. Da besteht kein Unterschied."
Japanische Medien kommentieren Chinas
Medienkontrolle
Hinsichtlich der Verschärfung der Zensur gegenüber
der Presse schrieb die Asahi Shimbun am 16. Februar, dass es
seit Chinas massivem Vorgehen gegen friedliche Protestanten auf dem
Platz des Himmlischen Friedens 1989 keine Presse mehr gab, die die
Legitimität der Zensur der chinesischen Regierung in Frage gestellt
hätte. Sie schrieb: "Die harten Reaktionen auf einzelne
Publikationen verweisen auf die radikalen Veränderungen, die sich in
der chinesischen Medienlandschaft vollziehen." Chinesische Zeitungen
wurden lange als Sprachrohr von Partei und Regierung wahrgenommen,
aber - so die Asahi - "der Aufbruch des Landes in Richtung
Marktwirtschaft setzt die chinesischen Zeitungen unter Druck,
profitabel zu arbeiten und finanziell unabhängig zu werden." Um in
diesem Konkurrenzkampf zu überleben, so die Zeitung, "müssen sie
Stories bringen, die ihre Leser interessieren" - gleichzeitig führt
aber die von den Lesern geforderte schnelle Vermittlung korrekter
Informationen unvermeidlich "zu Kontroversen mit Partei und
Regierung". Sie schlussfolgerte: "Die chinesische Gesellschaft wird
sich mit dem wirtschaftlichen Wachstum rasch verändern... Respekt
vor unterschiedlichen Meinungen und mehr Freiheit für die Presse
sind dabei ein normaler Prozess."
Mit der Feststellung, dass "die Kontrolle der
Medien unerlässlich für den Erhalt der Macht der Kommunistischen
Partei ist", kommentierte die Yomiuri Shimbun am 19. Februar,
dass die Regierung von Präsident Hu im letzten Jahr "rücksichtslos
Regeln und Leitlinien einführte, um Äußerungen und Meinungen, die
nicht mit der Linie der Partei einhergingen, zu kontrollieren. Sie
verabschiedete zudem ein neues Gesetz, um die Verbreitung von
Informationen über das Internet unter strenge Kontrolle zu
stellen." Die Yomiuri beobachtete: "Was die Hu-Regierung
veranlasste, ihre Kontrolle zu verschärfen, war die Furcht, dass
Unruhe und Zwischenfälle im ganzen Land das Regime erschüttern
könnten." Sie fügte hinzu: "Die Verschärfung der Kontrolle und die
Verschleierung von Informationen sind eng miteinander verbunden. Die
Verschleierung von Informationen beschädigt Chinas internationalen
Ruf. Gleichzeitig verstärkt sie das Misstrauen des Volkes gegenüber
seiner Regierung."
Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei)
veröffentlichte am 17. Februar unter der Überschrift "Errichtet im
Internet keine Große Feuermauer" einen Leitartikel zu den
Internetrestriktionen Chinas. Unter Verweis darauf, dass "das
Internet ein Ort für freie Diskussionen ist, wo jedermann überall in
der Welt jenseits nationaler Grenzen und ethnischer Barrieren
Informationen senden und erhalten kann", stellte die Zeitung fest:
"Sowohl die Unternehmen, die durch den riesigen chinesischen Markt
von 1,3 Milliarden Menschen gelockt wurden und mit der chinesischen
Regierung kooperieren, als auch die Haltung der chinesischen
Regierung in Bezug auf die Einschränkung der Geschäftsaktivitäten
ausländischer Unternehmen, sind Probleme, die die Grundlagen der
Demokratie im Zeitalter des Internets erschüttern." Sie bemerkt in
Bezug auf die chinesische Regierung: "Die Einstellung der
chinesischen Regierung, sowohl auf Medien Einfluss zu nehmen als
auch ausländische Regierungen dazu anzuhalten, den Medien
Vorschriften zu machen und die Herausgabe einheimischer
regierungskritischer Zeitungen einzustellen, ist empörend." Betreffs
der Internetfirmen schrieb sie weiter: "Dies ist kein Problem, dass
man einfach mittels des Engagements eines einzelnen Unternehmens
lösen kann." Die Nikkei unterstrich zudem: "Sie sollten weder
Kompromisse mit China schließen, noch die Prinzipien des freien und
offenen Internets vergessen."
Der Leitartikel der Sankei vom 17. Februar
kommentierte: ""Die Haltung der Unternehmen, in erster Linie auf
ihre Gewinne zu sehen, ist natürlich kritikwürdig. Die chinesische
Regierung sollte sich allerdings dessen bewusst werden, dass eine
Verschärfung der Internetzensur den unbeabsichtigten Effekt hat, die
Welt wissen zu lassen, wie China Äußerungen und Meinungen
kontrolliert - was wiederum die Reaktionen und die Besorgnis der
internationale Gemeinschaft verstärkt. Die Regierungen Japans und
der USA sollten nicht nur passive Beobachter sein." In Bezug auf die
Einrichtung einer Arbeitsgruppe für den Umgang mit
Internetbestimmungen Chinas und anderer Länder, äußerte die
Sankei: "Die japanische Regierung sollte bei den zu ergreifenden
Maßnahmen mit der US-Regierung zusammen arbeiten, da es hier sowohl
um die Kontrolle von Äußerungen und Meinungen als auch um die
Propagandastrategie der chinesischen Regierung geht."
Unter Berücksichtigung der komplexen Natur der
Probleme im Zusammenhang mit Internet-Suchfunktionen, schrieb die
Mainichi Shimbun am 20. Februar: "Es kann u.a. auch dazu
verwendet werden, weltweit Internet-Eintragungen zu überwachen,
Menschen zu identifizieren, die als potentielle Terroristen gelten,
und deren Aktivitäten zu beobachten." Sie schrieb weiter: "In den
Vereinigten Staaten ... haben seit den Terroranschlägen [vom 11.
September 2001] viele Menschen ihre Besorgnis über den Zusammenhang
zwischen einer überwachten Gesellschaft und der Suchfunktion des
Internets zum Ausdruck gebracht." Da das "Internet das Herzstück der
Kommunikation werden wird, sind wir hinsichtlich des sich
ausbreitenden Informationskampfes im Internet besorgt", fügte die
Mainichi hinzu. "Chinas Meinungskontrolle ist nicht hinnehmbar.
Wenn wir uns allerdings nur auf dieses Thema konzentrieren, wird es
uns nicht gelingen, die Gesamtheit der mit dem Internet verbundenen
Probleme zu erkennen."
(Copyright 2006 Foreign
Press Center, Japan)
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