
Bemerkungen von Außenminister Katsuya Okada zur Sitzung
„Gegenwärtiger Stand der Umsetzung des Aktionsplans von Yokohama und künftige Herausforderungen“
im Rahmen des zweiten Follow-up-Treffens der TICAD IV auf Ministerebene in Arusha, Tansania, am 02. 05. 2010
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Delegierte,
meine Damen und Herren,
ich möchte mit einem umfassenden Überblick zum Stand der Umsetzung des Aktionsplans von Yokohama bis heute beginnen. Im Anschluss daran werde ich darlegen, was die neue japanische Regierung in Bezug auf die Hilfe für Afrika unternehmen möchte.
Gegenwärtiger Stand der Umsetzung des Aktionsplans von Yokohama
Im März 2009 fand das erste Treffen auf Ministerebene in Gaborone inmitten einer beispiellosen Finanz- und Wirtschaftskrise statt, welche die ganze Welt erschütterte. Bei dieser Zusammenkunft machten Japan und Afrika ihre große Entschlossenheit deutlich, sich dafür einzusetzen, dass diese Krise das Wachstum Afrikas oder das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele nicht beeinträchtigt.
Japan hat das damals angekündigte Maßnahmenpaket gegen die Krise sorgfältig umgesetzt und in Übereinstimmung mit den vier Pfeilern der TICAD IV Hilfe in größtmöglichem Umfang geleistet. Als Ergebnis dessen konnten zusammen mit den Anstrengungen der anderen Entwicklungspartner bedeutende Fortschritte in jedem Bereich des Aktionsplans von Yokohama erreicht werden.
Ich möchte hierüber zunächst mit Blick auf das Gesamtbild sprechen.
Der Umfang der staatlichen Entwicklungshilfe Japans (ODA) betrug in den beiden letzten Jahren rund 1,7 Mrd. US-Dollar; damit wurde das aufgestellte Ziel von 1,8 Mrd. US-Dollar fast erreicht. Auch die Vorgabe von 45% unserer zugesagten 4 Mrd. US-Dollar an ODA-Zuschüssen wurde eingehalten. Mit Blick auf die beschleunigte Umsetzung von ca. 2 Mrd. US-Dollar in Form von zinslosen und rückzahlungsfreien Zuschüssen und technischer Zusammenarbeit, die letztes Jahr in Gaborone angekündigt worden waren, sind ebenfalls rund 1,8 Mrd. US-Dollar bereits umgesetzt worden.
Als Nächstes möchte ich verschiedene Beispiele anführen.
Basierend auf dem ersten Pfeiler der TICAD IV, nämlich die „Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums“, wurden die größten Fortschritte in der Hilfe für den Bereich Infrastruktur gemacht, insbesondere bei Transport und Elektrizität.
In Bezug auf den zweiten Pfeiler, das „Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele“, wurde die letztes Jahr zugesagte Nahrungshilfe und humanitäre Hilfe umgesetzt, und zwar über den ursprünglich genannten Betrag hinaus. Japan hat zudem seinen Beitrag für den Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria geleistet, den es im vergangenen Jahr angekündigt hatte.
Mit Blick auf den dritten Pfeiler, die „Konsolidierung von Frieden und guter Regierungsführung“, hat sich unser Land für die Stabilisierung Somalias und Sudans engagiert und sich darüber hinaus auch für die Entwicklung der humanen Ressourcen in Ausbildungszentren für friedenserhaltende Missionen sowie für andere Maßnahmen eingesetzt.
Bezüglich des vierten Pfeilers schließlich, das „Engagement im Bereich Umwelt und Klimawandel“, hat Japan den Ausbau der Infrastruktur für die Einführung erneuerbarer Energien unterstützt, z.B. Stromerzeugung mittels Photovoltaik und Erdwärme. Zudem machen wir rasche Fortschritte bei den Gegenmaßnahmen gegen Dürre und Überschwemmungen. Für diese Kategorien von Hilfe unter Nutzung der Technologien, über die Japan verfügt, wurde in den beiden vergangenen Jahren insgesamt mehr als eine Mrd. US-Dollar aufgewendet.
Während auf der einen Seite derart bemerkenswerte Fortschritte erzielt wurden, war auf der anderen Seite der Bereich Handel, Investitionen und Tourismus zwischen Japan und Afrika nicht in der Lage, den Auswirkungen der Wirtschaftskrise im letzten Jahr zu trotzen. Es sind weitere Anstrengungen erforderlich, um diesen Bereich auszuweiten.
Japans künftiges Engagement
Meine Damen und Herren,
bei dieser Gelegenheit möchte ich die unmissverständliche Entschlossenheit der neuen japanischen Regierung erneut bekräftigen, die Verpflichtungen, die unser Land auf der TICAD IV eingegangen ist, zu erfüllen. Dazu zählt u.a. auch die Verdopplung von Japans ODA für Afrika.
Ich spreche hier nicht allein von der quantitativen Umsetzung unserer Zusagen. Indem wir diese Verpflichtungen erfüllen, wollen wir uns des sich ständig verändernden Umfelds Afrikas in vollem Umfang bewusst werden.
Ausgehend von diesem Standpunkt möchte ich meine diesbezüglichen Überlegungen in Übereinstimmung mit drei Herausforderungen darlegen.
Die erste Herausforderung besteht in der Erholung von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise.
Für dieses Jahr wird vorhergesagt, dass sich die Wirtschaft Afrikas wieder auf dem Weg der Erholung befindet. Allerdings sind außergewöhnliche Anstrengungen erforderlich, um Afrika wieder auf den Kurs des Rekordwachstums zurückzuführen, den es vor der Krise eingeschlagen hatte.
Ich habe eine Vision, die ich umsetzen möchte: nämlich das Nutzen der Synergien zwischen den reichen Ressourcen Afrikas und seiner Landwirtschaft, die über großes latentes Potential verfügt, und seinem riesigen Markt mit über 900 Mio. Menschen.
Wir werden uns dafür einsetzen, den ganzen afrikanischen Kontinent mit Hilfe von Wirtschaftskorridoren zu erschließen, um die ländlichen Regionen zu entwickeln, in denen der Großteil der armen Menschen lebt, und um die landwirtschaftliche Produktion auszuweiten. Die Gestaltung dieser Wirtschaftskorridore wird die Erschließung bislang ungenutzter Ressourcen ermöglichen sowie die Integration der Märkte über Ländergrenzen hinweg fördern. Auf diese Weise erreichen wir eine zunehmende Dynamisierung sowohl des intraregionalen als auch des externen Handels, was Afrikas Selbständigkeit und seinen Zugang zu den globalen Märkten erheblich unterstützen wird.
(1) Um diese Vision zu realisieren, wird Japan die Entwicklung der regionalen Infrastruktur auf dem Kontinent insgesamt vorantreiben sowie nicht verbundene Straßenverbindungen, Energienetze usw. miteinander verknüpfen. Zusätzlich werden wir im Rahmen der „Coalition for African Rice Development“ (CARD), der zur Zeit 23 Staaten angehören, unsere Hilfe aufstocken, damit das Ziel, die Reisproduktion in den kommenden zehn Jahren zu verdoppeln, erreicht werden kann. Es gibt hier in Arusha ein Beispiel, bei dem 30 Jahre an japanischer Unterstützung für Landwirtschaft und Bewässerung dazu geführt haben, die Produktivität um mehr als das 2,5-Fache zu steigern.
Damit solche Erfolge überall auf diesem Kontinent möglich sind, werden wir das Instrument der ODA-Zuschüsse weiter ausbauen sowie in den kommenden zwei Jahren Infrastrukturprojekte in Höhe von bis zu 2 Mrd. US-Dollar umsetzen. Um die Realisierung derartiger Projekte noch zu beschleunigen, brauchen wir die Zusammenarbeit der afrikanischen Seite auf der Grundlage der Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen Landes.
(2) Zusätzlich dazu rufen wir auch den privaten Sektor zu noch größerem Engagement auf. Wir bereiten derzeit die Entsendung einer hochrangigen Delegation für den Herbst dieses Jahres vor, der Vertreter des öffentlichen und des privaten Sektors angehören werden. Das Interesse japanischer Unternehmen für Afrika ist weiterhin groß. In dieser Sitzung wird nachher der Vorsitzende von Sumitomo Chemical Co. und designierte Vorsitzende des Nippon Keidanren, des japanischen Unternehmerverbandes, Hiromasa Yonekura, seine Überlegungen als Vertreter der japanischen Wirtschaft vortragen.
Die zweite Herausforderung besteht im Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele.
Wie sehr Afrika auch Wachstum verzeichnen mag – wir können nicht sagen, dass die Entwicklungsziele wirklich erreicht wurden, solange wir nicht die Menschen retten, die nicht in der Lage sind, ihre Würde als menschliche Wesen zu wahren, die unter Hunger oder Krankheiten leiden.
In Afrika südlich der Sahara ist kein Fortschritt in Bezug auf die Müttersterblichkeit zu verzeichnen, weil die entsprechenden Einrichtungen zur Geburtshilfe fehlen. Nach wie vor stirbt eines von sieben Kindern vor seinem fünften Geburtstag. Tatsächlich konzentrieren sich rund 90% der Todesfälle durch Malaria weltweit auf Afrika südlich der Sahara.
Mein Mitgefühl als menschliches Wesen und mein Streben nach Sicherung des Konzepts von Human Security veranlassen mich, die Entwicklung im humanen Bereich sowie den Aufbau staatlicher Strukturen in den Entwicklungsländern zu unterstützen.
Im September dieses Jahres wird die hochrangige Vollversammlung der Vereinten Nationen für die Millenniums-Entwicklungsziele tagen. Die internationale Gemeinschaft hat nun den Punkt erreicht, an dem sie ihre Entschlossenheit zum Erreichen dieser Entwicklungsziele bis 2015 erneuern muss.
(1) Zu diesem Zweck wird Japan seine Anstrengungen in Bereichen, die mit den Millenniums-Entwicklungszielen in Verbindung stehen, verstärken; dazu zählen die Gesundheit der Mütter, Neugeborenen und Kinder, Wasser, sanitäre Versorgung, Bildung sowie Nahrung. Japan sagt hierfür Hilfen im Umfang von ca. 1 Mrd. US-Dollar zu, die ab diesem Jahr bis zu unserem nächsten Follow-up-Treffen eingesetzt werden sollen.
(2) Wir werden dieses Jahr für den Globalen Fonds einen Beitrag in Höhe von rund 240 Mio. US-Dollar bereitstellen. Im Rahmen der Malaria-Programme in Afrika, die vom Globalen Fonds unterstützt werden, wurden bislang über 70 Mio. Moskitonetze mit Insektizid-Imprägnierung verteilt, darunter auch solche, bei denen japanische Technologien zur Anwendung gelangten. Wir sind sehr ermutigt durch die Tatsache, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Ländern wie Ruanda und Sambia die Zahl der malariabedingten Todesfälle um die Hälfte reduzieren konnten.
(3) Wir werden uns zudem dafür einsetzen, die Anstrengungen der Menschen vor Ort zur Selbsthilfe zu unterstützen, indem wir einen umfassenden Ansatz für den Bereich Human Security fördern, der als Schlüsselbereich für das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele gilt.
Die dritte Herausforderung ist der Klimawandel.
Über das Thema Klimawandel möchte ich morgen ausführlicher sprechen. Japan wird im Wesentlichen seine Hilfe für Afrika auf der Grundlage der Hatoyama-Initiative intensivieren sowie den Ausbau der kooperativen Beziehungen zu Afrika für die Gestaltung einer Nachfolgeregelung für den Klimaschutz nach 2012 vorantreiben.
Während mein Land sein Engagement auf dem Gebiet der Hilfe ausbaut, möchten wir darüber hinaus auch die kooperativen Beziehungen zur Afrikanischen Union und zu den Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften (RECs) vertiefen sowie zur Intensivierung der Kooperation auf regionaler Ebene beitragen.
Aufruf an die Entwicklungspartner und afrikanischen Staaten
Meine Damen und Herren,
bislang habe ich über Japans Engagement in den kommenden Jahren gesprochen. Um ein „lebendiges Afrika“ zu erreichen, sind jedoch Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft insgesamt erforderlich. Japan ruft daher alle Entwicklungspartner der TICAD auf, ihre Hilfe für Afrika mit derselben Entschlossenheit und in demselben Tempo auszuweiten wie Japan.
Gleichzeitig hoffen wir, dass unsere afrikanischen Kollegen politische Führungsstärke bei der Förderung der Demokratisierung und guten Regierungsführung zeigen sowie dass sie darüber hinaus auch ein umsichtiges makroökonomisches Management, die Zuteilung von Ressourcen an die armen Bevölkerungskreise sowie die Schaffung eines günstigen Umfelds für die Wirtschaft vorantreiben.
Schlussbemerkung
Ich möchte meine Bemerkungen mit der nachdrücklichen Hoffnung auf eine nützliche sowie konstruktive Diskussion für die verbleibende Zeit dieser Zusammenkunft schließen. Zugleich hoffe ich, dass dieses Treffen eine eindringliche Botschaft aussendet, die sich auch in den wichtigen internationalen Foren dieses Jahres widerspiegeln wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.