
Der Handel mit Dienstleistungen und der Personentransfer im Rahmen von Economic Partnership Agreements
Seit Japan 2002 erstmals ein Economic Partnership Agreement (EPA, deutsch: Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen) mit Singapur abgeschlossen hat, wurden inzwischen EPA mit insgesamt elf Ländern und Regionen vereinbart; die Verhandlungen mit 5 weiteren Ländern bzw. Regionen laufen derzeit. Beim Begriff Economic Partnership Agreement denkt man zunächst wohl vor allem an die Förderung von Exporten sowie Importen von „Gütern“ wie z.B. Autos. Tatsächlich aber umfassen EPA neben dem Handel mit „Gütern“ einen noch größeren Bereich, nämlich auch den Handel mit „Dienstleistungen“ sowie den Transfer von Personen (zu Letzterem gehört übrigens auch die Anwerbung von Pflegekräften in der japanischen Kranken- und Altenpflege aus Indonesien und den Philippinen). In diesem Beitrag wird erläutert, welche Bedeutung die EPA und der Handel mit Dienstleistungen für die japanische Wirtschaft haben.
Erweiterte Economic Partnership Agreements
Ein EPA ist vor allem ein zwischen zwei Staaten geschlossenes Abkommen, das der Liberalisierung und reibungslosen Gestaltung von Handel und Investitionen dient und somit den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen in einem breiten Spektrum anstrebt. Während die Welthandelsorganisation (WTO) mit ihrem Engagement die Liberalisierung des Handels zwischen den Ländern auf der Welt zum Ziel hat, verfolgt man bei der Liberalisierung des Handels mittels EPA einen umfassenderen Ansatz, da hier nicht allein Güter, sondern auch Investitionen und Dienstleistungen sowie darüber hinaus etwa grenzüberschreitende wirtschaftliche Aktivitäten von „Personen“ berücksichtigt werden. Im Falle der WTO gelten aufgrund des Grundsatzes der sogenannten „Meistbegünstigungsklausel“ (Grundsatz, dass die irgendeinem Land gewährte günstigste Behandlung auch allen anderen Mitgliedsstaaten gewährt werden muss) grundsätzlich einheitliche Zolltarife (mit Ausnahmen) für alle Mitgliedsstaaten. Bei einem EPA ist auf der Grundlage eigener bi- oder multilateraler Verhandlungen eine sehr viel weitergehende Liberalisierung möglich. Aus diesem Grund werden in den letzten Jahren weltweit zunehmend Economic Partnership Agreements geschlossen, die das Engagement der Verhandlungen im Rahmen der WTO ergänzen.
Aktuelle Übersicht über Japans Economic Partnership Agreements
Seit Japan 2002 sein erstes EPA mit Singapur unterzeichnete, legte es den Schwerpunkt insbesondere auf Verhandlungen über diese Abkommen mit den Mitgliedern der ASEAN. Gegenwärtig sind EPA mit 11 Ländern und Regionen in Kraft getreten, und die Verhandlungen mit fünf weiteren Ländern und Regionen laufen derzeit. Der Abschluss dieser Abkommen erleichtert japanischen Unternehmen ihr Engagement im Ausland; auch nimmt die Zahl der Importe nach Japan zu, was zu einer stabileren Versorgung mit Nahrungsmitteln und Energieressourcen führt. Mit der Vertiefung der gegenseitigen Abhängigkeit im Bereich der bilateralen Wirtschaft geht zudem eine weitere Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen insgesamt einher. Das aktive Engagement Japans und anderer Staaten für den Abschluss von EPA führt somit zur Gestaltung eines Umfelds, in dem Japan weltweit besser agieren kann.

Verlagerung des Außenhandels von „Gütern“ hin zu „Dienstleistungen“
Beim Außenhandel denkt man wohl zunächst an den Export und Import von „Gütern“ wie Gemüse oder Autos; tatsächlich aber gibt es noch etwas, das tagtäglich über Ländergrenzen hinweg gehandelt wird. Dies sind „Dienstleistungen“. Der Handel mit Dienstleistungen ist innerhalb der Geschichte des Handels eine vergleichsweise neue Form des Außenhandels. Mit der Verlagerung von den sogenannten Primär- und Sekundärindustrien zum Tertiärsektor in den Industriestaaten seit den 1980er Jahren wurde zunehmend nicht nur die Liberalisierung des Handels mit „Gütern“, sondern auch mit „Dienstleistungen“ diskutiert. Eine große Besonderheit von „Dienstleistungen“ ist, dass im Unterschied zu „Gütern“ Produktion und Konsum zum gleichen Zeitpunkt stattfinden. Güter werden nach ihrer Produktion vorübergehend auf Lager gehalten und können zu dem Zeitpunkt konsumiert werden, wenn dies gewünscht wird. Bei Dienstleistungen ist dies nicht möglich. Wenn man also mit Dienstleistungen auf internationaler Ebene handeln will, bietet man diese Dienstleistungen über Ländergrenzen hinweg per Telefon oder durch andere elektronische Medien an. Ist der Konsument selbst nicht in der Lage, ins Ausland zu gehen, besteht die Notwendigkeit, dass der Anbieter von Dienstleistungen Niederlassungen im Ausland errichtet oder sich selbst ins Ausland begibt, um seine Dienstleistungen vermitteln zu können. Für diesen Handel mit Dienstleistungen gibt es vier verschiedene Formen.

Wer ist eine „natürliche Person“?
Bei den Verhandlungen im Rahmen von WTO und EPA werden Personen im allgemeinen Sinne (Menschen) als „natürliche Personen“ bezeichnet. Bei diesem juristischen Fachbegriff wird zwischen „natürlichen Personen“ als einzelnes Subjekt mit Rechten und Pflichten und „juristischen Personen“ als rechtliche Subjekte wie z.B. Unternehmen unterschieden. Bei den EPA werden darüber hinaus in Anlehnung an die Abkommen der WTO zusätzlich zu den Personen, die die Staatsangehörigkeit des Partnerlandes besitzen mit dem das Abkommen geschlossen wird, auch die Personen mit anderer Staatsangehörigkeit, die dort ihren ständigen Aufenthalt haben, eingeschlossen. Der Begriff „Personentransfer“ in diesem Beitrag meint also stets den „Transfer natürlicher Personen“.
Große Vielfalt im Bereich Handel mit Dienstleistungen
Welche Arten von Dienstleistungen umfasst nun eigentlich der Handel mit Dienstleistungen? Im Rahmen der WTO werden die Dienstleistungen, die Gegenstand eines Handels sind, u.a. in praktische Tätigkeiten (z.B. Tätigkeiten von Rechtsanwälten, Rechnungsprüfern oder Dienstleistungen im Computer-Bereich), Kommunikation, Finanzen, Transport, Tourismus und Reise unterteilt. Diese Auflistung umfasst zwar bereits eine ganze Reihe von Bereichen, da sich aber die Dienstleistungsbereiche, in denen die eigenen Stärken liegen, je nach Land unterscheiden, sind bei den Verhandlungen für ein EPA auch die jeweiligen Interessengebiete verschieden. Japan strebt vor allem Erleichterungen und die Abschaffung von Hemmnissen in Bereichen wie Computer, elektronische Kommunikation, Bau, Vertrieb, Finanzen und Seetransport an. Um ein wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen auf internationaler Ebene zu realisieren, das ein derart breites Spektrum umfasst, wirkt in Japan vor allem das Außenministerium u.a. mit dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie, dem Ministerium für Inneres und Kommunikation, dem Ministerium für Land, Infrastruktur und Verkehr sowie dem Amt für Finanzdienstleistungen eng zusammen, so dass sich die Regierung von Japan als Ganzes engagiert.
„Personentransfer“ im Rahmen von Economic Partnership Agreements
Bei den Verhandlungen über EPA ist neben dem Handel mit Gütern und Dienstleistungen auch der „Personentransfer“ ein Thema der Konsultationen. Dies liegt daran, dass auch dieser „Personentransfer“ in Gestalt des „Anbietens von Dienstleistungen im Rahmen des Transfers natürlicher Personen“ als eine Form des Handels mit Dienstleistungen eine beachtliche Entwicklung verzeichnet. Neben Erleichterungen bei Geschäftsreisen ist ein weiteres Beispiel für diesen „Personentransfer“ die Einreise von Nachwuchspflegekräften für die Kranken- und Altenpflege aus Indonesien und den Philippinen nach Japan auf der Grundlage der 2008 in Kraft getretenen EPA zwischen Japan und Indonesien bzw. den Philippinen. Die Verhandlungen über ein EPA beginnen in der Regel damit, dass von japanischer Seite und von Seiten des Partnerlandes die jeweiligen Wünsche vorgetragen werden. Im Laufe der Verhandlungen machen dann beide Seiten eine Reihe von Zugeständnissen. Im Fall der EPA zwischen Japan und Indonesien bzw. den Philippinen gab es von Seiten dieser Länder den Wunsch, Nachwuchskräfte für die Kranken- und Altenpflege nach Japan entsenden zu dürfen, so dass Japan diesem neuen Personenkreis schließlich die Einreise mit Blick auf ihre „besondere Tätigkeit“ auf der Grundlage des Einreisegesetzes erlaubte.
Verbesserung des Geschäftsumfeldes für japanische Unternehmen durch EPA
Japan hat im Rahmen seiner Verhandlungen für den Abschluss von EPA vor allem die Abschaffung von Zollschranken u.a. bei Industriegütern wie z.B. Autoteilen und Elektroprodukten, die aus Japan ausgeführt werden, vorgeschlagen. Dank dieses Engagements konnten zusätzlich zu den Erleichterungen bei den erforderlichen Prozeduren für den „Personentransfer“ z.B. von japanischen Geschäftsleuten mehr als 90 % des Handelsumfangs bei Exporten und Importen mit den Partnerländern zollfrei gestellt werden. Dadurch sind z.B. japanische Unternehmen, die in diesen Ländern Produktionsstätten errichtet haben, in der Lage, ihre Wettbewerbsfähigkeit noch weiter auszubauen, was zu einer künftigen Verbesserung des Geschäftsumfeldes für die japanische Seite führen wird. Die EPA bringen somit für beide Vertragsseiten wirtschaftliche Vorteile.
Zunehmende Bedeutung von EPA und des Handels mit Dienstleistungen
Auf diese Weise erfüllen die Economic Partnership Agreements eine wichtige Funktion für die weitere Stärkung der wirtschaftlichen Bande u.a. auf bilateraler Ebene. Zugleich tragen sie auf der Grundlage des Zusammenwirkens im Wirtschaftsbereich auch zum Ausbau der politischen Beziehungen bei, und es steht zu hoffen, dass durch die Förderung dieser Beziehungen auf bilateraler Ebene bei einer ganzen Reihe von Ländern der Rahmen für das Zusammenwirken und die Kooperation in Regionen wie Ostasien und Asien-Pazifik weiter gestärkt wird. Aus diesem Grund wird Japan sich auch künftig aktiv für den Abschluss von EPA einsetzen. Auch wenn der Anteil der Dienstleistungen am gesamten Außenhandelsvolumen Japans im Vergleich zum produzierenden Gewerbe gering ist, bildet unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Dienstleistungen 70% der japanischen Wirtschaft ausmachen, die Ausweitung des Zugangs zu den Dienstleistungsmärkten im Ausland ein wichtiges Thema für Japan. Die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen mag nicht so deutlich mit den Augen wahrnehmbar sein wie z.B. die Anhebung der Zölle von 10% auf 50%. Nichtsdestotrotz setzt sich Japan zusammen mit der Gestaltung eines Umfeldes, in dem Dienstleistungen über Ländergrenzen hinweg reibungslos angeboten werden können, auch nachdrücklich für den Abschluss und das Inkrafttreten von Economic Partnership Agreements ein.
Anmerkung:
Der vorliegende Beitrag erschien am 06. 05. 2010 als 57. Folge der Informationsserie „Die internationale Situation verstehen!“ auf der Webseite des Außenministeriums von Japan. Er wurde für Neues aus Japan ins Deutsche übersetzt.