
Rede von Premierminister Yoshihiko Noda vor der 67. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 26. 09. 2012
Verantwortung für das Morgen und drei Perlen der Weisheit
Foto: Amt des Premierministers
Herr Präsident,
verehrte Delegierte,
sehr verehrte Damen und Herren,
zunächst möchte ich Seiner Exzellenz Nassir Abdulaziz Al-Nasser für seinen großen Einsatz danken, den er während seiner einjährigen Amtszeit als Präsident gezeigt hat. Zugleich möchte ich Seiner Exzellenz Vuk Jeremic zur Übernahme der Pflichten als Präsident der 67. Sitzungsperiode der Generalversammlung der Vereinten Nationen gratulieren. Mein aufrichtiger Respekt gilt zudem Seiner Exzellenz Generalsekretär Ban Ki-moon für seine ausgezeichnete Führung.
Vor einem Jahr begann ich meine Rede auf diesem Podium mit der Bekundung unseres tiefempfundenen Dankes an die Welt.
Seit dem schweren Erdbeben im Osten Japans im März letzten Jahres sind anderthalb Jahre vergangen. Die Menschen in den betroffenen Gebieten unternehmen große Anstrengungen, um ihre Heimatorte wieder aufzubauen, und ihr Wille ist ungebrochen. Um die großzügige Hilfe aus aller Welt zurückzuzahlen, haben wir, die Menschen in Japan, uns vor den Seelen der Verstorbenen dazu verpflichtet, die Lehren aus dieser Katastrophe über Ländergrenzen hinweg an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Japan wird auch weiterhin diese Lehren mit der Welt teilen, um Gesellschaften zu gestalten, die besser gegen Naturkatastrophen gewappnet sind, sowie um konkrete Beiträge für die Sicherheit der Atomkraft zu leisten. Die Ministerkonferenz für nukleare Sicherheit, die Ende des Jahres in Fukushima stattfinden wird und bei der die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) als Ko-Veranstalter agiert, sowie die dritte Konferenz der Vereinten Nationen für Katastrophenschutz, bei der Japan in drei Jahren als Gastgeber wirken möchte, werden wertvolle Gelegenheiten bilden, um die genannten Lehren und Erfahrungen zu teilen.
Herr Präsident,
die Warnung von Seiten der Natur, die uns das beispiellose Erdbeben und der gewaltige Tsunami zuteilwerden ließen, stellte uns vor die grundsätzliche Frage, wie wir unsere Zivilisation aufrechterhalten können.
Von dem Moment ihrer Geburt an transformieren Menschen ihre eigene „Weisheit“ in Kraft, um auf diese Weise die Widrigkeiten in ihrem natürlichen Umfeld überstehen zu können. Trotz fortgeschrittener Wissenschaften und Technologien, über die unsere moderne Zivilisation verfügt, erinnern uns die Kräfte der Natur immer wieder daran, dass wir Menschen nach wie vor schwache und zerbrechliche Existenzen sind.
Bedrohungen für die menschliche Existenz liegen aber nicht nur in der Natur, sondern auch in unserer fortgeschrittenen Zivilisation selbst verborgen. Es gibt eine ganze Reihe derartiger Bedrohungen wie etwa die Zerstörung der Umwelt, Terrorismus oder die Verbreitung von Kernwaffen.
Was ist nun notwendig für die Menschheit, um ihre Präsenz auf dieser Erde zu erhalten und weiterhin Frieden und Wohlstand zu genießen? Die Antwort ist klar: Wir Menschen müssen an Weisheit gewinnen.
Die Menschen haben sich bereits reichhaltiges Wissen angeeignet. Die Revolution im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien sorgt dafür, dass das menschliche „Wissen“ in geometrischem Maßstab und mit exponentieller Geschwindigkeit weiter zunimmt. Die menschliche „Weisheit“ scheint dramatisch zugenommen zu haben.
Aber stimmt das wirklich? Wir stehen heute an der Spitze einer langen Geschichte der Menschheit und leben zugleich in einer Zeit des komplexen und gewaltigen Wandels. In vielen Teilen der Welt sind Spannungen zwischen Staaten aufgetreten und die Aussichten für die Zukunft sind unsicher.
Die wirkliche Prüfung in Bezug auf unser Überleben in dieser beispiellosen Ära besteht nicht darin, möglichst viel Wissen und Informationen zu erlangen, sondern den wahren Wert der zahlreichen Perlen der „Weisheit“ zu erkennen, die wir Menschen angehäuft haben.
Herr Präsident,
die erste dieser Perlen der Weisheit, die wir Menschen erworben haben, ist die Fähigkeit, nicht nur das „Jetzt“, sondern auch die „Zukunft“ angemessen zu berücksichtigen. Es ist dies die Fähigkeit, sich über den eigenen Vorteil hinaus auch das Wohl künftiger Generationen vorzustellen und entsprechend zu handeln.
Die Agrargesellschaft, welche die Menschen dazu brachte, sich eine neue Sichtweise zu erschließen, wurde durch eine langfristige Perspektive mit Blick auf die Zukunft ermöglicht. Diese Perspektive haben sich die Menschen erworben, indem sie lernten, die Ernte abzuwarten, anstatt sich allein um ihre unmittelbaren Bedürfnisse zu kümmern.
Es ist nun an der Zeit, dass wir unsere Weisheit anwenden und eine nachhaltige Zukunft zum Wohl der nachfolgenden Generationen aufbauen.
Viele Länder haben heute gewaltige Haushaltsdefizite angehäuft, so dass die haushaltspolitische Konsolidierung für uns alle eine gemeinsame Aufgabe darstellt. Wenn die Menschen, die heute leben, diese Schulden nicht abbauen, indem sie Ausgaben kürzen und nach neuen Einnahmequellen suchen, werden es die nachfolgenden Generationen sein, die diese Schulden zurückzahlen müssen. Die jetzige Struktur ist nichts anderes als die Ausbeutung der künftigen Generationen durch die heutige Generation.
Die Demokratie hat sich im Verlauf der Geschichte als das beste politische System herausgestellt. Jedoch stehen wir heute vor der schwierigen Frage, ob die Demokratie in der Lage ist, die Gerechtigkeit zwischen den Generationen weltweit zu erhalten. In der parlamentarischen Demokratie, die aus Vertretern der Menschen besteht, die jetzt leben, gibt es keine Garantie dafür, dass die Interessen der künftigen Generationen in geeigneter Weise vertreten werden. Vielmehr lädt diese Struktur dazu ein, die künftigen Generationen stillschweigend weiter zu belasten und Probleme vor sich herzuschieben.
Wir alle tragen Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Die Aufgaben, vor denen wir stehen, müssen von unserer Generation gelöst werden. Die politischen Akteure müssen jetzt ihre Verantwortung für morgen übernehmen. Um starke demokratische Gesellschaften zu erhalten, ist es nun an der Zeit, die „Fähigkeit, an das Wohl künftiger Generationen zu denken“, anzuwenden.
In den vergangenen zwanzig Jahren hat Japan wiederholt dringend erforderliche Maßnahmen hinausgezögert, und es galt daher als Beispiel für „ein Land, das Entscheidungen vor sich herschiebt“. Jedoch habe ich darauf gedrungen, die Politik in Japan zu verändern, und ich habe meine politische Existenz mit der Verwirklichung „einer umfassenden Reform der Systeme der sozialen Sicherheit und der Steuern“ verknüpft.
Diese Reform umfasst ein äußerst ehrgeiziges Paket von Maßnahmen, um Japans System der sozialen Sicherheit zu unterstützen. Mit diesen Maßnahmen wird angesichts einer rasch alternden Gesellschaft eine stabile finanzielle Basis geschaffen und gleichzeitig der Weg für die Gesundung der Staatsfinanzen vorbereitet. Es ist dies eine umfassende Reform, die sowohl wirtschaftliches Wachstum als auch haushaltspolitische Konsolidierung anstrebt. Japan hat einen großen Schritt hin zu „einem Land, das Entscheidungen trifft“ gemacht, ohne Schwierigkeiten weiter vor sich herzuschieben.
Herr Präsident,
eine weitere Perle der Weisheit, welche die Menschen erworben haben, ist die Fähigkeit eine Perspektive einzunehmen, von der aus wir die ganze Welt, in der wir leben, im Blick haben.
Ich hatte kürzlich Gelegenheit, von meinem Amtssitz aus direkt mit dem Astronauten Akihiko Hoshide während seines Aufenthaltes auf der Internationalen Raumstation im Orbit zu telefonieren. Dabei stellte eine Grundschülerin, die bei diesem Gespräch anwesend war, dem Astronauten das folgende Rätsel:
„Was die Erde hat, der Weltraum aber nicht, sind Luft und Schwerkraft. Was aber hat der Weltraum, was die Erde nicht hat?“
Er antwortete: „Die Perspektive, von außen auf die Erde zu schauen.“ Diese Unterhaltung macht in einfachen Worten deutlich, was ich heute sagen möchte.
Weil wir in der Lage sind, „diese Perspektive, von außen auf die Erde zu schauen“, einzunehmen, hat die Menschheit als Ganzes die Aufgabe, die globale Umwelt zu schützen. Wir müssen stets zu dieser Perspektive zurückkehren und dabei über die Grenzen von Ländern hinweg konkrete Schritte unternehmen, um die Erde als Grundlage für das Überleben der Menschen zu bewahren.
Im Rahmen des Engagements zur Erhaltung der globalen Umwelt wurde im Juni dieses Jahres auf der Rio+20-Konferenz ein wesentliches Ergebnis für die nachhaltige Entwicklung erzielt. Japan kündigte seine „Initiative für eine grüne Zukunft“ an und machte den Vorschlag, „nachhaltiges Wachstum“ für Wohlstand ohne die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen sowie Energie und ohne die Verschlechterung der globalen Umwelt zu erreichen. Japan wird eine Niedrig-Karbon-Gesellschaft gestalten, die über ein vollwertiges Recyclingsystem für verschiedenste Materialien verfügt, und es wird eine führende Rolle dabei spielen, die gemeinsamem Herausforderungen im Bereich Energie zu meistern, vor denen die Welt heute steht. Hierfür benötigen wir noch mehr Innovationen bei der Energieeffizienz und bei den erneuerbaren Energien. Mit Blick auf den Unfall im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi am 11. März letzten Jahres wird die Regierung von Japan alle politischen Ressourcen aufwenden, um der Welt ein Modell aufzuzeigen, das ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Wandel hin zu grüner Energie und Wirtschaftswachstum herzustellen vermag. Dabei streben wir eine Gesellschaft an, die in den 2030er Jahren nicht länger von Atomkraft abhängig ist, während wir gleichzeitig die Maßnahmen ständig überprüfen und auch mit Blick auf die künftigen Aussichten einschließlich der internationalen Situation im Energiebereich anpassen werden.
Weil wir uns bewusst sind, dass wir „nur eine einzige Erde haben, die daher unendlich wertvoll ist“, müssen wir unsere ganze Aufmerksamkeit auf die Einzigartigkeit jeder Form von Leben auf dieser Erde richten. Die unter Federführung Japans von der Generalversammlung der VN am 10. dieses Monats verabschiedete Resolution über „Human Security“ kann als solider Wegweiser für Visionen zur Entwicklung der nächsten Generation fungieren. Dabei wird der Perspektive jedes einzelnen Menschen, einschließlich Frauen und junge Menschen, größte Bedeutung beigemessen. Mit Blick auf das gemeinsame Verständnis für „Human Security“, das in dieser Resolution festgeschrieben wird, ist Japan entschlossen, einen bedeutenden Beitrag zu den weltweiten Anstrengungen zu leisten, die dem Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) dienen und sich für die Gestaltung eines neuen Rahmenwerks für Entwicklung einzusetzen.
Das Ideal von „Human Security“ muss insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent umgesetzt werden, wo noch großes Potenzial für Entwicklung verborgen liegt, wo aber gleichzeitig auch große Herausforderungen wie Armut, Naturkatastrophen oder Konflikte bestehen. Bei der 5. Tokyo International Conference on African Development (TICAD V), die im Juni kommenden Jahres in Yokohama stattfinden wird, plant Japan die Diskussion von entsprechenden Maßnahmen, welche die internationale Gemeinschaft und Afrika ergreifen und umsetzen sollten.
Wir müssen die Aufgaben, die unsere Existenz gefährden, vollständig lösen. Afghanistan widmet sich heute mit ganzer Kraft seinem Wiederaufbau, nachdem es jahrzehntelang unter Kriegen gelitten hat. Südsudan setzt seine Anstrengungen für den Aufbau eines eigenen Staatswesens fort und Myanmar hat nun entschlossen den Weg in Richtung Demokratie und Versöhnung eingeschlagen. Japan wird alles in seiner Macht stehende tun, um die Erhaltung des Friedens, die Friedenskonsolidierung und „Human Security“ in allen Regionen zu unterstützen und zu fördern.
Herr Präsident,
eine dritte Perle der Weisheit, die wir Menschen erworben haben, ist die Fähigkeit, Streitigkeiten mit Hilfe von Regeln auf vernünftige Weise zu lösen.
Menschen besitzen die Fähigkeit zu sprechen und haben sich Weisheit angeeignet, jedoch ist es ihnen selbst in moderner Zeit nicht gelungen, der Versuchung zu widerstehen, Konflikte mittels Gewalt zu lösen.
Trotz zweier Weltkriege und der beiden Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki bilden Abrüstung und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie die Terrorismusprävention auch heute noch wichtige Aufgaben. Da die Atom- und Raketenprogramme in Nordkorea und Iran derzeit eine große Bedrohung für die ganze Welt darstellen, ist es für alle Länder unerlässlich, sich im Rahmen der VN und der IAEA einschließlich der Umsetzung der Resolutionen des VN-Sicherheitsrates miteinander abzustimmen und sowohl Nordkorea als auch Iran zu konkreten Schritten zu drängen. Japan, das als einziges Land auf der Welt die Schrecken der nuklearen Zerstörung in einem Krieg am eigenen Leib erfahren musste, fühlt sich auch weiterhin dazu verpflichtet, eine „Welt ohne Kernwaffen“ zu verwirklichen.
Das Problem der Entführungen japanischer Bürger durch Nordkorea stellt eine schwere Verletzung der grundlegenden Menschenrechte dar. Damit ist dies eine Angelegenheit von universaler Bedeutung, die der ganzen internationalen Gemeinschaft Anlass zur Sorge gibt. Japan ist entschlossen, weiterhin alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, damit alle Opfer so rasch wie möglich nach Japan zurückkehren können und stimmt sich dafür mit den anderen beteiligten Ländern ab. Japan beabsichtigt weiterhin, eine umfassende Lösung aller anstehenden Fragen anzustreben, die unglückliche Vergangenheit zu überwinden und die bilateralen Beziehungen in Übereinstimmung mit der gemeinsamen japanisch-nordkoreanischen Erklärung von Pjöngjang zu normalisieren. Japan fordert Nordkorea weiter dazu auf, positive Schritte hierfür zu unternehmen.
Wir Menschen lassen uns nicht allein von unserer Lust an der Ausübung von Gewalt leiten. Vielmehr haben wir die Fähigkeit entwickelt, Konflikte in Ruhe und auf vernünftige Weise zu lösen. Diese Fähigkeit wird als „Herrschaft des Rechts“ bezeichnet.
Jeder Staat hat die Verpflichtung, den Frieden zu verteidigen, die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu garantieren sowie seine Souveränität und sein Staatsgebiet – sei es Land oder Gewässer – zu schützen. Auch Japan wird diese Verpflichtung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht erfüllen. Mit fortschreitender Globalisierung werden die Herausforderungen, denen sich die Staatengemeinschaft gegenüber sieht, immer komplexer, und zwischen Staaten können jederzeit Spannungen entstehen. An diesem kritischen Scheidepunkt müssen wir die „Herrschaft des Rechts“ als Grundlage für weltweiten Frieden, Stabilität und Wohlstand etablieren. Diese „Herrschaft des Rechts“ ist von wesentlicher Bedeutung für die Prävention und Lösung von Konflikten auf friedliche Weise, und sie spielt eine ganz entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung einer stabilen und verlässlichen Gesellschaft. Sie muss daher weiter verstärkt werden. Jeder Versuch, die Überzeugungen oder Ansprüche eines Landes durch einseitige Anwendung oder Androhung von Gewalt durchzusetzen, widerspricht dem grundlegenden Geist der Charta der VN und steht im Widerspruch zur menschlichen Weisheit; ein derartiges Verhalten kann daher unter keinen Umständen hingenommen werden. Es ist außerordentlich wichtig, dass wir versuchen, das Völkerrecht weiterzuentwickeln und sicherzustellen, dass es noch effektiver umgesetzt wird. Ich rufe alle Staats- und Regierungschefs dazu auf, die „Herrschaft des Rechts“ zu stärken, damit wir den künftigen Generationen eine friedlichere und stabilere internationale Gemeinschaft hinterlassen können.
Wir können heute mit eigenen Augen sehen, wie Konflikte zwischen Staaten auf der Grundlage des Völkerrechts beigelegt werden. Ein typisches Beispiel dafür ist das System der Streitschlichtung innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO). Dieser Mechanismus ermöglicht es Staaten, Handelsstreitigkeiten mittels der gemeinsamen Sprache des „Rechts“ innerhalb des Schlichtungsgremiums und nicht mittels „Gewalt“ zu lösen.
Mit seinen personellen und finanziellen Beiträgen nimmt Japan weltweit eine führende Stellung bei der Förderung der internationalen Rechtsinstitutionen ein. Neben dem Internationalen Gerichtshof (IGH) waren Richter aus Japan auch am Internationalen Seegerichtshof (ITLOS), am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) sowie in den Sonderkammern der Gerichte in Kambodscha tätig. Für die drei zuletzt genannten Institutionen leistete Japan zudem jeweils den größten finanziellen Beitrag. Japan bittet alle Länder darum, den Sonderkammern der kambodschanischen Gerichte, die sich derzeit in einer schwierigen finanziellen Situation befinden, weitere finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.
Auch die Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Förderung der „Herrschaft des Rechts“ stellt eine große Herausforderung dar. Ich möchte noch einmal im Zusammenwirken mit den VN die Mitgliedstaaten dazu auffordern, die verpflichtende Rechtsprechung des IGH anzuerkennen, so wie Japan es getan hat, sowie die Staaten, die dem Abkommen über den IGH und dem Seerechtsübereinkommen (SRÜ) der Vereinten Nationen noch nicht beigetreten sind, bitten, dies möglichst bald nachzuholen.
In vielen Teilen der Welt gibt es nach wie vor eine ganze Reihe von Streitigkeiten in Bezug auf Territorien und Hoheitsgewässer. Es ist die Philosophie der Charta der Vereinten Nationen und auch das anerkannte Prinzip der internationalen Gemeinschaft, Streitigkeiten auf der Grundlage des Völkerrechts und auf friedliche Weise beizulegen. Japan ist unter allen Umständen entschlossen, diesem Prinzip zu folgen und nach friedlichen Lösungen auf der Grundlage des Völkerrechts zu suchen. Die Welt sollte der Rolle, welche die internationalen Rechtsinstitutionen bei der friedlichen Lösung von Streitigkeiten spielen können, mehr Aufmerksamkeit beimessen.
Der Nahe und Mittlere Osten sowie Afrika befinden sich nach wie vor in einer Zeit der Wirren und Unruhen, auch wenn sich diese Regionen nun in Richtung Demokratie bewegen. Japan wird die Demokratisierung und die Reformbemühungen in diesen Ländern auch künftig unterstützen. Wir dürfen sowohl die andauernde Gewalt und Unterdrückung in Syrien als auch die schweren Verbrechen gegen die Menschenrechte von der Warte der „Herrschaft des Rechts“ aus nicht ignorieren. Japan verurteilt die schweren Angriffe in Syrien, in die zehntausende von unschuldigen Zivilisten sowie Journalisten und Helfer, einschließlich der japanischen Journalistin Mika Yamamoto, verwickelt wurden, auf das Schärfste. Japan beabsichtigt, gemeinsam mit der Staatengemeinschaft noch größeren Druck auf die syrische Regierung auszuüben und seine humanitäre Hilfe für die Menschen in Syrien auszuweiten.
Ich möchte hier noch einmal betonen, dass innerhalb der Staatengemeinschaft der Schutz von Zivilisten sowie die Sicherheit von Diplomaten und Mitarbeitern internationaler Organisationen gewährleistet werden müssen. Dies muss durch die „Herrschaft des Rechts“ geschehen. Gewalt gegen diese Grundsätze, aus welchen Gründen auch immer, darf heute nicht mehr hingenommen werden.
Das Konzept der „Herrschaft des Rechts“ bildet die Grundlage für eine stabile und verlässliche Gesellschaft; es fördert die Mobilität von Menschen und Gütern und ist damit auch die Basis für Wohlstand. Ich bin davon überzeugt, dass die „Herrschaft des Rechts“ als eine Art wichtiger Infrastruktur fungieren kann, die einem breiten Netzwerk von Staaten mit der Region Asien-Pazifik im Mittelpunkt Ordnung und Wohlstand bringt. Japan wird sich nachdrücklich dafür einsetzen, Regeln aufzustellen, um Handel und Investitionen weiter auszuweiten sowie die Ordnung auf den Meeren einschließlich der Sicherheit der Schifffahrt zu verbessern, um auf diese Weise Ordnung und Wohlstand zu schaffen.
Die internationale Gemeinschaft benötigt nicht nur Regeln, um einzelne Probleme zu lösen. Vielmehr erfordern auch geordnete Beziehungen zwischen Staaten oder internationalen Organisationen die „Herrschaft des Rechts“ – als eine Art „erweiterte Global Governance“. Solange nicht alle Staaten ihrer Verantwortung entsprechend ihren jeweiligen Fähigkeiten gerecht werden, werden wir nicht in der Lage sein, verschiedene gemeinsame Herausforderungen zu meistern, denen sich die Welt heute gegenübersieht. Insbesondere hoffe ich, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften ihre Verantwortung entsprechend den jeweiligen nationalen Potenzialen erfüllen werden. Als Teil dieser Anstrengungen ist es wichtig, dass wir uns auf eine gründliche Diskussion darüber einlassen, wie sich die Vereinten Nationen künftig weiterentwickeln sollen. Wir unterstützen nachdrücklich die Verwaltungsreform der VN. Auch der Sicherheitsrat muss mit einer Legitimation ausgestattet werden, die die Realitäten in der heutigen Welt widerspiegelt, damit dieses Gremium effektiver agieren kann. Japan ist bereit, innerhalb der Staatengemeinschaft größere Verantwortung zu übernehmen. Es ist nun an der Zeit, den stockenden Reformprozess in Bezug auf den Sicherheitsrat wieder in Gang zu setzen und wirkliche Verhandlungen aufzunehmen.
Ich habe hier drei Perlen der Weisheit angeführt, welche die Menschheit benötigt, um auch in Zukunft auf nachhaltige Weise existieren zu können. Darüber hinaus habe ich auch versucht, Japans Beiträge in Bezug auf diese drei Perlen zu vermitteln.
Ich habe eine feste Überzeugung. Die Menschen werden sich auch in Zukunft an diese komplexe Gesellschaft anpassen und ihre Weisheit mehren. Sie werden die künftigen Generationen in angemessener Weise berücksichtigen und Streitigkeiten ruhig und vernünftig lösen. Dabei werden sie eine Perspektive einnehmen, bei der sie von außen auf die Erde schauen.
Lassen Sie uns gemeinsam unsere Verantwortung für das Morgen übernehmen. Für uns, die wir heute leben, besteht die große Aufgabe darin, „Maßnahmen zu ergreifen, bei denen wir das Wohl der künftigen Generationen im Blick haben“ sowie all unsere Weisheit zusammenzuführen, um den Weg für das Überleben der Menschheit zu beschreiten.
Ich möchte meine Rede schließen mit der Zusicherung an Sie alle, dass Japan bei der weiteren Gestaltung der Zukunft der Geschichte der Menschheit hin zu einer friedlichen und wohlhabenden Gesellschaft mit an vorderster Stelle agieren wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.