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Neues aus Japan Nr.66 Mai 2010

Notizen aus der Redaktion

In der Februar-Ausgabe von Neues aus Japan hatte ich das Wort des Jahres 2009 vorgestellt. Ein Begriff, der im letzten Jahr ebenfalls zu den zehn aussichtsreichsten Nominierungen zählte, ist „Soshoku danshi“ (草食男子). Von der Bedeutung der vier Schriftzeichen her könnte man ihn vielleicht am ehesten mit „Pflanzenfresser-Männer“ übersetzen. Übrigens hörte ich diesen Begriff zum ersten Mal hier in Berlin von einem deutschen Gesprächspartner. Im ersten Moment konnte ich damit gar nichts anfangen und dachte zunächst an ein anderes gleichlautendes Wort „Soshoku“ (装飾), das „Schmuck, Dekoration“ bedeutet. Als ich dann aber hörte, dass man in Japan mit „Soshoku Danshi“ Männer bis etwa vierzig Jahre bezeichnet, die „als außerordentlich kooperativ und familienfreundlich gelten, in Bezug auf Liebe oder Sexualität aber eher zurückhaltend agieren“, spürte ich irgendwie eine tiefere Bedeutung.

Vor einigen Jahren war in Japan der Begriff „Parasaito Shinguru“ Mode, der sich vom Englischen „Parasite Single“ herleitet und mit dem junge Erwachsene bezeichnet werden, die noch immer bei ihren Eltern leben, obwohl sie durchaus auf eigenen Füßen stehen könnten. Wenn man bedenkt, dass auch in Deutschland öfters der Begriff „Hotel Mama“ zu hören ist, wird man vielleicht irgendwann auch im Deutschen „Soshoku Danshi“ verwenden.

Es sind eben nicht nur Beispiele wie „Tsunami“ oder „Karoshi“, die angesichts der weltweiten Globalisierung zeigen, dass sich auch Modewörter über Sprachgrenzen hinaus zunehmend international verbreiten. Übrigens werden deutsche Wörter wie „Arbeit“ oder „Alzheimer“ im Alltag in Japan ganz normal gebraucht. Als die Eiskunstläuferin Shizuka Arakawa bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 die Goldmedaille gewann, war der Begriff „Ina Bauer“(*), der sich vom Namen einer hierzulande nur wenig bekannten deutschen Eiskunstläuferin herleitet, in Japan in aller Munde.

 

(*) Bei dieser erstmals von der westdeutschen Eiskunstläuferin Ina Bauer, die vor allem in den 1950er Jahren aktiv war, eingeführten Technik sind die Kufen jeweils nach vorn bzw. hinten versetzt und zeichnen zwei parallele Linien. Die hintere Kufe läuft dabei stets auf der Innenkante. Die Läuferin kann damit einen Bogen oder eine gerade Linie ausführen. Diese Technik ist heute als „Ina-Bauer-Schritt“ bekannt.

 

Mari Miyoshi
Gesandte
Leiterin der Abteilung für Kultur und Öffentlichkeitsarbeit

 



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