
Notizen aus der Redaktion
Die 61. Berlinale ist gerade zu Ende gegangen und in der Botschaft bereitet man sich nun auf die Leipziger Buchmesse im März vor. Im letzten Frühjahr besuchte ich die Buchmesse in Leipzig zum ersten Mal. Als ich damals aus dem Hauptbahnhof trat, fiel mein Blick auf als Cosplayer verkleidete junge Leute, die direkt einem Manga oder Anime entstiegen zu sein schienen. Je näher ich dem Veranstaltungsort kam, umso mehr Gruppen von richtigen Cosplayer begegnete ich, und ich erinnere mich, dass mich dieser Anblick damals wirklich verblüffte. In diesem Jahr nun werden diese jungen Leute tatkräftige Hilfe aus Japan erhalten.
Auf die Bitte des abwechselnd in Deutschland und Japan lebenden Jugendliteratur-Autors Jun Nasuda (Mitglied von The Japan P.E.N. Club) werden in Kürze sechs Mitglieder des Japan P.E.N. Club Berlin besuchen. Zunächst gestaltete sich das ganze Vorhaben noch recht unverbindlich und stand eher unter dem Motto „Versuchen wir es einmal“, aber die Planung nahm dann sehr rasch konkrete Gestalt an. Nun wird es am 17. und 18. März im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin ein Symposium zum Thema „Ist Manga Literatur?“ geben. Am 17. März wird die Autorin Eiko Kadono, die die Vorlage zum Anime „Kikis kleiner Lieferservice“ von Hayao Miyazaki schrieb, Fragen aus dem Publikum beantworten, und am nächsten Tag wird Sachiko Kashiwaba, die Autorin der literarischen Vorlage von „Chihiros Reise ins Zauberland“, ebenfalls ein Anime von Hayao Miyazaki, der auf der Berlinale 2002 den Goldenen Bären gewann, als Panelmitglied an einer Diskussion teilnehmen. Im Anschluss ist geplant, dass die ganze Autoren-Gruppe sich verkleidet und nach Leipzig fährt. Ich bin schon sehr gespannt, welche Eindrücke die Autorinnen und Autoren von Deutschland mitnehmen werden, das immerhin Erich Kästners „Emil und die Detektive“ sowie Michael Endes „Momo“ hervorgebracht hat.
Beim Stichwort Jugendkultur fällt mir ein, wie überrascht ich war, als ich zum Jahreswechsel kurz nach Japan zurückkehrte und mit meiner Tochter „Minato Mirai“ in Yokohama besuchte, ein neues Stadtviertel, das am alten Hafen gebaut wurde. Sie musste mich erst auf ein „Geräusch wie von einer Mücke“ ( モスキートーン „Mosquitone“) aufmerksam machen, das meine Tochter zwar gut hören konnte, ich hingegen fast gar nicht. Dabei soll es sich um eine in den Vereinigten Staaten entwickelte Vorrichtung handeln, die Ultrahochfrequenzen ausstrahlt. Diese hohen Frequenzen sind für etwas ältere Menschen (etwa ab Mitte zwanzig) nicht mehr zu hören. Zweck dieses Gerätes ist es, in Restaurants oder Läden allzu lange verweilende junge Leute zu „vertreiben“. Das war für mich ein Schock! Dass mit zunehmendem Alter der Körper allmählich schwächer wird, ist nun nicht zu ändern, aber dass ein so deutlicher Unterschied zu jungen Menschen besteht! Ich frage mich, ob ich mich nicht einfach verjüngen und in Leipzig als Cosplayer auftreten sollte … aber wahrscheinlich ist das auch nicht mehr so einfach.
Mari Miyoshi
Gesandte
Leiterin der Abteilung
für Kultur und Öffentlichkeitsarbeit