
Notizen aus der Redaktion
Endlich ist die schöne Jahreszeit des frischen und jungen Grüns gekommen. Als mich das nicht richtig aufheitern konnte, griff ich zu einem Gedichtband mit dem Titel „Gib nicht auf“. Bei der Benefizveranstaltung „Lesen für Japan“, die unter Beteiligung bekannter deutscher Schauspielerinnen und Schauspieler am 17. April in den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin-Mitte stattfand, habe ich eines der Gedichte aus diesem Band auf Japanisch und Deutsch vorgelesen. Dieses Gedicht möchte ich hier auch den Leserinnen und Lesern von Neues aus Japan vorstellen.
くじけないで
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Gib nicht auf
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ねえ 不幸だなんて 溜息をつかないで
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Wenn du traurig bist, seufze nicht |
日射しやそよ風は えこひいきしない
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Der Sonnenschein wie der Windhauch sind für jeden da |
夢は 平等に見られるのよ
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Der Traum findet jeden ohne Unterschied |
私 辛いことが あったけれど
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Auch wenn ich bittere Augenblicke erlebt habe - |
生きていてよかった
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was ist es für ein Glück zu leben
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あなたもくじけないで
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Gib nicht auf
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Die Dichterin, Toyo Shibata, ist 99 Jahre alt. (In Japan bezeichnet man dieses Alter mit dem Wort 白寿 „hakuju“. Das Schriftzeichen haku (白) für „weiß“ ist mit Ausnahme eines fehlenden Striches [der „eins“ bedeutet“] identisch mit dem Schriftzeichen hyaku (百) für „hundert“). Toyo Shibata hat erst in ihren Neunzigern damit begonnen, Gedichte zu schreiben. Ihr im vergangenen Jahr vom Verlag Asuka Shinsha herausgegebener Debütband wurde inzwischen mehr als eine Million Mal verkauft.