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Neues aus Japan Nr.79 Juni 2011

Notizen aus der Redaktion

Ende Mai standen in Berlin gleich drei wissenschaftliche Konferenzen an, bei denen Teilnehmer aus Japan und Deutschland zusammenkamen. Zunächst am 19. Mai ein Symposium mit Nachwuchsforschern, das gemeinsam von der Botschaft von Japan und der Leipniz-Gemeinschaft veranstaltet wurde. Es folgte am 20. und 21. Mai ein bilaterales Symposium, bei dem die Japan Society for the Promotion of Science (JSPS), die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie die Deutsche Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten als Ko-Veranstalter wirkten. Und schließlich fand vom 20. bis 22. Mai ein Alumni-Treffen ehemaliger Stipendiaten des DAAD statt. Zudem stand im Kulturbereich u.a. vom 20. bis 22. Mai das Debüt des Dirigenten Yutaka Sado in der Berliner Philharmonie an, und am 22. Mai fand in Berlin die Aufführung einer Oper im Stil des traditionellen japanischen Kyogen-Theaters statt. Es waren also wirklich sehr geschäftige Tage. Über die Kulturveranstaltungen werde ich in der Juli-Ausgabe schreiben, nun aber möchte ich über die „Neugierde“ und den „Wettbewerbsgeist“ sprechen, die mich bei den genannten Wissenschaftsveranstaltungen so beeindruckt haben.

Das japanisch-deutsche Symposium (am 20. und 21. Mai) unter dem Titel „Japan-German Science Cooperation: Past-Present-Future“ fand im Rahmen von „150 Jahre Japan-Deutschland“ statt. Auf dem Programm standen u.a. Vorträge von Nobelpreisträgern aus beiden Ländern. Auf deutscher Seite sprach Prof. Dr. Klaus von Klitzing, der 1985 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet worden war. Bei einem Abendessen am Vortag wurde mir die große Ehre zuteil, neben ihm sitzen zu dürfen. Als unser Gespräch darauf kam, dass Tokyos Gouverneur Ishihara dazu aufgerufen habe, Verkaufsautomaten sowie Pachinko-Spielhallen* abzuschalten, um auf diese Weise Strom zu sparen, der nach dem Atomunfall in Fukushima knapp zu werden drohe, erzählte mir Prof. von Klintzing, dass er in Japan einmal selbst Pachinko gespielt habe. Zunächst war ich fast ein wenig bestürzt, dass ein Nobelpreisträger ein Spiel wie Pachinko spielt, aber die Unterhaltung sprang von einem interessanten Thema zum anderen, so dass unser Gespräch wirklich sehr anregend war. Später erfuhr ich dann, dass Prof. von Klitzings Fachgebiet der sogeannnte Quanten-Hall-Effekt ist, so dass ich sein Interesse für Pachinko nun durchaus verständlich fand. Sein Vortrag am nächsten Tag hatte den Titel „Nobel Prizes, Fundamental Constants and Metrology“. Während der Präsentation, bei der auch Videos zum Einsatz kamen, übertrug sich die Begeisterung des Vortragenden für das Thema auf die Zuhörer und ich erkannte, dass es die „Neugierde“ ist, die als wichtigste Antriebskraft der Wissenschaften wirkt.

Der diesjährige Eugen und Ilse Seibold-Preis** wurde am 20. Mai an Prof. Dr. Kazuyuki Tatsumi von der Nagoya University sowie Prof. Dr. Gerhard Erker von der Universität Münster verliehen. Prof. Tatsumi berichtete, dass die Studierenden beider Professoren (Fachgebiet Chemie) einen regen Austausch unterhalten, der sich gerade auch aufgrund des auf beiden Seiten bestehenden „Wettbewerbsgeistes“ außerordentlich fruchtbar gestalte. Bei den Besuchen im jeweils anderen Land herrsche stets ein gutes Einvernehmen und die Studierenden tauschten sich voller Eifer über wissenschaftliche und andere Themen aus.

Der japanische Präsident der DAAD-Alumni-Gesellschaft (DAAD-Tomonokai), Prof. Dr. Ryuichi Higuchi von der Meiji Gakuin University, hielt am 24. Mai in der Botschaft einen äußerst interessanten Vortrag zum Thema „150 Jahre europäische Musik in Japan“. Auch wenn in diesem Bereich der Geist des Wettbewerbs nicht vorherrschend ist, so zeigt er doch beispielhaft, wie sich Japan und Deutschland gegenseitig beeinflusst haben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass, wenn die Menschen in unseren beiden Ländern - von „Neugierde“ getrieben - den Austausch im „Geiste des Wettbewerbs“ (in gutem Sinne) weiter ausbauen, dies nicht nur für Japan und Deutschland selbst, sondern für die Welt als Ganzes von großem Nutzen sein wird. Es war wirklich eine an Anregungen ausgesprochen reiche Woche.

 

* Pachinko ist ein in Japan sehr beliebtes Unterhaltungsspiel in Form eines Spielautomaten. Zwischen einem fast senkrecht stehenden Brett mit zahlreichen hervorstehenden Nägeln und einer Glasscheibe gibt es eine große Zahl kleiner Metallkugeln, die beim Herunterfallen von den Nägeln in die eine oder andere Richtung gelenkt werden. Fallen die Kugeln am unteren Ende in bestimmte Löcher, erhält man einen Preis.

** 1997 richtete Prof. Eugen Seibold mit einem Teil des Preisgeldes des ihm verliehenen „Blue Planet Prize“ der Asahi-Glass-Stiftung einen Fonds ein, dessen Erträge alle zwei Jahre japanischen und deutschen Wissenschaftlern zugutekommen.

 

 



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