
Bild: Außenminister Kono während seiner Erklärung im Rahmen des Vorbereitungstreffens (Foto: Außenministerium von Japan)
Herr Vorsitzender,
Exzellenzen, meine Damen und Herren,
der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (engl. Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, NPT) ist ein Eckstein der internationalen nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung. Wir haben eine Reihe von Krisen gemeistert, und glücklicherweise gelangten in den vergangenen 73 Jahren seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki keine Kernwaffen mehr zum Einsatz. Gegenüber dem Höchststand während des Kalten Krieges wurde die Zahl der Kernwaffen um rund 85 Prozent reduziert. Auch wenn es einige bedauerliche Fälle gab, wurde die Verbreitung von Kernwaffen weit wirkungsvoller begrenzt, als man zur Zeit der Verabschiedung des NPT annehmen konnte. So gab z.B. Südafrika sein Programm zur Entwicklung von Kernwaffen auf und trat dem Vertrag bei, um seine Rückkehr in die internationale Gemeinschaft zu demonstrieren. Die Reduzierung der Kernwaffen und die Verlangsamung ihrer Verbreitung sind zweifelsohne Ergebnisse, die der Durchsetzung des NPT zu verdanken sind. Niemand möchte, dass Kernwaffen eingesetzt werden. Die internationale Gemeinschaft teilt das gemeinsame Ziel der Abschaffung aller Kernwaffen für „eine noch sicherere Welt, die frei von Kernwaffen ist.“
Sollten Kernwaffen zum Einsatz gelangen, würden sie fürchterliche Zerstörungen verursachen. Als einziges Land, das die nukleare Verwüstung während eines Krieges selbst erfahren hat, weiß Japan, welch katastrophale Konsequenzen dies hätte. Daher steht mein Land in der Verantwortung, die internationalen Bemühungen für eine Abschaffung der Kernwaffen anzuführen. Allerdings besteht die Bedrohung durch Kernwaffen nach wie vor, und das sicherheitspolitische Umfeld verschlechtert sich zusehends. Ein souveräner Staat muss Leben und Eigentum seiner Bürger beschützen. Wir müssen daher gleichzeitig nach Sicherheit und nach nuklearer Abrüstung streben. Wir müssen die humanitären Auswirkungen eines Kernwaffeneinsatzes verhindern und uns mit realen Bedrohungen der Sicherheit auseinandersetzen. Wir müssen eine Balance zwischen diesen beiden Standpunkten finden und konkrete sowie praktikable Maßnahmen im Rahmen der Kooperation zwischen den Kernwaffen- und den Nicht-Kernwaffenstaaten umsetzen. Als das Rahmenwerk mit der universellsten Gültigkeit, das ein solches Gleichgewicht ermöglicht, steht die Bewahrung und Stärkung des NPT ganz im Mittelpunkt des Engagements Japans.

Bild: Außenminister Kono beim Vorbereitungstreffen in Genf (Foto: Außenministerium von Japan)
Herr Vorsitzender,
heute bin ich mit einem Dokument, das zahlreiche Empfehlungen enthält, nach Genf gekommen. Es sind dies die Empfehlungen, die ich selbst als japanischer Außenminister am 29. März von der „Gruppe führender Persönlichkeiten für substanzielle Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung“ entgegen genommen habe. Diese Gruppe besteht aus 16 Mitgliedern, die sowohl aus Kernwaffen- als auch aus Nicht-Kernwaffenstaaten stammen. Japan hatte die Gründung dieser Gruppe beim letzten Vorbereitungstreffen im vergangenen Jahr angekündigt.
In den Empfehlungen, die die Gruppe zusammengestellt hat, stellt sie ihre Ansicht dar, dass die Staaten mit ihren unterschiedlichen Auffassungen derzeit nicht in der Lage sind, untereinander einen Dialog zu führen. Dieser Trend unterschiedlicher Auffassungen ist das Resultat des sich in den letzten Jahren weiter verschlechternden strategischen Umfelds. Während sie das Streben nach einer „kernwaffenfreien Welt“ in Übereinstimmung mit Artikel VI des NPT unter gleichzeitiger Verbesserung des sicherheitspolitischen Umfelds betonen, unterstreichen die Empfehlungen die Notwendigkeit von „Höflichkeit innerhalb des Diskurses“ sowie des Respektierens unterschiedlicher Auffassungen im Gegensatz zur Kritik an denjenigen, die andere Positionen vertreten. Die Empfehlungen heben zudem hervor, dass alle Vertragsstaaten des NPT ihre Eigenständigkeit in Bezug auf diesen Vertrag demonstrieren sollten. Sie schlagen konkret die Schaffung von Grundlagen vor, um unterschiedliche Ansätze miteinander in Einklang zu bringen; zudem weisen sie auf verschiedene Punkte hin, die beim Streben nach einer „kernwaffenfreien Welt“
gelöst werden müssen. Die Empfehlungen stellen den Versuch dar, die unterschiedlichen Auffassungen mithilfe einer offenen und aktiven Diskussion auf Expertenebene, die aus Kernwaffenstaaten sowie Nicht-Kernwaffenstaaten kommen, miteinander in Einklang zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass diese Empfehlungen für die Staatengemeinschaft nützliche Hinweise darstellen.
Lassen Sie mich Ihre Aufmerksamkeit auf die folgenden drei Punkte aus den brückenbauenden Maßnahmen der Empfehlungen lenken. Auf der Grundlage dieser Punkte ruft Japan die internationale Gemeinschaft zu konkretem Handeln auf.
Erstens: Anstrengungen zur Erhöhung der Transparenz. Transparenz fördert Kommunikation, verhindert Misstrauen sowie Missverständnisse zwischen Staaten und führt dadurch zu einer Reduzierung der Risiken. Transparenz trägt zur Vertrauensbildung zwischen Staaten bei. Sie leistet einen Beitrag für einen stärkeren Überprüfungsprozess des NPT. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Nichtverbreitungs- und Abrüstungsinitiative (NPDI) hat Japan zu einem Abkommen über eine standardisierte Form und regelmäßige Berichte durch die Kernwaffenstaaten aufgerufen. In diesem Jahr hat Japan den Mitgliedern der NPDI ein neues Arbeitspapier vorgelegt. Mein Land wird auch weiterhin Maßnahmen zur Verbesserun der Transparenz bei den nuklearen Kapazitäten fördern.
Zweitens: Verifizierung der nuklearen Abrüstung. Ein effektiver Mechanismus zur Verifizierung stellt eine wesentliche Komponente dar, um eine vollständige Abschaffung der Kernwaffen zu verwirklichen. Dies gilt auch für eine vollständige, überprüfbare und unumkehrbare Denuklearisierung Nordkoreas, einschließlich der Verschrottung aller Massenvernichtungswaffen und ballistischer Raketen des Landes. Der Prozess zur Entwicklung eines solchen effektiven Verifikationsmechanismus selbst trägt bereits zur Vertrauensbildung innerhalb der internationalen Gemeinschaft bei. Japan sieht diesen Punkt als eine dringende Aufgabe an und wird sich aktiv an der Diskussion der Gruppe von Regierungsexperten der Vereinten Nationen zur Verifizierung nuklearer Abrüstung beteiligen.
Drittens: Eine interaktive Diskussion zwischen den Kernwaffen- und Nicht-Kernwaffenstaaten. Mittel- und langfristig ist es notwendig, die sogenannten „harten Fragen“ zu diskutieren, beispielsweise wie man effektiv zur Reduzierung der Bedrohung beitragen kann oder wie mit Sicherheitsbedenken umgegangen werden soll, die sich aus dem nuklearen Abrüstungsprozess ergeben könnten. Um einen fruchtbaren Dialog innerhalb der Staatengemeinschaft zu fördern, erwartet Japan, dass die Gruppe führender Persönlichkeiten für substanzielle Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung ihre Diskussion fortsetzt, um weitere „harte Fragen“ zu identifizieren sowie Vergleichsmaßstäbe für die nukleare Abrüstung einschließlich eines „Minimierungspunktes“ zu erwägen, wie Japan dies vorgeschlagen hat.
Weitere Einzelheiten werden die Mitglieder dieser Gruppe im Rahmen eines Side Events in diesem Konferenzsaal heute Mittag erläutern. Ich würde mich freuen, wenn Sie zu diesem Event möglichst zahlreich erscheinen könnten.

Bild: Der Konferenzsaal während des Vorbereitungstreffens (Foto: Außenministerium von Japan)
Herr Vorsitzender,
es ist die gemeinsame Verantwortung aller Vertragsstaaten des NPT, das Engagement der internationalen Gemeinschaft für die NPT-Überprüfungskonferenz 2020 zu stärken. Japan wird dieses Engagement zusammen mit der NPDI anführen, einer überregionalen Gruppe von zwölf Nicht-Kernwaffenstaaten. Mit Blick auf den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) wird sich Japan weiterhin für das rasche Inkrafttreten dieses Vertrags und seine Universalisierung einsetzen, die weitreichende Unterstützung erfährt. Unter Nutzung der Ministertreffen der Freunde des CTBT wird Japan alle Nicht-Signatarstaaten und Staaten, die den CTBT noch nicht ratifiziert haben, weiterhin darum bitten, sich für diesen Vertrag einzusetzen. Mein Land ruft darüber hinaus zur Teilnahme am Internationalen Monitoring System (IMS) auf. Mit Blick auf den Vertrag zum Verbot der Produktion von Spaltmaterial für Nuklearwaffen (FMCT) setzt sich Japan mit Nachdruck für einen raschen Abschluss der Verhandlungen ein. Japan wird im Rahmen einer hochrangigen FMCT-Vorbereitungsgruppe einen wichtigen Beitrag zu den Diskussionen über wesentliche Bestandteile dieses Vertrags leisten.
Für mein Land hat weiterhin Priorität, der Welt die Realität der Atombombenabwürfe vor Augen zu führen. Wir werden dazu führende Politiker sowie junge Menschen aus aller Welt dazu einladen, Hiroshima und Nagasaki zu besuchen. Zudem wird Japan die Bildung zum Thema Abrüstung sowie den Aufbau von praktischen Kapazitäten im Bereich nukleare Abrüstung fördern. Ich möchte an dieser Stelle erneut meinen aufrichtigen Respekt für das unermüdliche Engagement der Hibakusha, der Überlebenden der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki, zum Ausdruck bringen, die der Wellt die Realität der Atombombenabwürfe eindringlich vermitteln.
Herr Vorsitzender,
um den NPT zu erhalten und zu stärken, ist neben der nuklearen Abrüstung die Beschleunigung der Anstrengungen in Bezug auf die weiteren Säulen des NPT, insbesondere die nukleare Nichtverbreitung, von wesentlicher Bedeutung.
Nordkoreas Kernwaffen- und Raketenprogramme stellen eine gravierende Herausforderung für das internationale Nichtverbreitungsregime dar. Das jüngste Auftreten Nordkoreas in Richtung eines Dialogs ist das Ergebnis der koordinierten Anstrengungen der Staatengemeinschaft für eine Kampagne maximalen Drucks auf das Land. Letzte Woche hat Nordkorea sowohl die Einstellung seiner Kernwaffen- und Interkontinentalraketentests als auch die Schließung seines nuklearen Testgeländes angekündigt. Wir begrüßen diese Ankündigung als eine positive Entwicklung und hoffen, dass dies zu konkreten Schritten Nordkoreas zur Aufgabe seiner Kernwaffen und ballistischen Raketen führen wird. Allerdings besteht für uns die Notwendigkeit, Nordkorea zu mehr als zu den angekündigten Maßnahmen zu drängen. Ein nuklear bewaffnetes Nordkorea kann niemals akzeptiert werden.
Basierend auf unseren bisherigen Erfahrungen ist es wichtig, beim Ausüben von Druck nicht zum falschen Zeitpunkt aufzuhören. Um eine vollständige, überprüfbare und unumkehrbare Zerstörung aller Massenvernichtungswaffen und ballistischen Raketen Nordkoreas zu verwirklichen, muss die internationale Gemeinschaft als Ganzes ihre Kampagne der maximalen Druckausübung auf Nordkorea fortsetzen.
Der Gemeinsame umfassende Aktionsplan (JCPOA) trägt zur Stärkung des internationalen Nichtverbreitungsregimes mit dem NPT als Kern bei. Der kontinuierlichen und vollen Umsetzung dieses Plans kommt große Bedeutung zu. Wir erwarten, dass die Frage der ballistischen Raketen Irans durch Konsultationen unter den beteiligten Staaten gelöst wird. Die Sicherheitsstandards der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) bilden ein wichtiges Instrument bei den Anstrengungen zur Stärkung des internationalen Nichtverbreitungsregimes, und Japan unterstützt das Engagement der IAEA für ihre Ausweitung und Verbesserung der Effizienz. Als praktikabelstes und effektivstes Mittel zur Ausweitung des Mechanismus ist es erforderlich, die Abkommen über umfassende Sicherheitsstandards und das Zusatzprotokoll zu universalisieren.
Herr Vorsitzender,
die Abgabe gemeinsamer verpflichtender Erklärungen von Kernwaffen- und Nicht-Kernwaffenstaaten in Bezug auf die Verwirklichung der Ziele des NPT bildet einen sinnvollen Ausgangspunkt für brückenbauende Maßnahmen in Richtung nukleare Abrüstung. Ich hoffe sehr, dass alle Vertragsstaaten des NPT sowie die Zivilgesellschaft geschlossen handeln, damit sich die künftigen Generationen an den NPT-Überprüfungsprozess 2020 als den Prozess erinnern werden, der den entscheidenden Schwung zur Überwindung der unterschiedlichen Ansätze hervorbrachte und bedeutende Schritte in Richtung einer „Welt ohne Kernwaffen“
unternahm.
Vielen Dank.