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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


22. 06. 2006

 

 

Japan schaut nervös auf die Shanghai Cooperation Organization

Japan schaut nervös auf die Shanghai Cooperation Organization (SCO), einer aus sechs Staaten bestehenden regionalen Organisation, der China, Russland sowie die vier zentralasiatischen Länder Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan angehören. Die Staatschefs dieser Länder kamen anlässlich des fünfjährigen Bestehens dieser Organisation am 15. Juni in Shanghai zusammen. Dabei wurde eine Erklärung verabschiedet, mit der eine regionale Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit sowie bei der Erschließung von Ressourcen und Energie angestrebt wird. Die japanischen Bedenken richten sich vor allem auf die zunehmenden Anzeichen dafür, dass die Organisation sich zu einer exklusiven Gruppe entwickeln könnte, die sich den westlichen Demokratien unter Führung der Vereinigten Staaten entgegenstellt. 

Indem sie sich auf das große Wirtschaftspotential Chinas und Russlands stützt, strebt die SCO danach, sich zu einer neuen Achse zu entwickeln, die auf internationaler Bühne mit den Vereinigten Staaten mithalten kann. Allerdings wiesen die führenden Tageszeitungen Japans im Anschluss an das Gipfeltreffen ohne Ausnahme darauf hin, dass in allen Mitgliedsstaaten dieser Organisation mehr oder weniger autoritäre oder repressive Regierungen bestehen, welche die Organisation anscheinend als Mittel für ihre eigene Absicherung nutzen möchten. Diese Regierungen, einschließlich derjenigen Chinas und Russlands, reagieren besonders empfindlich auf angebliche Einmischungen Amerikas in ihre inneren Angelegenheiten. So musste beispielsweise Russland mit ansehen, wie frühere Sowjetrepubliken wie Georgien, die Ukraine und Kirgisistan von Demokratiebewegungen ergriffen wurden, die offensichtlich von den Vereinigten Staaten unterstützt wurden. Auch fürchten sich Russland und China vor einer allzu raschen Demokratisierung ihres eigenen Landes.

Die verabschiedete Erklärung enthielt u.a. auch die Versicherung, dass "unterschiedliche Modelle der gesellschaftlichen Entwicklung nicht ‚exportiert' werden sollten", was als Kritik am Versuch der Vereinigten Staaten aufgefasst wurde, die Demokratie weltweit zu verbreiten. Die Regierung von Japan brachte ihre Besorgnis zum Ausdruck, als Chefkabinettsekretär Shinzo Abe die SCO dazu aufrief, mehr Transparenz zu zeigen und nicht den Weg eines exklusiven Regionalismus einzuschlagen, der die Vereinigten Staaten in ihre Schranken weisen will.

1996 wurde die Vorläuferorganisation der SCO, die Shanghai Five, auf Initiative Chinas und Russlands als regionales Forum ins Leben gerufen, um Grenzfragen und andere praktische Fragen zu besprechen. 2001 erhielt sie mit dem Eintritt Usbekistans als neues Mitglied ihre heutige Struktur. Zur selben Zeit nahm die Organisation in hohem Maße einen strategischen Charakter an, als China Interesse an Erdgasvorkommen in der Region des Kaspischen Meeres zu zeigen begann, die mittels einer Pipeline quer durch Zentralasien nach China transportiert werden sollen. Die Nihon Keizai Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 20. Juni, dass "Japan, Europa und die Vereinigten Staaten eine Strategie erarbeiten sollten, um zu verhindern, dass die Routen und Ziele im Bereich Energietransport in dieser Region unter dem Aspekt der Energiesicherheit aus dem Gleichgewicht geraten." Wie die Asahi Shimbun in ihrem Leitartikel vom 18. Juni anmerkte, gestalten die Vereinigten Staaten die geo- und sicherheitspolitische Landschaft der Region zusätzlich kompliziert, indem sie in Kirgisistan und anderen zentralasiatischen Staaten Militärstützpunkte errichten, um von dort aus die Taliban in Afghanistan anzugreifen.

Offener Regionalismus gefordert

Mit Blick auf ein solches Bild der Region und Bezug nehmend auf eine Aufforderung, die SCO in ein "Energiebündnis" unter Führung Chinas und Russlands zu verwandeln, meinte die Mainichi Shimbun in ihrem Leitartikel vom 18. Juni, dass "Japan als Seemacht gegenüber dem Entstehen einer ‚geschlossenen regionalen Gemeinschaft', die durch Pipelines im Innern Zentralasiens miteinander verbunden wird, nicht indifferent bleiben kann. Die SCO sollte eine offene regionale Zusammenarbeit anstreben." Die Zeitung fuhr fort: "Japan kann zwar nicht in dem Maße wie China und Russland Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer Interessen zu Zentralasien entwickeln. Es sollte aber die zentralasiatischen Staaten zumindest auffordern, die SCO nach außen hin offen zu gestalten."

Die Asahi Shimbun stimmte überein: "Wir hoffen, dass die Mitgliedsstaaten die Gruppe nach außen hin öffnen. Die Förderung des Dialogs mit Europa, den Vereinigten Staaten und anderen asiatischen Ländern sollte den Weg zu einer dynamischeren Entwicklung der Region ebnen." Die Zeitung meinte weiter: "Japan sollte seinen Austausch mit Zentralasien ausbauen. Es gab kürzlich ein Außenministertreffen in Tokyo mit vier zentralasiatischen Staaten, einschließlich Kasachstan und Afghanistan. Ein solcher Schritt von japanischer Seite ist zu begrüßen, jedoch sollte auch die große Bedeutung der Gestaltung von Beziehungen zur SCO berücksichtigt werden, einschließlich der Option eines Beitritts als Beobachter."

Die Yomiuri Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 19. Juni: "Zentralasien mit seinen reichen Bodenschätzen und seiner instabilen politischen Situation entwickelt sich zunehmend zu einer wichtigen Bühne für das Machtspiel zwischen den Vereinigten Staaten, China und Russland. Japan und erst recht die Vereinigten Staaten, die im Zentrum dieses Spiels stehen, müssen die Entwicklungen in dieser Region aufmerksam beobachten." Die Sankei Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 19. Juni: "Schaut man auf die vergangenen zehn Jahre seit der Gründung der Shanghai Five im Jahr 1996, wird deutlich, dass die Organisation allmählich einen anti-amerikanischen Charakter annimmt und sich immer mehr von einem Mechanismus für die Bildung von Vertrauen, den Kampf gegen den Terror und für wirtschaftliche Zusammenarbeit entfernt." 

Ein weiterer wichtiger Punkt der Besorgnis war die Anwesenheit des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad beim Gipfel der SCO-Staatschefs als Beobachter. Dies stellte die Organisation in der Frage des angeblichen Strebens Irans nach Kernwaffen auf die Probe. Die verabschiedete Erklärung betonte die Zusammenarbeit bei der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Die Nihon Keizai Shimbun forderte die Umsetzung dieses Versprechens und schrieb: "Sonst wäre die Erklärung nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Die SCO sollte nicht zu einem Forum werden, das verdächtige Staaten anzieht und es als seine Bestimmung ansieht, mit diesen Freundschaft zu schließen." Die Sankei Shimbun meinte: "Iran, ein Land, das im Verdacht steht, nach Kernwaffen zu streben, und das von den Vereinigten Staaten der Unterstützung des Terrors bezichtigt wird, wurde als Beobachter eingeladen. Präsident Ahmadinejad stellte sich demonstrativ gegen den Westen und nutzte dabei die SCO als Schild. Dies ist ein Grund, warum man sich um diese Organisation sorgen und sie aufmerksam beobachten sollte."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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