Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.37                           Dezember 2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Filme aus Japan

„Die Chroniken von Erdsee“

(Japan 2006, 115 Minuten, FSK 12)

 

 

 

Den Vatermord zu Beginn des Filmes sollten wir nicht tiefenpsychologisch überbewerten – die erste Regiearbeit von Hayao Miyazakis Sohn Goro ist mitnichten eine drastische Abrechnung mit dem übermächtigen Werk seines Vaters. Im Gegenteil – die „Chroniken von Erdsee“ orientieren sich offensichtlich an den artifiziellen, an Details in Zeichnung und Geschichte überbordenden Klassikern des „alten“ Miyazaki. Ohne jedoch dessen Kunstfertigkeit zu erreichen.

Man sagt, dass sich Hayao Miyazaki alles andere als erfreut zeigte, als sich sein bislang nur als Landschaftsarchitekt und Leiter des Ghibli-Museums Tokyo auffällig gewordener Sohn Goro aufmachte, in seine Fußstapfen zu treten. Dieser wiederum wusste um die Last seines Namens und hatte bei seinem ersten Versuch leider nicht den Mut oder das Können, sich soweit zu emanzipieren, dass die „Chroniken“ dem Vorwurf, nur ein schlechtes Plagiat der Werke des Vaters zu sein, viel entgegenzusetzen hätten.

Hayao Miyazaki selbst hatte sich um die Rechte des „Erdsee-Zyklus“ der Fantasy-Autorin Ursula K. Le Guin bemüht; nun ist es also sein Sohn, der den dritten Band der Chroniken „Shunyas Reise“ als Anime-Kino aufbereitet hat. In Erdsee ist das Gleichgewicht der Welt gestört; an hellerlichtem Tage kämpfen Drachen am Firmament, Zauberkräfte schwinden und eine Epidemie breitet sich aus. Der Magier Sperber macht sich zu einer Reise durch das Land auf, um die Ursache des Übels zu finden. Unterwegs nimmt er sich besagten Vatermörders – des jungen Prinzen Arren – an, der durch seine unerklärliche Tat verstört, seine eigenen Dämonen zu bekämpfen versucht. Gemeinsam bestehen sie diverse Abenteuer, die sie schlussendlich zu einer bösen Zauberin führen, die in ihrem Streben nach ewigem Leben das Gleichgewicht der Welt und die Eintracht der Schöpfung in Gefahr bringt...

Der Film ist ganz in der Tradition des Ghibli-Studios gehalten, allein Goro ist die einzige geänderte Variable. Auch er versucht sich an der pittoresken Stadtarchitektur des magischen europäischen Mittelalters und bebildert seine Geschichte sorgfältig und liebevoll. Trotzdem entbehrt die Geschichte der überbordenden Fantasie und Vielschichtigkeit, die als ein Markenzeichen von Hayao Miyazaki das Anime aus seiner Nische als „Kinder-Kino“ geholt hat.

Goro Miyazaki ist es zu wünschen, dass er sich aus dem Schatten des berühmten Ahnen zu lösen und eine eigene künstlerische Handschrift zu entwickeln vermag. Bis dahin hoffen wir weiter auf die ungebrochene Schaffensfreude von Miyazaki Senior, denn wie ließ sein Sohn offenherzig verlauten: „Mit dem Eintritt in die Animationswelt wurde ich zum Rivalen, und mein Vater glaubt, dass er beweisen muss, das er besser ist. Ich dachte ja am Anfang, dass er jetzt in Rente gehen könnte, aber ich glaube, dass ich mit meinem Film genau das Gegenteil erreicht habe.“

Das freut uns zu hören.

 

Fazit:

Solider Anime in der Tradition des berühmten Ghibli-Studios. Miyazaki Junior erzählt eine durchaus spannende Erlösungsgeschichte, die jedoch an Bilderkraft und Virtuosität hinter den Meisterwerken des Vaters zurückbleibt.

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    
 

Druckversion

 

5 1 Home | Kalender des Monats

Gesundheitspolitik | Events im Dezember | Kulturpolitik

Japanisch lernen | Filme aus Japan

 

 

 

 

 

 

 

Home
  Gesundheitspolitik
  Events im Dezember
  Kulturpolitik
  Japanisch lernen
  Filme aus Japan
Kalender des Monats