Botschaft von Japan

Kultur

Die Flora Japonica von Philipp Franz von Siebold

Der aus Würzburg stammende Arzt und Naturforscher Philipp Franz von Siebold (1796-1866) wirkte zwischen 1823 und 1829 im Dienste der Niederlande auf der kleinen Insel Deshima bei Nagasaki – damals der einzige Ort in Japan, an dem ein unmittelbarer Austausch zwischen dem abgeschlossenen Inselreich und dem westlichen Ausland möglich war. Nach seiner Rückkehr nach Europa widmete Siebold sein weiteres Leben der wissenschaftlichen Auswertung seiner in Japan unternommenen Sammlungen und Aufzeichnungen. Aus diesem Wirken heraus entstanden die für lange Zeit bedeutendsten westlichen Werke über Japan. Neben „Nippon, Archiv zur Beschreibung von Japan“ (1832 – 1858) und der „Fauna Japonica“ (1833 – 1850), einer Beschreibung der japanischen Tierwelt, zählt dazu auch die „Flora Japonica“ – eine Abhandlung über Pflanzen in Japan. Diese dritte große Publikation Siebolds stellt die Japanologin und Autorin Dr. Andrea Hirner nun in dem von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Bayern e.V. herausgegebenen Band „Philipp Franz von Siebolds Flora Japonica und ihre Münchner Künstler“ vor.

alt text

Bild: Umschlagbild des Bandes. © 2020 DJG in Bayern e.V.

Die Flora Japonica enthält die Beschreibung zahlreicher japanischer Pflanzen, die Siebold bereits kurz nach seiner Ankunft im Land zu sammeln begonnen hatte. In einem eigenen Garten auf Deshima pflanzte er sie aus und ließ sie dann von Mitarbeitern zeichnen. Während die Werke „Nippon“ und „Fauna Japonica“ im niederländischen Leiden entstanden, erschien seine Flora in München. Grund dafür war Siebolds Freundschaft mit dem Brasilien-Forscher Karl Friedrich Philipp von Martius, damals Direktor des Alten Botanischen Gartens, sowie mit dessen Mitarbeiter Joseph Gerhard Zuccarini, der die wissenschaftliche Bestimmung der abgebildeten Pflanzen vornahm. Eine Besonderheit stellen die schönen ganzseitigen Abbildungen dar, die mittels der damals neuen Technik der Lithographie von Münchner Künstlern geschaffen wurden, darunter Sebastian Minsinger.

alt text

Bild: Eine der kolorierten Bildtafeln des Bandes. © 2020 DJG in Bayern e.V.

Der erste Band der Flora entstand zwischen 1835 und 1841 und zeigt 100 handkolorierte Bildtafel. Für die Fachwelt stellten diese Tafeln eine wissenschaftliche Sensation dar, da bislang in Europa kaum Pflanzen aus Japan bekannt waren. Ein zweiter Band war bereits in Arbeit; seine Veröffentlichung wurde jedoch durch den Tod Zuccarinis verzögert. Erst 1870 erschienen 50 Tafeln dieses Bandes in den Niederlanden.

Darüber hinaus betätigte sich Siebold auch als Importeur von Pflanzen und verwandte große Mühe darauf, lebende Gewächse aus Japan nach Europa zu bringen. Ein eigenes Unternehmen versuchte diese in Europa bekannt zu machen und überallhin zu verkaufen. Einige dieser Pflanzen findet man heute auch in Deutschland in öffentlichen und privaten Gärten, da die meisten hierzulande problemlos wachsen. Dazu zählen etwa Hortensie, Schneeball, Rhododendron, Kamelie, Hartriegel, Lilie, Deutzie und Ahorn, um nur einige zu nennen.

alt text

Bild: Die Hortensie, auf Japanisch ajisai © 2020 DJG in Bayern e.V.

So wirkte der Japanforscher Siebold auch auf diesem Gebiet als ein erfolgreicher Brückenbauer zwischen Japan und Europa. Die vorliegende Publikation ermöglicht nicht allein einen Einblick in Leben und Schaffen dieses großen Forschers, sondern zeigt auch eindrücklich, dass bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, zu einem Zeitpunkt, als Japan dem Westen größtenteils noch verschlossen war, enge Verbindungen zwischen diesem Land und insbesondere Deutschland bestanden, die bis heute nachwirken.

Andrea Hirner: Philipp Franz von Siebolds Flora Japonica und ihre Münchner Künstler, herausgegeben von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Bayern e.V., 2020, 255 Seiten.

Die DJG in Bayern stellt den Band auf ihrer Homepage auf einer eigenen Sonderseite vor, die auch eine Leseprobe bietet.