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Studienreise nach Japan


Reisebericht mit Fotos des Siegers 2003 aus Berlin / Neue Bundesländer 
Rami-Habib Eid-Sabbagh, Jahrgang 1982:

Kleiner Reisebericht aus Japan

Heute ist Sonntag der 16. November 2003. Gestern 21:00 Uhr bin ich aus Japan zurückgekehrt. Noch kann ich nicht ganz glauben, dass ich dort war. Es kommt mir so vor, als hätte ich geträumt. Ich schaue mir die Bilder an, die ich mit der Digitalkamera gemacht habe und denke mir, es scheint doch wahr zu sein. Ich vermisse das Land schon, wäre gerne länger geblieben. Die Reise hat mich sehr beeindruckt. Wahnsinn. Ich kann das alles noch nicht fassen. Mir kommt es vor, als wäre ich länger als zwei Wochen in Japan gewesen, eine Ewigkeit, die doch zu schnell vorbeiging. Morgen werde ich in der Uni sitzen und mich wundern. Langsam wird der Alltag kommen. Der Traum Japan wird aber bleiben.
Meine Augen brennen, die Zeitumstellung macht sich bemerkbar.
Starke Eindrücke bleiben von der Reise: Ruhe, Rituale, wundervolle Natur, Stil, Höflichkeit.

2. November 2003, Flughafen Berlin-Tegel, die Reise geht los. Umsteigen in Frankfurt. Ich erreiche den Wartesaal und treffe die anderen Reiseteilnehmer. Alles kommt mir wie ein Traum vor.
Ankunft in Tokyo. Zwei nette Reiseführer begrüßen uns, „Ta-da“-san, und Oka“(y)“-san, die Namen sprechen für sich. Ab geht es mit dem Bus in Richtung Hotel. Es ist Nacht. Wir fliegen durch die Zukunft, durch Häuserschluchten und Strassen. Lichter und Farben leuchten aus der Höhe und Tiefe. Einchecken im Hotel, der Abend ist frei und dient einem kleinen Spaziergang durch die Strassen. Japan sieht doch nicht so anders aus, bis auf die an allen Ecken leuchtenden Vending Machines (Getränkeautomaten).
Ich versuche zu schlafen, wache jedoch mehrmals auf. Jetlag.
Den Plan für die nächsten zwei Wochen haben wir schon bekommen. Alles ist sehr gut vorbereitet, durchgeplant von A bis Z. Gewarnt wurde, es könnte anstrengend werden. Ich freu mich. Vieles sehen in kurzer Zeit, was will man mehr.

Kleiner Ausschnitt aus dem Programm:

Erster Tag: Gegen neun verlassen wir das Hotel. Begrüßung, Treffen der Organisatoren und Vorstellung des Programms im Auswärtigen Amt Japans. Danach Besichtigung des Japanischen Parlaments, Mittagessen (Buffet, lauter Leckereien) und Besichtigung eines japanischen Betriebs.

Zweiter Tag: 7:00 Uhr Abmarsch, zur Metro. Rush Hour Feeling, zur Chuo-Universität. Dort angekommen, eine kleine Begrüßung, erste Vorlesung zum Thema “Internationale Angelegenheiten und japanische Außenpolitik”, danach Diskussion in kleinen Gruppen mit japanischen Studenten, Mittagessen in der Mensa.

So eine Mensa hätte ich auch gerne. Super Auswahl, und gutes Essen. Hier können deutsche Mensen noch was lernen.

Danach zweite Vorlesung. Thema: „Japanische Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, es folgt die zweite Diskussionsrunde.

Kleine Pause und Besuch des traditionell japanischen Kampfsports. Wir werden eingeteilt in zwei Gruppen. Kendo und Kyudo. Ich wähle Kyudo (Japanisches Grossbogenschiessen). Noch nie zuvor habe ich diesen Sport gesehen.

Ich bin beeindruckt. Allein die Räumlichkeiten, - kann man dazu überhaupt Räumlichkeiten sagen -, überwältigen mich. Ein Gebäude, das eigentlich hauptsächlich aus einem Atrium besteht, mit kleinen Zimmern zur Aufbewahrung der Sportgeräte und natürlich Umkleideräumen. Im Atrium eine Wiese an deren Ende die Zielscheiben aufgestellt sind. Man schießt vom Überdachten ins Freie.

Erstmal eine Vorführung der Sportgruppe. Die Kleidung zeugt von Stil und Kunst. Die Bewegungen sind ruhig und konzentriert, langsam, fließend und schön. Faszinierend. Anschließend dürfen wir uns versuchen. Aber nur auf zwei Meter schießen. Normalerweise übt ein Schüler ein halbes Jahr den Bewegungsablauf bevor er/sie das erste mal schießen darf. Später macht man zweihundert Bogenschüsse am Tag. Für uns machen sie eine Ausnahme, aber auch wir machen erstmal Trockenübungen. Und dürfen dann auf einen zwei Meter weit entfernten Bock schießen. Das klappt. Ein guter Sport. Meditativ, anstrengend und ruhig. Gefällt mir. Dieser Ruhe und Konzentration werden wir noch öfters begegnen.

Nun ist es Abend und der Magen knurrt. Aber für unser Wohl wird gesorgt. Ein Buffet in Gesellschaft der Professoren und japanischen Studenten. Eine gute Möglichkeit sich mit japanischen Studenten auszutauschen und mehr über ihren Lebensstil zu erfahren. Gegen acht Uhr verlassen wir die Universität. Die Abende sind frei, viel Kraft für Unternehmungen bleibt jedoch nicht mehr. Zu einem kleinen Spaziergang reicht es meisten, manchmal auch zu größeren Abenteuern durch Tokyos Strassen.

Dritter Tag: mein Lieblingstag. Früh aufstehen. Früh, diesmal richtig früh. Es ist fünf der Bus wartet auf uns. Los geht’s zu Tokyos größtem Fischmarkt. Wir erreichen den Fischmarkt. Gummistiefel werden ausgesucht, denn dort ist es sehr rutschig und nass. Nach einer kurzen Weile hat jeder ein passendes Paar gefunden.

Dann geht’s los, durch ein Gewimmel an hektisch arbeitenden Menschen und Fahrzeugen vorbei, die Fisch, Fisch, Fisch und andere lebende oder tote Meeresbewohner durch die Gegend fahren. Ich schaue links, schaue rechts, ups, da kommt ein Fahrzeug, habe es nicht gesehen. Vorsicht ist geboten. Wir gehen an den Ständen vorbei, unser Ziel sind die Hallen im hinteren Bereich des Fischmarkts. Dort sind die Thunfischauktionen. Es ist knapp halb sechs und die Auktionen sind schon in vollem Gange. Hunderte gefrorene, große Thunfischkörper liegen auf dem Boden und werden feilgeboten. Die Auktionäre stehen auf Holzkisten und fuchteln mit ihren Händen in der Luft herum, dazu rufen sie unverständliche Worte (zumindest für mich unverständlich) in die Menge. Die Bieter machen ihre Zeichen und geben Rufe von sich. Man sagte mir, dass selbst die außenstehenden Japaner die Zeichen und den Ablauf nicht verstehen. Mir geht es genauso. Dieses Auktionssystem habe ich nicht verstanden. Auf jeden Fall funktioniert es. Die Thunfische gehen weg wie warme Semmel.

Es ist noch etwas Zeit zum Bummeln. Man findet hier alles was man sich aus dem Meere wünschen könnte. Frisch. Die meisten der Gruppe entscheiden sich für ein Frühstück in einem der kleinen Restaurants am Rande des Fischmarktes. Ich ebenso. Zu dritt setzen wir uns an die Bar und bestellen mit Handzeichen und schon bereitet uns der Chef, das erste Sushi an, ganz frisch. Dazu bestellen wir Tee und warmen Sake. Es wird fast alles probiert was auf der Karte steht. Thunfisch, Garnelen, Octopus, (und ich weiß nicht wie sie alle heißen), aber lecker sind sie alle, und frisch. Das beste Frühstück, das ich je zu mir nahm, genoss ich hier auf dem Fischmarkt. Etwas angetüdelt vom Sake, und vollkommen zufrieden setzen wir uns in den Bus und freuen uns auf eine kleine Verdauungspause im Hotel. Dort wartet auf uns ein zweites Frühstück, welches weitaus nicht so gut ist.

Zwischen acht und neun geht es weiter zum Panasonic Center. Dort werden wir in einen Konferenzsaal geführt, überall zeigen uns hübsche Hostessen den Weg. Panasonic gefällt mir. Wir sind begeistert. Die übliche Begrüßung und ein Film über die Panasonics Firmengeschichte. Interessant. Danach ist noch Zeit für Fragen. Wir werden in zwei Gruppen eingeteilt und werden durch die Showrooms geführt. Überall sehen wir die neuesten Erfindungen und modernsten Geräte von Mobiltelephonen, Mp3-Player, bis hinzu Fernseher und Häusereinrichtungen. Wir bekommen ein Photo von unserer Gruppe zum Abschied. Der Bus wartet und es geht weiter zu Sony. Hier wird Aibo (Sonys Roboterhund) mit Freuden betatscht und gestreichelt. Wir sind gute Touristen.

Bis zum Mittagessen ist noch Zeit. Wir dürfen ein bisschen durchs Shoppingcenter wuseln. Das Mittagessen was uns dann erwartet ist ein Kunstwerk an sich.

Uns wird ein Quadrat mit neun Fächern vorgesetzt, in denen sich die verschiedensten schön dekorierten Speisen befinden, dazu Miso-Suppe, Reis und ein weiterer Behälter mit gedampften Teigtaschen. Äußerst lecker. Japanische Küche ist einmalig.
Nach dem Mittagessen bringt uns der Bus zu einer Ikebana Schule.

Der Eingangsbereich der Schule ist fantastisch. Eine kleine Berglandschaft mit einem Wasserlauf, und verschiedensten Ikebana-Exponaten.
Mit dem Aufzug in den 2. Stock. Wir betreten einen hellen Raum mit einer großen Fensterfront, die Tische sind in Reihen angeordnet. Alles ist schon vorbereitet. Rechts sind verschiedene Blumenkübel mit Blumen und Ästen aufgestellt. Im hinteren Teil des Raumes stehen verschiedenste Blumengefäße, Vasen, Schalen, alles was man zum Ikebana gebrauchen kann. Die Meisterin, adrett aufgemacht, mit ihren beiden Assistentinnen begrüßt uns, und fängt darauf an uns in die Grundlagen des Ikebanas einzuweisen.

Hinten anfangen, erster Ast 90 Grad, zweiter 45 Grad, dritter 30 Grad. Fertig ist das erste Standardgesteck. Beugen, biegen, brechen, ziehen. Hier ein Ast, dort eine Blume, da ein Zweig. Immer nach festgelegten Regeln. So zaubert sie uns ein Gesteck nach dem anderen vor die Augen. Bauen, knicken. verankern, schneiden, Blume hier, Blume dort. Weiter geht’s. Es sieht alles sehr einfach aus. Ist es aber nicht.

Nun sind wir dran. Bei uns gilt das Motto, “Breaking the Rules“, um uns die Arbeit und das Vergnügen zu erleichtern. Nach traditionellen Regeln darf man nach diesem Motto erst stecken, wenn man fähig ist die Standardgestecke zu stecken. Der Ansturm auf Töpfe und Vasen hat begonnen, jeder sucht sich einen Topf, Vase, Schale, je nach Belieben. Eine Vorgabe haben wir, man darf nur zwei verschiedene Blumenarten für sein Gesteck benutzen. Ich entscheide mich für eine blau-weiß länglich geschwungene Vase, gelbe Blumen und ein grün-gelbliche Zweigsorte. An jedem Platz liegt eine Gartenschere bereit. Bevor wir mit dem Schneiden beginnen, füllen wir noch zusätzliche Schalen mit Wasser, denn die Blumen werden unter Wasser geschnitten. Mir schwirrt was kurviges dynamische im Kopf herum. Ich beuge, biege, breche. Leicht ist es nicht, seine Ideen umzusetzen. Die Zweige sind keine Legosteine, die man aneinandersetzen kann wie es einem beliebt. Die Meisterin läuft durch die Reihen, geht mal hier, mal dort zur Hand. Lobt und kritisiert. Nach einer knappen Stunde haben wir dreißig wundervolle Amateurwerke geschaffen. Die meisten posieren Stolz mit ihrem Werk. Welch wundervolle Beschäftigung zum entspannen. Man kann komplett abschalten und dem Alltag entschwinden.

Zwei Minuten später sitzen wir wieder im Bus, diesmal Richtung Theater. Heute ist noch Kabuki (traditionelle japanische Theaterform) angesagt. Ganz typisch bekommen wir eine Lunchbox fürs Theater, die wir uns in der Pause zu Gemüte führen dürfen. Das Theater beginnt. Nach kurzer Eingewöhnung, komme ich in den Genuss, langsamer stilisierter Bewegungen, schöner Kostüme und sehr interessanter Klänge. Drei Stücke werden gespielt. So gegen zehn Uhr ist dann der Tag auf für uns zu Ende und wir freuen uns auf unser Bett.

Weitere Höhepunkte des Programms: Besuch der Atombombenabwurf-Gedenkstätte in Hiroshima mit Vortrag eines Zeitzeugen, ein Gastfamilienaufenthalt, der Besuch von Tempeln und Palästen in Kyoto, Nara und Osaka. Ein Besuch im Onsen (Bad), eines Taikokonzerts (japanische Trommler), und einer Kalligraphieschule.

 

Japan, ein tolles Erlebnis. Diese Reise hat mir Lust auf mehr Japan gemacht. Das Essen, die Höflichkeit der Japaner haben mich besonders beeindruckt. Außerdem muss ich alle japanischen Botschaften loben und das Auswärtige Amt Japans für die gute Auswahl meiner Reisegefährten, die eine lustige Reisegruppe formten.

Es herrschte eine super Stimmung, trotz des ein oder anderen anstrengenden Tages, was wohl auch an unseren freundlichen und netten Reiseführern lag.
Bedanken muss ich mich ganz besonders bei Herrn Takahashi, dafür dass er mich ausgewählt hat und bei Frau von Bülow für die liebe Betreuung vor und nach der Reise.

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