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Aufsatzwettbewerb


Studienreise nach Japan

“Study Tour of Japan for European Youth 2007”


Reisebericht mit eigenen Fotos
des Sieger 2007
aus Berlin / Neue Bundesländer 

Michael Dobis, Jahrgang 1977:

 

Naokos Lächeln und Kazuo-sans Ekstase – Japan hat viele Gesichter

Urplötzlich verändert sich Kazuo-sans Gesichtsausdruck. Gerade noch hatte unser Reiseleiter uns bedächtig erklärt, wie in Japan jahrhundertealte Traditionen und modernste Technologien zu einer einzigartigen exotisch-futuristischen Einheit verschmelzen konnten. Nun greift der 55-Jährige zum Mikrofon und singt feuertrunken ein japanisches Volkslied, um uns im Bus auf die nahende alte Kaiserstadt Kyoto einzustimmen.

Ich bin also in Japan – Wahnsinn! Zwölf Tage habe ich Gelegenheit, auf Einladung der Japanischen Botschaft in eine traumhafte Welt voller zarter Kirschblüten und wilder Manga einzutauchen. Ein paar Seiten von Japan kannte ich vorher schon: Judo und Karate aus dem Sport-Unterricht, „Naokos Lächeln“ aus dem Bücherregal, Nigiri und Maki aus der Sushi-Bar. Doch erst im direkten Kontakt mit Land und Leuten (wie Kazuo-san) wird das Charakteristische der japanischen Seele sichtbar – die Kontraste. Ganz klar: Japan hat viele Gesichter.

Das futuristische Gesicht: Tokio ist die letzte Station vor dem Mond, so heißt es. Tatsächlich raubt mir die Metropole zunächst den Atem. Allgegenwärtige Getränkeautomaten, rastlose Elektro-Butler und Kellner mit Sprechfunk geben einen guten Einblick in die Zukunft. Dazu diese gigantischen Wolkenkratzer mit ihren grellen Neonreklamen. Auch Geschäfte, in denen die Kasse rund um die Uhr klingelt, sind für deutsche Ohren Zukunftsmusik.

Das gastfreundliche Gesicht: Bei alledem ist Tokio eine überaus angenehme Stadt zum Leben. Obwohl die U-Bahn stets gefüllt ist, gibt es keine Hektik oder Gedränge, sondern eine beeindruckende Rücksichtnahme. Gerade im Umgang mit Ausländern zeigt sich die ganze Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit der Japaner, wie ich erfreut vor dem Fahrkartenautomaten und in der Eckkneipe erfahre. Für Wohlbefinden sorgen auch die vielen Oasen der Stille: die japanischen Gärten, die Uferpromenade, die Heißen Quellen, der pazifische Ozean. Auch die Preise sind sehr human. Freundlich, ruhig und billig, dazu lecker und sicher – die schönste Stadt der Welt ist Tokio.

Das exotische Gesicht: Das reiche kulturelle Erbe Japans begeistert uns, wohin wir kommen. Allein im beschaulichen Städtchen Nara sind es die „Daibutsu“, die größte bronzene Buddhastatue der Welt, und das weltgrößte Holzgebäude, der Todaiji-Tempel. Doch nicht nur die Augen staunen, auch die Hände schwitzen: Ob Tee-Zeremonie, Ikebana, Taiko-Trommeln, Origami oder Kimonos – all diese großartigen Traditionen können wir im Laufe der Reise selbst ausprobieren.  Faszinierend, wie reduziert – und dadurch ausdrucksstark – die japanische Kunst in ihren Formen ist. Verzicht scheint ein weiteres japanisches Schlüsselwort zu sein.

Ein wesentlicher Teil der Reise sind die Gesichter der Menschen, die mich begleiten. Alessandro aus Brüssel, Jasmina aus Ljubljana, Rui aus Lissabon – knapp 30 Jugendliche aus 30 europäischen Ländern erleben in Japan auch eine wunderbare interkulturelle Reise ins Innere Europas. Tatsächlich zeigt sich in der Begegnung mit der japanischen Kultur so etwas wie eine europäische Identität: Handschlag statt Verbeugung, Besteck statt Stäbchen, Buchstaben statt Schriftzeichen – all diese kulturellen Codes verbinden uns Europäer miteinander. Natürlich gibt es auch Unterschiede: südeuropäisches Temperament punktet abends in der Karaoke-Bar, nordeuropäische Pünktlichkeit morgens im Bus. Die meisten Japaner, denen wir begegnen, scheinen beides gut zu können: arbeiten und feiern.

Japan und seine Gesichter – alle konnte ich nicht sehen. Ein paar Bilder haben sich dafür besonders in mein Gedächtnis eingebrannt: Wie ausgelassen ich mit den drei kleinen Töchtern meiner Gastfamilie in Hiroshima Verstecken gespielt habe. Wie kontrovers die Diskussion mit japanischen Studenten über eine mögliche Vorbildfunktion der EU für Asien war. Wie intensiv wir alle miteinander immer wieder Karaoke gesungen haben. All das zaubert weiterhin ein großes Lächeln auf mein Gesicht.

November 2007

Alle Fotos (c) Michael Dobis:

Tokyo at night

trying tea ceremony

doing Ikebana

singing Karaoke together

wearing yukata in a ryokan

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