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Japan Brief (Foreign Press Center Japan):
13. 03. 2006
Gespräche über Gasfelder in der
Sackgasse - Chinas Vorschlag
für Japan inakzeptabel
Bei den jüngsten japanisch-chinesischen Regierungsgesprächen auf Arbeitsebene über die Frage der Erschließung von Gasfeldern im Ostchinesischen Meer wurden keine Fortschritte erzielt. Damit gelang es der Regierung von Japan nicht, China dazu zu bewegen, seine Erschließung von Gasfeldern in dem strittigen Gebiet einzustellen und einer gemeinsamen Erschließung nach japanischen Vorstellungen zuzustimmen. Bei den Gesprächen, die am 6. und 7. März in Beijing stattfanden, unterbreitete China vielmehr von sich aus einen neuen Vorschlag für eine gemeinsame Erschließung, den Japan nicht akzeptieren konnte. Auf japanischer Seite fragt man sich nun, ob die chinesische Seite nur beabsichtigte, Zeit für den Beginn der Produktion bei einer der Quellen zu gewinnen, die bereits erschlossen wurde.
Im Mittelpunkt des Streits über die Erschließung von Gasfeldern steht die unterschiedliche Interpretation beider Länder über die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ). Japan ist der Auffassung, dass gemäß Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen die AWZ von der Küstenlinie eines Staates aus bis zu 200 Seemeilen auf die offene See reicht. Überschneiden sich die AWZ zweier Staaten, so verläuft die Grenze genau auf der Mittellinie zwischen den beiden Küstenlinien. China hingegen ist der Ansicht, dass seine AWZ vom Rand seines Festlandsockels aus gemessen beginnt und weit in Japans AWZ hineinreicht. Japan behauptet, dass drei der vier Gasfelder, welche China nahe der Mittellinie auf chinesischer Seite erschlossen hat, mit Vorkommen unter dem Meeresboden innerhalb der japanischen AWZ verbunden sind.
Auf dieser Grundlage fordert die Regierung von Japan China auf, die Erschließung dieser Felder einzustellen und technische Daten über diese Vorkommen zur Verfügung zu stellen. Im September 2005 unterbreitete Japan den Vorschlag, die Gasfelder, die über die Grenzlinie hinausreichen, gemeinsam zu erschließen. Dazu zählen u.a. die Felder Chunxiao (japanische Bezeichnung Shirakaba) und Duanqiao (Kusunoki) auf chinesischer Seite. Die japanische Idee geht dahin, Gasfelder gemeinsam zu erschließen, solange beide Seiten keine Einigung über die Grenzlinie zwischen den AWZ beider Länder erreichen können. Damit würden die Differenzen zunächst beiseite geschoben, was eine praktische Vorgehensweise darstellen würde.
China hat auf der Grundlage seiner Theorie von der Grenzziehung der AWZ den japanischen Vorschlag jedoch umgehend zurückgewiesen. Stattdessen machte es einen eigenen Vorschlag für eine gemeinsame Erschließung in zwei Gebieten im Ostchinesischen Meer: eines im Norden und das andere im Süden der Gruppe der derzeit umstrittenen Gasfelder. Japan stört an dem chinesischen Vorschlag vor allem, dass das südliche Gebiet, für das eine gemeinsame Erschließung vorgeschlagen wurde, auch die Senkaku-Inseln umschließt, eine Gruppe von neun kleinen Inseln unter japanischer Kontrolle, die aber auch von China beansprucht werden. Aus japanischer Perspektive besteht in diesem Gebiet, das unzweifelhaft zu Japan gehört, kein Grund für eine gemeinsame Erschließung.
Die Mainichi Shimbun meinte diesbezüglich in ihrem Leitartikel vom 9. März: "Wir spüren auf chinesischer Seite die Absicht, seine Erschließung der Gasfelder (in dem strittigen Gebiet) als vollendete Tatsache darzustellen, indem es die Angelegenheit durch einen Territorialstreit noch komplizierter macht, um auf diese Seite Zeit zu gewinnen." Es wurden Beamte des japanischen Außenministeriums zitiert, die ebenfalls dieser Auffassung sind und die darüber hinaus von allen führenden Zeitungen geteilt wird. Die Asahi Shimbun, die dazu aufrief, die Frage der Erschließung der Gasfelder ruhig und überlegt anzugehen, meinte in ihrem Leitartikel vom 10. März: "Es war nur natürlich, dass Chefkabinettsekretär Shinzo Abe (den chinesischen Vorschlag) als ‚inakzeptabel' zurückwies, da die Senkaku-Inseln ein Teil des japanischen Territoriums sind, das Japan effektiv kontrolliert." Die Nihon Keizai Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 9. März: "Chinas Drang nach Erschließung von Vorkommen in diesen Gewässern können Japan, die Vereinigten Staaten und Taiwan aus Sicherheitsgründen nicht hinnehmen."
Härteres Vorgehen Japans befürwortet
Auch wenn beide Regierungen übereinkamen, die nächste Runde der Gespräche im April in Tokyo zu veranstalten, sind die Japaner skeptisch, was einen Kompromiss für einen Durchbruch in nächster Zeit angeht. Inzwischen besteht der Verdacht, dass China schon bald die Produktion auf den Feldern Chunxiao und Tianwaitian aufnehmen könnte. Die Situation veranlasst die Medien dazu, die japanische Seite zu entschlossenem Handeln aufzurufen. Die Sankei Shimbun z.B. meinte in ihrem Leitartikel vom 8. März: "Japan sollte in Zusammenarbeit mit der Japanischen Küstenwache und dem Amt für Verteidigung Vorbereitungen für Bohrungen (auf japanischer Seite der Grenzlinie) aufnehmen, um zu verhindern, dass China vollendete Tatsachen schafft." In einem weiteren Leitartikel vom 11. März meinte die Zeitung, dass die japanische Regierung stärkere physische Maßnahmen ergreifen sollte, um zu zeigen, dass die Senkaku-Inseln international anerkanntes japanisches Territorium sind.
Die Yomiuri Shimbun erinnerte in ihrem Leitartikel vom 8. März daran, dass eine beschwichtigende Haltung nicht dazu beitrage einen Durchbruch zu erzielen, da China die Erschließung seiner Gasfelder schon bald abgeschlossen haben wird, wozu auch das Verlegen von Pipelines zwischen den betreffenden Gasfeldern zählt. "Japan hat keine andere Wahl als mit den Vorbereitungen für den Beginn der Suche nach Gasfeldern im Ostchinesischen Meer zu beginnen, wenn China weiter unnachgiebig damit fortfährt, seine Erschließungen in dem Gebiet zu stoppen. Es ist unmöglich zu sagen, ob beide Länder in der Lage sind, Gasfelder gemeinsam zu erschließen.", meinte die Zeitung. Die Asahi Shimbun schrieb unterdessen: "Wir sind darüber besorgt, dass sich die Verhandlungen hinziehen. China könnte die Geduld verlieren und die Produktion auf dem Chunxiao-Feld starten. Sollte dies geschehen, wären die Chancen für einen weiteren Dialog gering. Japan wäre dann gezwungen Gegenmaßnahmen zu treffen, wie z.B. seinerseits Probebohrungen durchzuführen."
Die Mainichi wies darauf hin, dass beide Regierungen in der Notwendigkeit weiterer Verhandlungen übereinstimmen. Sie meinte: "China sollte sich deshalb mit der einseitigen Aufnahme der Produktion zurückhalten." Die Zeitung rief auch die japanische Seite zu ruhiger Überlegung auf. Sie fragte: "Ist es wirklich in Japans nationalem Interesse, sich an gemeinsamen Erschließungen mit China zu beteiligen, einem Land, das die Erschließung unter dem Gesichtspunkt einer nationalen Energiestrategie forciert und dabei alle wirtschaftlichen Erwägungen außer Acht lässt? Wir sind nicht unbedingt dagegen, das Ostchinesische Meer vermittels gemeinsamer Erschließungen zu einem ‚Meer des Friedens' zu machen. Aber rentiert sich ein solches Unterfangen mit Blick auf die Gasvorkommen und die Kosten für die Bohrungen? In dieser Angelegenheit ist vor allem Umsicht gefragt."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)