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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


23. 03. 2006


Dritter Jahrestag des Beginns des Irak-Krieges und die neue "Nationale Verteidigungsstrategie" der Vereinigten Staaten


Drei Jahre sind seit dem Einmarsch der US-Truppen in den Irak im März 2003 vergangen. Entgegen den ursprünglichen optimistischen Prognosen der US-Regierung von Präsident George W. Bush ist die Situation im Irak nach wie vor chaotisch, und der blutige Konflikt zwischen den religiösen Gruppierungen nimmt an Intensität weiter zu. Um den 20. März herum, dem Tag, an dem der Krieg vor drei Jahren begann, brachten Japans landesweite Tageszeitungen verschiedene Artikel, darunter auch Leitartikel, Berichte vor Ort und Beiträge von Experten, in denen sie versuchten, den gegenwärtigen Stand des Irak-Problems sowie die Aussichten für die Zukunft zu analysieren. Inmitten dieser vielfältigen Berichterstattung über die Lage im Irak zog auch die "Nationale Sicherheitsstrategie", die die Vereinigten Staaten am 16. März bekannt gegeben hatten, die Aufmerksamkeit auf sich. 

Tageszeitungen fordern auf, die Realität im Irak zu erkennen

Ein wichtiges Merkmal der vielen Artikel, die Japans überregionale Tageszeitungen über den Irak brachten, war ihre Haltung, sich vom Wunschdenken abzuwenden und sich der Realität im Irak zu stellen. Die Yomiuri Shimbun (19. März) berichtete in großem Umfang, wobei ein Artikel des Sonderkorrespondenten in Washington im Mittelpunkt stand. Der Artikel führte zu Beginn aus: "Zuhause in den Vereinigten Staaten kommen inmitten der Rufe nach einer Rückkehr der im Irak stationierten US-Truppen Gerüchte auf, dass der Irak vor einem Bürgerkrieg steht. Dies wäre der schlimmste vorstellbare Fall." Die Asahi Shimbun (16. März) widmete unter der Überschrift "Drei Jahre nach Beginn des Krieges: Chaos und die Zukunft des Iraks" eine ganze Seite einer Diskussionsrunde dreier Experten.

Das Merkmal, den Blick vor allem auf die Realität zu richten, war auch ein gemeinsames Element der Leitartikel. Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei, 20. März) schrieb: "Für die US-Regierung besteht die Realität aus einer Reihe von Fehleinschätzungen. Massenvernichtungswaffen, die der Grund für den Beginn des Krieges waren, wurden nicht gefunden. Und im Dezember letzten Jahres war Präsident Bush gezwungen zuzugeben, dass ein Großteil der diesbezüglichen Informationen nicht zutreffend gewesen war." Mit Blick auf die Agonie der US-Regierung bezüglich einer effizienten Politik für den Irak fuhr die Nikkei fort: "Die Stimmen in Amerika, die einen raschen Rückzug der US-Truppen aus dem Irak fordern, werden lauter. Auf der anderen Seite macht die derzeitige Lage vor Ort einen frühen Rückzug immer schwieriger. Der Präsident kann die Menschen nur um Verständnis bitten, indem er an sie appelliert, dass es "bei einem Rückzug keinen Frieden, keine Ehre und keine Sicherheit gibt (Radio-Ansprache vom 18. März)."

Der Leitartikel der Mainichi Shimbun (18. März) führte aus: "Die Realität [im Irak] ist schwierig. Nach der Parlamentswahl im letzten Dezember haben die Gegensätze zwischen den verschiedenen Gruppierungen und der Terrorismus weiter zugenommen. Die erste Sitzung des Parlaments am 16. März endete bereits nach einer halben Stunde, ohne dass irgendeine substantielle Debatte stattgefunden hätte. Die US-Streitkräfte begannen gleichzeitig eine Säuberungsaktion gegen bewaffnete Aufständische und bombardierten in großem Maßstab Samarra, jedoch gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Situation beruhigt."

Mit Blick auf den Zustand der Hilflosigkeit, in den Amerika geraten ist, meinte der Leitartikel der Asahi Shimbun (18. März): "Die Regierung Bush, die einseitige Schritte unternahm, nachdem sie die skeptischen Ansichten der europäischen Staaten und der Vereinten Nationen zurückgewiesen hatte, steht nun unter Druck, da sie im Irak feststeckt. Selbst nach dem Tod von mehr als zweitausend eigenen Soldaten stehen die Vereinigten Staaten noch immer vor der Aufgabe, den Konflikt einer Lösung näher zu bringen. Etwa sechzig Prozent der Amerikaner sagen heute, dass der Krieg gegen den Irak falsch ist. Bushs Zustimmungsrate ist auf weniger als vierzig Prozent gefallen, ein ungewöhnlich niedriger Wert für eine Regierung."

Augenmerk auf den neuen Bericht über "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush

Im Irak wurde im Januar 2005 ein Übergangsparlament gewählt; im Oktober 2005 gab es ein Referendum über den Verfassungsentwurf und im Dezember 2005 fand die Parlamentswahl statt. Bei jeder Abstimmung legte die Wahlbeteiligung zu. Es schien, dass der Prozess der Erneuerung und Demokratisierung stetig an Festigkeit gewann. Ironischerweise hat der überwältigende Sieg der Schiiten bei der Parlamentswahl dazu geführt, dass die Hardliner innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe sich zunehmend des Machtmonopols sicher glaubten. Dies führte umgekehrt dazu, dass die Sunniten und Kurden ihren Widerstand verstärkten. Fast gleichzeitig mit der zunehmend eskalierenden Situation im Irak gab die Regierung Bush am 16. März ihren Bericht über die "Nationale Sicherheitsstrategie" heraus. Dieser Bericht ist eine aktualisierte Version der so genannten "Bush-Doktrin", die 2002 nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erstellt worden war. Die neue "Nationale Verteidigungsstrategie" zeigt in umfassender Weise Richtlinien für die Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung Bush während ihrer zweiten Amtszeit auf. In Verbindung mit der Situation im Irak zeigten die Kommentare der japanischen Tageszeitungen großes Interesse an diesem Dokument.

Der oben genannte Leitartikel der Asahi Shimbun meinte: "Vor dreieinhalb Jahren, als ein umfangreiches Machtspiel über Massenvernichtungswaffen im Irak stattfand, verfassten die Vereinigten Staaten eine Strategie, die nicht davor zurückschreckte, im Kampf gegen den Terrorismus Präventivschläge durchzuführen. Sechs Monate später griffen sie in Übereinstimmung mit dieser Strategie Irak an. Die US-Regierung sagt nun, dass es diese grundlegende Strategie beibehält, diplomatischen Lösungen jedoch Vorrang einräumt und den Schwerpunkt auf die Notwendigkeit gegenseitiger Koordination legt. Dies kann als Schritt weg vom vorherigen harten Kurs aufgefasst werden, der das Schwergewicht auf Militärschläge legte. Dieser Wandel bedeutet grundsätzlich eine gewisse Anpassung, verursacht durch den großen Fehlschlag der US-Politik im Irak. Drei Jahre nach dem Beginn des Krieges steckt Washington nach wie vor bis zum Hals im Konflikt, und diese Situation wirft einen dunklen Schatten auf die Formulierung der neuen außen- und sicherheitspolitischen Strategie."

Die Mainichi Shimbun meinte in ihrem oben genannten Leitartikel in ähnlicher Weise: "Präsident Bush sagte, dass gegenseitige Anstrengungen wichtig seien, um zahlreiche Probleme zu lösen. Der Bericht enthält am Schluss auch den selbstdisziplinierenden Kommentar, dass ‚unsere nationale Sicherheitsstrategie idealistisch in ihren Zielen und realistisch in ihren Methoden' sei. Wir begrüßen die Tatsache, dass sich im Vergleich zum vorherigen Bericht, der ein Jahr nach den Terroranschlägen vom 11. September veröffentlicht wurde, die Tendenz in Richtung Unilateralismus mit dem Schwerpunkt auf ein militärisches Vorgehen abgeschwächt hat."

Auf der anderen Seite vertrat der Leitartikel der Yomiuri Shimbun (20. März) einen anderen Standpunkt als die beiden oben genannten Zeitungen. Während er die "Nationale Sicherheitsstrategie" nicht unmittelbar nannte, meinte er: "In der jetzigen Situation ist die weitere Stationierung von über 130.000 US-Soldaten eine wichtige Voraussetzung dafür zu verhindern, dass der Irak in den Wirren eines Bürgerkriegs versinkt. Die Vereinigten Staaten sollten weiterhin äußerste Anstrengungen für die Stabilisierung des Iraks unternehmen. Und auch Japan sollte sich nicht davor scheuen, seine Zusammenarbeit anzubieten. Wir haben die Sorge, dass angesichts des anhaltenden Chaos im Irak die Vereinigten Staaten versucht sein werden, in Isolationismus und Protektionismus zu verfallen. Es wäre gefährlich, in eine solche Falle zu geraten."

Aufruf an die Iraker zur Vernunft und Versöhnung zwischen den Gruppierungen

Die US-Politik in Bezug auf den Irak beinhaltet zahlreiche unbeständige Faktoren. Einige der Leitartikel der landesweiten Tageszeitungen Japans riefen die Vereinigten Staaten zu einer Politik auf, die im Einklang mit der Realität steht. Zugleich brachten sie ihre großen Hoffnungen zum Ausdruck, dass die verschiedenen Gruppierungen im Irak endlich zur Vernunft kommen und einen Kompromiss auf der Grundlage von Gegenseitigkeit erreichen.

Im oben angeführten Leitartikel der Mainichi hieß es: "Vor allem ist es für die Führer und die Parlamentarier im Irak notwendig, zur Ausgangslinie des Aufbaus des Landes und der Einheit zurückzukehren. Die Gruppierungen im Irak haben ohne Zweifel ihre jeweils eigenen Vorstellungen. Aber wenn das Land auseinander bricht und in einen Bürgerkrieg gerät, müssen die Menschen erneut die bittere Erfahrung neuer Kämpfe machen. Dies würde nirgendwo hinführen."

Der Leitartikel der Yomiuri (18. März) meinte: "Es gibt keine andere Option für die Wiedergeburt des Iraks als die Koexistenz der drei großen Gruppierungen. Die Führer der Gruppierungen müssen diese Tatsache erkennen und damit aufhören, nur ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Sie sollten nicht zögern, die notwendigen Kompromisse zu schließen, um eine Regierung ins Leben zu rufen, die nach nationaler Einheit strebt."

 (Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

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