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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


06. 04. 2006


Große Fortschritte bei Japans Plutonium-Thermal-Nuklearprogramm

 

Während aufgrund der steigenden Ölpreise und des wachsenden Energiebedarfs in China, Indien und anderen aufstrebenden Staaten das weltweite Interesse an der Energiegewinnung durch Kernkraft stark zunimmt, konnte Japans Programm zur Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen Ende März große Fortschritte verzeichnen. So führte die Wiederaufbereitungsanlage der Japan Nuclear Fuel Co. in der Präfektur Aomori einen ersten Testversuch zur Gewinnung von Plutonium aus abgebrannten Kernbrennstäben durch; die Regierung der Präfektur Saga billigte ein Plutonium-Thermal-Projekt der Kyushu Electric Power Co. in dessen Kernkraftwerk Genkai, und die Shikoku Eletric Power Company erhielt für ein ähnliches Projekt in seinem Kraftwerk Ikata in der Präfektur Ehime die Genehmigung der Zentralregierung in Tokyo. Die Medien führen diese Entwicklung auf die Einstellung der Bevölkerung zurück, die diesen Bestrebungen unter der Voraussetzung höchstmöglicher Sicherheitsvorkehrungen und der Bereitschaft, internationale Vorbehalte über Japans Plutoniumgewinnung auszuräumen, grundsätzlich positiv gegenübersteht.

Im Verfahren der Plutonium-Thermalreaktoren, in "japanischem Englisch" auch als "pluthermal" bezeichnet, wird Plutonium aus abgebrannten Kernbrennstäben bereits vorhandener konventioneller Leichtwasserreaktoren gewonnen und mit Uran angereichert, um den so gewonnenen Mischoxidbrennstoff (MOX) für die Energiegewinnung zu nutzen. Vor dem Hintergrund Japans knapper Uranreserven wird dieses Recycling-System als das Herzstück von Japans Programm zur Brennstoffwiederaufbereitung für die Einsparung von Kernbrennstoff betrachtet.

Das Programm an sich wurde durch den Widerstand der Kommunen und durch Unfälle in Kernkraftwerken lange Zeit beeinträchtigt und verschoben und geriet durch Verschleierungsskandale weiter in Verruf. Bereits 1967 nahm die Politik der Kernbrennstoffwiederaufbereitung ihren Anfang. Der Bau der Wiederaufbereitungsanlage in Rokkasho-mura in der Präfektur Aomori begann 1993, und die Anlage trat Ende März diesen Jahres in die Testphase ein. Sie wird voraussichtlich im August 2007 ihren vollen Betrieb aufnehmen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstäbe Anlagen in Großbritannien und Frankreich überlassen, die auf diesem Wege bislang 43 Tonnen Plutonium gewannen. Wenn das Werk in Rokkasho-mura in Betrieb ist, wird es jährlich zwischen vier und fünf Tonnen Plutonium gewinnen können. Da energiehungrige aufstrebende Ökonomien wie China und Indien über relativ geringe Uranvorkommen verfügen, könnte Japans Fähigkeit zur Wiedergewinnung dem Land in der Zukunft einen Vorteil im weltweiten Kampf auf der Suche nach Uran verschaffen. Die Anlage wird über einen Zeitraum von vierzig Jahren die Kapazität zur Aufbereitung von 32.000 Tonnen abgebrannter Brennstäbe erreichen. Allerdings werden die hohen Kosten für den Bau des Werks, die sich auf 2,19 Billionen Yen belaufen - das ist fast das Dreifache des ursprünglichen Budgets - und die veranschlagten zukünftigen Kosten für die Wiederaufbereitung von 19 Billionen Yen in vierzig Jahren, in Frage gestellt.

Das Problem besteht darin, dass die Nutzung des "pluthermalen" Systems so lange ausgesetzt war. Während der Verband der japanischen Energieversorger (bestehend aus den zehn Energieunternehmen des Landes) beabsichtigt, das System bis 2010 landesweit in 16 von 18 Reaktoren zu nutzen, ist bislang der dritte Reaktor im Kernkraftwerk Genkai von Kyushu Electric Power die einzige Anlage, die sowohl die Genehmigung der örtlichen als auch der Regierung in Tokyo erhalten konnte und zur Nutzung zur Verfügung steht. Der Gouverneur der Präfektur Saga gab am 26. März sein Einverständnis zum "Pluthermal"-Programm des Kernkraftwerks Genkai. Zwei Tage später erteilte das Amt für Nukleare- und industrielle Sicherheit der Zentralregierung seine Zustimmung zum Vorhaben von Shikoku Electric Power für ein ähnliches System im dritten Reaktor des Kernkraftwerks Ikata in der Präfektur Ehime. Bevor das Unternehmen jedoch mit der Umsetzung seines Vorhabens fortfahren kann, benötigt es die Zulassung auf der Grundlage des Einverständnisses der Anwohner.

Ursprünglich konnten Tokyo Electric Power und Kansai Electric Power hinsichtlich des Programms auf einen Vorsprung verweisen, aber es kam in zwei Reaktoren der Unternehmen zu Zwischenfällen, deren Vertuschung zu geballtem Ärger der Anwohner führte, was wiederum die Einstellung des Projektes ohne Aussicht auf baldige Wiederaufnahme bedingte. Vor diesem Hintergrund fordern die Medien, wenngleich sie die neuen Entwicklungen im Rahmen des "pluthermalen" Projekts durchaus begrüßen, dass die Energieunternehmen umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen treffen, um Unfälle auszuschließen und eine umfassende Informationsweitergabe sowie Transparenz gewährleisten.

Die Nihon Keizai Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 28. März: "Nur ein einziger Skandal oder Zwischenfall kann das Vorhaben von Kyushu Electric zur Verbrennung plutoniumbasierter Brennstoffe zum Scheitern bringen, da dies die Kommunen veranlassen würde, ihre Genehmigung zurückzuziehen. Sollte der Plan fehlschlagen, geriete das gesamte MOX-Projekt in Gefahr und wäre ein schwerer Rückschlag für das lang gehegte Vorhaben, ein verlässliches Wiederaufbereitungssystem nuklearer Brennstoffe zu schaffen, was für Japans Zukunft entscheidend ist." Die Mainichi Shimbun konstatierte am selben Tag, dass, "wenn Kyushu Electric das Programm in der Hoffnung das ‚pluthermale' System bis zum Haushaltsjahr 2010 in Betrieb zu nehmen, fortsetzt, nun oberste Priorität darauf gelegt werden sollte, die kommenden vier Jahre der Probephase ohne Unfälle oder jede Art von Ärgernis zu überstehen." Die Sankei Shimbun appellierte am 30. März an die Japan Fuel Co., das erste von den Energiekonzernen gegründete private Wiederaufbereitungsunternehmen, die Testläufe mit äußerster Sorgfalt zum Erfolg zu führen: "Mit Blick auf die Verringerung der Menge abgebrannter Brennstäbe in den Kernkraftwerken im ganzen Land sollte das Unternehmen dafür Sorge tragen, seine Absicht zur Aufnahme des vollen Betriebes im nächsten Jahr zu realisieren." Die Yomiuri Shimbun argumentierte in ihrem Leitartikel vom 2. April, dass "es für Japan Nuclear Fuel von großer Wichtigkeit ist, so zu handeln, dass das Vertrauen der Anwohner in den Kommunen, die die Anlagen beherbergen, und das der allgemeinen Öffentlichkeit nicht aufs Spiel gesetzt wird" und rief den Betreiber auf, "jeden Unfall so zu behandeln, dass die Sicherheit der Anlagen nicht gefährdet wird und gleichzeitig eine offene Informationspolitik zu gewährleisten."

Eine bessere und noch wichtigere Methode zur Wiederaufbereitung nuklearer Rückstände ist der so genannte "Schnelle Brüter", der mehr spaltbares Material produziert, als er verbraucht und demzufolge den Import von Uran fast überflüssig macht. Aber auch hier sind die Arbeiten nach einem ernsthaften Zwischenfall im Testreaktor "Monju" 1995 eingestellt worden. Gerade deshalb wird das "pluthermale" Programm als so wichtig angesehen.

Internationale Vorbehalte ausräumen

Ein weiteres wichtiges Thema sind die internationalen Vorbehalte hinsichtlich des in japanischen Kernkraftwerken anfallenden Plutoniums, da Japan als Nicht-Kernwaffenstaat keine Kernwaffen besitzt. Da es für die japanische Regierung zunehmend wichtig wird, seine Absicht und seine Prinzipien, die Nutzung von Plutonium auf friedliche Zwecke zu beschränken, deutlich zu machen, betonte die Yomiuri Shimbun mit Blick auf die Vorbehalte des Auslands: "Diese sind völlig unbegründet. Japans Nuklearprogramm ist ausschließlich auf friedliche Zwecke ausgerichtet. Das Land hat stets internationale Inspektionen zugelassen. Vor dem Hintergrund Japans langjähriger Kooperation in diesem Bereich entschied die Internationale Atomenergiebehörde 2004 sogar einige Inspektionsvorgaben zu vereinfachen." Sie schrieb weiter: "Die Anlage in Rokkasho-mura muss in einer Weise unterhalten werden, die dem internationalen Vertrauen in die Wiederaufbereitungspolitik Japans nicht zuwiderläuft." Die Nihon Keizai Shimbun stellte in ihrem Leitartikel vom 3. April fest: "Japan wäre das erste Land ohne eigene Kernwaffen, das ein umfassendes Wiederaufbereitungsprogramm unterhält und wird allein deshalb bei allem, was es tut, unter internationaler Beobachtung stehen." Die Zeitung forderte betreffs des Umgangs mit Plutonium von Japan Transparenz und Zuverlässigkeit.

Hinsichtlich des Schnellen Brüters richtete die Nihon Keizai Shimbun den Blick auf internationale Entwicklungen, wie etwa die Wiederaufnahme des Baus eines Kernkraftwerks und die Entwicklung eines Schnellen Brüters in den USA oder die Anweisung von Frankreichs Präsident Jacques Chirac zur Wiederaufnahme der Entwicklung einer Testvariante eines Schnellen Brüters, die einst gestoppt wurde. Andererseits warnte sie die Verantwortlichen in Japan davor, diese Entwicklungen zu nutzen, um das aufgrund des letzten Unfalls negative Image des Schnellen Brüters "Monju" herunterzuspielen. Sie warnte: "Die Haltung der Regierung, ihr Engagement für einen Schnellen Brüter ohne ausreichende Diskussion und Rückhalt in der Öffentlichkeit zu forcieren, ist bedenklich."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

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