HomePresse & PublikationenJapan Brief

presse & Publikationen


Presse & Publikationen

Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


24. 04. 2006


Gipfeltreffen zwischen den USA und China findet keine Lösung
für drängende Fragen


 

Der chinesische Präsident Hu Jintao hat seine Reise zu Gesprächen mit Präsident George W. Bush in den Vereinigten Staaten beendet. In Japan und der ganzen Welt wurde die Zusammenkunft der Spitzenpolitiker der einzigen Supermacht der Welt und des aufsteigenden Giganten mit einer Mischung aus Erwartung, Spannung und Argwohn beobachtet. Obgleich das Gipfeltreffen, das am 20. April in Washington stattfand, nicht direkt als Fehlschlag gewertet wurde, galt es in Japan auch nicht als Erfolg, wie die Kommentare der einheimischen Presse belegten, die ausnahmslos Chinas Bereitschaft in Frage stellten, in seinen Beziehungen zu den USA und dem Rest der Welt als "Stakeholder" zu wirken. Die Tatsache, dass das Thema "Japan" im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen den USA und China nicht auf der Tagesordnung der Gespräche der beiden Politiker stand, schien in den diplomatischen Kreisen Japans für Erleichterung gesorgt zu haben. Jedoch dürfte Japans belastetes Verhältnis zu Beijing in Washington, das befürchtet, Japans problematische Beziehungen zu China könnten seine eigene Asienpolitik unterminieren, nach wie vor für Unruhe sorgen.

Das Gipfeltreffen vermittelte allgemein den Eindruck, dass, obgleich beide Länder bei der Gestaltung ihrer bilateralen und internationalen Beziehungen die gleichen Ziele verfolgen, sie in hohem Maße uneins darin sind, wie diese Ziele zu erreichen sind, da China sich im Großen und Ganzen den von den USA geforderten konkreten Maßnahmen verweigert. "Da China durch die Vereinigten Staaten aufgerufen wurde, eine verantwortungsvolle Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu spielen", schrieb die Asahi Shimbun in ihrem Leitartikel vom 22. April, "bot das Gipfeltreffen eine hervorragende Gelegenheit zu testen, inwiefern China diesem Aufruf entspricht." Wie sich jedoch herausstellte, blieb die Welt im Unklaren, da Präsident Hu es vermied, konkrete Zusagen zu machen, den Iran und Nordkorea davon zu überzeugen, keine Kernwaffen zu entwickeln oder die Reform der chinesischen Währung Renmimbi voranzutreiben. "Kein Gipfelgespräch zwischen China und den USA in der Vergangenheit ließ derart konkrete Ergebnisse vermissen wie dieses", stellte die Sankei Shimbun am 22. April fest.

Die Yomiuri Shimbun unterstrich am gleichen Tag, dass "China von der internationalen Gemeinschaft sehr großzügig behandelt wird" und dass "Bushs Bemerkung zeigt, dass die Vereinigten Staaten die Strategie verfolgen, China eine Vertiefung der Beziehungen in Aussicht zu stellen, falls das Land seinen Verpflichtungen nachkommt." Die Zeitung schrieb weiter: "Auch innerhalb der internationalen Gemeinschaft ist man zunehmend der Auffassung, dass China sich seiner Verantwortung als Großmacht stellen sollte." Hingegen wertete die Mainichi Shimbun das Gipfeltreffen weitaus positiver und argumentierte in ihrem Leitartikel vom 22. April, dass "die Tatsache, dass sich beide Staatschefs mit Blick auf die ‚gemeinsamen strategischen Interessen' ausgetauscht haben, als ein Zeichen dafür gewertet werden kann, dass das Verhältnis zwischen China und den USA im Vergleich zu früher reifer geworden ist." Die Nihon Keizai Shimbun meinte am selben Tag, dass man die aktuellen Beziehungen zwischen den USA und China am treffendsten mit den Worten Präsident Bushs als "wichtig, aber schwierig" umschreiben kann. Sie schrieb jedoch auch, dass "China sich, wenn es konkret wird, auf seinen Status als Entwicklungsland zurückzieht und damit zeigt, dass es nicht gewillt ist, den US-Hoffnungen als ‚Stakeholder' zu entsprechen." Die Zeitung warnte: "Sollte China es versäumen, entsprechende Maßnahmen z.B. für die Korrektur der unausgewogenen Handelsbilanz, der Entwicklung von Kernwaffen durch Nordkorea und Iran oder die Ausweitung von Freiheit und Demokratie im eigenen Land zu treffen, könnten sich die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten verschlechtern."

Neben Sicherheitsfragen von weltweiter Relevanz, wie die Bedrohung durch die Kernwaffenprogramme Nordkoreas und Irans, war das immense bilaterale Ungleichgewicht der Handelsbilanz zwischen den USA und China das mit Abstand wichtigste wirtschaftliche Thema des Gipfels. Präsident Bush rief den chinesischen Präsidenten dazu auf umgehend zu handeln und die Schieflage - 2005 ein Defizit von 201,6 Mrd. US-Dollar auf Seiten der USA - u. a. durch eine Aufwertung der chinesischen Währung zu korrigieren. Präsident Hu entgegnete jedoch lediglich, dass die Aufwertung schrittweise und über einen langen Zeitraum erfolgen werde. Für Japan stellt die Situation ein Déjà-vu-Erlebnis dessen dar, was in den siebziger und achtziger Jahren passierte, als man sich dem starken Druck Washingtons ausgesetzt sah, den japanischen Yen neu zu bewerten, um das bilaterale Handelsdefizit zu ungunsten der USA zu beheben - was sich letztendlich als vergeblich erwies. Nach Schätzungen könnte eine Aufwertung des Yuan um 20% das US-Defizit gegenüber China lediglich um 11,1 Mrd. US-Dollar verringern. Dies würde bedeuten, dass China seine Wirtschaft von einer exportorientierten auf eine binnenorientierte Ökonomie umstellen und seinen Markt für US-Produkte öffnen müsste.

Beziehungen zwischen Japan und China nicht auf der Tagesordnung

Vor dem Gipfeltreffen war vermutet worden, dass Präsident Bush an China appellieren würde, die Beziehungen zu Japan zu verbessern. Allerdings tauchte dieses Thema auffälligerweise auf der Tagesordnung der Gespräche nicht auf, obgleich die Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern durchaus ein Punkt ist, der die USA ernsthaft beunruhigt. Zu dieser Frage meinte die Mainichi Shimbun: "Selbst wenn sich die Beziehungen zwischen den USA und China günstig gestalten, wird sie das unterkühlte Verhältnis zwischen Japan und China beunruhigen. Obgleich das Thema in den Gesprächen zwischen Bush und Hu in Washington nicht behandelt wurde, ist es an der Zeit das Verhältnis zwischen Japan und China wieder zu normalisieren." Die Nihon Keizai Shimbun vermutete, dass die USA und China womöglich mit den eigenen bilateralen Problemen bereits voll ausgelastet waren.

Die Sankei Shimbun sah laut ihrem Leitartikel vom 22. April etwas Positives im Fehlen der "Japan-Frage" beim Gipfeltreffen zwischen den Vereinigten Staaten und China und schrieb: "Die Beziehungen zwischen Japan und China und die Frage des Yasukuni-Schreins, die für Japan von besonderem Interesse ist, standen nicht auf der Tagesordnung des Treffens. Dies bestätigte die Absurdität des Wunschdenkens einiger Kreise, dass Bush Japan gegenüber Chinas Vertreter kritisieren würde. Diese Tatsache allein hat die Beständigkeit der Allianz zwischen Japan und den USA erneut bekräftigt."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

zum Überblick über JAPAN BRIEF

Top

Sitemap | kontakt | impressum
(c) Botschaft von Japan in Deutschland, Hiroshimastr. 6, 10785 Berlin, Tel: 030/21094-0, Fax: 030/21094-222