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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


24. 04. 2006


Japan und Südkorea streiten über Meeresuntersuchungen im Gebiet von Takeshima; Krise durch diplomatische Anstrengungen zunächst beigelegt


 

Die Regierung von Japan hatte entschieden, durch Forschungsschiffe der japanischen Küstenwache im April eine Untersuchung des Meeresgebietes in der Nähe der Takeshima-Inseln durchzuführen. Es wäre die erste Untersuchung seit dreißig Jahren gewesen. Am 19. April jedoch rief die südkoreanische Regierung als Antwort auf die Pläne Japans, die Untersuchung im Umfeld von Takeshima (in Südkorea Tokdo genannt) durchzuführen, die sowohl von Tokyo als auch von Seoul als für sich reklamiert werden, dazu auf, von diesem Vorhaben abzulassen. Südkorea bezeichnete die geplanten Untersuchungen als "provokativen Akt gegen unsere Souveränität" und entsendete Patrouillenboote in das Gebiet, um auf diese Weise deutlich zu machen, dass man beabsichtige, die Untersuchung wenn nötig mit Gewalt zu verhindern. Daraufhin wies die japanische Regierung am 20. April die bereits ausgelaufenen Schiffe der Küstenwache an, zu stoppen. Zudem wurde der stellvertretende Außenminister Shotaro Yachi nach Seoul entsendet, um eine diplomatische Lösung zu finden.

Das Meeresgebiet, das untersucht werden sollte, war ein rechteckiges Gebiet von ungefähr 75.000 qkm², das etwa 30 km nordöstlich von Takeshima liegt. Laut Berichten in Japan selbst war vorgesehen, die Meerestiefe und weitere Merkmale in den Gewässern von der nördlichen Seite Takeshimas bis zur Bucht von Wakasa mittels Sonar zu untersuchen und dann eine neue topographische Karte des Meeresbodens zu erstellen. Den Hintergrund dieser Untersuchung bildeten offensichtlich Bestrebungen Südkoreas, anlässlich einer internationalen Konferenz für ozeanische Kartographie im Juni in Deutschland einseitig koreanische Namen für eine topographische Karte des Meeresbodens in der Umgebung von Takeshima vorzuschlagen. Als Reaktion auf diesen Schritt hielt Japan es für erforderlich, die jüngsten Untersuchungen des Meeresgebietes durchzuführen und die topographischen Merkmale mit Namen zu bezeichnen, die noch keinen japanischen Namen haben.

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gewährt den Küstenstaaten die souveränen Rechte z.B. für die Erschließung des Meeresbodens sowie für Fischerei in ihren ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ). Allerdings sichert das Übereinkommen auch das Recht auf freie Schifffahrt und die Freiheit zu wissenschaftlichen Untersuchungen in den AWZ aller Staaten zu. Zusätzlich bestimmt es, dass Seefahrzeuge in staatlichem Besitz, darunter auch Forschungsschiffe, nicht gekapert werden können.

Als Ergebnis der Verhandlungen auf Ebene der Vizeminister, die am 21. und 22. April in Seoul stattfanden, vereinbarten beide Regierungen folgende Punkte: (1) Südkorea unterbreitet dem Unterausschuss der internationalen Konferenz im Juni keine koreanischen Namen für die Topographie des Meeresbodens; (2) Japan verzichtet zunächst auf die geplante Durchführung der Untersuchungen des Meeresgebietes und (3) die Regierungen von Japan und Südkorea werden im Mai die Verhandlungen auf Abteilungsleiterebene über die Grenzziehung ihrer AWZ wieder aufnehmen.

Takeshima, über dessen territoriale Zugehörigkeit Japan und Südkorea streiten, liegt 157 km nordwestlich der Oki-Inseln, Präfektur Shimane, im Japanischen Meer. Die Gruppe besteht aus zwei kleinen Inseln - die Ost- und Westinsel - sowie mehreren Dutzend Riffen. Gegenwärtig hat Südkorea Sicherheitskräfte auf den Inseln stationiert und übt die effektive Kontrolle aus. Die Regierung von Japan hat der südkoreanischen Seite wiederholt ihre Position deutlich gemacht, nämlich dass Takeshima sowohl aufgrund der historischen Tatsachen als auch nach internationalem Recht japanisches Staatsgebiet ist. Da sich die AWZ, die Japan und Südkorea beanspruchen, in der Umgebung von Takeshima überschneiden, schlossen beide Staaten 1999 ein neues Fischereiabkommen, das die Territorialfrage ausklammert und das Meeresgebiet um Takeshima als "provisorische Gewässer" unter gemeinsame Verwaltung stellt. Allerdings sind die Verhandlungen zwischen den Regierungen beider Länder über die Grenzziehung ihrer AWZ seit 2000 unterbrochen.

Krise zunächst abgewendet

Japans führende Tageszeitungen berichteten am 23. und 24. April über die Tatsache, dass eine Konfrontation zwischen Japan und Südkorea zunächst vermieden werden konnte.

Unter der Überschrift "Aufregung um Takeshima entschärft" meinte die Asahi Shimbun (23. April): "Bei den schwierigen Verhandlungen am Wochenende wurde ein Kompromiss erzielt. Japan wird keine Untersuchungen durchführen und Südkorea wird bei der anstehenden Konferenz keine koreanischen Namen vorschlagen. Dieser Kompromiss war realistisch betrachtet die einzige Möglichkeit. Wir loben die kühlen Köpfe auf beiden Seiten, denen es gelang, eine noch größere Krise zu vermeiden." Sie fuhr jedoch fort: "Wir fordern beide Länder auf, ihre jeweiligen Positionen zu respektieren und den Territorialstreit zunächst auszuklammern. Japan und Südkorea sollten vielmehr Regeln ausarbeiten, um die erforderlichen wissenschaftlichen Untersuchungen durchzuführen, ohne eine derart zeitverschwendende und nutzlose Krise zu verursachen. Das zwischen Japan und Südkorea bestehende Fischereiabkommen bestimmt Takeshima und das angrenzende Meeresgebiet als ‚provisorische Gewässer', was in etwa einer Teilung entspricht. In der Praxis wird es japanischen Fischerbooten jedoch schwer gemacht, dieses provisorische Gewässer zu befahren. Japan und China sind mittlerweile übereingekommen, sich zwei Monate im Voraus über ozeanographische Untersuchungen in den Gewässern zu informieren, in denen sich die AWZ beider Länder überschneiden. Allerdings führt China oft Untersuchungen ohne vorherige Anmeldung durch. Trotz dieser Bedenken ist es besser, ein Abkommen auszuarbeiten, als die ganze Angelegenheit ungeregelt zu lassen."

Unter der Überschrift "Von nun an ist auch ein kühler Kopf gefordert" kommentierte die Yomiuri Shimbun (23. April): "Japan plante die Untersuchungen, weil das Sammeln von Daten für die Formulierung eines Gegenvorschlags als Antwort auf die Bestrebungen Südkoreas erforderlich war, koreanische Namen vorzuschlagen. Hätte Südkorea diesen Schritt nicht unternommen, hätte Japan nicht in aller Eile diese Untersuchung durchführen müssen. Man kann sagen, dass Südkorea die ‚nominelle' Verschiebung der Untersuchung und Japan die ‚tatsächliche' Verschiebung der Namensvorschläge erreichte." Sie fuhr fort: "Da die Ansprüche beider Seiten in Bezug auf die Herrschaft über Takeshima so unterschiedlich sind, kann diese Frage tatsächlich nur der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs überlassen werden. Da Südkorea daran festhält, die Namensvorschläge ‚zu gegebener Zeit' vorzulegen, besteht die Möglichkeit, dass das Problem künftig wieder auftritt. Um dies zu vermeiden ist es wichtig, unabhängig von der Territorialfrage Regeln für die Aktivitäten beider Länder in diesem Meeresgebiet aufzustellen. Es wäre gut, wenn man ein System einrichtete, mit dem man ozeanographische Untersuchungen u.Ä. im Vorfeld anmelden könnte... Wir hoffen, dass die jetzige Einigung zu besseren Beziehungen zwischen Japan und Südkorea führt. Hierfür sind Weisheit und Anstrengungen auf beiden Seiten erforderlich."

In einem Leitartikel mit der Überschrift "Japan und Südkorea verhindern mittels diplomatischer Gespräche zunächst Krise" meinte die Nihon Keizai Shimbun (23. April): "Probleme, die sich um Territorium drehen, heizen den Nationalismus an. Wenn das stimmt, dann ist bei den Verhandlungen eine ruhige Atmosphäre erforderlich. Beziehungen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens zwischen den Beteiligten sind ebenfalls wichtig ... Wenn durch die jüngsten Gespräche, mit denen die Krise zunächst abgewendet werden konnte, vertrauensvolle Beziehungen gestaltet wurden, dann hatten sie den Effekt, dass der Boden durch den Regen gefestigt wurde. Wir müssen die weitere Entwicklung genau beobachten, um diese Schlussfolgerung zu bestätigen."

Auf der anderen Seite rief die Sankei Shimbun (24. April) unter der Überschrift "Preis für Notlösungen muss später gezahlt werden" zur Vorsicht auf, auch wenn zunächst eine unerwünschte Situation vermieden worden sei: "Es besteht eine tiefe Kluft zwischen dem grundlegenden Verständnis über die Untersuchungen auf japanischer und südkoreanischer Seite. Während Tokyo diese als ‚wissenschaftliche Forschung' bezeichnete, nannte Seoul sie eine ‚Verletzung der Souveränität'. Tatsächlich hat der Vertreter der südkoreanischen Regierung, der erste Vizeminister für Auswärtiges und Handel, Yu Myung-Hwan, nicht gesagt, dass sein Land die koreanischen Namensvorschläge für das Meeresgebiet in der Umgebung von Takeshima aufgeben wird. Er sagte vielmehr, der Vorschlag werde ‚zu gegebener Zeit' unterbreitet werden. Die Situation ist weit von einer Lösung entfernt." Die Zeitung fuhr fort: "In Bezug auf die Takeshima-Frage hat die japanische Regierung Südkorea zweimal, nämlich 1954 und 1962, vorgeschlagen, die Angelegenheit dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen. Seoul hat dem beide Male nicht zugestimmt. Von nun an muss Japan nicht nur in Bezug auf Takeshima, sondern auch hinsichtlich solcher Probleme, wie der Erschließung von Gasfeldern im Ostchinesischen Meer, eine feste Haltung zeigen, um seine eigenen maritimen Interessen zu wahren. Irgendwann werden wir einen hohen Preis für die Notlösungen zahlen müssen."

Ähnlich warnte auch die Mainichi Shimbun unter der Überschrift "Eile bei angemessenen Gesprächen zur Löschung des Feuers geboten" in ihrem Leitartikel vom 24. April: "Auch wenn wir es begrüßen, dass eine Konfrontation zunächst vermieden wurde, ist es keineswegs so, dass ein Abkommen über die Art der ozeanographischen Untersuchung geschlossen wurde, die die Ursache des Streits ist. Wir müssen uns daran erinnern, dass das Problem jederzeit wieder aufflackern kann." Während sie anmerkte, dass das Ziel der Untersuchungen, die Südkorea in den letzten vier Jahren durchgeführt hat, "nichts mit dem Problem der Benennung der Topographie des Meeresbodens, sondern ausschließlich mit dem Territorialproblem zu tun hat", meinte die Mainichi: "Wir lernen aus dem jüngsten Streit, dass parallel zu den Gesprächen über die Grenzziehung zwischen den AWZ beide Seiten auch rasch Gespräche aufnehmen sollten, in denen Regeln in Bezug auf ozeanographische Untersuchungen in den Meeresgebieten aufgestellt werden, wo sich die Ansprüche beider Seiten in Bezug auf die jeweilige AWZ überschneiden."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

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