Home > Presse & Publikationen > Japan Brief

Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
10. 05. 2006
Regierungen Japans und der Vereinigten Staaten einigen sich über Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan
Am 1. Mai trafen die Außen- und Verteidigungsminister Japans und der Vereinigten Staaten im Rahmen des Japanisch-Amerikanischen Beratungsausschusses für Sicherheit (Japan-US Security Consultative Committee, das so genannte 2+2-Meeting) in Washington zusammen und einigten sich dabei abschließend über die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan. Dem "Japanisch-Amerikanischen Fahrplan für die Durchführung der Umstrukturierung" zufolge, der nach der Zusammenkunft veröffentlicht wurde, werden beide Länder die Integration der Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) und der US-Streitkräfte weiter vorantreiben, u.a. durch die Koordination der Kommandozentralen. Parallel dazu wird der Flugplatz Futenma bis 2014 verlegt, der in der dichtbesiedelten Region Ginowan liegt und Gegenstand heftiger Kritik von Seiten der Bewohner Okinawas ist. Ebenfalls bis 2014 werden 8.000 US-Marines von Okinawa nach Guam verlegt werden. Die Gemeinsame Erklärung, die anlässlich der Übereinkunft herausgegeben wurde, führt aus, dass diese Umstrukturierung der US-Streitkräfte "zu einer neuen Stufe" der Zusammenarbeit im Rahmen des japanisch-amerikanischen Bündnisses führen wird. Nichtsdestotrotz bleiben noch Fragen offen, z.B. die Art und Weise, wie der Flugplatz Futenma ersetzt wird sowie die Aufteilung der Kosten zwischen Tokyo und Washington für die Verlegung der US-Marines nach Guam. Daher ist unklar, ob die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan tatsächlich entsprechend der Vereinbarung erfolgen wird.
Abschließende Übereinkunft nach dreieinhalbjähriger Diskussion
Seit der Unterzeichnung des Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrags im Jahr 1951 betrachtet Japan die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten im Bereich Verteidigung als die wichtigste Säule seiner Außenpolitik. Für lange Zeit bestand das Hauptanliegen des japanisch-amerikanischen Bündnisses darin, der militärischen Bedrohung durch die Sowjetunion entgegenzutreten sowie die Sicherheit Japans und der umliegenden Region zu garantieren. Diese Grundkonstellation erfuhr mit dem Ende des Kalten Krieges zwischen Ost und West in den neunziger Jahren des 20. Jh. eine große Veränderung. Gleichzeitig wurden in der Präfektur Okinawa, wo sich 75 % aller US-Stützpunkte in Japan konzentrieren, die Rufe nach einer Verringerung der Belastung dieser Region immer lauter. Dies entwickelte sich schließlich zu einer politischen Frage, die die Regierungen Japans und der Vereinigten Staaten nicht mehr ignorieren konnten.
1996 einigten sich beide Regierungen darauf, den Flugplatz Futenma zu schließen und gaben die Gemeinsame Japanisch-Amerikanische Erklärung heraus, die im Gegensatz zu den während des Kalten Krieges geltenden Grundsätzen bekräftigte, dass das japanisch-amerikanische Bündnis die Grundlage für den Frieden und die Stabilität in der Region Asien-Pazifik bildet. Allerdings wurden in Bezug auf die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan mit Blick auf diese neuen Grundsätze keine Fortschritte erzielt. Die Situation wandelte sich umfassend mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten. Nach den Anschlägen richtete sich die militärische Strategie der Vereinigten Staaten gegen neue Bedrohungen wie z.B. Terrorismus und Massenvernichtungswaffen in globalem Rahmen. Vor dem Hintergrund dieses Wandels der militärischen Strategie der US-Regierung nach den Anschlägen vom 11. September wurde die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan zu einer dringlichen Angelegenheit.
Im Dezember 2002 richteten die Regierungen Japans und der Vereinigten Staaten den Japanisch-Amerikanischen Beratungsausschuss für Sicherheit ein, dem die Außen- und Verteidigungsminister beider Staaten (daher die Bezeichnung als "2+2") angehören und der sich mit der Überprüfung des japanisch-amerikanischen Verteidigungskonzepts auf der Grundlage gemeinsamer strategischer Ziele befasst. Die Übereinkunft, die nun durch das 2+2-Meeting am 1. Mai erzielt wurde, bedeutet, dass die Ausarbeitung der konkreten Form der strategischen Vereinbarungen zwischen beiden Staaten nach dreieinhalb Jahren abgeschlossen ist. Angesichts dieser Entwicklung kann man sagen, dass von nun an die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan im großen Rahmen der neuen weltweiten Militärstrategie der Vereinigten Staaten und der damit einhergehenden Veränderungen bei der militärischen Aufstellung der Vereinigten Staaten erfolgen wird.
Japans Tageszeitungen bewerten japanisch-amerikanische Übereinkunft unterschiedlich
Der Fahrplan für die Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan, den die Regierungen Japans und der Vereinigten Staaten vereinbarten, wird erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise der militärischen Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten haben. Aus diesem Grund haben die japanischen Medien großes Interesse an diesem Thema, und alle fünf überregionalen Tageszeitungen des Landes kommentierten die Vereinbarung in ihren Leitartikeln. Diese Leitartikel spiegeln sowohl die unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf das japanisch-amerikanische Bündnis und die Rolle der SDF als auch ihre unterschiedliche Einschätzung der weltweiten militärischen Strategie Washingtons wider. Aus diesem Grund äußerten sich die Leitartikel entweder zustimmend, neutral oder ablehnend über die geplante Umstrukturierung der US-Streitkräfte in Japan. Die unterschiedliche Interpretation fiel deutlich ins Auge.
Drei Tageszeitungen bewerteten die Übereinkunft positiv: die Yomiuri Shimbun, die Sankei Shimbun und die Nihon Keizai Shimbun. Die Yomiuri und Sankei gaben folgende Kommentare ab:
Der Leitartikel der Yomiuri (3. Mai) führte aus: "Während die Umstrukturierung Teil des weltweiten Umbaus der US-Streitkräfte ist, geschieht sie doch nicht ausschließlich zum Nutzen des US-Militärs. Ein wichtiges Ziel der Umstrukturierung ist, Japans Verteidigung im Rahmen des japanisch-amerikanischen Bündnisses gegen so genannte neue Bedrohungen zu verbessern. Dazu zählen u.a. die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Langstreckenraketen und der internationale Terrorismus." Die Zeitung fuhr fort: "Die Gemeinsame Erklärung nach der Übereinkunft vom Montag führt aus, dass das japanisch-amerikanische Bündnis ‚eine wichtige Rolle bei der Stärkung des regionalen und globalen Friedens und der Sicherheit spielt.' Iran und Irak werden in der Erklärung aufgeführt, um das Engagement des bilateralen Bündnisses im Mittleren Osten zu verdeutlichen. Es ist nur natürlich, dass der Zweck und das Konzept des japanisch-amerikanischen Bündnisses flexibel angepasst und dass Japans Rolle und Verantwortung innerhalb des Bündnisses angesichts der veränderten internationalen Situation deutlich gemacht werden."
Der Leitartikel der Sankei (3. Mai) meinte: "Man kann sagen, dass der Rahmen, in dem Japan und die Vereinigten Staaten gemeinsam solchen Bedrohungen wie China, Nordkorea und dem internationalen Terrorismus entgegentreten können, Gestalt angenommen hat. Dies ist die eigentliche Bedeutung des Abschlussberichts und der Gemeinsamen Erklärung, denen der Japanisch-Amerikanische Beratungssausschuss für Sicherheit (2+2), zugestimmt hat, dem die Außen- und Verteidigungsminister Japans und der Vereinigten Staaten angehören." Die Zeitung schrieb weiter: "Der Abschlussbericht führt u.a. die Verlegung des Oberkommandos der Luftstreitkräfte der SDF zum Luftstützpunkt Yokota, der Heimatbasis des US-Luftkommandos, an sowie die Einrichtung eines Koordinationszentrums für gemeinsame Operationen, um die Luftverteidigung im Krisenfall zu regeln. Angesichts der ballistischen Raketen in China und Nordkorea bedeutet das gemeinsame Vorgehen Japans und der Vereinigten Staaten, dass wir zu jeder Zeit Zugriff auf die Informationen des US-Militärs haben. Dies wird zu einer Verbesserung der Abschreckung führen."
Der Leitartikel der Mainichi Shimbun (2. Mai) brachte nicht direkt zum Ausdruck, ob man für oder gegen das japanisch-amerikanische Übereinkommen ist, betonte aber, dass "es in der Lage ist, das Bündnis zwischen beiden Staaten umfassend zu verändern." Indem sie sich auf die Verantwortlichkeit der Regierung von Ministerpräsident Junichiro Koizumi in dieser Angelegenheit konzentrierte, meinte die Mainichi: "Die Menschen in Japan sorgen sich, dass, wenn der Umfang der Zusammenarbeit zwischen den SDF und dem US-Militär zunimmt, die SDF in Amerikas Kriege hineingezogen werden könnten. Um diesen Verdacht auszuschließen, steht die Regierung in der Verantwortung, dies den Menschen im Land genau zu erläutern." Sie fügte hinzu: "Ministerpräsident Koizumi zeigte bei der Privatisierung der Post großen Enthusiasmus, aber bei der Frage der Umstrukturierung der US-Streitkräfte ist er kaum jemals in Erscheinung getreten. Es liegt in der Verantwortung der Politik, im In- und Ausland die neue Form des japanisch-amerikanischen Bündnisses zu erläutern sowie Anstrengungen zu unternehmen, damit unsere Nachbarn nicht beunruhigt sind."
In einem Leitartikel mit der Überschrift "Japanisch-amerikanische Beziehungen: Ein Bündnis, das sich vor allem auf militärische Bande konzentriert, ist gefährlich", der doppelt so lang war wie üblich, kritisierte die Asahi Shimbun die Übereinkunft zwischen beiden Staaten. Sie meinte: "Der Abschlussbericht nennt das japanisch-amerikanische Bündnis ein Mittel, um ‚globalen Herausforderungen zu begegnen.' Wir stimmen dem Grundprinzip zu, zusammen mit den Vereinigten Staaten gemeinsame strategische Ziele zu verfolgen, da wir mit den USA bestimmte Werte teilen, wie etwa Demokratie und Menschenrechte. Allerdings stimmen die Interessen zweier Staaten nicht unbedingt zu jeder Zeit überein. Japan und die Vereinigten Staaten unterscheiden sich kulturell und historisch; dies gilt auch für ihre jeweilige Position innerhalb der Staatengemeinschaft. Und schließlich gibt es noch den Geist von Japans pazifistischer Verfassung, die am Mittwoch ihren 59. Jahrestag beging. Es ist nur natürlich, dass sich Japans strategische Prioritäten von denen Amerikas unterscheiden." Die Asahi fügte hinzu: "Zudem wohnt der unilateralistischen globalen Strategie der Regierung Bush eine große Gefahr inne. Der Irakkrieg ist dafür nur ein Beispiel. Japan muss den Vereinigten Staaten absolut deutlich machen, dass das Teilen gemeinsamer strategischer Ziele nicht unbedingt bedeutet, dass man den Vereinigten Staaten jederzeit bedingungslos zur Seite steht."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)