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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


29. 05. 2006

 

Canon-Präsident Mitarai setzt sich als neuer Keidanren-Vorsitzender
für Stärkung der japanischen Industrie ein

 

Die Wahl des Präsidenten der Canon Inc., Fujio Mitarai, zum Vorsitzenden des Nippon Keidanren (Japanischer Unternehmerverband) als Nachfolger von Hiroshi Okuda von der Toyota Motor Corporation ist in der japanischen Wirtschaft als bedeutendes Ereignis und als Signal für einen Kurswechsel in Bezug auf die wirtschaftliche Zukunft des Landes aufgenommen worden. Derjenige, der an der Spitze dieser Organisation steht, die oft als "Zitadelle des japanischen Kapitalismus" bezeichnet wird, zieht stets großes Interesse auf sich, da die Macht und der Einfluss dieser Organisation auf die Gestaltung der Politik in Bezug auf Industrie und Wirtschaft oder gar auf die Wirtschaftsgesellschaft des Landes insgesamt sehr groß sind.

Mitarai (70 Jahre) erfuhr großes Lob dafür, dass er den traditionellen Kamerahersteller nach seinem Amtsantritt 1995 in Japans erfolgreichstes Hightech-Unternehmen verwandelt hat. Er übernahm den Posten des Vorsitzenden des Nippon Keidanren am 24. Mai. Damit tritt er die Nachfolge von Okuda an, der nach dem Auslaufen seiner vierjährigen Amtszeit den Vorsitz unter allgemeinem Beifall für seine bei der Erholung der japanischen Wirtschaft gezeigte Führungsstärke frei machte, die er in enger Abstimmung mit Ministerpräsident Junichiro Koizumi und dessen Reformen in Verwaltung sowie Politik bewies. Mitarai ist der elfte Vorsitzende dieses Wirtschaftsverbandes, dessen Geschichte fast sechs Jahrzehnte zurückreicht. Bemerkenswert an seinem Amtsantritt ist, dass er der erste Chef eines Hightech-Präzisionsgeräteherstellers ist, der den Keidanren anführt, der bislang vom alten Wirtschaftsestablishment wie z.B. Stahl, Energie, Elektronikgeräte oder Automobile dominiert wurde, den traditionellen Hauptpfeilern der japanischen Industrie.

Der Nippon Keidanren wurde 1948 als eine Vereinigung führender Unternehmen ins Leben gerufen, um den Wiederaufbau der japanischen Industrie aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs zu unterstützen. Seitdem spielt er eine Schlüsselrolle und übt großen Einfluss auf die Entwicklung der japanischen Industrie und Wirtschaft in der Nachkriegszeit aus. Dabei unterstützt er mehr oder weniger die konservative Regierung unter der Führung der Liberaldemokratischen Partei. Er wird oft als "Zitadelle des japanischen Kapitalismus" bezeichnet, dessen Vorsitzender zugleich als "Ministerpräsident" der Wirtschaft gilt. Es ist ein exklusiver Klub von etwa 1.600 Blue Chip-Unternehmen, und die Mitgliedschaft ist auf die Unternehmen beschränkt, die seinen hohen Kriterien genügen.

In den letzten vier Jahren unter dem Vorsitz von Hiroshi Okuda erfuhr insbesondere die sehr enge Beziehung zwischen Okuda und Ministerpräsident Koizumi sowie ihre Übereinstimmung in Bezug auf das Reformprogramm große Aufmerksamkeit. Das persönliche Verhältnis zwischen beiden galt als ausgesprochen gut. Okuda war für Koizumi wahrscheinlich der einflussreichste Berater aus dem Privatsektor, der u.a. Mitglied des Rates für Wirtschafts- und Fiskalpolitik war, dem der Ministerpräsident selbst vorsitzt. Okuda half Koizumi dabei, die Reformen voranzutreiben und versuchte seine Position dazu zu nutzen, die Deregulierung weiter zu fördern sowie weitere Änderungen zu erreichen, die sich positiv auf die Unternehmen auswirken, z.B. beim Arbeitsrecht, dem Unternehmensrecht oder der Steuerreform. Okudas erstaunlicher Einfluss beruhte auf seiner Position als Präsident der Toyota Motor Corp., die er zu einem der weltweit führenden Autohersteller machte. Er ist nun auch von seinem Präsidentenamt bei Toyota zurückgetreten.

Mit der Wahl von Mitarai zum Keidanren-Vorsitzenden unterstrich Okuda die große Bedeutung, die der Fortführung der Reform- und Wettbewerbspolitik in der japanischen Industrie zukommt, die Mitarai während seiner ganzen Managerkarriere - einschließlich der 23 Jahre als Chef des US-Tochterunternehmens von Canon - personifiziert hat. Unter seiner Führung sind die Verkaufszahlen von Canon um das 1,7-fache gestiegen, während sich der Nettoprofit versiebenfachte. Trotz seiner langen Zeit im Ausland misst Mitarai bestimmten Elementen des Managements im japanischen Stil, insbesondere der lebenslangen Anstellung, große Bedeutung bei. Auch wenn Mitarai nicht als das Schwergewicht innerhalb der japanischen Industriekreise oder in Bezug auf seine politischen Verbindungen gilt wie seine Vorgänger auf dem Führungssessel des Keidanren, wird er doch als Champion der modernen Industriebereiche mit den größeren Zukunftsaussichten gesehen.

Sein Motto lautet ständige Innovation und Wettbewerb, und er legt höchste Priorität darauf, Japans Industrie noch stärker zu machen. Er träumt von einer Industrienation, die sich stets mit den aufstrebenden Volkswirtschaften weltweit messen kann. Der Leitartikel der Nihon Keizai Shimbun vom 25. Mai unterstützte Mitarais Philosophie und forderte ihn auf, sich für die Realisierung seiner Ideale einzusetzen, nämlich "Japan in einer Ära des Bevölkerungsrückgangs und der Überalterung neu zu beleben, indem nicht allein die Technologien, sondern das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem insgesamt Gegenstand von Innovationen sind."

Bruch mit der alten Geschäftsweltkultur für eine gerechtere Wirtschaftsgesellschaft

Ein weiterer Bereich, bei dem Mitarais Fähigkeiten auf dem Prüfstand stehen dürften, sind die Probleme, die in der alten Geschäftsweltkultur wurzeln, die zahlreiche Keidanren-Mitglieder nach wie vor verinnerlicht haben und die sich nachteilig auf Innovation und Wettbewerb auswirken. Die Asahi Shimbun forderte den Keidanren unter Mitarais Führung mit großen Nachdruck auf, mit dem tief verwurzelten Brauch der Absprachen zwischen Anbietern bei öffentlichen Ausschreibungen und anderen unmoralischen Verhaltensweisen führender Unternehmen aufzuhören. Die Zeitung warnte in ihrem Leitartikel vom 26. Mai: "Es ist dringend erforderlich, mit dieser alten Kultur des Wirtschaftsestablishments zu brechen. Die ablehnende Haltung gegen die Ausweitung der Antimonopolregeln führt nur dazu, dass Japans Wettbewerbsfähigkeit geschwächt wird." Die Yomiuri Shimbun nannte in ihrem Leitartikel vom 26. Mai ebenfalls "eine Neugestaltung der Unternehmensethik" als eine der Herausforderungen für den neuen Vorsitzenden: "Falls die jetzige Situation mit Absprachen bei Ausschreibungen, gefälschten Geschäftsberichten und der Verschleierung von Skandalen in den Unternehmen anhält, wird das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unternehmensführungen und in die industriellen Kreise weiter schwinden. Der Wirtschaftsgemeinschaft dürfte es dann schwer fallen, die Öffentlichkeit mit ihren Argumenten zu überzeugen." Auch die Sankei Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom selben Tag: "Das erste, was wir uns von Herrn Mitarai wünschen, ist, dass er gegen die Verfehlungen und unfaires Verhalten der Unternehmen entschlossen vorgeht, die nach wie vor bestehen." Die Mainichi Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 24. Mai: "Was wir brauchen ist eine Wirtschaftsgesellschaft, in der Fairness und Transparenz ein hoher Stellenwert eingeräumt wird und in der Regeln und die Verantwortung bei Vorkommnissen nicht im Dunkeln bleiben." Sie rief Mitarai dazu auf, "bei der Gestaltung einer fairen Wirtschaftsgesellschaft Führungsstärke zu beweisen."

Der Keidanren dürfte sich nicht auf Themen wie die Stärkung der Industrie und das Verhalten der Unternehmen beschränken. Er ist vielmehr gefordert, auch weiter gefassten sozio-ökonomischen Fragen Aufmerksamkeit zu schenken, die Auswirkungen auf das Wohlergehen der Gesellschaft und damit auf das Potential Japans als Staat insgesamt haben. Unter Okudas Führung machte der Verband Vorschläge zur Liberalisierung auf dem Gebiet der ausländischen Arbeitskräfte, zur Anhebung der Verbrauchssteuer und zu weiteren Maßnahmen, die angesichts der schrumpfenden und alternden Bevölkerung notwendig sind. In Fortsetzung dieses Kurses dürfte Mitarai eine Vision ausarbeiten, die sich auf drei Bereiche konzentriert: nachhaltige soziale Sicherungssysteme, eine Steuerreform und die Erleichterung des Abschließens von Freihandelsabkommen.

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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