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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


13. 06. 2006

 

 

Al-Qaida-Führer im Irak, Zarkawi, getötet

 

Abu Musab al-Zarkawi, der berüchtigte jordanische Terroristenführer, wurde am 7. Juni durch einen US-Luftangriff auf ein Gebäude am Rande der Stadt Baqubah im Zentralirak, getötet. Zarkawi hatte seit August 2003, unmittelbar nach dem Beginn des Krieges im Irak, seine terroristischen Aktivitäten intensiviert. Ihm wurde gleichfalls nachgesagt, an dem Terroranschlag auf ein Luxushotel in der jordanischen Hauptstadt Amman im November 2005 beteiligt gewesen zu sein. Im Oktober 2004 befahl Zarkawi die Enthauptung eines jungen Japaners. Gerade deshalb zeigten die japanischen Medien ein großes Interesse am Tod des Terroristenführers. Die japanischen Tageszeitungen berichteten am 9. Juni auf ihren Titelseiten über den Vorfall und widmeten auf ihren internationalen Seiten Artikeln zum Hintergrund seines Todes und der Analyse der Auswirkungen auf die Lage im Irak viel Raum.

Politische Bedeutung des Todes von Zarkawi

Die Al-Qaida-Gruppierung im Irak, der Zarkawi vorstand, wird als die Organisation angesehen, die im Irak für die Aktivitäten der von Osama bin Laden geführten internationalen Terroristenvereinigung Al-Qaida verantwortlich ist. In diesem Sinne ist der Tod Zarkawis von großer politischer Bedeutung. Die US-Regierung unter Präsident George W. Bush, die den Kampf gegen den internationalen Terrorismus als Hauptanliegen für ihren Einsatz im Irak bezeichnet, begrüßte den Tod Zarkawis. Am 8. Juni brachte Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi gegenüber Journalisten seine Hoffnung auf eine Wiederherstellung der Sicherheit im Irak zum Ausdruck und sagte (laut Asahi Shimbun vom 9. Juni): "Dies resultiert aus der Kooperation der Menschen im Irak, die Informationen zur Zerschlagung der Terrorgruppen geben. Ich sehe dies als Fortschritt an."

Der Leitartikel der Yomiuri Shimbun (10. Juni) unterstrich: "Dieser Erfolg macht sowohl den Menschen im Irak als auch der internationalen Gemeinschaft Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage." Die Zeitung betonte ihre Hoffnung, dass der Tod Zarkawis ein wichtiger Impuls zur Stabilisierung der Situation im Irak sei und fuhr fort: "Natürlich ist die Sicherheitslage (im Irak) nicht so, dass man so optimistisch sein darf, dass die Tötung eines einzigen Mannes - wenngleich eines führenden Terroristen - die Situation umgehend verbessert. Für die irakische Regierung von Ministerpräsident Nuri al Maliki jedoch ist nun eine gute Gelegenheit, um die Sicherheitsmaßnahmen zu überdenken, die anscheinend nicht effektiv sind. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Todes von Zarkawi gab der Ministerpräsident die Personalien der drei sicherheitsrelevanten Minister seines Kabinetts, nämlich für Verteidigung, für Inneres und für nationale Sicherheit, bekannt. Diese Posten waren zunächst nicht rechtzeitig zum Amtsantritt der neuen Regierung besetzt worden; nun jedoch ist das Kabinett komplett."

Rückblickend auf die Ereignisse in der Vergangenheit bemerkte die Asahi (vom 10. Juni): "Zarkawi war eng mit der internationalen Terrororganisation Al-Qaida verbunden und stand unter dringendem Verdacht, an zahlreichen verabscheuungswürdigen Verbrechen, darunter auch den Bombenanschlag auf die Vertretung der Vereinten Nationen in Bagdad im August 2003 beteiligt gewesen zu sein. Der überwiegende Teil der Mitglieder der von ihm geführten Terrorgruppe sind Sunniten. Diese Bevölkerungsgruppe unterstützte den ehemaligen irakischen Präsident Saddam Hussein. Unlängst verlagerte die Gruppe ihren Schwerpunkt auf wahllosen Terror gegenüber den Schiiten und fachte damit den Konflikt zwischen den religiösen Gruppierungen im Irak weiter an." Die Zeitung schrieb: "Mit Sicherheit sind viele Menschen erleichtert, dass einer der Anführer des allgegenwärtigen Terrors ausgeschaltet wurde."

Diskrepanz zwischen übergroßem Image in den Medien und der Realität                  

Andererseits stellten Japans führende Tageszeitungen in einer Reihe von Reportagen über den Irak fest, dass Zarkawis Rückhalt im Irak bereits abnahm. Diese Artikel verwiesen nüchtern auf die Diskrepanz zwischen dem in den Medien verbreiteten Image Zarkawis als gefährlicher und mächtiger Terroristenführer und seinem tatsächlichen Einfluss und äußerten die Sorge, dass die Auswirkungen seines Todes nur begrenzt sein könnten.

Ein Sonderkorrespondent der Asahi schrieb am 9. Juni aus Kairo: "Die Zarkawi-Gruppe wird von ausländischen Söldnern verstärkt und unterhält Kontakte zu lokalen radikalen Gruppen. Sie ist in 'Räte' an verschiedenen Orten organisiert und 'exekutierte' Menschen, die mit der Regierung und den US-Streitkräften kooperierten. Sie übte eine extreme religiöse Kontrolle aus und verbot z.B. die Arbeit von Frauen als Verstoß gegen den Islam. Sie zerstörte Schulen, ermordete Lehrer und führte den 'Gotteskriegern' junge Frauen zu." Unter Verweis auf die schwindende Macht Zarkawis hieß es weiter: "Die Antipathie und Kritik gegenüber Zarkawi nahm auch bei den Sunniten zu, welche die extreme religiöse Kontrolle ablehnen. Fehlschläge der Zarkawi-Gruppe wurden seit Mitte 2005 vertuscht. Als im Zuge eines von Zarkawi angeordneten Bombenanschlags auf ein Luxushotel in seiner Heimat Jordanien sechzig Menschen getötet wurden, veröffentlichte er eine Erklärung, in der er Fehler einräumte."

Der Sonderkorrespondent der Mainichi Shimbun berichtete am 9. Juni aus Kairo über den schwindenden Einfluss der Zarkawi-Gruppe innerhalb des Konfliktes im Irak. Er schrieb (am 8. Juni): "Unter Nahost-Experten herrscht die Ansicht vor, dass bewaffnete Ausländer wie Zarkawi nur einen kleinen Teil der bewaffneten Kräfte im Irak ausmachen. Der sich zuspitzende Konflikt im Irak kann grob in zwei Aspekte unterteilt werden: erstens Angriffe auf die US-Streitkräfte und deren Verbündete durch zahlreiche 'Widerstandsgruppen', darunter ehemalige Angehörige der früheren Baath-Partei und des Militärs, die nach dem Krieg entlassen wurden, und zweitens die Unterdrückung der sunnitischen Bevölkerung durch schiitische Milizen. Gegenwärtig intensivieren beide Seiten ihre Aktivitäten."

Medien warnen vor Überschätzung des Todes von Zarkawi

Mit Blick auf die Komplexität des Konflikts im Irak vermieden alle japanischen Tageszeitungen die allzu optimistische Einschätzung, dass der Tod Zarkawis zu einer sofortigen Verbesserung der Sicherheitslage im Irak führen könnte.

Unter der Überschrift "Überschätzung ist gefährlich" gab die Mainichi am 10. Juni zu Bedenken: "Die jordanische Zarkawi-Gruppe ist nicht die einzige ausländische Kraft, die in die terroristischen Aktivitäten im Irak involviert ist. Auch die Überreste des Regimes von Saddam Hussein, die ein Sammelbecken der Kräfte bilden, die der neuen irakischen Regierung feindlich gesinnt sind, werden ihren Widerstand fortsetzen. Und auch der religiös motivierte Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, der das Land seit seiner Gründung in Aufruhr hält, scheint sich nicht zu beruhigen. Die Zahl der Toten in Bagdad betrug im Mai 1.400, die höchste Anzahl seit Ausbruch des Krieges. Vor dem Hintergrund dieser komplizierten Situation darf der Tod eines einzelnen Terroristen nicht überbewertet werden."

 Der bereits zitierte Artikel der Asahi stellte fest: "Was man jetzt von Ministerpräsident Maliki erwartet, ist entschlossene Führungsstärke, um zu vermeiden, dass der Konflikt zwischen den religiösen Gruppierungen und der Streit um die Ölförderrechte zu einem Bürgerkrieg eskalieren." Die Zeitung schloss: "Das irakische Parlament hat die drei neuen Minister für Verteidigung, Inneres und nationale Sicherheit bestätigt, deren Posten bislang unbesetzt waren. Das heißt, dass es nun eine handlungsfähige Regierung gibt. Zur Zeit der Übergangsregierung nutzte diese die Sicherheitskräfte als Vergeltung für die Herrschaft Saddam Husseins, um Mitglieder der sunnitischen Bevölkerungsgruppe illegal zu inhaftieren und zu foltern - was zu heftiger internationaler Kritik führte. Solche Dinge dürfen sich nicht wiederholen. Sowohl für die Streitkräfte als auch für die anderen Sicherheitsorgane ist es wichtig, auf der Seite der Menschen im Land zu stehen. Irak wird nicht allein durch die Ausschaltung von Zarkawi zu einem stabilen Land."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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