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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
15. 06. 2006
Fünfte Runde der
japanisch-koreanischen AWZ-Gespräche:
Südkorea wertet Takeshima als Kardinalpunkt auf
Sechs Jahre nach den ersten vier Verhandlungsrunden von 1996 bis 2000 nahmen Japan und Südkorea am 12. Juni in Tokyo die zweitägige fünfte Runde der Gespräche über ihre ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) wieder auf. Allerdings bestand die einzige Übereinkunft dieser Runde darin, die Verhandlungen im September in Seoul fortzusetzen.
Die Entscheidung zur Wiederaufnahme der AWZ-Gespräche wurde nach Südkoreas Intervention auf die im April erfolgte Ankündigung Japans, dass die japanische Küstenwache eine wissenschaftliche Vermessung des Meeresbodens im Gebiet der Takeshima-Inseln durchführen werde, bei einem Treffen der stellvertretenden Außenminister Japans und Südkoreas getroffen. Beide Staaten reklamieren die Oberhoheit über die Inseln für sich, die in Korea als Tokto (oder Dokdo) bekannt sind. Bislang gab keine Seite nach, und in Verhandlungen konnten keinerlei Fortschritte erzielt werden.
Dieses Mal begann Japan mit einer Bekräftigung der Gültigkeit des zwischen den Regierungschefs beider Länder getroffenen Übereinkommens von 1996, die Territorialfrage von den Gesprächen zur Festlegung der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen abzutrennen. Südkorea hatte dem damals zugestimmt. Japan unterstrich zudem seine Auffassung, dass für Japan Takeshima und für Südkorea die Insel Ullung als Kardinalpunkte gelten und die Grenze zwischen beiden AWZ genau in der Mitte zwischen beiden Punkten verlaufen sollte. Südkorea hatte ursprünglich argumentiert, dass Takeshima nicht mehr als eine Reihe von Felsen darstelle und dass die Grenze zwischen Ullung, nordwestlich von Takeshima, und den Oki-Inseln verlaufen sollte. Allerdings scheint es seine Strategie nun geändert zu haben und behauptet jetzt, dass Takeshima sehr wohl eine Insel sei und Südkoreas Kardinalpunkt bei der Festsetzung seiner ausschließlichen Wirtschaftszone bilde. Am 14. Juni meinte die Yomiuri Shimbun diesbezüglich: "Nach Einschätzung von Beobachtern scheint Südkorea nun seinen Anspruch auf Takeshima deutlicher herauszustellen und weniger auf praktische Vorteile abzuzielen."
Japan hatte zudem vorgeschlagen, dass sich beide Länder im Vorfeld gegenseitig informieren, wenn Untersuchungen im Gebiet um Takeshima durchgeführt werden. Die südkoreanische Delegation antwortete darauf jedoch laut Asahi Shimbun vom 13. Juni, sie sei "nicht bevollmächtigt, diese Frage zu diskutieren." Am 14. Juni, einen Tag nach den Verhandlungen, erklärte der Außen- und Handelsminister Südkoreas auf einer Pressekonferenz, dass Südkorea seine für Juli geplanten Vermessungen in der Nähe Takeshimas durchführen werde und betonte: "Dies ist unser Recht und Japan kann uns nicht davon abhalten" (Asahi am 14. Juni). Sollte die südkoreanische Regierung ihre Vermessungsaktivitäten fortführen, wird dies möglicherweise die Spannungen mit Japan erhöhen.
Japanische Medien: Notwendigkeit zur Festlegung grundlegender Regeln
Am 14. und 15. Juni behandelten die führenden japanischen Tageszeitungen dieses Thema in ihren Leitartikeln.
Unter der Überschrift "Zur Vermeidung einer Krise sind Regeln zwischen Japan und Südkorea notwendig" hob die Asahi am 15. Juni die starre Haltung von Präsident Roh Moo-Hyun hervor, der den Streit um Takeshima unmittelbar mit der Geschichte der japanischen Kolonialisierung der koreanischen Halbinsel verknüpfte. Südkoreas neuer Versuch, Takeshima zum Kardinalpunkt seiner ausschließlichen Wirtschaftszone zu machen, "setzte allen Hoffnungen auf eine baldige Beilegung des Problems der Grenzziehung zwischen den AWZ ein Ende. Beide Regierungen sollten unter Fortsetzung der AWZ-Gespräche ernsthafte Anstrengungen unternehmen, um Regeln zu vereinbaren, die eine Wiederholung der Krise vom April verhindern." Hinsichtlich der Einführung eines Systems zur vorherigen Ankündigung von Untersuchungen des Meeresbodens schrieb die Asahi: "Japan und China verfügen bereits über ein solches System. Zwar führt China in der Praxis oft Messungen durch, ohne Japan vorab zu informieren, jedoch würde die Schaffung eines solchen Systems einen großen Unterschied machen. Südkorea sollte den Vorschlag erneut prüfen. Dies würde auch das Umfeld für diplomatische Anstrengungen zur Wiederherstellung beiderseitigen Vertrauens verbessern."
Die Yomiuri kritisierte in ihren Leitartikel vom 14. Juni unter der Überschrift "Thematik sollte getrennt von der Frage der territorialen Souveränität Takeshimas behandelt werden" die Haltung Südkoreas. Sie schrieb: "Die Verknüpfung der Problematik mit dem Territorialstreit um Takeshima macht die Lage nur noch komplizierter." Südkoreas Verschiebung der Grenzkoordinaten seiner ausschließlichen Wirtschaftszone in Richtung Takeshima - so die Yomiuri mit scharfer Kritik - "verzögert die Möglichkeit eines Abschlusses der Verhandlungen nur noch mehr. Die Haltung von Präsident Roh Moo-Hyun gegenüber Japan ist die Hauptursache für die bei den Gesprächen auftretenden Probleme ... Die Einstellung des Präsidenten erschwert die Festlegung der Grenzlinie ungemein." Bezüglich der Ablehnung des japanischen Vorschlags für ein System der vorherigen Information über bevorstehende Meeresuntersuchungen forderte die Yomiuri Südkorea auf, dies "zu überdenken ... Auf dem japanisch-südkoreanischen Gipfeltreffen 1996 kamen Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto und der südkoreanische Präsident Kim Young-Sam überein, die Verhandlungen vom Territorialstreit um Takeshima abzutrennen. Südkorea hat bei der jüngsten Gesprächsrunde bestätigt, dass diese Übereinkunft nach wie vor gültig ist. Ein Festhalten an der Übereinkunft zwischen Hashimoto und Kim kann den Weg zur Lösung des Problems weisen."
Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) schrieb in ihrem Leitartikel vom 15. Juni unter der Überschrift "AWZ-Gespräche zwischen Tokyo und Seoul sollten anstreben Krise zu vermeiden": "Seouls neue Position ist für Tokyo, das Takeshima als eigenes Territorium beansprucht und die Grenzlinie zwischen Takeshima und Ullung festlegen möchte, völlig inakzeptabel. Würde Japan Südkoreas Forderung akzeptieren, hieße das, die eigenen Rechte auf Takeshima aufzugeben." Hinsichtlich der Zurückweisung des japanischen Vorschlags für eine vorherige Information über Untersuchungsaktivitäten im Gebiet von Takeshima hob die Nikkei hervor: "Dies wird die Beziehungen zwischen Japan und Südkorea nur weiter verschlechtern. Es sollte jetzt darum gehen, ein Rezept zu finden, um den Ausbruch von Streitigkeiten in diesen Gewässern zu verhindern. Die Territorialfrage um Takeshima sollte zum jetzigen Zeitpunkt außen vor gelassen werden. Südkorea sollte seine Haltung überdenken." Zusammenfassend schrieb die Nikkei: "Angesichts der Verbitterung auf beiden Seiten sind bei der Suche nach einer Lösung des Streits um die Territorien und die Grenze der AWZ kaum Fortschritte zu erwarten. Es ist jetzt wichtig, dass alles getan wird, um einen Konflikt in diesen Gewässern zu vermeiden. Die Regierung Roh sollte in dieser Frage besonnener handeln. Japan muss an seinem territorialen Anspruch auf Takeshima festhalten und weiter auf Verhandlungen setzen."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)