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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
26. 06. 2006
US-Rindfleischimporte wieder zugelassen - japanische Verbraucher weiter skeptisch
Die Regierungen Japans und der Vereinigten Staaten sind am 21. Juni übereingekommen, die Importe von amerikanischem und kanadischem Rindfleisch nach Japan wieder zuzulassen. Die Importe waren seit Januar dieses Jahres ausgesetzt, da die Vereinigten Staaten die japanischen Bedingungen in Bezug auf die Sicherheit des Fleisches mit Blick auf BSE oder Rinderwahnsinn nicht erfüllen konnten. Die Übereinkunft erfolgte nach zähen Verhandlungen über die Maßnahmen, welche die Sicherheit der US-Rindfleischimporte nach Japan garantieren sollen sowie darüber, was geschieht, wenn die amerikanischen Fleischexporteure die Bedingungen erneut nicht erfüllen sollten. Der Import von US-Rindfleisch dürfte nun im Juli wieder aufgenommen werden; allerdings sind die japanischen Verbraucher und Großhändler nach wie vor skeptisch, was die umgehende Akzeptanz von US-Rindfleisch angeht.
Der Import von Rindfleisch aus den Vereinigten Staaten und Kanada wurde im Januar 2006 eingestellt, als Rückenmark, das als Risikomaterial bei der Verbreitung von BSE gilt, in einer Ladung amerikanischer Fleischexporteure nach Japan gefunden wurde. Erst einen Monat zuvor war das Verbot im Dezember 2005 aufgehoben worden, nachdem man sich über die Bedingungen geeinigt hatte: Es wurde nur Fleisch von Rindern im Alter von weniger als zwanzig Monaten zugelassen. Zudem musste Risikomaterial wie Hirn, Rückenmark und umgebendes Gewebe vollständig entfernt werden. Japan hatte den Import von US-Rindfleisch erstmals im Dezember 2003 komplett untersagt, nachdem ein BSE-Fall im Bundesstaat Washington aufgetreten war.
Da 2003 36 % der US-Rindfleischexporte nach Japan gingen, das damit der größte Exportmarkt war, bedeutete dies einen schweren Schlag für die US-Viehzüchter und Fleischverarbeiter, die umgehend erheblichen innenpolitischen Druck ausübten, damit das Verbot aufgehoben wird. Die US-Rindfleischexporte nach Japan beliefen sich damals auf 240.000 Tonnen, während Kanada 20.000 exportierte. Das war etwa ein Viertel der Menge, die in Japan jährlich konsumiert wurde oder fast die Hälfte aller Importe von Rindfleisch. Das plötzliche Verbot erregte damals auch die japanischen Verbraucher und die heimische Lebensmittelindustrie. Nach einer längeren Diskussion im Ausschuss für Nahrungsmittelsicherheit der Regierung von Japan, die die Frustration auf amerikanischer Seite weiter steigerte, wurde schließlich entschieden, das Verbot im Dezember 2005 aufzuheben, obwohl Verbrauchergruppen und eine Reihe von Experten im Bereich Nahrungsmittelsicherheit zur Vorsicht mahnten.
Zur Bestürzung und zum Ärger der zuständigen Beamten und der Verbraucher insgesamt war der wieder aufgenommene Import von Rindfleisch aus den Vereinigten Staaten und Kanada nur von kurzer Dauer, da bei einer Stichprobe in Japan Rückenmarkteile in einer Lieferung von US-Rindfleisch entdeckt wurde. Es stellte sich heraus, dass der Verstoß aufgetreten war, weil die zuständigen US-Beamten und Fleischverarbeiter über die japanischen Sicherheitskriterien nicht vollständig unterrichtet worden waren. Der Zwischenfall wurde als Beweis dafür angesehen, dass die Amerikaner die japanischen Bedingungen nicht ernst nahmen. Dies veranlasste die Regierung von Japan umgehend, das Verbot am 23. Januar 2006 wieder in Kraft zu setzen.
Die japanische Regierung verhandelte dann unter zunehmendem Druck der amerikanischen Seite darüber, wie die Rindfleischimporte aus den Vereinigten Staaten und Kanada wieder aufgenommen werden könnten. Folgende Bedingungen wurden nun vereinbart: Washington gewährt japanischen Kontrolleuren Zugang zu 35 Fleischverarbeitungszentren in den Vereinigten Staaten, um sicherzustellen, dass die Exporteure die japanischen Sicherheitsstandards in Bezug auf BSE erfüllen. Die Kontrolleure der japanischen Regierung werden zudem die zuständigen US-Beamten bei stichprobenartigen Kontrollen in den Fleischverarbeitungsbetrieben begleiten. Sollte einer der US-Betriebe die japanischen Sicherheitsstandards in Zukunft erneut nicht erfüllen, hängt die Entscheidung, ob das Verbot nur für den betroffenen Betrieb oder für alle Fleischlieferungen der Vereinigten Staaten gilt, von der Schwere des Verstoßes ab.
Ablehnende Reaktionen der japanischen Medien
Die Reaktionen der japanischen Medien auf die Übereinkunft über die Wiederaufnahme der US-Rindfleischimporte waren insbesondere mit Blick auf die mitwirkenden politischen Kräfte in Bezug auf das für Ende Juni geplante Gipfeltreffen von Ministerpräsident Koizumi mit US-Präsident George W. Bush in Washington sehr vorsichtig und skeptisch. Verbraucher, Großhändler und die Restaurantindustrie sind laut Umfragen der Tageszeitungen durchgehend skeptisch, was den Verzehr von US-Rindfleisch ohne nachhaltige Bestätigung der Sicherheit anbelangt. Man geht davon aus, dass es Jahre brauchen wird, bis sich der Marktanteil von US-Rindfleisch in Japan erholt hat, falls dies überhaupt geschieht, da inzwischen australisches Rindfleisch die Lücke füllt.
Die Überschriften der Leitartikel der führenden Tageszeitungen zu diesem Thema, die alle am 22. Juni erschienen, waren bezeichnend für die vorherrschende Stimmung: "Bedenken nicht ausgeräumt" (Asahi Shimbun), "US-Rindfleisch muss aus Kreislauf des Misstrauens heraus" (Nihon Keizai Shimbun), "Größere Anstrengungen zur Wiedererlangung des Vertrauens der Verbraucher erforderlich" (Mainichi Shimbun), "Nur gründliche Kontrollen garantieren Sicherheit" (Yomiuri Shimbun) sowie "Noch ein Fehler wäre unverzeihlich" (Sankei Shimbun).
Die Asahi Shimbun schrieb: "Die Sorgen der Verbraucher in Japan sind nicht verschwunden. Viele Supermärkte und Restaurants sagen, dass sie kein US-Rindfleisch verwenden wollen, auch wenn es wieder lieferbar ist." Sie fuhr fort: "Es ist unbestreitbar, dass angesichts des bevorstehenden japanisch-amerikanischen Gipfeltreffens und der kritischen Situation in den WTO-Verhandlungen einer politischen Einigung Vorrang eingeräumt wurde. Was muss getan werden, um die japanischen Verbraucher dazu zu bewegen, wieder US-Rindfleisch zu kaufen? Diese wichtigste Frage wurde nicht eindeutig beantwortet. Es liegt nun bei den Verbrauchern in Japan zu entscheiden, ob sie US-Rindfleisch essen oder nicht."
Die Nihon Keizai Shimbun meinte: "Das Wichtigste ist die Erfüllung der japanischen Importbedingungen durch die Vereinigten Staaten. Diese müssen in Amerika gründlich bekannt gemacht werden." Die Zeitung warnte: "Die Vereinigten Staaten können nicht darauf hoffen, dass ihre Rindfleischexporte nach Japan zunehmen, wenn die Bedingungen wieder nicht erfüllt werden."
Die Mainichi Shimbun kommentierte: "Angesichts der zeitlichen Übereinstimmung mit dem Besuch von Ministerpräsident Koizumi in den Vereinigten Staaten sowie mit den anstehenden Kongresswahlen zur Hälfte der Legislaturperiode besteht der Eindruck, dass die Übereinkunft politisch motiviert war." Sie fuhr fort: "Die Angelegenheit betrifft jedoch die Nahrungsmittelsicherheit der Menschen in Japan. Hierbei sollten diplomatische Rücksichtnahmen oder politische Überlegungen keine Rolle spielen. Selbst wenn der Import von US-Rindfleisch wieder zugelassen wird, bedeutet dies keinesfalls automatisch, dass es für amerikanisches Rindfleisch in Japan einen Markt gibt."
"Es sollte nicht vergessen werden", so die Yomiuri Shimbun, "dass die Entscheidung inmitten einer Gemengelage von Unterstützung und Widerstand gefällt wurde."
Die Sankei Shimbun meinte: "Es trifft zu, dass zwischen beiden Ländern unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf Nahrungsmittelsicherheit bestehen. Jedoch wird es nicht einfach werden, das Vertrauen der japanischen Verbraucher zurück zu gewinnen, wenn es einmal verloren wurde. Die Vereinigten Staaten sollten hier sensibler agieren, damit sich der Fehler von vor sechs Monaten nicht wiederholt."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)