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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


02. 07. 2006

 

 

Japanisch-amerikanischer Gipfel: Gemeinsame Erklärung
verkündet "Bündnis des neuen Jahrhunderts"

Am Morgen des 29. Juni (am späten Nachmittag japanischer Zeit) traf Ministerpräsident Junichiro Koizumi mit US-Präsident George W. Bush für ein zweistündiges Gipfeltreffen im Weißen Haus in Washington zusammen. Nach der Zusammenkunft gaben beide Politiker die gemeinsame Erklärung "Das japanisch-amerikanische Bündnis des neuen Jahrhunderts" heraus, in der die Beziehungen zwischen beiden Staaten als "eine der vollendetsten bilateralen Beziehungen in der Geschichte" bezeichnet werden. Beide Seiten erklärten, dass sie "ein japanisch-amerikanisches Bündnis innerhalb der Welt" entwickeln werden. Für Ministerpräsident Koizumi, der im September abtreten wird, war dies sein letzter offizieller Besuch in den Vereinigten Staaten und das Ende der "Honeymoon-Beziehung" zwischen beiden Politikern. Die Aufmerksamkeit richtet sich daher nun darauf, bis zu welchem Grad die "vollendetsten bilateralen Beziehungen" auch von der nachfolgenden Regierung Japans getragen werden.

Ministerpräsident Koizumi: "Japanisch-amerikanisches Bündnis innerhalb der Welt"

Es war die 13. Zusammenkunft zwischen Ministerpräsident Koizumi und Präsident Bush, die sich das letzte Mal im November 2005 in Kyoto getroffen hatten. In einer Pressekonferenz im Anschluss an ihr Treffen sprach Präsident Bush von der "Kraft der Freiheit und Demokratie, die Feinde in Verbündete verwandelt und die dabei hilft, die Welt zu verändern." Es sei Ministerpräsident Koizumi zu verdanken, dass "Japan und die Vereinigten Staaten in der Lage sind, im 21. Jahrhundert noch enger zusammenzuwirken", so der Präsident. Ministerpräsident Koizumi antwortete: "Wir haben bestätigt, dass wir im Rahmen des japanisch-amerikanischen Bündnisses innerhalb der Welt bei zahlreichen Herausforderungen zusammenarbeiten können."

Bei der Zusammenkunft nahmen die Probleme in Bezug auf Nordkorea einschließlich der Frage der Entführungen breiten Raum ein. Ministerpräsident Koizumi und Präsident Bush sprachen insbesondere darüber, wie Japan und die Vereinigten Staaten auf den möglichen Start einer nordkoreanischen Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-2 reagieren sollten; sie bestätigten, dass man den Druck gegenüber Nordkorea nun verstärken werde. In Bezug auf das iranische Atomprogramm kamen beide Politiker überein, ihre Appelle an Iran zu verstärken, damit das Land das umfassende Lösungsangebot annimmt, das sechs Staaten, darunter die Vereinigten Staaten, vorgelegt haben.

Auf die Frage von Präsident Bush nach Japans Beziehungen zu China äußerte sich Ministerpräsident Koizumi kritisch über die Haltung Chinas: "Die Beziehungen zwischen Japan und China erfahren in zahlreichen Gebieten eine Ausweitung, dazu zählen auch die Bereiche Wirtschaft und Kultur ... Nichtsdestotrotz verweigert sich China einem Gipfeltreffen, wobei die Besuche im Yasukuni-Schrein der einzige Grund sind. Ich kann dies nicht akzeptieren. Ich bin bereit, jederzeit Gespräche aufzunehmen."

Präsident Bush lobte zudem die japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte für ihre "wirklich gute Arbeit" im Irak und bedankte sich für die Wiederaufnahme der US-Rindfleischimporte durch Japan.

Für ein Bündnis auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Interessen

Die wichtigsten Punkte der gemeinsamen Erklärung über "Das japanisch-amerikanische Bündnis des neuen Jahrhunderts" sind wie folgt: (1) Beide Seiten kamen überein, dass die japanisch-amerikanische Partnerschaft eine der vollendetsten bilateralen Beziehungen in der Geschichte ist; sie verkündeten ein neues japanisch-amerikanisches "Bündnis einer weltweiten Zusammenarbeit für das 21. Jahrhundert." (2) Das japanisch-amerikanische Bündnis innerhalb der Welt gründet sich auf universelle Werte und gemeinsame Interessen einschließlich Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Kampf gegen den Terrorismus. (3) Die Umsetzung des Übereinkommens zum Umbau der US-Streitkräfte in Japan ist für den Frieden und die Stabilität in der Region Asien-Pazifik erforderlich. (4) Beide Länder werden sich weiterhin gemeinsamen Herausforderungen in der Region stellen; dazu gehören u.a. die Lösung der humanitären Probleme und der Probleme im Bereich Menschenrechte einschließlich der Entführungen. (5) Eine stabile japanisch-amerikanische Zusammenarbeit nimmt sich der dynamischen Entwicklung in China an und hilft bei der Sicherung von Frieden und Ruhe in Nordostasien. (6) Beide Politiker riefen Nordkorea dazu auf, seine Zusagen in Bezug auf seine nukleare Abrüstung zu erfüllen und sich weiterhin an das Raketentestmoratorium zu halten. (7) Beide Seiten lobten die gemeinsamen Anstrengungen Japans und der Vereinigten Staaten bei der Unterstützung Iraks und ihre Zusammenarbeit im Bereich Nichtverbreitung einschließlich Iran. (8) Beide vereinbarten, auch bei anderen globalen Herausforderungen zusammenzuarbeiten; dazu zählen u.a. der Aufbau von Kapazitäten im Bereich Katastrophenhilfe, Vorbeugung und Handeln in Bezug auf die Vogelgrippe/Pandemie und die Entwicklung sauberer Energien.

Die Asahi Shimbun (30. Juni) meinte zur gemeinsamen Erklärung: "Sie kann als Höhepunkt aufgefasst werden, der die Transformation des Bündnisses, ausgelöst durch den Umbau der US-Streitkräfte in Japan, abschließt. Die Erklärung strebt einen Wandel von einem Bündnis aus der Ära des Kalten Krieges gegen eine ‚Bedrohung' hin zu einem neuen Bündnis an, das auf der Grundlage gemeinsamer Werte und Interessen eine weiter gefasste Rolle erfüllt." Die Sankei Shimbun (30. Juni) schrieb: "Indem die universellen Werte hervorgehoben werden, besteht das Ziel [der gemeinsamen Erklärung] darin, sicherzustellen, dass die Grundlagen des japanisch-amerikanischen Bündnisses im 21. Jahrhundert auch dann nicht erschüttert werden, wenn Ministerpräsident Koizumi und Präsident Bush, die untereinander eine innige Beziehung aufgebaut haben, nicht mehr im Amt sind." Die Mainichi Shimbun (30. Juni) merkte an, dass "die gemeinsamen Werte Japans und der Vereinigten Staaten wie Freiheit, Menschenrechte und Demokratie in der gemeinsamen Erklärung angeführt sind", jedoch fuhr sie besorgt fort: "Wird Japan nicht von den Vereinigten Staaten mitgezogen, wenn diese im Namen von ‚Freiheit und Demokratie' in eine militärische Auseinandersetzung hineingehen?"

Aufgaben für die Zeit nach Koizumi

In der Kolumne "Ansichten von Experten" der Yomiuri Shimbun (30. Juni) kommentierte Prof. Koji Murata (Fachgebiet US-Außenpolitik) von der Doshisha-Universität: "Wer immer Koizumis Nachfolge als Ministerpräsident antritt, wird es nicht leicht haben, derart gute japanisch-amerikanische Beziehungen zu übernehmen. Es wird nicht so sehr auf die persönlichen Beziehungen zwischen den Spitzenpolitikern selbst, sondern auf die Gestaltung breiter Kontakte mit pro-japanischen Gruppierungen innerhalb der US-Regierung sowie auf die Kultivierung reiferer Beziehungen ankommen.

Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei, 1. Juli) meinte: "In Bushs erster Amtszeit waren es nicht so sehr ausschließlich die vertrauensvollen Beziehungen zwischen den Spitzenpolitikern selbst, als vielmehr die direkten Kontakte zwischen den verantwortlichen Mitarbeitern auf beiden Seiten ... Allerdings haben die Mitarbeiter auf amerikanischer Seite, die die Honeymoon-Beziehungen zwischen den beiden Persönlichkeiten an der Spitze förderten, die Regierung Bush inzwischen verlassen." Die Zeitung schlug vor: "Der Ausbau des Bündnisses mit den Vereinigten Staaten stellt für Japan den einzigen realistischen Weg dar, die unbeständige internationale Lage zu überwinden. Zu diesem Zweck ist es notwendig, die eingleisigen Beziehungen zwischen den beiden Spitzenpolitikern zu umfassenderen und mehrgleisigen Beziehungen zu entwickeln."

Auf die Frage eines Journalisten der Sankei Shimbun (30. Juni) meinte der außenpolitische Experte Hisahiko Okazaki, der früher Botschafter Japans in Thailand gewesen ist: "Die fünf Jahre unter Ministerpräsident Koizumi, der eine solide Freundschaft mit den Vereinigten Staaten gestaltete, war der ‚Königsweg' der japanischen Außenpolitik. Der Grund dafür ist, dass die Stärkung des japanisch-amerikanischen Bündnisses der einzige Weg ist, um das aufstrebende China in die Schranken zu weisen. Ministerpräsident Koizumis hat hierzu beträchtlich beigetragen." Okazaki meinte zudem: "Der Nachfolger [Koizumis] sollte fortfahren, die japanisch-amerikanischen Beziehungen zu erhalten und auch das Problem des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung angehen." Er fügte hinzu: "Ich wünsche mir, dass der nächste Ministerpräsident es Japan ermöglicht, das Recht auf kollektive Selbstverteidigung auszuüben sowie dass er das japanisch-amerikanische Bündnis in eine Beziehung umgestaltet, die sich wie das Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien auf gleichberechtigtem Vertrauen gründet."

Leitartikel der Tageszeitungen

Alle Leitartikel der führenden japanischen Tageszeitungen vom 1. Juli befassten sich mit dem japanisch-amerikanischen Gipfel. Die Asahi beschrieb die gemeinsame Erklärung als "das Ergebnis, für das Koizumi sich über lange Zeit eingesetzt hat" und fuhr fort: "Die Erklärung macht die Entschlossenheit der beiden Spitzenpolitiker deutlich, das japanisch-amerikanische Sicherheitsbündnis, das den Schwerpunkt traditionell auf die Verteidigung Japans legt, in einen weltweiten Pakt beider Staaten zu transformieren, der es beiden Seiten erlaubt, bei einem breiten Spektrum von Themen zusammenzuarbeiten wie etwa Iran, Irak und die nukleare Nichtverbreitung." In Bezug auf den Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrag meinte die Asahi: "Das ursprüngliche Ziel des Sicherheitsvertrags war die Verteidigung Japans und des Fernen Ostens. Natürlich ist es für Japan und die Vereinigten Staaten in hohem Maße akzeptabel, politisch und diplomatisch über den Rahmen des gegenseitigen Verteidigungsabkommens hinaus zusammenzuwirken ... Bei einer militärischen Zusammenarbeit sieht dies jedoch anders aus. Die Regierung muss eindeutig belegen, wie und wann Japan zur Zusammenarbeit bereit ist, insbesondere dann, wenn es um militärische Dinge geht."

Der Leitartikel der Mainichi führte aus: "Mit dem Aufkommen destabilisierender Faktoren für den Frieden und die Stabilität in der Region Asien-Pazifik nimmt die Notwendigkeit für solide japanisch-amerikanische Beziehungen auf der Grundlage der Sicherheitsvereinbarungen zwischen beiden Ländern weiter zu. Das war der Hintergrund während der fünf Jahre von Koizumi und Bush. Das Verdienst von Ministerpräsident Koizumi, in diesem Klima stabile Beziehungen aufgebaut zu haben, die von der persönlichen Nähe zum Präsidenten gestützt wurden, verdient unser Lob." Die Zeitung fuhr fort: "Allerdings ist es schade, dass Ministerpräsident Koizumi nicht in der Lage war, die guten Beziehungen zwischen Japan und den Vereinigten Staaten im Bereich der pragmatischen internationalen Politik stärker zu nutzen. Ein typisches Beispiel dafür war sein Scheitern bei der Sicherung eines ständigen Sitzes im VN-Sicherheitsrat für Japan." Die Mainichi fügte kritisch hinzu: "Dies hat die Grenzen der Außenpolitik Koizumis offen gelegt, die auf persönlichen Beziehungen beruht und eine umfassende Strategie vermissen lässt." Sie merkte zudem an: "Ministerpräsident Koizumis Verdienst bei der Gestaltung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wird durch den Stillstand in Japans Außenpolitik gegenüber Ostasien getrübt."

Die Yomiuri schrieb in ihrem Leitartikel: "Um das Bündnis noch weiter zu stärken, muss die Regierung ihre Interpretation der Verfassung bezüglich des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung ändern. Gegenwärtig vertritt sie die Position, dass ‚Japan dieses Recht zwar besitzt, es jedoch nicht ausüben kann'; sie sollte die Position vertreten, dass ‚Japan dieses Recht ausüben kann.' Die derzeitige Interpretation stößt nicht nur auf das Unverständnis der internationalen Gemeinschaft, sondern kann sich auch zu einem Hindernis für die Zusammenarbeit zwischen Japan und den Vereinigten Staaten entwickeln. Für die Regierung gewinnt die Neufassung ihrer Interpretation bezüglich des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung zunehmend an Bedeutung." Die Zeitung fuhr fort: "Es ist wichtig, dass Japan und die Vereinigten Staaten eine strategische Außenpolitik auf der Grundlage ihres Bündnisses gestalten, damit China seine Rolle als ein ‚verantwortungsvoller Akteur' in der Region erfüllen kann. Allerdings folgt Tokyo Washington nicht blindlings in jeder Angelegenheit. Es ist nur natürlich, dass die Regierung ihre Meinung sagt, wenn sie mit Washington nicht übereinstimmt, wie etwa in der Frage des iranischen Atomprogramms und dem Abkommen über atomare Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Indien. Der Austausch offener Ansichten wird die Beziehungen weiter stärken."

Der Leitartikel der Sankei kommentierte: "Es sollte angemerkt werden, dass die gemeinsame Erklärung ausführt, dass Japan und die Vereinigten Staaten zusammenwirken, um die ‚historische Transformation zu gestalten und zu unterstützen', die derzeit in den asiatischen Ländern vor sich geht, die nicht solche universellen Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte teilen. Sie sagt zudem, dass beide Staaten gemeinsame Anstrengungen unternehmen , um z.B. ‚Transparenz und Vertrauen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Militär zu verbessern.' Die Erklärung richtet den Blick auf China und andere Staaten, die ihr militärisches Potential ausbauen. Sie fordert China auf ganz natürliche Weise auf, eine verantwortungsvolle Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft zu übernehmen." Die Zeitung fuhr fort: "Allerdings muss man sich fragen, ob Japan in der Lage ist, auf der Basis dieser außenpolitischen Prinzipien solche universellen Werte zu verbreiten. Die US-Regierung hat sich unzufrieden darüber geäußert, dass Japan zusammen mit China und Russland eine Resolution des VN-Sicherheitsrats zur Lage der Menschenrechte in Myanmar abgelehnt hat."

Die Nikkei schrieb in ihrem Leitartikel: "Das Charakteristische an den japanisch-amerikanischen Beziehungen in der Ära Koizumi und Bush war, dass sie auf der Grundlage der Stärkung der sicherheitspolitischen Bande zahlreiche Probleme in Angriff nehmen konnten." Die Zeitung meinte weiter: "Die Außenpolitik beider Länder stimmt nicht in allem überein. Es besteht z.B. eine unterschiedliche Vorgehensweise in Bezug auf Indien und Myanmar. Die Vereinigten Staaten verhalten sich gegenüber Indien pragmatisch und gegenüber Myanmar theoretisch. Japans Position ist genau umgekehrt. Auf der anderen Seite besteht fast völlige Übereinstimmung in Bezug auf die Fragen, die den Kern der Sicherheitspolitik ausmachen, wie z.B. Nordkorea und Iran." Die Nikkei fuhr fort: "In der Pressekonferenz erinnerte Präsident Bush an sein Zusammentreffen mit Sakie Yokota [die Mutter einer Japanerin, die nach Nordkorea entführt wurde] und er sagte, dass ihm ‚dies wirklich das Herz gebrochen habe.' Kein Staatschef eines anderen Landes hat jemals zuvor eine Erklärung wie diese in Bezug auf das Problem der Entführungen durch Nordkorea gemacht. Wenn vollendete Beziehungen bedeuten, dass zwei Länder in den grundlegenden Fragen übereinstimmen, auch wenn sie sich bei ein paar Themen nicht einigen können, dann kommen die derzeitigen japanisch-amerikanischen Beziehungen diesen vielleicht am nächsten."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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