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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
06. 07. 2006
Regierung von Japan aufgefordert, die Doha-Runde der WTO nicht scheitern zu lassen
Auch wenn das Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) über die Doha-Runde am 1. Juli in Genf erneut ohne Ergebnisse endete und damit die Hoffnung auf einen Abschluss der Verhandlungen zum Jahresende trübte, wurde die Regierung von Japan von den Medien des Landes erneut aufgefordert, die Runde nicht scheitern zu lassen, da sie Japan langfristige Vorteile biete. Als Bestandteil der allerletzten Anstrengungen, bis Ende Juli doch noch ein Übereinkommen zwischen den führenden Handelsnationen zu erreichen, besuchte der WTO-Generaldirektor Pascal Lamy am 5. Juli Japan und forderte die Regierung auf, bei den Agrarimporten mehr Zugeständnisse zu machen und so die Doha-Runde zu retten.
Die Doha-Runde begann 2001 und verfolgt neben anderen ambitionierten Vorgaben auch das Ziel, die Entwicklungsländer von der zunehmenden Liberalisierung des Welthandels profitieren zu lassen, was bisher nur unzureichend geschieht. Allerdings stellte sich der Prozess als schwierig heraus und die Verhandlungen wurden durch wiederholten Stillstand und nicht eingehaltene Fristen unterbrochen, zum großen Teil deshalb, weil die Vereinigten Staaten, die EU und Japan bei ihren Subventionen bzw. Zöllen im Agrarbereich nur unzureichende Zugeständnisse machen wollen. Diese zögerliche Haltung auf Seiten der Industriestaaten, ihre Schutznassnahmen für den Handel mit Agrarprodukten zu verringern, hat umgekehrt die Bereitschaft von Entwicklungsländern wie Brasilien und Indien, ihre Importzölle auf Industrieprodukte und andere Güter außerhalb des Agrarbereichs aus den entwickelten Ländern zu senken, erheblich geschmälert, wodurch sich die Doha-Runde zusätzlich schwierig gestaltet. Die Handelsgespräche gelangten bei der Ministerkonferenz der 149 Mitgliedsstaaten und Territorien im mexikanischen Cancun 2003 an den Rand eines Zusammenbruchs, als man es nicht schaffte, sich auf eine Erklärung zu einigen.
Bei einem weiteren Ministertreffen in Hongkong im Dezember letzten Jahres gelang es, eine Wiederholung dieser Situation zu vermeiden, indem man eine Erklärung verabschiedete, in der dazu aufgerufen wurde, eine Übereinkunft über die Regeln zur Liberalisierung des Handels bis Ende April dieses Jahres zu erreichen. Nachdem diese Frist verstrichen war, kamen Ende Juni die Handelsminister von etwa vierzig führenden Mitgliedsstaaten in Genf erneut zusammen. Allerdings wurde auch diesmal kein Durchbruch erzielt, so dass die Aussichten für eine Übereinkunft bis Jahresende zunehmend schwinden. An der Zusammenkunft hatten aus Japan der Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Toshihiro Nikai, sowie der Minister für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei, Shoichi Nakagawa, teilgenommen.
Als größtes Hindernis für Fortschritte bei der Runde gilt die harte Haltung der Vereinigten Staaten, die die Zugeständnisse der EU und Japans in Bezug auf Kürzungen bei den Agrarsubventionen und Zöllen für unzureichend halten. Auf der anderen Seite lehnen die Vereinigten Staaten die europäische Forderung ab, ihre Agrarsubventionen um mehr als die angebotenen 53 % zu senken. Die harte Haltung der Vereinigten Staaten geht auf die anstehenden Kongresswahlen zur Mitte der Legislaturperiode im kommenden Herbst zurück, die Washington gegenüber dem Druck der Bauernlobby und von Politikern aus ländlich geprägten Wahlkreisen verwundbar macht. Es steht zu befürchten, dass, falls die Doha-Runde es nicht schafft, bis Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen, der Prozess an Dynamik verliert und für eine Reihe von Jahren zum Stillstand kommt, da das Verhandlungsmandat der US-Regierung, das sie vom Kongress erhalten hat, im Juli nächsten Jahres ausläuft. In diesem Zusammenhang erläuterte Generaldirektor Lamy den japanischen Medien, dass der Prozess, wenn er einmal zum Stillstand gekommen ist, sterben und nur schwer wiederbelebt werden könnte.
Wie bereits in der Vergangenheit ist es für Japan ein wichtiges Anliegen, eine Reihe von Agrarerzeugnissen vor Importen zu schützen. Dazu zählen u.a. Reis (derzeitiger Einfuhrzoll 778 %), Milchprodukte (218 %), Zucker (379 %), Weizen (252 %), Stärke (583 %), verschiedene Bohnensorten ((403 %), Gerste (256 5), Konnyaku-Wurzeln (1.706 %) und Erdnüsse (737 %), die alle von Zollsenkungen ausgenommen sind. Japan besteht bei 15 % aller Agrarprodukte auf eine solche Sonderbehandlung, während die Vereinigten Staaten 1 % und die EU 8 % fordern. Ein weiterer Streitpunkt ist der amerikanische Vorschlag, die Zölle für diese besonderen Produkte, die von Zollsenkungen ausgenommen sind, auf 75 % oder weniger zu reduzieren, was Japan und die EU als "unrealistisch" ablehnen.
Allerletzte Anstrengungen angesichts langfristiger Vorteile des WTO-Systems gefordert
Falls die Doha-Runde nicht abgeschlossen würde, müsste Japan beim Handel mit Industrieprodukten wie Autos und Elektrogeräten Einbußen hinnehmen, da sich die Öffnung der Märkte für diese Produkte in aufstrebenden Ländern wie Indien und Brasilien verzögern würde. Diese beiden Staaten verhängen z.B. durchschnittlich Importzölle von 30 % oder mehr auf Industrieprodukte, während es in Japan, den Vereinigten Staaten und Europa im Durchschnitt nur 2-4 % sind. Diese Aussicht hat die Industriekreise, vertreten durch den Nippon Keidanren (Japanischer Unternehmerverband) dazu veranlasst, mit Nachdruck auf eine rasche Einigung bei der Runde zu drängen.
Die drei führenden japanischen Tageszeitungen forderten übereinstimmend die Regierung von Japan auf, die festgefahrene Doha-Runde nicht scheitern zu lassen und allerletzte Anstrengungen zu ihrer Rettung zu unternehmen. Die Asahi Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 3. Juli: "Japan, das einen großen Teil seines jetzigen Wohlstands dem freien Handel verdankt, hat ein klares Interesse daran, mehr zur Rettung der gefährdeten Runde zu unternehmen. Es darf nicht zum Scheitern der Doha-Runde beitragen, nur weil es sich auf die Zölle bei den Agrarimporten versteift hat." Die Mainichi Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 4. Juli: "Für eine gesunde Entwicklung der Weltwirtschaft ist es wesentlich, das System der WTO zu stärken. Insbesondere für Japan gestalten sich bilaterale Gespräche über die Liberalisierung des Handels z.B. mit China und Südkorea oft schwierig, weil darin auch politische Fragen vermischt werden. Es wäre daher weise, die multilateralen Regelungen im Rahmen der WTO zu verbessern. Auch wenn nur noch wenig Zeit bleibt, sollte Japan alles in seiner Macht stehende für eine Übereinkunft im Rahmen der Doha-Runde unternehmen und sie nicht scheitern zu lassen." Die Yomiuri Shimbun gab in ihrem Leitartikel vom 2. Juli der Sorge Ausdruck, dass, falls die Doha-Runde scheiterte, "sich die Ausbreitung des Freihandels in Zukunft verlangsamen könnte und die Gefahr eines zunehmenden Protektionismus bestünde." Die Zeitung forderte von Japan Anstrengungen, "die Runde wieder mit Leben zu erfüllen, weil ihr Zusammenbruch für Japan, das sein Wirtschaftswachstum auch dank des multilateralen Handelssystems unter Führung der WTO erreicht hat, erhebliche negative Auswirkungen hätte."
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