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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


15. 07. 2006

 

 

Japanische Kommentare zum G8-Gipfel in St. Petersburg

 

Die japanischen Medien zeigten großes Interesse am 32. Gipfeltreffen der G8 (G8-Gipfel), der vom 15. bis 17. Juli in der früheren Hauptstadt Russlands, in St. Petersburg stattfand. Russland, das erstmals den Vorsitz beim Gipfel innehatte, hat eine Agenda vorbereitet, die Themen wie globale Energiesicherheit, Infektionskrankheiten sowie internationale Zusammenarbeit im Bildungsbereich umfasst. Allerdings dürften das iranische Nuklearprogramm und die Raketenstarts Nordkoreas im Mittelpunkt der Diskussion stehen, und gerade an diesen Themen sind die japanischen Medien besonders interessiert. Der Erfolg oder Misserfolg des Gipfels hängt vor allem davon ab, ob der Gastgeber, der russische Präsident Wladimir Putin, sich mit diesen Themen befassen wird.

Koizumis letztes Gipfeltreffen: Solidarität in Bezug auf die Nordkorea-Politik angestrebt

Dieser Gipfel wird für Ministerpräsident Junichiro Koizumi der sechste G8-Gipfel sein. Er wird damit an mehr Gipfeltreffen teilgenommen haben, als jeder andere japanische Ministerpräsident vor ihm, einschließlich Yasuhiro Nakasone. Laut Angaben der Yomiuri Shimbun vom 13. Juli hofft Koizumi auf die Solidarität der G8-Staaten in Bezug auf die Nordkorea-Politik dieser Länder.

Die Yomiuri berichtete, dass Koizumi mit Präsident Putin in St. Petersburg am Abend des 15. Juli (spätabends japanischer Zeit) zusammentreffen werde, um darauf zu drängen, dass der Gipfel eine entschlossene Haltung gegenüber den nordkoreanischen Raketenstarts und weiteren Fragen einnimmt. Die Frage der nordkoreanischen Raketen dürfte auch bei der Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der G8 am 16. Juli zur Sprache kommen. Koizumis Strategie besteht darin, zusammen mit seinem Verbündeten und Freund, US-Präsident George W. Bush, der ebenfalls in hohem Maße an der Raketenfrage interessiert ist, die Debatte bei diesem Thema anzuführen.

Die Mainichi Shimbun berichtete in ihrer Ausgabe vom 14. Juli über die Haltung der Regierung von Japan gegenüber den nordkoreanischen Raketenstarts und schrieb, dass die Regierung "eine Erklärung des Gipfels anstrebt, in der Nordkorea wegen der Raketenstarts verurteilt wird. Zu diesem Zweck wird sie während des Gipfeltreffens daraufhin wirken, die G8-Mitgliedsstaaten zu einer harten Haltung gegenüber Nordkorea zu bewegen. Auch das Kernwaffenprogramm Nordkoreas sowie die Entführungen japanischer Staatsbürger dürften zur Sprache kommen. Ziel ist es, in der Abschlusserklärung, die vom Vorsitzenden am letzten Tag des Gipfels herausgegeben wird, die Forderung an Nordkorea einzufügen, sein Kernwaffenprogramm aufzugeben sowie ohne Vorbedingungen zu den Sechs-Parteiengesprächen zurückzukehren."

In Bezug auf die Haltung der japanischen Regierung zum iranischen Nuklearprogramm schrieb die Yomiuri in ihrer Ausgabe von 13. Juli, dass Japan sich wahrscheinlich an die Vereinigten Staaten anlehnen und für eine Resolution des Sicherheitsrates eintreten werde, in der Iran verurteilt wird, wenn das Land das umfassende Angebot der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschlands nicht annehmen sollte, das diese Anfang Juni vorgelegt haben. Gleichzeitig wies die Yomiuri jedoch darauf hin, dass die Regierung von Japan sich dabei wahrscheinlich zurückhalten werde, da "Iran Japans drittwichtigster Erdöllieferant ist und Japan großes Interesse an der Erschließung des Azadegan-Ölfelds hat."

Kommentare der Tageszeitungen: Fokus auf Präsident Putins Geschick als Vorsitzender des Gipfeltreffens

In ihrem Leitartikel vom 12. Juli unter der Überschrift "G8-Gipfel von St. Petersburg ist wichtiger Test für Putin" meinte die Asahi Shimbun: "Der G8-Gipfel der führenden Industrienationen und Russlands, der am Samstag im russischen St. Petersburg beginnt, hat in diesem Jahr eine besonders schwierige Agenda. Zusätzlich zu den Herausforderungen aufgrund der steigenden Ölpreise und des iranischen Nuklearprogramms müssen sich die Staats- und Regierungschefs auch der nordkoreanischen Raketenstarts vom 5. Juli sowie der Krise in der letzten Runde der WTO-Verhandlungen annehmen." Die Zeitung merkte an, dass dies der erste Gipfel sei, der in Russland stattfindet, und fuhr fort: "Diese Zusammenkunft symbolisiert die Erholung des Landes vom Zusammenbruch der Sowjetunion und sein Wiedererstarken als einer der Hauptakteure auf internationaler Bühne."

Der Leitartikel der Asahi merkte an, dass der Gipfel "eine perfekte Gelegenheit bietet, die großen Probleme anzugehen, denen sich die Welt heute gegenübersieht." In Bezug auf das Thema Energie meinte die Asahi: "Es ist sehr wichtig, dass die Gipfelteilnehmer ihre Zusammenarbeit bestätigen und sich zur Stabilisierung der globalen Energieversorgung verpflichten." Mit Blick auf die nordkoreanischen Raketen führte die Asahi aus: "Die große Bedeutung der G8 könnte noch ausgebaut werden, wenn die Gipfelteilnehmer in der Lage sind, einen offenen Meinungsaustausch zu führen und sich auf Maßnahmen zu einigen, um Pjöngjang von seinem rücksichtslosen Vorgehen abzubringen." Die Asahi schrieb zudem: "Wenn sich Russlands Präsident Putin für die Zusammenarbeit und gegen Machtspielchen entscheiden sollte, könnte es den G8 gelingen, eine einheitliche Linie zu finden."

Die Asahi benannte allerdings auch einige Defizite und schrieb: "Auch wenn sich der Gipfel von St. Petersburg mit globalen Herausforderungen erheblichen Ausmaßes befassen muss, scheinen einige der Teilnehmer auf diese Aufgabe nicht richtig vorbereitet zu sein... Sollte es den Teilnehmern aber gelingen, eine substantielle Vereinbarung im Bereich Energie zu erzielen, die Russland mit Vorrang anstrebt, dann könnte dieser Erfolg sich vielleicht auch auf den weiteren Verlauf des Gipfels auswirken." Die Asahi betonte: "Das Treffen von St. Petersburg darf nicht von Konfrontation und Teilung geprägt werden."

Die Nihon Keizai Shimbun überschrieb ihren Leitartikel vom 14. Juli mit "Solidarität auf dem Gipfel angesichts der Bedrohungen durch Nuklearprogramme und Raketen" und kommentierte: "Der Gipfel ist ein wichtiger Test für die Solidarität unter den Führern Japans, der Vereinigten Staaten, der europäischen Staaten und Russlands." Die Nikkei fuhr fort: "Der Gipfel spielt eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Bedrohungen für die weltweite Stabilität (wie etwa das iranische Nuklearprogramm und die nordkoreanischen Raketenstarts)." Die Zeitung meinte weiter: "Die G8-Führer müssen mit einer Stimme sprechen und eine entschlossene Haltung gegenüber Nordkorea und Iran einnehmen."

An die Adresse Russlands gerichtet, das erstmals als Gastgeber des Gipfels fungiert, meinte die Nikkei: "Die steigenden Ölpreise haben die Bedeutung Russlands und seinen Einfluss als Ölförderland unvermittelt deutlich gemacht. Russlands Stimme hat wieder Gewicht, und es muss seinen Einfluss in fairer Weise einsetzen, um so schwierige Fragen wie die Nuklearprogramme und die Raketenstarts, aber auch die Energieproblematik von hoher Warte aus zu behandeln, ohne dabei ausschließlich seine eigenen nationalen Interessen zu verfolgen, sondern vielmehr die Interessen der ganzen Welt." Die Nikkei schrieb weiter: "Der Gipfel ist ein wichtiger Test für die wahren Führungsfähigkeiten von Präsident Putin."

In Bezug auf das iranische Nuklearprogramm und die nordkoreanischen Raketenstarts brachte die Nikkei ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass "die Führer der G8 den Debatten über Iran und Nordkorea Vorrang einräumen sowie Strategien ausarbeiten werden, um diese Länder davon abzuhalten, außer Kontrolle zu geraten [...] Als Vorsitzender des Gipfels sollte Präsident Putin die Initiative ergreifen und eine zentrale Rolle für die Sicherung der Solidarität der G8-Mitgliedsstaaten und somit für den Erfolg des Gipfeltreffens spielen." Die Zeitung schloss: "Dieser Gipfel findet inmitten einer gefährlichen Situation statt. Es darf keine Zeit mit politischen Manövern verloren werden [...] Die Chance auf eine einige und abgestimmte Haltung gegen die Bedrohungen (denen sich die Welt gegenübersieht) darf nicht vertan werden."

Die Sankei Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 15. Juli unter der Überschrift "Russland muss bei der Sicherstellung der Solidarität in Bezug auf Nordkorea Verantwortung zeigen": "Als Vorsitzender des Gipfels ist es Präsident Putins Ziel, die Welt von Russlands Wiedererstarken als einer der führenden Energielieferanten zu überzeugen, der sowohl Erdöl als auch Erdgas fördert und exportiert. Aus diesem Grund hat Russland das Thema globale Energiesicherheit ganz oben auf die Agenda des Gipfels gesetzt, allerdings ist dieses Ziel recht vage." Die Sankei forderte Russland jedoch auf "nicht zu sehr auf seine eigenen nationalen Interessen zu schauen, sondern sich für die Stärkung der Solidarität der G8-Staaten einzusetzen, um die großen Herausforderungen zu lösen, mit denen sich die internationale Gemeinschaft konfrontiert sieht." Die Sankei meinte weiter: "Russland sollte Führungsstärke zeigen und die G8 zur Verabschiedung einer Erklärung hinführen, die u.a. beinhaltet, dass das rücksichtlose Vorgehen Nordkoreas und Irans nicht toleriert wird."

Allerdings wies die Sankei auch darauf hin, dass "Russland einerseits zu den G8 zählt, andererseits aber immer wieder durch Worte und Taten gezeigt hat, dass es sich in hohem Maße auch den Mitgliedern der Shanghai Cooperation Organization (SCO) verbunden fühlt. China und die vier zentralasiatischen Staaten tendieren jedoch dazu, sich gegen Amerika zu stellen. Diese zwiespältige Haltung Russlands steht im Gegensatz zu den Werten von Freiheit und Demokratie der G8." Die Sankei ging noch weiter und brachte ihre Sorge zum Ausdruck: "Sollte es Putin nicht gelingen, die anderen sieben Staaten zur Abstimmung ihrer Anstrengungen für die Lösung der drängendsten internationalen Probleme zu führen und es stattdessen vorziehen, sich mit China zusammenzutun, das bei diesem Gipfel durch seinen Präsidenten Hu Jintao als Beobachter vertreten ist, wäre dies ein Warnsignal für den Gipfel, so wie er derzeit mit Russland als regulärem Mitglied organisiert ist sowie für seinen Fortbestand." Die Sankei forderte Koizumi, für den dies der letzte G8-Gipfel ist, dazu auf "sicherzustellen, dass die Frage der Entführungen und der Nördlichen Territorien unmittelbar behandelt werden."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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