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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
18. 07. 2006
Gipfeltreffen beendet: "Tiefe Besorgnis" aufgrund nordkoreanischer Raketentests
Das 32. Gipfeltreffen der führenden Politiker der Welt
(G-8-Treffen), begann am 15. Juli in der alten russischen Hauptstadt Sankt
Petersburg und wurde am Nachmittag des 17. Juli (nach japanischer Zeit in der
Nacht desselben Tages) mit der Abschlusserklärung des russischen Präsidenten
Wladimir Putin, der dieses Jahr als Gastgeber fungierte, beendet.
Die Abschlusserklärung brachte "tiefe Besorgnis" hinsichtlich der Raketentests
durch Nordkorea zum Ausdruck und forderte Nordkorea auf, seine Raketentests zu
stoppen, sein Atomprogramm aufzugeben, schnell und bedingungslos zu den
Sechs-Parteiengesprächen zurückzukehren und sich für eine rasche Lösung der
Entführungsfrage einzusetzen. Auf einer Pressekonferenz am Ende des
Gipfeltreffens rief Ministerpräsident Junichiro Koizumi Nordkorea auf, "die
Resolution des VN-Sicherheitsrats und die Erklärung des Gipfeltreffens ernst zu
nehmen und so bald als möglich an den Tisch der Sechs-Parteiengespräche
zurückzukehren."
Abschlusserklärung erwähnt Nordkoreas Raketentests, das Atomprogramm und die
Entführungsfrage
In der Abschlusserklärung wurde die Unterstützung der Resolution des
VN-Sicherheitsrats vom 15. Juli zum Ausdruck gebracht, die Nordkoreas
(Demokratische Volksrepublik Korea) Raketenstarts vom 5. Juli verurteilt und das
Land auffordert, "seine bereits erfolgte Zustimmung zu einem Moratorium der
Raketentests zu erneuern". Die Erklärung unterstrich zudem: "Die Raketenstarts
vertiefen unsere Besorgnis hinsichtlich des Atomwaffenprogramms der
Demokratischen Volksrepublik Korea und wir fordern deshalb eine Abkehr der
Volksrepublik von allen Atomwaffen und seinem bereits existierenden
Atomprogramm." "Wir unterstützen die die Sechs-Parteiengespräche und fordern die
Volksrepublik auf, umgehend und ohne Bedingungen an den Verhandlungstisch
zurückzukehren und konstruktiv an der Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung vom
September 2005 mitzuwirken." "Wir fordern die Demokratischen Volksrepublik Korea
zudem auf, auf die weiteren humanitären und sicherheitsbezogenen Bedenken der
internationalen Gemeinschaft, einschließlich der Frage der Entführungen,
einzugehen."
Dies ist das erste Mal, dass alle drei mit Nordkorea verbundenen Problemkreise -
Raketen, Atomwaffen und Entführungen - gemeinsam in der Abschlusserklärung zum
Ende des Gipfeltreffens Erwähnung fanden. In ihrer Ausgabe vom 18. Juli schrieb
die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei), die Erklärung "fordert eine 'rasche Lösung'
der Entführungsfrage - noch nie wurde so direkt auf dieses Problem Bezug
genommen. Die Abschlusserklärung verdoppelt zudem durch den Verweis auf die
Resolution des VN-Sicherheitsrats zu Nordkoreas Raketen- und
Atomwaffenproblematik den Druck auf Nordkorea."
Hinsichtlich des Vorrückens der israelischen Armee in den Libanon und die
Intensivierung der Auseinandersetzung mit palästinensischen militanten
Extremisten stellte die Abschlusserklärung fest, dass "den politischen und
diplomatischen Bemühungen zu einer Einigung - mit einer zentralen Rolle der VN -
Vorrang eingeräumt werden muss." In einer gesonderten Erklärung zum Nahen Osten,
forderten die Vertreter der G-8 die Extremisten auf, ihre Angriffe einzustellen
und Israel, "äußerste Zurückhaltung zu üben." An den Iran, der weiter an seinem
Atomprogramm festhält, appellierten die Teilnehmer des Gipfels, umgehend dem
Vorschlag der ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrats und Deutschlands zu
einer langfristigen umfassenden Vereinbarung zuzustimmen.
Was die Wirtschaft betrifft, so beschäftigte sich der Gipfel mit den
Schwierigkeiten, denen sich das Ministertreffen der Welthandelsorganisation (Doha-Runde)
gegenübersieht und rief alle Beteiligten auf, im Sinne des Abschlusses einer
Vereinbarung zum Ende des Jahres 2006 zu kooperieren. Unter Verweis darauf, dass
"das starke globale Wachstum weiter anhält", brachten die Teilnehmer des
Gipfeltreffens ihre Besorgnis über die "hohen und unbeständigen Energiepreise"
zum Ausdruck. Man einigte sich über einen Aktionsplan für eine bessere globale
Energieversorgung durch die Förderung von Maßnahmen zur Erhaltung und
Diversifizierung der Energien. In seiner Pressekonferenz am Ende des
Gipfeltreffens hob Präsident Putin die Bedeutung dieser Vereinbarung hervor und
betonte, dass die Sicherung stabiler Energieressourcen den Schlüssel für die
Zukunft der Zivilisation bilde.
In Artikeln auf der Titelseite fasste die Mainichi Shimbun am 18. Juli die
Ergebnisse des Gipfels zusammen und schrieb: "Die G-8-Staaten zeigten Einigkeit
bei der Verabschiedung einer Erklärung zu dem Problem mit Nordkorea und
verurteilten die Raketentests, die Japan so beunruhigt haben. Ein weiteres
dringendes Thema, das zur Sprache kam, war die Verschärfung der Gewalt zwischen
Israel und militanten Extremisten im Libanon. Allerdings gingen die Meinungen
der Teilnehmerstaaten diesbezüglich auseinander und es gestaltete sich
schwierig, eine Einigung zur Bewertung der Lage zu erzielen. Die Erklärung
lieferte somit keine klare Aussage. Die Mainichi schloss daraus: "Dieses
Gipfeltreffen stellte die G-8 hinsichtlich ihrer Reaktion auf zahlreiche
komplizierte Fragen, mit denen sich die internationale Gemeinschaft konfrontiert
sieht, auf die Probe."
Ministerpräsident Koizumi: "Eine klare Botschaft an Nordkorea"
Nach Abschluss des Treffens hielt Ministerpräsident Koizumi am 17. Juli eine
Pressekonferenz ab. Er hob hervor, dass die Erklärung des Gipfels zu Nordkorea
der einstimmigen Annahme der Resolution des VN-Sicherheitsrats folgte, die
Nordkoreas Raketentests verurteilte, und machte seine Zufriedenheit darüber
deutlich, dass "Nordkorea eine klare Botschaft gesandt wurde". Koizumi forderte
"Nordkorea (auf), diese Botschaft ernst zu nehmen und so schnell als möglich zu
den Verhandlungen der Sechs-Parteiengespräche zurückzukehren."
Ministerpräsident Koizumi nahm zu aktuellen Diskussionen in der Regierung und
der Regierungspartei Stellung, Japan solle in der Lage sein, im Bedarfsfalle
feindliche Militärbasen anzugreifen und sagte: "Japan braucht eine Art
Verteidigungsmechanismus, der andere von dummen Ideen abhalten sollte - aber wir
haben keinerlei Absicht, Präventivschläge zu ergreifen." Abschließend sagte er,
dass er einen schnellstmöglichen Beginn der vorgeschlagenen
Vier-Parteiengespräche für den Frieden im Nahen Osten befürworte.
Für Premierminister Koizumis war dies sein letztes Gipfeltreffen, bevor er im
September sein Amt als Oberhaupt der japanischen Regierung niederlegt. Am 18.
Juli lobte die Yomiuri Shimbun Koizumi für die geleistete Arbeit, die dazu
führte, dass die mit Nordkorea verbundenen Probleme um Raketen, Atomprogramm und
Entführungen in die Abschlusserklärung Eingang fanden. Gleichzeitig warf die
Yomiuri Koizumi vor, mit seinem Vorschlag für Vier-Parteiengespräche im Nahen
Osten gescheitert zu sein und bescheinigte ihm "zwiespältige Ergebnisse". Am 18.
Juli lobte die Nikkei Koizumi gleich lautend für sein Engagement in der
Diskussion um die ungeklärten Fragen bezüglich Nordkoreas und für die gemeinsame
Erklärung mit den Bedenken um die Raketen, das Atomprogramm und die Entführungen
und folgerte, dass er sein Ziel "einer klaren Botschaft der G-8" erreicht habe.
Kommentare der wichtigsten Zeitungen
Die wichtigsten japanischen Zeitungen kommentierten das Gipfeltreffen am 18.
Juli wie folgt.
Die Asahi Shimbun widmete sich den Fragen um Nordkorea und den Iran und schrieb:
"Wir begrüßen die Einigkeit, die die G-8 hinsichtlich dieser wichtigen Fragen
demonstrierten." Sie kommentierte weiter: "Das gemeinsames Handeln und die
Zusammenarbeit der internationalen Großmächte sind zur Bewältigung dieser
Herausforderungen unabdingbar. Der Gipfel von Sankt Petersburg hat erneut die
Wichtigkeit dieses Gremiums zur Formung eines Teamgeistes unter den wichtigsten
Staaten der Welt verdeutlicht." Die Asahi bemerkte, dass das Gipfeltreffen
erstmalig von Russland ausgerichtet wurde und Präsident Putin "bestrebt war,
sich als Führer einer Großmacht zu präsentieren, die sich ihrer internationalen
Verantwortung bewusst ist." Nichts desto trotz schrieb die Asahi weiter:
"Russlands Gastfreundschaft auf dem Gipfel konnte das internationale Misstrauen
gegenüber Moskau in Hinsicht auf die Energiesicherheit, einem Topthema auf der
Tagesordnung der G-8, nicht ausräumen." "Wenn Russland mehr ausländische
Investitionen in seinem Energiesektor anstrebt, muss es erst das Vertrauen
potentieller Investoren gewinnen. Das kann z.B. durch die Abschaffung von
Restriktionen für Investitionen und die Gewährleistung der Durchsetzung der
Regeln des Marktes erfolgen."
Die Yomiuri bewertete die Abschlusserklärung zu Nordkorea als "eine gemeinsame
Verurteilung Nordkoreas durch die Führer der acht wichtigsten Großmächte, die
die große Verantwortung für die Erhaltung des Friedens und der Stabilität der
internationalen Gemeinschaft tragen" und hob hervor, dass "Nordkorea die
aktuelle Warnung durch die internationale Gemeinschaft ernst nehmen sollte." Die
Yomiuri bezog sich auf den nachdrücklichen Kommentar des chinesischen
Präsidenten Hu Jintao, der als Gast an dem Gipfel teilnahm, dass "der Weg zur
Lösung der Probleme mit Nordkorea die bald mögliche Wiederaufnahme der
Sechs-Parteiengespräche sei" und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass "China
seinen Einfluss, einschließlich seiner wirtschaftlichen Macht, auf Nordkorea
nutzt, um das Land zurück an den Verhandlungstisch der Sechs-Parteiengespräche
zu bewegen, denen China vorsitzt, und seine Raketentests einzustellen." Die
Yomiuri hob hervor, dass "es wichtig ist, den internationalen Druck auf
Nordkorea" auf internationalen Foren, wie dem für Ende des Monats geplanten
Außenministertreffen der zehn Mitglieder der Vereinigung der Südostasiatischen
Nationen plus Japan, China, Südkorea, und dem Treffen des Regionalen Forums der
ASEAN, an denen der Außenminister Nordkoreas teilnehmen wird, "zu verstärken".
Japan, so die Yomiuri, muss seine diplomatischen Bemühungen zur Sicherung der
internationalen Zusammenarbeit fortsetzen.
Die Sankei Shimbun kommentierte das Gipfeltreffen und schrieb: "Das Treffen
zeigte erfolgreich, dass sich die G-8-Staaten in Bezug auf die wichtigsten
Fragen einig sind, auch wenn sie in vielerlei Hinsicht nicht völlig
übereinstimmen." Die Sankei betonte, dass "wenngleich die Gemeinsame Erklärung
nicht bindend ist, der gemeinsamen Botschaft der G-8-Staaten eine große
Bedeutung zukommt" und "die Tatsache, dass die G-8 gemeinsam eine bedeutsame
Botschaft (in Bezug auf die Raketentests Nordkoreas) sandten, für Nordkorea von
großer Wichtigkeit ist." Die Sankei betonte zudem mit großer Zufriedenheit, dass
"Ministerpräsident Koizumis Beharren darauf, dass sich die internationale
Gemeinschaft bei der Suche nach Lösungen für die Entführungsfrage einig sein
muss, erneut in der Abschlusserklärung widerspiegelte."
Der Leitartikel der Nikkei kommentierte: "Das Gipfeltreffen zeigte eine
geschlossene Front in seiner Kritik gegenüber Nordkorea, ging jedoch nicht über
eine Bekräftigung der Resolution des VN-Sicherheitsrates hinaus. Präsident Putin
konnte die G-8 gerade so unter einen Hut bringen. Es ist jedoch nicht zu
verhehlen, dass es Zweifel gibt, ob die Abschlusserklärung in ihrem begrenzten
Rahmen effektiv ist, um Nordkorea abschrecken zu können." Hinsichtlich der
Erklärung des Gipfels zur Energiesicherheit stellte die Nikkei fest, dass "sich
die Teilnehmer des Gipfels einig waren, dass es 'wachsende Abhängigkeiten
zwischen produzierenden, konsumierenden und Transit gewährenden Ländern' gibt.
Die Forderung, dass die Überwindung der Wirtschaftskrise aufgrund steigender
Ölpreise wachsende Investitionen und die Vermeidung von Engpässen in jedem
Bereich, einschließlich der Förderung, Verarbeitung und Verteilung erfordert,
ist völlig richtig." Was jetzt Not tut, so die Nikkei, "ist, herauszufinden, wie
man diese Ideen umsetzt".
Die Mainichi griff sich auch das Thema der globalen Energiesicherheit heraus und
kommentierte Japans Haltung dazu. Als ein Spitzenreiter bei energiesparenden
Technologien, so schrieb die Mainichi, sollte Japan in der Lage sein, zur Lösung
der Energiefrage beizutragen. "Japan befindet sich in einer wichtigen Position,
auch in Hinblick auf die Kernenergie", stellte die Mainichi fest. "Nicht nur,
dass Japan über technologisches Fachwissen verfügt, es steht auch in
vollkommener Übereinstimmung mit den Voraussetzungen, die in der gesonderten
Erklärung des Gipfels zur globalen Energiesicherheit festgelegt wurden, für ein
'stabiles System zur Gewährleistung der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen
und einen zuverlässigen Schutz und Sicherheitssysteme für nukleare Materialien
und Anlagen'." Die Mainichi schrieb weiter, "Fragen der globalen Umwelt müssen
langfristig behandelt werden und erfordern gebührende Sorgfalt." Sie schloss,
"Anstrengungen zur Entwicklung energiesparender Technologien und alternativer
Energiequellen sind genauso gefordert, wie die Erhöhung der Sicherheit in
Kernkraftwerken. Solche Bestrebungen werden dazu beitragen, Japan in eine starke
Verhandlungsposition zu bringen, wenn es um Diplomatie im Zusammenhang mit
Energie- und Umweltfragen geht."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)