HomePresse & PublikationenJapan Brief

presse & Publikationen


Presse & Publikationen

Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


09. 08. 2006

 

 

Jahrestage der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Nur wenige Tage, bevor der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Japans endete, wurden am 6. August und am 9. August 1945 Atombomben auf Hiroshima sowie Nagasaki abgeworfen. Es war der erste Einsatz von Kernwaffen in der Geschichte der Menschheit, mit dem die beiden wunderschönen Städte im Nu in eine Szenerie der Hölle verwandelt wurden. Bis Ende 1945 waren in Hiroshima 140.000 und in Nagasaki 70.000 Menschen gestorben. Aufgrund der Tragödien von Hiroshima und Nagasaki ist Japan das einzige Land auf der Welt, das einen Angriff mit Kernwaffen erfahren hat. 61 Jahre später, am 6. und 9. August dieses Jahres, fanden in Hiroshima und Nagasaki zum Zeitpunkt der damaligen Bombenabwürfe Zeremonien zum Gedenken an die Opfer und für den Appell zur Abschaffung aller Kernwaffen statt.

Auch Japans fünf landesweite Tageszeitungen behandelten den 61. Jahrestag der Atombombenabwürfe in ihren Leitartikeln. Dabei stellten sie die Frage, was die Tragödie dieser beiden Städte für die heutige Welt bedeutet und diskutierten aus unterschiedlichen Blickwinkeln Maßnahmen zum Schutz der Welt vor Kernwaffen.

Schwinden der Erinnerungen an Hiroshima und Nagasaki verhindern

Der Besitz von Kernwaffen begann mit den beiden Supermächten, den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, in der Ära des Kalten Krieges. Jedoch sind heute eine ganze Reihe von Staaten im Besitz dieser gefährlichen Massenvernichtungswaffen. Inmitten dieser gefährlichen Entwicklung hat Japan sowohl politisch als auch moralisch eine einzigartige Rolle gespielt mit dem Ziel, die Verbreitung von Kernwaffen zu verhindern. Es muss nicht extra betont werden, dass Japans Erklärungen wegen seiner Geschichte als einziges Land, das den Einsatz von Kernwaffen am eigenen Leib erfahren hat, besonderes Gewicht haben.

Das Durchschnittsalter der überlebenden Opfer von Hiroshima und Nagasaki liegt heute bei 73,9 Jahren, so dass sich die Frage, wie ihre Erfahrungen an die künftigen Generationen weiter gegeben werden sollen, zu einem ernsten Problem entwickelt hat. Laut einem Bericht in der Asahi Shimbun (6. August) sind von den 44 Präfekturvereinigungen, die dem Japanischen Verband der A- und H-Bombenopferorganisationen (Hidankyo) angehören, einer landesweiten Organisation der Überlebenden, etwa ein Drittel "besorgt über die Möglichkeit der Auflösung der Organisation in naher Zukunft."

Die Leitartikel der landesweiten Tageszeitungen brachten ihre Sorge über die schwindenden Erinnerungen an Hiroshima und Nagasaki zum Ausdruck. Die Mainichi Shimbun (6. August) meinte in ihrem Leitartikel: "Seit dem Abwurf der Atombomben sind 61 Jahre vergangen. Die Überlebenden werden immer älter, und die Zeit, die ihnen bleibt, um über ihre Erlebnisse zu berichten, wird mit jeder Minute kürzer. Der Bildungsausschuss der Stadt Hiroshima hat die Grund- und Mittelschulen dazu aufgerufen, von diesem Jahr an den 6. August stets als einen ‚Tag der Friedenserziehung' zu begehen. Es ist von großer Bedeutung, dass die Generation, die der Träger der Zukunft ist, etwas über die Erlebnisse der Opfer erfährt und über die Absurdität des Krieges spricht."

Die Asahi (6. August) veröffentlichte einen langen Leitartikel, der doppelt so lang war wie üblich. Etwa ein Drittel dieses Artikels war der Vorstellung des tragischen Lebens von Menschen gewidmet, die sowohl die Atombomben auf Hiroshima als auch auf Nagasaki erleiden mussten. Die Geschichte dieser "doppelten Atombombenopfer" war im letzten Jahr bekannt geworden, als eine Frau ihre Erinnerungen der Hiroshima National Peace Memorial Hall für die Atombombenopfer zur Verfügung stellte. Der Leitartikel der Asahi schrieb in einem ungewohnten Stil: "Nachdem sie die Unterlagen der Frau erhalten hatten, gingen die Mitarbeiter der Peace Memorial Hall in ihr Archiv und durchsuchten die Erinnerungen und Angaben von 130.000 Atombombenopfern. Dabei entdeckten sie, das wahrscheinlich 160 Menschen durch beide Bomben geschädigt wurden."

Verhinderung der nuklearen Verbreitung und die atomare Bedrohung durch Nordkorea

Die Friedensbotschaften, welche die Oberbürgermeister von Hiroshima bei der Gedenkzeremonie alljährlich vortragen, nahmen erstmals 1956 Bezug auf das "Verbot von Atom- und Wasserstoffbomben". Weit entfernt von der Verwirklichung der Abschaffung der Kernwaffen hat die nukleare Abrüstung jedoch keine Fortschritte gemacht, vielmehr nimmt die Tendenz zur weiteren Verbreitung von Kernwaffen heute zu. Wie in jedem Jahr betonten die landesweiten Tageszeitungen auch in diesem Jahr erneut die Notwendigkeit für Japan, bei der Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen eine führende Rolle zu spielen.

Der Leitartikel der Yomiuri Shimbun (6. August) meinte: "Die Gedenktage für die Atombombenabwürfe finden etwa einen Monat nach dem Start von sieben Raketen durch Nordkorea statt, die ungeachtet der Warnungen der internationalen Gemeinschaft dazu verwendet werden könnten, nukleare Sprengköpfe zu tragen. Die Vertreter von Hiroshima und Nagasaki haben nun eine ausgezeichnete Gelegenheit, eine Botschaft zu verbreiten, die den Zorn der Atombombenopfer über das dreiste Vorgehen Nordkoreas deutlich macht. Allerdings wird der Oberbürgermeister von Hiroshima, Tadayoshi Akiba, darauf in seiner Friedensbotschaft am Sonntag nicht eingehen ... Sollte Akiba in seiner Botschaft die derzeitige internationale Situation nicht erwähnen, würde er die größte Bedrohung Japans durch einen nuklearen Angriff ignorieren."

Bezüglich der von Nordkorea mit der Serie von Raketenstarts verfolgten Taktik der Stärke schrieb die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei, 6. August) in ähnlicher Weise: "Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat eine Resolution verabschiedet, in der Nordkorea scharf verurteilt wird. Jedoch hat sich die provokative Haltung Pjöngjangs nicht geändert. Das nordkoreanische Atomprogramm stellt für Japan eine ernste Bedrohung dar. Japan sollte daher von jetzt an die Initiative bei den Diskussionen im Sicherheitsrat und in anderen Foren ergreifen und Nordkorea mit Nachdruck dazu bewegen, sein Atomprogramm einzustellen." Mit Blick auf Iran meinte die Nikkei: "Iran unterhält insgeheim seit fast achtzehn Jahren Aktivitäten im nuklearen Bereich. Als dies ans Tageslicht kam, nahm es die Urananreicherung in aller Offenheit wieder auf. Iran besteht darauf, dass seine Aktivitäten friedlicher Natur sind. Allerdings hat seine Beteiligung an Transaktionen auf dem nuklearen Schwarzmarkt im Umkreis des pakistanischen Atomforschers Abdul Qadeer Khan gezeigt, dass man seinen Erklärungen nicht nicht trauen kann."

Debatte über Verantwortung für die Atombombenabwürfe

In diesem Jahr kehrten einige Zeitungen noch einmal zum Ausgangspunkt der Tragödien von Hiroshima und Nagasaki zurück und versuchten sich in einer historischen Analyse darüber, ob der Einsatz der Atombomben wirklich notwendig war. Den Hintergrund dieser Debatte bildet die Auffassung des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 1996, dass "das Drohen mit oder der Einsatz von Kernwaffen im Allgemeinen den Bestimmungen des Völkerrechts entgegensteht."

Insbesondere der oben angeführte Leitartikel der Yomiuri Shimbun richtete den Blick auf die Frage nach der Verantwortung für die Atombomben und versuchte sich in einer vielschichtigen Untersuchung dieses Themas. Die Zeitung schrieb: "Im Juli kam es in Hiroshima zu einem fiktiven internationalen Gerichtsverfahren, das vorwiegend von Atombombenopfern und Anwälten organisiert wurde. Dabei wurden fünfzehn US-Bürger einschließlich des früheren US-Präsidenten Harry Truman, der die letzte Entscheidung für den Einsatz der Atombomben traf, wegen ihrer Verwicklung in dem Prozess, der letztendlich zu den Atombombenabwürfen führte, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit für schuldig befunden. In den Vereinigten Staaten ist man allgemein der Auffassung, dass die Atombomben dabei halfen, den Krieg rasch zu beenden und so dazu beitrugen, die Zahl der Opfer zu verringern, die bei weiteren Kämpfen zu erwarten gewesen wären. Auch wenn in dieser Frage eine breite Kluft zwischen Japan und den Vereinigten Staaten besteht, ist es erforderlich, dies weiter zu diskutieren." Die Zeitung wies darauf hin, dass ein Teil der Verantwortung auch auf japanischer Seite lag und fuhr fort: "Bei diesem fiktiven Gerichtsverfahren herrschte wahrscheinlich eine antiamerikanische Stimmung vor, wie sie typisch für viele Anti-Atombewegungen ist. Jedoch wurde dort auch ruhig und rational diskutiert. Manche Teilnehmer waren der Ansicht, dass die Atombombenabwürfe hätten vermieden werden können, wenn der Krieg früher geendet hätte. Chancen für ein früheres Schweigen der Waffen gab es viele, z.B. als Deutschland kapitulierte, als die Kämpfe um Okinawa endeten oder als die Potsdamer Erklärung veröffentlicht wurde, in der die Alliierten Japan die Bedingungen für eine Kapitulation präsentierten. Die Diskussion über die Verantwortung für die Zerstörungen durch die Atombomben muss auch das Handeln der damaligen Führer Japans im Blick haben sowie ihr Zögern, den Krieg zu beenden."

Zufällig hatte die Yomiuri seit September letzten Jahres eine lange Artikelserie gestartet, die sich mit der Verantwortung der japanischen Führung für den Krieg befasste. Die Serie, die aus mehreren Dutzend langen Beiträgen bestand, hatte als ein ungewöhnlich großes Projekt einer japanischen Tageszeitung zur Untersuchung der Frage nach der Verantwortung der Führung Japans für den Krieg viel Aufmerksamkeit erregt.

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

zum Überblick über JAPAN BRIEF

Top

Sitemap | kontakt | impressum
(c) Botschaft von Japan in Deutschland, Hiroshimastr. 6, 10785 Berlin, Tel: 030/21094-0, Fax: 030/21094-222