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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
11. 08. 2006
Ministerpräsident Koizumi besucht Mongolei
Am 10. August reiste Ministerpräsident Junichiro Koizumi für einen zweitägigen Besuch in die Mongolei, bei dem die Gespräche mit dem mongolischen Ministerpräsidenten Miyeegombyn Enkhbold in der Hauptstadt Ulan Bator im Mittelpunkt standen. Es war der erste Besuch eines amtierenden japanischen Ministerpräsidenten seit den Besuchen von Keizo Obuchi 1999 und Toshihiko Kaifu 1991. Koizumi selbst reiste erstmals seit 1997 wieder in dieses Land, das er damals in seiner Eigenschaft als Minister für Gesundheit und Soziales (heute Minister für Gesundheit, Arbeit und Soziales) besucht hatte.
Seit der demokratischen Wende in der Mongolei von 1990 hat Japan als wichtigstes Geberland der Mongolei die Initiative bei der aktiven Unterstützung des Landes inne. Dies beinhaltet u.a. Zusammenkünfte der Geberländer der Mongolei in Tokyo sowie die Durchführung weiterer Maßnahmen in diesem Bereich. In diesem Jahr begeht die Mongolei den 800. Jahrestag ihrer Gründung durch Dschingis Khan; eine große Zahl von japanischen Parlamentsabgeordneten ist daher bereits in die Mongolei gereist, um dem Land zu gratulieren. In den letzten Jahren haben zudem Ringer, die aus der Mongolei stammen, im japanischen Sumo-Ringkampf großes Aufsehen erregt, darunter der yokozuna (Großmeister) Asashoryu und andere Starringer. Aufgrund dessen ist das Interesse in Japan an der Mongolei heute so groß wie nie zuvor. Vor seinem Abflug erklärte Ministerpräsident Koizumi gegenüber Medienvertretern, dass "die Mongolei diplomatische Beziehungen zu Nordkorea unterhält und dass mir weniger an kurzfristigen Interessen liegt, als vielmehr an der Hoffnung, mittel- und langfristig freundschaftliche Bande zwischen Japan und der Mongolei zu entwickeln." (Abendausgabe der Yomiuri Shimbun vom 10. August). Wie diese Bemerkung erkennen lässt, sind ein Punkt, dem Japan in Bezug auf die Mongolei große Aufmerksamkeit widmet, die reichen Bodenschätze, über die das Land verfügt. Damit gilt die Mongolei zusammen mit anderen Ländern Zentralasiens, die Koizumi Ende dieses Monats besuchen wird, als ein "Teil der ‚Ressourcen-Außenpolitik'" (Mainichi Shimbun, 10. August).
Auf der anderen Seite unterschied sich der jetzige Besuch der Mongolei deutlich von früheren Besuchen, die stets nach japanisch-chinesischen Gipfeltreffen stattfanden. Diesmal reiste Ministerpräsident Koizumi ohne Zwischenstopp in Beijing direkt nach Ulan Bator. Die Asahi Shimbun (10. August) meinte daher mit Blick auf diesen Umstand, dass die "'Außenpolitik der Umleitungen' in dem Stillstand der japanisch-chinesischen Beziehungen unter der Regierung Koizumi beruht." Zudem besteht die Auffassung, wie die Asahi am 11. August berichtete, das "ein weiteres Ziel des Ausbaus der Beziehungen zur Mongolei der Versuch ist, China einzudämmen, das sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf militärischem Gebiet zunehmend in Erscheinung tritt."
Ziele Japans und der Mongolei
Über den Besuch Koizumis schrieb die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei, Abendausgabe vom 10. August), dass die Regierung von Japan nicht nur an Bodenschätzen interessiert sei: "Angesichts der Tatsache, dass die Mongolei diplomatische Beziehungen zu Nordkorea unterhält, dürfte sie u.a. um Zusammenarbeit bei der Lösung des Problems des nordkoreanischen Atomprogramms, der Frage der Raketen sowie der Entführungen japanischer Staatsbürger gebeten werden." Zudem ist vorgesehen, die Mongolei um Unterstützung für Japans Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu bitten.
Die mongolische Seite ist in gleicher Weise "bestrebt, ihre Beziehungen zu Japan und den Vereinigten Staaten zu verbessern" (Asahi, 10. August). Tatsächlich machte sie ihre freundliche Haltung gegenüber Japan deutlich, indem sie die Begrüßungszeremonie für Koizumi auf dem größten Platz des Landes im Herzen der Hauptstadt durchführte, sowie durch weitere Gesten dieser Art. Die Yomiuri (11. August) schrieb, dass dem Außenministerium von Japan zufolge diese Behandlung einem "Staatsbesuch auf höchster Ebene" gleichkomme. Auf diese Weise machte die Mongolei auch ihren Wunsch deutlich, weitere wirtschaftliche Unterstützung von Japan zu erhalten.
Die japanischen Tageszeitungen berichteten am 11. August aus Ulan Bator über die Resultate des Gipfeltreffens. Die Yomiuri schrieb, dass Ministerpräsident Koizumi während der Zusammenkunft ausgeführt habe, dass "die Mongolei als Beobachter an der Shanghai Cooperation Organization teilnimmt, zu der China, Russland und vier zentralasiatische Staaten gehören." Die Asahi berichtete, dass beide Ministerpräsidenten "eine Übereinkunft erzielten, den politischen Dialog und den Informationsaustausch über die Region Asien auf Arbeitsebene auszubauen." Beide Seiten bestätigten zudem die Unterstützung der Mongolei für Japans Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat sowie ihr Zusammenwirken bei der Behandlung der Probleme mit Nordkorea. Ministerpräsident Enkhbold machte seine Unterstützung von Investitionen japanischer Unternehmen im Land deutlich. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz nach den Gesprächen betonten beide Seiten zudem übereinstimmend die große Bedeutung des politischen Dialogs.
Leitartikel berichten über Gestaltung strategischer Bande und Zuneigung
Am 11. August kommentierten alle führenden Tageszeitungen den Mongoleibesuch von Ministerpräsident Koizumi in ihren Leitartikeln. Die allgemeine Sichtweise, die dabei zum Ausdruck kam, beinhaltete auch die Tatsache, dass Japan seit 1991 das wichtigste Geberland der Mongolei ist sowie dass das Land für Japan auch vom geostrategischen Standpunkt her wichtig ist. Eine Umfrage der Botschaft von Japan in der Mongolei aus dem Jahr 2004 ergab zudem, dass Japan auf dem ersten Platz der Länder liegt, zu denen die Mongolen freundschaftliche Beziehungen unterhalten möchten. Zudem wurde auch der positive Beitrag genannt, den die Ringer aus der Mongolei inzwischen im japanischen Sumo leisten.
Vor dem Besuch von Koizumi hatte die Asahi am 9. August unter der Überschrift "Geburtstag der Mongolei - Japan gratuliert und bietet seine Freundschaft an" einen Leitartikel veröffentlicht. Während der Beitrag darauf verwies, dass Japan der wichtigste Geber der Mongolei sei, fuhr er fort: "Die Kluft zwischen Arm und Reich in dem Land wird immer größer, und die Hauptstadt Ulan Bator ist von Slums umgeben. Unter Abgeordneten, Beamten und Unternehmern grassiert die Korruption, die zunehmend für Ärger sorgt. Es bleibt die Frage, wie die Menschen ihrer Armut entkommen können, solange sich an dieser Situation nichts ändert. Japan muss sich effiziente Schritte überlegen, um die mongolische Regierung dazu zu drängen, den Menschen im Land dabei zu helfen wieder auf eigenen Füßen zu stehen." Der Leitartikel schloss: "Als enge Freunde hoffen wir zusammen mit den Menschen in der Mongolei herauszufinden, wie wir gemeinsam ein friedliches und wohlhabendes Asien gestalten können."
Am 10. August schrieb die Nikkei in ihrem Leitartikel unter der Überschrift "Die Bedeutung des Besuchs für die projapanische Mongolei": "Die Mongolei hat eine wichtige geopolitische Position inne, indem sie an China und Russland grenzt. Für Japan stellt der Ausbau der Beziehungen zur Mongolei ein wichtiges Mittel dar, um seiner Außenpolitik in der Region Nordostasien größeres Gewicht zu verleihen." Der Grundton des Leitartikels war von Zuversicht geprägt, und er führte aus, dass Koizumis Besuch anlässlich des 800. Geburtstags der Gründung des Mongolischen Reiches durch Dschingis Khan sowie zu einem Zeitpunkt, zu dem die Mongolei weltweit um Hilfe für die Überwindung der Folgen des Sozialismus bittet, eine ausgezeichnete Gelegenheit darstelle, um Japans Wunsch nach einem größeren Gewicht der bilateralen Beziehungen zu diesem Land zum Ausdruck zu bringen.
Im Gegensatz dazu überschrieb die Yomiuri ihren Leitartikel vom 11. August mit "Bande zwischen Japan und Mongolei strategisch wichtig" und analysierte das Land aus diplomatischer Warte. Die Zeitung meinte: "Die Mongolei hat in jüngster Zeit internationales Aufsehen erregt, nicht nur wegen ihrer Bodenschätze, sondern auch als Bühne, auf der China und Russland auf der einen Seite und die Vereinigten Staaten auf der anderen Seite ihr machtpolitisches Spiel aufführen. Aus diesem Grund dürfte sich Ministerpräsident Koizumi für den Besuch dieses Landes entschieden haben, kurz bevor er aus dem Amt ausscheidet." Sie fuhr fort: "Eingeklemmt zwischen den beiden Großmächten China und Russland und angesichts des zunehmend größer werdenden wirtschaftlichen Einflusses Chinas bemüht sich die Mongolei um bessere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, um so ihre Abhängigkeit von China und Russland zu verringern." Die Yomiuri meinte weiter: "Japan ist ein weiteres Land, mit dem die Mongolei die bilateralen Beziehungen ausbauen möchte." Der Leitartikel führte zudem aus, dass seit der Einführung der Marktwirtschaft in der Mongolei 1990 Japan das wichtigste Geberland sei und dass daher die Präsidenten sowie Ministerpräsidenten des Landes Japan in den vergangenen sechzehn Jahren insgesamt achtmal besucht hätten. Weiter hieß es: "Für Japan sind engere Beziehungen zur Mongolei von strategischer Bedeutung, wenn wir uns in Übereinstimmung mit den Vereinigten Staaten und mit Blick auf die Energiepolitik der Shanghai Cooperation Organization für die regionale Entwicklung einsetzen." Der Leitartikel erwähnte zudem den derzeitigen Sumo-Boom in der Mongolei, die traditionellen japanischen Bilderbücher, die Ministerpräsident Koizumi den Menschen des Landes als Geschenk mitbrachte sowie weitere Bereiche außerhalb der regulären Beziehungen. Die Zeitung schloss: "Wenn die Zuneigung zwischen den Menschen in unseren beiden Ländern auch auf der Ebene der einfachen Menschen weiter zunimmt, dann werden dadurch die bilateralen Beziehungen zwischen Japan und der Mongolei noch enger."
Unter der Überschrift "Strategische Außenpolitik weiter ausbauen" kommentierte der Leitartikel der Sankei Shimbun vom 11. August den geplanten Besuch Koizumis in den zentralasiatischen Staaten Kasachstan und Usbekistan Ende dieses Monats: "Diese Region, die an China und Russland grenzt, ist nicht nur wegen der Bodenschätze wichtig, sondern auch weil sie im geopolitischen Kontext eine wichtige Position bildet. Für Japan ist diese Region sehr geeignet, eine strategische Außenpolitik zu entwickeln. Auch die Vereinigten Staaten zeigen großes Interesse; und vor dem Hintergrund des japanisch-amerikanischen Bündnisses wünschen wir uns ein mutiges und sorgfältig geplantes Vorgehen der japanischen Außenpolitik, mit der die strategische Landkarte Eurasiens neu gestaltet werden kann." Im Juni lud Japan die Außenminister der zentralasiatischen Staaten zu Diskussionen nach Tokyo ein und machte damit seine außenpolitische Vorgehensweise deutlich, sowohl Dialog als auch staatliche Entwicklungshilfe (ODA) zu nutzen, um Zentralasien in einen so genannten "Korridor des Friedens und der Stabilität" zu verwandeln. Allerdings wies der Leitartikel der Sankei darauf hin, dass, "auch wenn dies mit Blick auf Öl, Erdgas und andere Ressourcen in der Region geschieht, nicht verneint werden kann, dass Japan es nicht geschafft hat, seine Präsenz angesichts der diplomatischen Offensiven und umfangreichen Investitionen Chinas und Russlands entsprechend auszuweiten." Der Leitartikel wertete die Versuche Koizumis, die Beziehungen Japans zur Mongolei auszubauen als "verspätet" und riet: "Japan muss in seine Außenpolitik eine größere Spannweite und eine strategische Ausrichtung hineinbringen und die Zahl der Staaten, die mit Japan sympathisieren, erhöhen, um auf diese Weise die nationalen Interessen noch besser zu fördern."
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