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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


16. 08. 2006

 

 

Ministerpräsident Koizumi besucht Yasukuni-Schrein am 15. August

Am 15. August besuchte Ministerpräsident Koizumi zum sechsten und letzten Mal in seiner Amtszeit den Yasukuni-Schrein. Japans Medien brachten diesen Besuch als wichtigste Nachricht des Tages, und alle Tageszeitungen berichteten darüber auf den Titelseiten ihrer Abendausgaben. Darüber hinaus wurde der Diskussion dieses Besuchs viel Platz auf den Seiten für Politik, Internationales und Lokales gewidmet, auf denen ausführlich über die Einzelheiten des Besuchs des Ministerpräsidenten im Schrein und die möglichen Auswirkungen inner- und außerhalb Japans berichtet wurde. Die Morgenausgaben des 16. August brachten eine Vielzahl von Beiträgen zu diesem Besuch. Die Asahi Shimbun widmete ihm sieben ihrer insgesamt 32 Seiten und die Mainichi Shimbun sieben von 26 Seiten.

Der Grund, warum dem Besuch von Ministerpräsident Koizumi im Yasukuni-Schrein so große Bedeutung beigemessen wird, ist, dass das so genannte "Yasukuni-Problem" viele verschiedene wichtige Aspekte umfasst: (1) Japans Beziehungen zu seinen asiatischen Nachbarn, (2) die Verantwortung der damaligen japanischen Führung für den Krieg, (3) die angemessene Art und Weise des Gedenkens der Gefallenen des Krieges sowie (4) der Charakter eines Regierungschefs. Angesichts der großen Bedeutung des "Yasukuni-Problems" diskutierten die Leitartikel der großen landesweiten Tageszeitungen am 16. August über die angemessene Haltung Japans, die sich u.a. in den Fragen gründet, wie Japan seine Geschichte betrachten sollte und wie es vertrauensvolle und freundschaftliche Beziehungen zu seinen Nachbarn gestalten kann. 

China und Südkorea protestieren gegen Besuch des Ministerpräsidenten im Yasukuni-Schrein

Den wichtigsten Aspekt des "Yasukuni-Problems" bildet die Einschreinung der Seelen der damaligen Führer Japans im Yasukuni-Schrein, die als Kriegsverbrecher der Kategorie A vom Internationalen Militärtribunal für den Fernen Osten (allgemein als "Tokyoter Prozess" bekannt) verurteilt wurden. China und Südkorea werten die Schreinbesuche von Ministerpräsident Koizumi als öffentliche Ehrung dieser Kriegsverbrecher der Kategorie A. Ministerpräsident Koizumi erwiderte darauf: "Ich besuche den Schrein nicht, um bestimmten Personen Respekt zu erweisen, sondern aller Menschen zu gedenken, die im Krieg ihr Leben verloren haben." Da die Positionen beider Seiten unvereinbar gegenüberstehen, besteht die ungewöhnliche Situation, dass zwischen Japan und China sowie Südkorea derzeit keine Gipfeltreffen stattfinden.

In ihrem Leitartikel vom 16. August wies die Yomiuri Shimbun darauf hin: "Die Kriegsverbrecher der Kategorie A wurden im Herbst 1978 im Yasukuni-Schrein eingeschreint. Dies wurde im Frühjahr 1979 bekannt. Der damalige Ministerpräsident Masayoshi Ohira und sein unmittelbarer Nachfolger, Zenko Suzuki, setzten ihre Besuche des Schreins, wie schon ihre Vorgänger, fort. Allerdings wurden diese Besuche nie weiter thematisiert. Ohira und Suzuki besuchten als Ministerpräsidenten China und wurden dort herzlich empfangen. Auch führende Persönlichkeiten aus China kamen damals mehrmals nach Japan. China begann mit seinen Protesten gegen die Besuche von Ministerpräsidenten im Schrein, als [der damalige Ministerpräsident Yasuhiro] Nakasone den Yasukuni-Schrein am 15. August 1985 offiziell als Ministerpräsident besuchte. Dies belegt, dass Chinas Kritik an den Besuchen der Ministerpräsidenten widersprüchlich ist. Seit 1985 hat China zwischen beiden Staaten bestehende historische Fragen des Öfteren als diplomatische Trumpfkarten benutzt."

Die Yomiuri fuhr fort, Ministerpräsident Koizumi für seine unzureichenden Anstrengungen zur Erklärung seines Handelns zu kritisieren. Sie schrieb: "Allerdings hat der Ministerpräsident es versäumt zu erläutern, wie die Beziehungen zwischen Japan und China im Rahmen der japanischen Außenpolitik in Asien weiterentwickelt werden sollen. Koizumi sagt, die Besuche seien ihm eine ‚Herzensangelegenheit'. Aber diese Äußerung wird die Probleme nicht lösen."

Der Leitartikel der Asahi (16. August) meinte: "Südkorea begeht den 15. August als Jahrestag seiner Befreiung von Japans Kolonialherrschaft. Auch für China ist dieser Tag von historischer Bedeutung. Ministerpräsident Koizumi hat nun genau diesen Tag für seinen sechsten Besuch im Yasukuni-Schrein gewählt, in dem auch vierzehn Kriegsverbrecher der Kategorie A eingeschreint sind. Dadurch hat er die Forderungen dieser beiden Nachbarn Japans, die Besuche einzustellen, ignoriert. Sie sagen, dass diese Besuche ihre Gefühle tief verletzen." Die Asahi fuhr fort und brachte ihre Enttäuschung über die mangelnde Rücksichtnahme des Ministerpräsidenten auf die Gefühle der Menschen in Japans Nachbarländern zum Ausdruck: "Am 15. August 2005, dem sechzigsten Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, gab Ministerpräsident Koizumi eine Erklärung heraus, in der er ausführte: ‚Ich bringe erneut mein tiefes Bedauern und meine aufrichtige Entschuldigung für den großen Schaden und das große Leid zum Ausdruck, die Japan den Menschen in Asien während des Krieges zugefügt hat.' Sein Verhalten in Bezug auf den Yasukuni-Schrein steht im deutlichen Widerspruch zu dieser Erklärung. 

Frage nach der Verantwortung der Japaner für den Krieg

Bei den Besuchen von Ministerpräsident Koizumi im Yasukuni-Schrein ist das Problem der Einschreinung der Kriegsverbrecher der Kategorie A in diesem Schrein ein großer Kritikpunkt. Dies stellt die Menschen in Japan vor die Frage, wie das Land mit seiner Verantwortung für den Krieg umgehen soll.

Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) schrieb in ihrem Leitartikel: "Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat am 15. August im Yasukuni-Schrein gebetet. Da dieser Besuch unmittelbar vor dem Ende seiner Amtszeit geschah, dürften die Auswirkungen begrenzt sein. Nichtsdestoweniger ist es schwierig, sowohl in Japan als auch in anderen Ländern Verständnis für die Besuche des Ministerpräsidenten im Yasukuni-Schrein zu wecken, einem Ort, an dem der Führer Japans während des Krieges gedacht wird, die rücksichtslos einen Krieg begannen, der Japan an den Rand des Zusammenbruchs führte." Die Nikkei fuhr fort: "Wir haben bereits früher gesagt, dass es für einen Ministerpräsidenten, also eine Persönlichkeit,  die das ganze Land repräsentiert, nicht wünschenswert ist, den Yasukuni-Schrein zu besuchen, in dem die Kriegsverbrecher der Kategorie A eingeschreint sind. Die Gründe dafür sind (1) eine nicht geringe Zahl von Familien und Japanern, die im Krieg Angehörige verloren haben, sind keineswegs glücklich darüber, dass die Kriegsverbrecher der Kategorie A zusammen mit den anderen Kriegstoten dort eingeschreint sind, und (2) die Besuche des Ministerpräsidenten im Yasukuni-Schrein vermitteln den Eindruck, dass Japan sich seiner Verantwortung für den Krieg nicht stellen will; dies ist als Außenpolitik nicht ratsam."

In ihrem Leitartikel versuchte die Yomiuri die Tatsache anzuführen, dass es in Japan keine ernsthafte Debatte über die Verantwortung des Landes für den Krieg gegeben habe, was eine Ursache für das "Yasukuni-Problem" sei. Die Zeitung schrieb: "Während der letzten Sitzung des Parlaments räumte Koizumi ein, dass die Kriegsverbrecher der Kategorie A, die im Yasukuni-Schrein eingeschreint sind, Kriegsverbrecher waren. Dies hat keiner seiner Vorgänger zugegeben. Aber steht dies nicht im Widerspruch zu den Besuchen im Schrein, wo ‚Verbrecher' geehrt werden? Vor allem: Was waren die Verbrecher der Kategorie A? Der Ministerpräsident hat bislang niemals wirklich versucht, diese Fragen zu beantworten."

Der Leitartikel der Asahi meinte: "Während der von der Regierung durchgeführten Gedenkveranstaltung für die Opfer des Krieges am Dienstag im Nihon Budokan im Anschluss an den Besuch von Koizumi im Yasukuni-Schrein erklärte der Präsident des Unterhauses, Yohei Kono: ‚Die Verantwortung der damaligen Führung Japans, die den Krieg leitete, darf nicht im Unklaren belassen werden.' Es ist in der Tat wichtig für Japan, sich mit dieser Frage aus eigenen Stücken zu befassen, bevor es von außen dazu gedrängt wird."

Große Verantwortung für den künftigen Ministerpräsidenten

Der Leitartikel der Mainichi meinte: "Ministerpräsident Koizumi wird den Posten des Ministerpräsidenten schon bald einem Nachfolger freimachen. Die Frage der Besuche der Ministerpräsidenten im Yasukuni-Schrein zum Jahrestag des Kriegsendes ist zu einem Vermächtnis geworden, das an die nächste Regierung weitergereicht wird. Die Kandidaten für den Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei , der damit auch Ministerpräsident wird, können diesem Vermächtnis nicht entkommen. Sie müssen darauf in einer aufrichtiger Weise reagieren, die sowohl zu Hause in Japan als auch von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert werden kann."

Der Leitartikel der Yomiuri schlug vor: "Die Regierung sollte über eine neue Art und Weise des Gedenkens der Toten des Krieges nachdenken, einschließlich der Schaffung einer neuen staatlichen Gedenkstätte oder der Ausweitung des Nationalfriedhofs in Chidorigafuchi.

Vier der fünf führenden Tageszeitungen Japans kritisierten den Besuch von Ministerpräsident Koizumi im Yasukuni-Schrein. Allein die Sankei Shimbun brachte ihre Zustimmung zum Ausdruck. In diesem Sinne macht die Haltung der Sankei die gespaltene öffentliche Meinung in Japan in dieser Angelegenheit deutlich. Die Zeitung schrieb: "Ministerpräsident Koizumi erschien im Schrein im formellen Frack und trug sich in das Gästebuch als ‚Junichiro Koizumi, Ministerpräsident' ein. Er betrat dann die Innere Schreinhalle und betete dort. Dies war ein würdevoller und historischer Besuch im Namen des japanischen Volkes. Bei der Wahl zum Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei vor fünf Jahren hatte Koizumi erklärt: ‚Ich werde den Yasukuni-Schrein am 15. August besuchen, auch wenn dies heftig kritisiert wird.' Er hat die Wahl gewonnen und sein Versprechen gehalten." Die Sankei fuhr fort: "Als Antwort auf die Einmischung Chinas und Südkoreas in die inneren Angelegenheiten Japans hat der Besuch des Ministerpräsidenten im Yasukuni-Schrein am 15. August sowohl das Ehren der Seelen der Kriegstoten unseres Landes als auch seine eigene diplomatische Haltung deutlich gemacht. Von den über 2,46 Mio. Toten, deren Seelen im Yasukuni-Schrein verehrt werden, starben 2,13 Mio. im Zweiten Weltkrieg. Auch in diesem Sinne kommt den Besuchen im Schrein am Jahrestag des Endes dieses Krieges eine besondere Bedeutung zu."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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