HomePresse & PublikationenJapan Brief

presse & Publikationen


Presse & Publikationen

Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


17. 08. 2006

 

 

Russische Küstenwache beschießt japanisches Fischerboot

Am 16. August gab ein Patrouillenboot der russischen Küstenwache Warnschüsse auf das japanische Fischerboot Kisshin Maru Nr.1 ab, das in der Nähe der Insel Kaigarajima, nördlich von Nemuro, Hokkaido, unterwegs war. Dabei wurde ein japanischer Fischer getötet. Kaigarajima ist eine kleine Insel, die zur Habomai-Inselgruppe der Nördlichen Territorien gehört. Lediglich 3,7 Kilometer von Kap Nosappu auf der Halbinsel Nemuro entfernt, ist sie japanisches Territorium - die Meerenge wird jedoch von Russland, das die Insel faktisch kontrolliert, beansprucht.

In den letzten fünfzig Jahren gab es etwa vierzig Zwischenfälle, in denen japanische Fischer vor Hokkaido von russischen Patrouillenbooten unter Beschuss genommen wurden, wobei bislang 14 Menschen verletzt wurden. Seit 1956 ist nun erstmalig wieder ein Toter zu beklagen. Die japanische Regierung kritisierte die russische Seite, die ein unbewaffnetes Fischerboot beschoss und ein Besatzungsmitglied tötete, scharf und unterstrich, dass "dies auch aus humanitärer Sicht ein eindeutiger Fall von exzessiver Gewaltanwendung und damit zu verurteilen ist." In einem Leitartikel vom 17. August schrieb die Sankei Shimbun: "Dieses Jahr markiert das 50-jährige Jubiläum der Gemeinsamen Erklärung Japans und der Sowjetunion, mit der die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder aufgenommen wurden. Gerade in diesem Jahr hat Russland [mit diesem Zwischenfall] nun einen Schatten auf die japanisch-russischen Beziehungen geworfen."

1998 unterzeichneten die Regierungen Japans und Russlands eine Vereinbarung über die Fischereigründe, und seitdem werden besonders ausgewiesene Gebiete um die Nördlichen Territorien bewirtschaftet. Das diesmal beschlagnahmte Fischerboot war in Besitz einer Lizenz zum Fang von blauen Königskrabben (hansakigani). Allerdings befindet sich das Gebiet nahe Kaigarajima, wo es offenbar zu dem Zwischenfall kam, außerhalb der autorisierten Krabbenfangzone. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax, die sich auf Angaben der Ermittlungsbehörden der Provinz Sachalin berief, waren Warnschüsse abgegeben worden, nachdem das Fischerboot die Aufforderung zum Stoppen ignorierte und zu fliehen versuchte. Da ein Besatzungsmitglied bei dem Vorfall ums Leben kam, forderte die japanische Regierung die unverzügliche Übergabe des Leichnams des Opfers und die Freilassung der drei weiteren Besatzungsmitglieder, die auf der Insel Kunashiri inhaftiert und von den russischen Behörden wegen des Verdachts auf illegales Fischen befragt wurden. Außenminister Taro Aso bestellte den russischen Geschäftträger Michail Galusin am Abend des 16. August ins Außenministerium von Japan und erklärte ihm: "Dieser Vorfall, der sich in japanischen Gewässern ereignete, kann nicht toleriert werden. Dies ist eine ernste Situation, die einem Bürger Japans das Leben kostete."

Das russische Außenministerium veröffentlichte am selben Tag eine Erklärung zu den Schüssen und zum Aufbringen des japanischen Fischerbootes, in der es sein Bedauern zum Ausdruck brachte, jedoch gleichzeitig unterstrich, dass die japanische Regierung die Schuld an dem Vorfall trage. Dieser Erklärung zufolge habe die japanische Regierung trotz wiederholter Hinweise der russischen Seite auf die Verschärfung der Kontrollen gegen die zunehmende Wilderei in den Gewässern der Nördlichen Territorien durch japanische Fischerboote keinerlei konkrete Maßnahmen ergriffen.         

Medienkommentare: Übertriebene Sicherheit

Drei japanische Tageszeitungen, die Asahi Shimbun, die Mainichi Shimbun und die Sankei, befassten sich am 17. August in ihren Leitartikeln mit dem Vorfall. Und obgleich sie ihm keinen Leitartikel widmete, berichtete auch die Yomiuri Shimbun an prominenter Stelle auf ihrer Titelseite mit der Überschrift "Fischerboot beschossen: Regierung fordert Entschuldigung und Rückgabe - Russland beschuldigt Japan" über den Zwischenfall.

Unter der Überschrift "Tod in umstrittenen Gewässern" kommentierte die Asahi: "Das Schiff befand sich in einem Gebiet, das im Mittelpunkt des lang anhaltenden Streits zwischen beiden Ländern steht. Ein bilaterales Fischereiabkommen, unterzeichnet, um die Sicherheit der Fischer zu gewährleisten, ist in Kraft. Selbst wenn die russische Küstenwache in der Gegend unterwegs war, um illegale Fischer aufzugreifen, ist ihre Entscheidung, auf ein unbewaffnetes Boot zu feuern, was zum Tod eines Besatzungsmitglieds führte, völlig unakzeptabel. Das Außenministerium tat richtig daran, gegenüber der russischen Regierung seinen schärfsten Protest zum Ausdruck zu bringen." Sie fuhr beunruhigt fort: "In anderen Gebieten der umstrittenen Gewässer bewegen sich russische Trawler völlig frei und beschädigen oftmals japanische Fischereiausrüstungen. Zudem gibt es wachsende Besorgnis hinsichtlich des Überfischens der Vorkommen. Das Fischereiabkommen zum Schutz japanischer Fischer ist nutzlos, wenn die japanischen Aktivitäten durch überzogene Kontrolle und Patrouillen der russischen Seite massiv behindert werden."

Unter der Überschrift "War dies keine überzogene Kontrolle?" stellte die Mainichi fest, dass das japanische Fischerboot bei seiner Flucht Krabben und Tintenfisch über Bord warf und dass die Präfekturregierung von Hokkaido durch den russischen Grenzschutz über die Grenzverletzung durch ein japanisches Fischerboot informiert worden sei. Zudem sei ein Schreiben an die Fischereiunternehmen ergangen, in dem zur Vorsicht gemahnt wurde. "Im Moment [am frühen Morgen des 17. August] sind die Besatzungsmitglieder noch in Haft, so dass die Situation zum Zeitpunkt des Vorfalls noch unklar ist. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Fischerboot möglicherweise die Vorschriften Hokkaidos verletzt hat. Aber selbst wenn sich das Boot falsch verhalten hat, kann man den Beschuss eines unbewaffneten Fischerbootes und den Tod eines Menschen nicht hinnehmen." Darüber hinaus hob die Mainichi hervor: "Es darf keine Wiederholung einer solchen Tragödie in den Gewässern um die Nördlichen Territorien geben. Damit die Schaffung kooperativer Beziehungen zwischen Japan und Russland auf dem Gebiet des Fischereiwesens nicht erfolglos bleibt, muss sich Russland entsprechend mit Japan abstimmen und die notwendigen Schritte unternehmen, um eine Wiederholung dieses Vorfalls zu vermeiden."   

Unter der Überschrift "Barbarischer Akt erinnert an Sowjetunion" beschrieb die Sankei den Zwischenfall als "einen barbarischen Akt in Japans Hoheitsgebiet und Gewässern, der an die Zeiten der Sowjetunion erinnert." Sie fuhr kritisch fort: "Selbst wenn wir zahlreiche Zugeständnisse machen, wie in der Erklärung von Tokyo 1993 geschehen, wird die Frage der Zugehörigkeit der Nördlichen Territorien zwischen Japan und Russland noch immer verhandelt ... Tatsächlich kommen wir nicht umhin festzustellen, dass die Schüsse, die einem Menschen das Leben kosteten, weit über eine Warnung hinaus gingen." Die Sankei  fügte hinzu: "Im Moment beruft sich die Regierung Putin auf das einseitige und die Geschichte verfälschende Argument, dass die Souveränität über die vier Inseln allein Russland zustehe und dass dies durch internationales Recht verbrieft sei. Dem Vernehmen nach ist die Überwachung und Kontrolle der Gewässer um die vier Inseln durch Russland in den letzten Jahren gemäß dieser unnachgiebigen Haltung wie zu Zeiten der Sowjetunion verstärkt worden." Sie stellte weiter fest: "Es ist genau ein Monat seit dem G8-Gipfel von St. Petersburg vergangen, bei dem Präsident Putin als Gastgeber auftrat. Die aktuelle Tragödie ist ein Prüfstein dafür, inwieweit Russland als Teilnehmer des Gipfels angemessen mit internationalen Zwischenfällen umzugehen weiß."

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

zum Überblick über JAPAN BRIEF

Top

Sitemap | kontakt | impressum
(c) Botschaft von Japan in Deutschland, Hiroshimastr. 6, 10785 Berlin, Tel: 030/21094-0, Fax: 030/21094-222