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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
04. 10. 2006
Nordkorea kündigt Kernwaffentest an
Am 3. Oktober verkündete das Außenministerium Nordkoreas (Demokratische Volksrepublik Korea), dass die feindselige Haltung der Vereinigten Staaten einen Höhepunkt erreicht habe und sich Nordkorea deshalb gezwungen sehe, "in Zukunft unter sicheren Bedingungen einen Kernwaffentest durchzuführen." Die Möglichkeit eines Atomtests wurde zudem in einer Sondersendung des staatlichen Rundfunks Nordkoreas um 18.00 Uhr angekündigt. Dies ist die erste Ankündigung eines Atomtests, seit Nordkorea im Februar 2005 erklärt hatte, es sei im Besitz von Kernwaffen. Es gab keinen Hinweis darauf, wann und wo der Test stattfinden wird. In derselben Meldung erklärte Nordkorea, dass "es keine grundsätzliche Änderung in der Haltung der Volksrepublik gibt, die Halbinsel durch Dialog und Verhandlungen kernwaffenfrei zu machen."
Auf eine Anfrage äußerte Ministerpräsident Abe in der Morgensitzung des Oberhauses am 4. Oktober: "Das ist sehr bedauernswert. Ein Kernwaffentest wird nicht toleriert." Er forderte die Umsetzung der Resolution des VN-Sicherheitsrats (bezüglich Nordkoreas Raketentests im Juli) und kündigte an, sich für internationalen Druck einzusetzen, um Nordkorea von der Durchführung des Atomtests abzuhalten: "Wir werden gemeinsam mit den Vereinigten Staaten, China und Südkorea angemessen reagieren."
Am Tag der Ankündigung erklärte Japans Außenminister Taro Aso: "In der Vergangenheit wurde auf solche Ankündigungen zum Teil sofort und ohne Vorwarnung reagiert. Ich persönlich glaube, es wäre naiv, eine solche Möglichkeit zu leugnen. [...] Offen gesagt, bringt das nicht nur für Japan, sondern für ganz Nordostasien Konsequenzen mit sich. [...] Dies stellt eine Bedrohung des Friedens dar, die nicht zugelassen werden darf." Die Mitglieder des VN-Sicherheitsrates, der im Moment unter japanischem Vorsitz steht, traten im Zusammenhang mit der am 3. Oktober erfolgten Ankündigung Nordkoreas sofort zu einer Sondersitzung zusammen. Es wird erwartet, dass sich die Vereinigten Staaten und Japan für strikte Maßnahmen wie eine Verurteilung Nordkoreas durch den Sicherheitsrat einsetzen werden.
Kommentare der Leitartikel der japanischen Zeitungen
Die obige Nachricht beherrschte am 4. Oktober die Titelseiten und initiierte zahlreiche Kommentare in den Leitartikeln der führenden japanischen Tageszeitungen.
Die Yomiuri Shimbun überschrieb ihren Leitartikel "Pjöngjangs atomare Bedrohung erreicht neues Stadium" und warnte: "Wenn das Land seinen Test durchführt, wird Nordkorea damit seine Erklärung, über atomares Potential zu verfügen, belegen, und die Entwicklung von Kernwaffen wird in ein neues Stadium eintreten. Dies würde eine sehr ernste Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in der Region darstellen. Die internationale Gemeinschaft kann angesichts einer solchen Situation nicht untätig bleiben." Die Yomiuri schrieb, sie gehe davon aus, dass Nordkorea "vor allem darauf abziele, die USA von einer Intensivierung ihrer Sanktionen gegen Pjöngjang abzubringen - darunter die Sperrung von Bankkonten mit Verbindungen zu Nordkorea - und die Vereinigten Staaten zu einem direkten Dialog mit Nordkorea zu zwingen." Sie fuhr fort: "Gemäß der Erklärung des nordkoreanischen Außenministeriums wird Pjöngjang zwar einen Nukleartest durchführen, es wird aber keine Atomwaffen zuerst einsetzen oder über seine Grenzen hinaus verbreiten. Das Ministerium unterstrich zudem in seiner Erklärung, dass es Anstrengungen zur Schaffung einer kernwaffenfreien koreanischen Halbinsel unternehmen will - ein Anliegen, das auch in der Gemeinsamen Erklärung der Sechs-Parteiengespräche über Pjöngjangs Atomprogramm formuliert wurde. Sollte Nordkorea seinen Atomtest dennoch durchführen, wird die internationale Gemeinschaft die Erklärung des nordkoreanischen Außenministeriums als hinfällig ansehen." Die Yomiuri schloss mit der Feststellung: "Abe beabsichtigt am Sonntag [den 8. Oktober] Beijing zu besuchen, um Gespräche mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao zu führen und dann am Montag [den 10. Oktober] nach Seoul weiter zu reisen, um den südkoreanischen Präsidenten Roh Moo-hyun zu treffen. Pjöngjangs Ankündigung zur Durchführung eines Kernwaffentests wird selbstverständlich einer der wichtigen Tagesordnungspunkte sein, die auf diesen Gipfeltreffen besprochen werden. Die Gipfeltreffen stellen eine gute Gelegenheit für Japan dar, die bilateralen Beziehungen zu beiden Ländern - mit denen es in letzter Zeit keine Gipfelgespräche führen konnte - wiederzubeleben. Abe unterstrich in seiner Regierungserklärung, dass er in der Außenpolitik einen klaren Kurs steuern werde. Nun, da er vor der Nagelprobe seiner Außenpolitik steht, hoffen wir, dass Abe alles in seinen Kräften Stehende unternimmt, um Nordkorea mit effektiven und konkreten Maßnahmen von seinem Vorhaben zur Durchführung eines Nukleartests abzubringen."
Unter der Überschrift "Nordkoreas Plan für einen Atomtest: Bei einem derart unklugen Vorgehen wird keiner gewinnen" schrieb die Asahi Shimbun: "Wie üblich sind die von Pjöngjang aufgeführten Gründe für die Entscheidung Atomwaffen zu testen bestenfalls willkürlich. Pjöngjang hat die im Juli verabschiedete Resolution des VN-Sicherheitsrats, welche die Raketentests verurteilte, entschlossen zurückgewiesen. Das autoritäre Regime erklärte, dass die Resolution 'de facto eine Kriegserklärung' darstelle. Pjöngjang führte nun ins Feld, dass die u.a. von Washington verhängten finanziellen Sanktionen einen 'Plan zur Isolierung und Erpressung [Nordkoreas]' darstellten und der vorgesehene Nukleartest ein Akt der Selbstverteidigung sei. Wir glauben, dass Pjöngjang jetzt seinen 'Trumpf' ausspielt, um verzweifelt zu versuchen, sich dem internationalen Druck zu widersetzten, der durch die sogar von China und Russland mitgetragene Resolution des VN-Sicherheitsrates ausgelöst wurde." Die Asahi stellte weiterhin fest, dass "für den Fall, dass Nordkorea tatsächlich einen Atomtest durchführt, sich der internationale Ring um Nordkorea nur fester schließen wird. Wir fordern Nordkorea entschlossen auf, von solch unbedachten Aktionen abzusehen." Sie fuhr fort: "Wir fürchten, dass Pjöngjang die internationale Situation falsch deutet. [...] Doch die Staatengemeinschaft ist sich in ihrer Haltung gegenüber der nordkoreanischen Atomfrage einig." Die Asahi schloss mit der Forderung nach einer besonnenen Reaktion und schrieb: "Dies gilt insbesondere für Washington und Beijing, doch auch Tokyo sollte Besonnenheit und Klugheit demonstrieren."
Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) überschrieb ihren Leitartikel mit "Pjöngjangs atomare Drohgebärde führt nur zu weiterer Isolation." Die Nikkei stellte fest, dass "Nordkorea oft einen derart harten Kurs einschlägt, wenn es sich bedroht fühlt und in einen Dialog eintreten will. Nordkorea geht mit dieser gefährlichen Aktion zunächst aufs Ganze, um dann im Gegenzug für das formelle Zugeständnis zu Verhandlungen mit der Gegenseite den Plan wieder zu verwerfen. Wenn auf diese Weise erneut ein Dialog zustande gekommen ist, ist Nordkorea im Vorteil und kann die Vereinigten Staaten zu Konzessionen zwingen." Sie warnte: "Es wäre nicht klug, auf Nordkoreas aktuelle Provokation überzureagieren. Allerdings wäre es noch unklüger, die Bedrohung durch Nordkorea zu unterschätzen. Die Gefahr einer weiteren Atommacht in Asien neben China würde die Sicherheitslage in der Region erheblich destabilisieren. Zudem würde dem internationalen System zur Nichtverbreitung von Kernwaffen auf der Grundlage des Nichtverbreitungsvertrags (NPT) großer Schaden zufügt. Dies wiederum würde die Interessen fast aller Mitglieder der internationalen Gemeinschaft und insbesondere die Interessen der traditionellen Atommächte wie die Vereinigten Staaten, Russland und China verletzen. Die Vereinigten Staaten wären nicht das einzige Land, das auf Nordkoreas Atomtest scharf reagieren würde. Auch China und Russland würden gezwungenermaßen ihre freundschaftliche Haltung gegenüber Nordkorea revidieren; sie haben bereits die VN-Resolution zur Verurteilung der nordkoreanischen Raketentests unterstützt. Und auch Südkorea befindet sich in einer ähnlichen Lage." Die Nikkei schloss: "Für Nordkorea gibt es nur eine einzige Möglichkeit sich selbst zu retten. Es muss seine abenteuerliche Atompolitik beenden, zu den Sechs-Parteiengesprächen zurückkehren und seine Absicht zur Einstellung seines Atomprogramms bekannt geben."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)