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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
16. 10. 2006
VN-Sicherheitsrat stimmt geschlossen für Sanktionen gegen Nordkorea
Am Nachmittag des 14. Oktober (am frühen Morgen des 15. Oktober in Japan) verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig die Resolution 1718, die gemeinsam von neun Staaten, darunter Japan, den Vereinigten Staaten und Südkorea, vorgelegt worden war. Die Resolution ist die Antwort auf die Erklärung Nordkoreas, einen Atomtest durchgeführt zu haben. Mit ihr werden Sanktionen in Übereinstimmung mit Kapitel VII der VN-Charta (das Maßnahmen der VN gegen den Bruch des Friedens aufführt) verhängt. Es ist die erste Resolution des Sicherheitsrates über Sanktionen gegen Nordkorea, seit das Land den VN 1991 beigetreten ist. Sie kommen nur sechs Tage nach der Erklärung Nordkoreas vom 9. Oktober, dass man einen Atomtest durchgeführt habe. Die Resolution wurde ungewöhnlich rasch und mit den Stimmen aller fünfzehn Mitglieder des Sicherheitsrates verabschiedet, einschließlich China und Russland.
Die wichtigsten Punkte der Resolution lauten wie folgt: (1) Ausdruck der großen Besorgnis über Nordkoreas Erklärung, es habe einen Atomtest durchgeführt, (2) Verhängung von Wirtschaftssanktionen auf der Grundlage von Kapitel VII der VN-Charta und in Übereinstimmung mit Artikel 41, (3) Verbot der Lieferung, des Verkaufs und des Transfers von Kampfpanzern und anderen konventionellen Waffen, von Atom- und ballistischen Raketen sowie sonstigen Massenvernichtungswaffen und damit in Verbindung stehenden Gütern sowie von Luxusgütern an Nordkorea, (4) Einfrieren ausländischer Bankguthaben von Einzelpersonen und Organisationen, die in Nordkoreas Nuklear- und Raketenprogramme verwickelt sind, (5) Übereinkunft über ein gemeinsames Vorgehen bei der Inspektion von Gütern, die Nordkorea verlassen bzw. nach dort eingeführt werden, (6) Einrichten eines Ausschusses, bestehend aus Vertretern aller Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates, zur Überprüfung der Umsetzung der Sanktionen sowie (7) Einfügen einer Bestimmung, dass weitere Sanktionen verhängt werden können, falls dies notwendig sein sollte. Die Resolution enthält zudem in ihrer Präambel eine Erklärung, die auf Drängen Japans eingefügt wurde und die Besorgnis in Bezug auf die Angelegenheit der Entführungen widerspiegelt. Darin wird Nordkorea aufgerufen, "auf die sicherheitspolitischen und humanitären Sorgen der internationalen Gemeinschaft einzugehen."
Ministerpräsident Shinzo Abe begrüßte die Verabschiedung der Resolution und erklärte am 15. Oktober gegenüber Medienvertretern, dass die Resolution "Kapitel VII der VN-Charta anruft und scharfe Maßnahmen verhängt. Sie sendet die deutliche Botschaft aus, dass die internationale Gemeinschaft den Besitz von Kernwaffen nicht erlauben wird."
Am selben Tag äußerte sich auch Außenminister Taro Aso zufrieden: "Es ist sehr erfreulich, dass eine derart strenge Resolution so rasch verabschiedet wurde. Nordkorea muss die große Besorgnis der internationalen Gemeinschaft ernst nehmen, die den Hintergrund dieser Resolution bildet, und konkrete Maßnahmen ergreifen, um dieses Problem zu lösen. Nun, da sie verabschiedet wurde, fordert Japan Nordkorea mit großem Nachdruck auf, diese Resolution aufrichtig umzusetzen. Japan für seinen Teil beabsichtigt, sich in Zusammenarbeit mit anderen Staaten mit ganzer Kraft für die rasche Umsetzung der Resolution einzusetzen."
Führende Tageszeitungen loben rasche Verabschiedung der Resolution
Die Leitartikel der führenden Tageszeitungen Japans vom 16. Oktober kommentierten die Resolution des VN-Sicherheitsrates über Nordkorea wie folgt.
Der Leitartikel der Mainichi Shimbun unter der Überschrift "Nordkorea muss die Warnung der Welt beachten" meinte: "Dies ist das erste Mal, dass die Vereinten Nationen Sanktionen gegen Nordkorea wegen seines Atomprogramms verhängt haben. Dieser Tatsache kommt großes Gewicht zu. Die Verabschiedung der Resolution geriet für kurze Zeit ins Stocken, als Meinungsverschiedenheiten über die Bestimmungen in Bezug auf die Inspektion der Güter auftraten, die Nordkorea verlassen bzw. nach dort gelangen. Letztendlich aber kam man überein, dass die Resolution die Weigerung der internationalen Gemeinschaft enthält, eine Verbreitung von Massenvernichtungswaffen einschließlich Atombomben und Raketen zu tolerieren." Die Mainichi fuhr fort: "Die nordkoreanische Führung sollte damit aufhören, auf eine Art und Weise zu handeln, mit der die Welt nur gegen das Land eingenommen wird. Sie sollte ihr Atomprogramm umgehend aufgeben und zu den Sechs-Parteiengesprächen zurückkehren." Sie meinte zudem: "Das Problem ist, dass die Frage des Atomprogramms nicht allein durch die Verhängung von Sanktionen gelöst werden kann. Zweck der Resolution ist es jedoch, Nordkorea zur Aufgabe seines gefährlichen Atomprogramms zu drängen, die koreanische Halbinsel atomwaffenfrei zu machen und so den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität Asiens und der ganzen Welt zu sichern." Die Mainichi beobachtete weiterhin: "Es bestehen gewisse Meinungsunterschiede zwischen Japan, den Vereinigten Staaten, China und Russland in Bezug auf bestimmte Maßnahmen. US-Außenministerin Condoleezza Rice wird ab dem 17. Oktober Japan, Südkorea und China besuchen. Auch Japan sollte eigenständig eine kooperative Außenpolitik verfolgen, damit alle Staaten an einem Strang ziehen. [...] Die Umsetzung der Sanktionen bleibt den einzelnen Ländern überlassen, allerdings sind Japan durch seine eigene Verfassung Grenzen gesetzt. Wir müssen herausfinden, was im Rahmen der bestehenden Gesetze möglich ist und was nicht. Dies sollte so schnell wie möglich geklärt werden."
Unter der Überschrift "Der Resolution des Sicherheitsrates muss konkretes Handeln folgen" wies die Yomiuri Shimbun auf Folgendes hin: "Nordkorea führte seinen Atomtest trotz der scharfen Warnung des Sicherheitsrates durch. Die internationale Gemeinschaft hat nun jedes Recht, in Form von Sanktionen Druck auf Nordkorea auszuüben." Sie meinte weiter: "Die Resolution schließt die Anwendung militärischer Gewalt zur Umsetzung der Sanktionen deutlich aus. Auch wurde der Ton gegenüber einem ersten Entwurf von Seiten der Vereinigten Staaten entschärft. Dies geschah aus Rücksichtnahme auf China und Russland, die das Regime in Nordkorea nicht weiter unter Druck setzen wollen." Die Yomiuri warnte zudem: "Die Sanktionen zielen darauf ab, den Transfer von Gütern, Geld und Personal zu verbieten, um ‚Nordkorea in die Ecke zu drängen'. Ob diese Strategie effizient ist, hängt jedoch von China, Südkorea und Russland ab, den drei Staaten, die an Nordkorea grenzen. [...] Sollten Nordkoreas Nachbarn die Sanktionen nicht so streng umsetzen, wie die Resolution es fordert, entstünden in dem Netz, das Nordkorea umgibt, große Löcher." Schließlich meinte die Yomiuri: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine internationale Koalition unter Führung der Vereinigten Staaten Schiffe, die Nordkorea anlaufen oder von dort auslaufen, zwangsweise inspiziert. Sollte sich unsere Regierung weigern, von ihrer Interpretation abzuweichen, dass die Verfassung Japan zwar das Recht auf kollektive Selbstverteidigung zubilligt, es jedoch nicht ausüben kann, wären uns die Hände gebunden, wenn wir eine bedeutsame Rolle bei solchen Inspektionen spielen müssen."
Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) überschrieb ihren Leitartikel mit "Keine Aussichten für das Land, das die Resolutionen des Sicherheitsrates ignoriert" und kritisierte Nordkorea nachdrücklich: "In einem Zeitraum von nur drei Monaten hat der VN-Sicherheitsrat einstimmig Resolutionen und Erklärungen verabschiedet, mit denen angemahnt, gewarnt und nun Sanktionen verhängt wurden. Nie zuvor in der Geschichte der VN hat ein Land so etwas kontinuierlich ignoriert." Die Nikkei fuhr fort: "Die jetzige Resolution nimmt keinen Bezug auf militärische Sanktionen, sondern konzentriert sich ausschließlich auf Wirtschaftssanktionen. Die internationale Gemeinschaft zeigt sich einigermaßen zurückhaltend in Bezug auf mögliche militärische Sanktionen. Allerdings gibt es auch Formulierungen, die den Weg zu weiteren Sanktionen offen lassen, sollte Nordkorea die Resolution ignorieren und einen zweiten Atomtest durchführen. Die internationale Gemeinschaft muss sich auf eine lange Periode der Spannung einstellen. Nordkorea fasst die Resolution als eine Kriegserklärung auf und hat deutlich gemacht, dass es sich dem physisch widersetzen will. Es wird allgemein angenommen, dass aufgrund des Zusammenwirkens mit China und Südkorea die Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen keineswegs gering sein werden. Allerdings verbieten die Sanktionen derzeit nicht den Transport von Nahrungsmitteln und Energieressourcen; und die bereits jetzt schwierige Wirtschaftslage in Nordkorea macht es schwer zu bestimmen, welchen Auswirkungen die Sanktionen auf das Land tatsächlich haben werden. Japan steht innerhalb der angespannten Situation, die durch die Verhängung der Sanktionen gegen Nordkorea ausgelöst wurde, in vorderster Linie. Derzeit wird diskutiert, was genau mit ‚Eventualitäten in angrenzenden Gebieten' gemeint ist, wie es in Japans Gesetzgebung heißt. Sollte dies als eine Krise in ‚angrenzenden Gebieten' aufgefasst werden, dürfte Japan eine führende Rolle bei der Umsetzung der Sanktionen spielen. Sollte jedoch entscheiden werden, dass die Krise nicht in den ‚angrenzenden Gebieten' besteht, wäre Japans Rolle eingeschränkt. [...] Es ist an der Zeit, dass Nordkorea die große Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft erkennt und die Entscheidung trifft, seine atomare Bewaffnung aufzugeben."
Der Leitartikel der Asahi Shimbun stand unter der Überschrift "Sanktionen gegen Nordkorea: Japan sollte in Bezug auf seine Rolle bei der Umsetzung vorsichtig sein." Die Asahi versicherte: "Sollte die Welt jemals eine Atommacht Nordkorea akzeptieren, würde dies nicht nur Ostasien destabilisieren, sonder auch das Risiko der nuklearen Verbreitung im Mittleren Osten, z.B. im Iran, vergrößern. Die einstimmige Annahme der Resolution spiegelt das große Gespür für die Krise wider, das allen Ländern gemeinsam ist." Die Asahi fuhr fort: "Nordkorea hat gesagt, wes werde jede derartige Resolution als Kriegserklärung auffassen. Es besteht zudem die Gefahr, dass Pjöngjang noch weiter geht und weitere Atomtests unternimmt. Die nordkoreanische Führung wird ohne Zweifel weiterhin auf die ‚nukleare Karte' setzen - einschließlich der Bedrohung durch die Entwicklung von Interkontinentalraketen - um auf jede mögliche Weise das Überleben ihres Regimes zu sichern."
"Der Umgang mit solch einem Land - zusammen mit einer Resolution, die Sanktionen verhängt - erfordert eine flexible außenpolitische Strategie, bei der sowohl Druck als auch Dialog zur Anwendung kommen. Daher muss ein Fenster für Verhandlungen offen bleiben." Die Asahi betonte schließlich: "Japan hat bereits eigene Sanktionen gegen Nordkorea verhängt, unter anderem ein Importverbot und das Sperren seiner Häfen für nordkoreanische Schiffe. Japan wird durch Nordkoreas Atomprogramm direkt bedroht, und Tokyo sollte unter allen Umständen eine führende Rolle bei der Umsetzung der VN-Resolution übernehmen. Sollte jedoch die Inspektion von Gütern umgesetzt werden, gibt es keinen Präzedenzfall dafür, was am Ort der Inspektion geschehen wird. Wir müssen sorgfältig prüfen, wie Japan auf der Grundlage seiner Gesetze bei der Umsetzung der Resolution mitwirken kann. Wir müssen eine Situation verhindern, in der die Durchsetzung der VN-Sanktionen zu einem Zwischenfall führt, der den Konflikt weiter eskalieren lässt."
Die Sankei Shimbun überschrieb ihren Leitartikel mit "Nicht nachlassen, bis alles gelöst ist." In Bezug auf die rasche Verabschiedung der Resolution durch den Sicherheitsrat meinte die Sankei: "Japan hat in diesem Monat den Vorsitz im Sicherheitsrat inne, und dies bedeutet eine neue Auszeichnung für Japans Außenpolitik innerhalb der VN." Gleichzeitig meinte die Sankei: "Es wäre ein Unterschied, wenn Nordkorea die Resolution des Sicherheitsrates befolgen und aufrichtige Anstrengungen für eine friedliche Lösung unternähme. Bislang jedoch zeigt es sich deutlich ablehnend. Daher darf die internationale Gemeinschaft jetzt bei ihrem Druck nicht nachlassen, bis die verschiedenen Probleme in Bezug auf Nordkorea - seine nuklearen Fähigkeiten, die Raketen und die Entführungen - eindeutig gelöst sind." Die Sankei schloss: "Zusätzlich zu den jetzt beschlossenen Maßnahmen brauchen wir eine langfristige Strategie, um die Nordkorea-Frage zu lösen. Eine solche langfristige Strategie kann jedoch nicht erstellt werden, ohne zu wissen, was China, Südkorea und Russland - vor allem aber China - in Bezug auf die koreanische Halbinsel vorhaben. Nordkorea hat wiederholt erklärt, dass es die Sanktionen als ‚Kriegserklärung' auffasse und dass es ‚physischen Widerstand' leisten werde. Es müssen daher sorgfältige Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)