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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
17. 11. 2006
Wechsel des Baseballspielers Matsuzaka zur US-Major League viel diskutiertes Thema
Die Frage des Wechsels eines der besten japanischen Baseball-Profis in die Vereinigten Staaten wird in der japanischen Öffentlichkeit mit großem Interesse diskutiert. Der betreffende Spieler ist der Werfer (Pitcher) Daisuke Matsuzaka, der seinerseits bereits Interesse bekundete, in den Vereinigten Staaten zu spielen. Am 15. November kündigte Matsuzakas Team Seibu Lions an, dass die Boston Red Sox das Recht zur Aufnahme von Verhandlungen erhalten hätten. Demzufolge seien die Red Sox bereit, Seibu Lions eine Transfersumme von 51,11 Mio. US-Dollar (ca. sechs Mrd. Yen) zu zahlen, um Matsuzaka zu bekommen. Gemessen an den Jahresgehältern der dreißig Baseball-Teams der amerikanischen Major League, die zu Beginn der diesjährigen Saison bekannt gegeben wurden, übersteigt diese Summe die Beträge von fünf Teams einschließlich der Florida Marlins, die mit 15 Mio. US-Dollar den geringsten Betrag nannten.
Mit anderen Worten: die Red Sox sind entschlossen, für den 26-jährigen japanischen Pitcher eine Summe zu bezahlen, die dem 3,4-fachen der Jahresgehälter sämtlicher Spieler der Florida Marlins entspricht. Dazu kommt, dass die 51,11 Mio. US-Dollar lediglich die Transfersumme darstellen, die den Seibu Lions gezahlt wird. Sie schließt noch nicht das Jahresgehalt von Matsuzaka ein, der - sollten die Verhandlungen erfolgreich sein - geschätzte 10 Mio. US-Dollar verdienen wird.
Das Angebot der Red Sox war weitaus großzügiger als erwartet, und das Wechsel-Drama Matsuzakas ist ein Beleg dafür, dass japanische Spieler in den Vereinigten Staaten, dem Mutterland und "Königreich" des Baseballs, inzwischen Spitzenpositionen einnehmen. Dies ist auch der Grund dafür, warum der Transfer Matsuzakas in Japan derart hohe Wellen schlägt. Von den drei größten japanischen Tageszeitungen, der Yomiuri Shimbun, der Asahi Shimbun und der Mainichi Shimbun, berichteten sowohl die Yomiuri als auch die Mainichi als Aufmacher auf den Titelseiten ihrer Abendausgaben vom 15. November über die Neuigkeit, und fast alle Zeitungen, Yomiuri und Mainichi eingeschlossen, befassten sich auf den Titel-, Sport- und innenpolitischen Seiten mit den näheren Einzelheiten. Auch das Fernsehen berichtete in den Nachrichtensendungen über den geplanten Transfer.
Posting-System als Transfermethode
Der erste japanische Star in der Major League war der Pitcher Hideo Nomo, der 1995 zu den Los Angeles Dodgers wechselte. Nomo wurde durch seinen Wechsel nach Übersee - dorthin, wo sich für junge baseballbegeisterte Japaner der Olymp des Baseballs befand - zu einem mutigen Vorreiter. Zu dieser Zeit gab es noch keine Regeln für Transfers von Japan in die MLB, und die Wechsel von Nomo und des Pitchers Hideki Irabu, der ihm folgte, brachten zahlreiche Probleme mit sich. Aus diesem Grunde einigten sich die Baseball-Verantwortlichen in Japan und den Vereinigten Staaten auf ein so genanntes Posting-System als Grundlage für den Transfer japanischer Spieler in die USA.
Das Posting-System erlaubt den Transfer eines japanischen Spielers, der in die MLB wechseln möchte, auch ohne die sonst übliche Freigabe, die ihm die freie Wahl unter den Teams gestattet, für die er spielen möchte, unter der Bedingung, dass sein bisheriger Club damit einverstanden ist. Ein MLB-Team wiederum erhält durch die Abgabe eines Gebots an das bisherige Team des betreffenden Spielers das Recht, mit diesem in Verhandlungen zu treten. Wenn die Transferverhandlungen erfolgreich verlaufen, wird die angebotene Transfersumme an das japanische Team gezahlt. Die von den Red Sox gebotene Summe von 51,11 Mio. US-Dollar, die höchste Summe, die bislang innerhalb dieses Systems erreicht wurde, gewährt diesen nun das Recht, mit Matsuzaka zu verhandeln. "Godzilla" Hideki Matsui, der nun für die New York Yankees spielt, wechselte unter Wahrnehmung seines Freigabe-Rechts von den Yomiuri Giants nach Amerika - jedoch war sein Fall eher unüblich. Fast alle bekannten japanischen Spieler, die derzeit in der MLB spielen, darunter auch Ichiro Suzuki, der für seine harten Schläge und präzisen Würfe bekannte Outfielder der Seattle Mariners, nutzten das Posting-System für ihren Wechsel in die Major League.
Freude über astronomische Transfersumme und Erwartungen an Matsuzaka
Für den japanischen Durchschnittsverdiener, der im Laufe seines gesamten Lebens ungefähr 200 Mio. Yen verdient, ist die von den Red Sox für Matsuzaka offerierte Transfersumme schlichtweg unvorstellbar. Zudem wird sein neues Betätigungsfeld die Major League sein - die größte Baseballliga der Welt. Für viele Japaner, nicht nur erklärte Baseballfans, verkörpert Matsuzaka die Verwirklichung eines kühnen Traumes. Von den fünf landesweiten Tageszeitungen griffen drei in ihren Leitartikeln vom 17. November den Wechsel Matsuzakas auf und brachten ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass ein Japaner als Superstar der Major League gehandelt wird.
Die Mainichi kommentierte: "[Die Red Sox] sind ein berühmtes Team, das bereits 1901 gegründet wurde. Sie sind die großen Rivalen der New York Yankees, bei denen wiederum Hideki Matsui spielt - beide gehören der Major League East an. So werden in den traditionellen Kämpfen beider Mannschaften von nun an die Duelle zwischen einem herausragenden japanischen Pitcher und einem herausragenden japanischen Schlagmann zu sehen sein. Was für ein Traum! Die Überraschung war das Angebot von 51,11 Mio. US-Dollar der Red Sox. Das ist fast das Vierfache der Transfersumme von 13,125 Mio. US-Dollar, die vor sechs Jahren flossen, als Ichiro von den Orix Blue Waves zu den Seattle Mariners wechselte. In Yen umgerechnet sind das ca. sechs Mrd. Yen. Das macht deutlich, wie hoch die Red Sox Matsuzaka einschätzen."
Die Asahi begrüßte in ihrem Leitartikel die Tatsache, dass das gestiegene Niveau des japanischen Baseballs in den Vereinigten Staaten als Heimatland des Baseballs Anerkennung findet. "Gerade zehn Jahre sind vergangen, seit japanische Spieler erstmals in die größten Ligen aufrückten. Hideo Nomo, der Vorreiter dieses Trends, und andere nach ihm haben stattliche Erfolge erzielen können. Bei den ersten Baseball-Weltmeisterschaften, die in diesem Frühjahr in den USA stattfanden, dominierte das japanische Nationalteam beim Kampf um den Titel die Mannschaften der Vereinigten Staaten, Kubas und anderer Staaten. Matsuzaka wurde als bester Spieler des Turniers geehrt. Das jetzige Wettbieten zeigt, dass auch den Beobachtern der Major League sein Talent nicht verborgen geblieben ist."
Besorgnis hinsichtlich Posting-Systems und Weggang japanischer Spitzenspieler
Es war jedoch nicht nur Freude, mit der die großen Tageszeitungen Matsuzakas Wechsel in die MLB kommentierten. Sie warnten darüber hinaus davor, dass im Zuge des Weggangs solch populärer Spieler wie Matsui und Ichiro der Transfer Matsuzakas zu den Red Sox bedeuten könnte, dass die talentiertesten Pitcher der japanischen Profiliga dem Land den Rücken kehren.
Die Sankei Shimbun widmete sich den Mängeln innerhalb des Posting-Systems und schrieb: "Zuerst unterschätzte die japanische Seite das System und beklagte dessen geringe Anwendung. Die Spieler ihrerseits beklagten, dass, wenn sie auf ihre Freigabe warteten, die lediglich durch eine Teilnahme an allen Ligaspielen in neun Jahren erwirkt werden kann, ihnen auf dem Höhepunkt ihrer Karriere die besten Möglichkeiten entgingen. Die Klubs hingegen favorisierten das Spiel um Geld, in dem sie - anstatt Spitzenspieler ohne Gegenleistung freizugeben - durch das Posting-System satte Transfersummen einstreichen können. Sollten sich die Dinge weiter wie bisher entwickeln, wird das Freigabesystem nur noch auf dem Papier bestehen und der japanische Profibaseball könnte sich zu einer untergeordneten Liga der Major Leagues entwickeln.
Die Asahi forderte die japanische Baseballliga auf, interne Reformen vorzunehmen und kommentierte: "Wenn die Verantwortlichen den japanischen Spielern den Wechsel in die Major League aus Angst davor erschweren, ihre großen Stars zu verlieren, würde sich die japanische Liga nur unbeliebt machen. Es wäre klüger, den Spielern mehr Freiraum für die Verwirklichung ihrer Träume einzuräumen. Beispielsweise könnte man den Zeitraum verkürzen, den die Spieler für eine Freigabe zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Team ihrer Wahl benötigen. Die zahlenmäßige Beschränkung für Ausländer, die in der japanischen Profiliga spielen dürfen, sollte gleichfalls abgeschafft werden." Die Zahl der Ausländer, die für japanische Profibaseballteams spielen dürfen, ist auf vier Legionäre in der ersten Mannschaft begrenzt, während es für die MLB keine derartige Regelung gibt. Auch die Vereinigung japanischer Baseballprofis hält an ihrer Forderung fest, die Neunjahresfrist bis zu einer Freigabe zu verkürzen.
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