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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
30. 11. 2006
Reduzierung der Fangquoten für Thunfisch macht japanischen Verbrauchern Gefährdung der Bestände bewusst
Die jüngste Übereinkunft einer internationalen Kommission für die Erhaltung des Thunfischs, die Fangquoten für den so genannten Roten Thunfisch zu verringern, stellt für die japanischen Verbraucher eine ernst zu nehmende Warnung dar, dass diese und andere Thunfischarten in ihrem Bestand gefährdet sind. Dabei ist gerade Thunfisch als Speise in Japan sehr viel beliebter als in anderen Länder: etwa ein Viertel des weltweiten Fangs wird in Japan konsumiert. Die Preise für Roten Thunfisch, der besten und teuersten Thunfischart auf dem japanischen Markt, dürften nun stark anziehen; diese Aussicht wird jedoch von den Verbrauchern im Allgemeinen ruhig aufgenommen.
Die 42 Mitglieder der Internationalen Kommission für die Erhaltung des Atlantischen Thunfischs (ICCAT) kamen bei ihrer Zusammenkunft in Dubrovnik, Kroatien, überein, die jährlichen Fangquoten für Roten Thunfisch im östlichen Atlantik einschließlich des Mittelmeeres um 20 % zu reduzieren. Aus diesen Meeresgebieten stammen bis zu 70 % des weltweiten Fangs von Rotem Thunfisch. Die Gesamtmenge sinkt in diesem Gebiet von derzeit 32.000 Tonnen auf 25.500 Tonnen im Jahr 2010. Die jährliche Fangquote wird dabei schrittweise von 29.500 Tonnen (2007), über 28.500 Tonnen (2008) und 27.500 Tonnen (2009) reduziert werden. Auch Japans Anteil von 2.830 Tonnen im Jahr 2006 wird dann entsprechend gekürzt. Während Japans eigene Fangmenge eher gering ist, wird ein Großteil seines Bedarfs an Rotem Thunfisch durch Importe aus europäischen Staaten gedeckt.
Laut Angaben des Japanischen Amtes für Fischereiwesen belief sich die Gesamtmenge der auf dem japanischen Markt im Jahr 2005 angebotenen Thunfische verschiedener Arten auf 530.000 Tonnen, wobei die Importe bei 305.000 Tonnen lagen. Die Menge an Rotem Thunfisch, die 2005 vor allem an exklusive Sushi-Bars und andere Restaurants ging, betrug 44.000 Tonnen. Die Entscheidung der ICCAT folgte unmittelbar auf eine Verringerung der Fangquoten für so genannten Südlichen Roten Thunfisch im Pazifik und im Indischen Ozean durch eine andere Kommission zur Erhaltung des Thunfisches, wobei Japans Anteil innerhalb fünf Jahren halbiert wird. Die Überfischung dieser Thunfischbestände durch Japan gilt als Ursache für diese Reduzierung. Außer dem Roten Thunfisch und dem Südlichen Roten Thunfisch gibt es noch drei weitere Thunfischarten: Gelbflossen-Thunfisch (japanischer Name: kihada), Großaugen-Thunfisch (mebachi) sowie den Albarcore (binnaga), deren Fleisch jedoch weniger geschätzt wird.
Da schätzungsweise mehr als ein Viertel der gesamten Thunfischfänge weltweit in den Bäuchen der japanischen Verbraucher landet, scheinen sich diese ihrer Verantwortung für die Erhaltung der Fischbestände vor dem Hintergrund der weltweit steigenden Nachfrage nach Fisch aufgrund eines
verstärkten Abwendens vom Fleisch infolge des BSE-Problems, eines gestiegenen Gesundheitsbewusstseins sowie des zunehmenden Fischkonsums in China durchaus bewusst zu sein. Geplante Maßnahmen beinhalten neben der Reduzierung der Fangquoten eine Verstärkung der Vorschriften sowie der Kontrolle gegen illegale Fischerei sowie eine bessere Koordinierung innerhalb der fünf Kommissionen zur Erhaltung des Thunfisches, von denen jede eine größere Meeresregion überwacht. Ironischerweise sind es gerade die Länder, die Thunfisch nach Japan exportieren, die sich am heftigsten gegen eine Beschränkung des Thunfischfangs wehren.
Verringerung der Fangquoten findet einhellige Unterstützung
Die führenden japanischen Tageszeitungen unterstützten einhellig die Entscheidung der ICCAT, jedoch klagten einige die Kommission an, dass die Reduzierung der Quoten mit Blick auf das, was Wissenschaftler für eine effektivere Erhaltung der Fischbestände für notwendig halten, nicht weit genug gehe. Die Nihon Keizai Shimbun schrieb in ihrem Leitartikel vom 29. November: "Im Gegensatz zur unvernünftigen Argumentation gegen den Walfang, die trotz einer Erholung der Walbestände weiter zunimmt, ist eine Beschränkung des Thunfischfangs im Mittelmeer und im östlichen Atlantik legitim, da eine Abnahme des Roten Thunfisches in diesen Gewässern bestätigt wurde." Die Zeitung fügte hinzu: "Falls durch die vereinbarte Beschränkung eine Erholung der Bestände nicht erreicht werden kann, müssen die Quoten weiter reduziert werden. [...] Letztendlich ist es Japan als größter Konsument von Thunfischfleisch, das über die Zukunft der Thunfischbestände bestimmt. Dies verpflichtet das Land dazu, die Verantwortung für das Management der Thunfischbestände zu übernehmen und hierbei eine führende Rolle zu übernehmen."
Die Mainichi Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 29. November: "Seit 1998 wird der Grossteil des Thunfisches, den die Menschen in Japan als Sashimi konsumieren, durch Importe gedeckt. Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Versorgung Japans mit Thunfisch muss eine weltweite Überfischung der Thunfischbestände vermieden werden. Japan wurde dafür kritisiert, dass es bereit sei Thunfisch zu jedem Preis zu kaufen, und so den Handel mit illegal gefangenem Thunfisch fördere. Allerdings ist Japan heute nicht länger der einzige große Abnehmer, da inzwischen weltweit immer mehr Menschen Thunfisch essen. [...] Wenn wir weiterhin Thunfisch essen wollen, müssen wir höhere Preise akzeptieren und die Welt zu einem nachhaltigen Bewirtschaften der Thunfischbestände auffordern."
Die Asahi Shimbun brachte ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass die jüngste ICCAT-Entscheidung nicht ausreiche, um die Thunfischbestände zu erhalten. In ihrem Leitartikel vom 28. November meinte die Zeitung, es liege in der Verantwortung Japans als größter Konsument von Thunfisch effektive Maßnahmen zur Beschränkung des Fangs vorzulegen, wenn die fünf Thunfischkommissionen im Januar 2007 in Japan erstmals zu einer gemeinsamen Konferenz zusammenkommen. Japan solle zudem die Forschung im Bereich der Thunfischzucht auf der Grundlage seiner Fischereitechnologien verstärken.
Die Yomiuri Shimbun bezeichnete in ihrem Leitartikel vom 28. November weiter reichende Beschränkungen des Thunfischfangs als "unvermeidlich": "Es ist nun die Zeit gekommen, wo Thunfisch nicht länger ein allzeit verfügbares und preiswertes Nahrungsmittel ist. Die japanischen Konsumenten müssen sich dieser Realität stellen."
Die Sankei Shimbun rief in ihrem Leitartikel vom 26. November die Verbraucher dazu auf, das Management der Fischbestände von einer weiter gefassten Perspektive aus zu betrachten, gerade auch mit Blick auf die künftige Sorge wegen steigender Preise für Thunfisch: "Die Frage des Thunfischs führt uns einen Aspekt der Sicherung von Nahrungsmitteln vor Augen, der durch die weltweite Bevölkerungszunahme zunehmend an Bedeutung gewinnt."
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