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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
03. 12. 2006
Amt für Verteidigung wird zu Beginn nächsten Jahres zum Ministerium aufgewertet
Am 30. November verabschiedete das Unterhaus ein Gesetzpaket zur Revision des Gesetzes über die Einrichtung des Amtes für Verteidigung, das damit zum Ministerium aufgewertet wird, sowie des Gesetzes über die Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF); das Paket dürfte nach der Beratung im Oberhaus wahrscheinlich noch während der derzeitigen außerordentlichen Sitzungsperiode des Parlaments in Kraft treten. Demzufolge wird das Amt für Verteidigung ab Januar 2007 in das Ministerium für Verteidigung umgewandelt und die Auslandseinsätze der SDF, etwa die Teilnahme an friedenserhaltenden Missionen der Vereinigten Nationen, werden von "Hilfsaufgaben" zu "Kernaufgaben" aufgewertet.
Gesetze mit überwältigender Mehrheit verabschiedet
Die entsprechenden Gesetze wurden mit überwältigender Mehrheit sowohl der Abgeordneten der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) und der Komei-Partei als auch der Oppositionsparteien Demokratische Partei Japans (DPJ) und Neue Volkspartei verabschiedet. Die Kommunistische Partei Japans (KPJ) und die Sozialdemokratische Partei (SDP) stimmten dagegen. Die DPJ als größte Oppositionspartei lenkte schließlich ein und stimmte den Gesetzen unter der Bedingung zu, dass sie durch eine Erklärung der Regierung zu einer angemessenen zivilen Kontrolle, zur Überprüfung der Ausschreibungen von Rüstungsaufträgen durch die Regierung sowie zur Aufklärung von Fällen der illegalen Veröffentlichung von Informationen ergänzt werden.
Wenn die Gesetze in Kraft treten, wird das Amt für Verteidigung zum Ministerium für Verteidigung sowie der Generaldirektor, der dem Amt bislang vorsteht, zum Minister für Verteidigung aufgewertet. Der Verteidigungsminister ist befugt, Gesetze vorzulegen und Kabinettssitzungen einzuberufen - Kompetenzen, die bislang formal der Ministerpräsident innehatte. Dies wird es dem Verteidigungsminister ermöglichen, flexibler in Krisensituationen zu reagieren. Um eine strikte zivile Kontrolle zu wahren, wird der Ministerpräsident jedoch weiterhin als Oberkommandierender der Selbstverteidigungsstreitkräfte fungieren. Zudem wird das Amt für Verteidigungseinrichtungen noch im Haushaltsjahr 2007 aufgelöst und in das Ministerium für Verteidigung integriert.
Die entsprechenden Gesetze, die im Juni vom Kabinett verabschiedet wurden, wurden dem Parlament in der letzten ordentlichen Sitzungsperiode vorgelegt und anschließend beraten. Die Komei-Partei war bestrebt, mögliche Auswirkungen auf die Oberhauswahl im nächsten Jahr bei einer Wiederaufnahme der Beratungen in der nächsten ordentlichen Sitzungsperiode zu vermeiden, so dass die Diskussion in der derzeitigen außerordentlichen Sitzungsperiode weitergeführt wurde. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gesetze nun in Kraft treten werden, ist relativ hoch, da die Komei-Partei, die ursprünglich eine ablehnende Haltung eingenommen hatte, die Forderungen der LDP akzeptierte und die Gesetzentwürfe letztendlich unterstütze. Auch die DPJ, die befürchtete, ihre konservativen Wähler zu verprellen, unterstützte die Gesetzesvorschläge schließlich doch.
Das Amt für Verteidigung wurde im Juli 1954 gegründet. Bereits im Jahr 1964 einigte sich das Kabinett auf ein Gesetz zur Umwandlung des Amtes in ein Ministerium. Widerstand von Seiten der Opposition und andere Faktoren führten jedoch schließlich dazu, dass der Entwurf dem Parlament nicht vorgelegt wurde. Während der Amtszeit von Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto nannte der Abschlußbericht des Reformausschusses der Regierung 1997 die Aufwertung des Amtes für Verteidigung eine "Frage, die in der politischen Arena diskutiert werden sollte." Für das Amt für Verteidigung bedeutet die Aufwertung zu einem Ministeriums die Erfüllung eines seit fünfzig Jahren bestehenden Traums.
Bezüglich der Verabschiedung des Gesetzpakets zur Umwandlung in ein Ministerium durch das Unterhaus meinte Ministerpräsident Abe am 30. November: "Das Amt für Verteidigung ist die wichtigste Regierungsinstitution für die Sicherheit Japans; sie schützt das Leben und das Eigentum der Menschen. Ich werde mich weiterhin in verantwortlicher Weise dafür einsetzen, dass es den Rang eines Ministeriums erhält."
Die Sankei Shimbun merkte am 1. Dezember an, dass in Bezug auf sein Strebens nach einer Aufwertung zum Ministerium für Verteidigung "die Rivalität des Amtes für Verteidigung mit dem Außenministerium offensichtlich ist." Die Sankei meinte: "Seit Ende des Krieges hatte das Außenministerium für das US-Außenministerium und das US-Verteidigungsministerium im Rahmen des Japanisch-Amerikanischen Sicherheitsvertrages die Rolle des zuständigen Verhandlungspartners auf japanischer Seite inne." "Nun", so die Zeitung, "ist eine enge Abstimmung zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Außenministerium notwendig, damit das Vorgehen der japanischen Seite durch die zwei unterschiedlichen Kanäle zwischen den beiden Außen- und Verteidigungsministerien nicht zusätzlich verkompliziert wird."
Auslandseinsätze der SDF als Kernaufgaben festgelegt
Die Auslandseinsätze der SDF, z.B. im Rahmen der friedenserhaltenden Missionen der VN, die bislang als "Hilfsaufgaben" klassifiziert waren, werden nun zu "Kernaufgaben" aufgewertet, um die aktive Teilnahme der SDF an internationalen Friedenseinsätzen zu unterstreichen. Die Auslandseinsätze der SDF begannen 1991 mit der Entsendung von Minensuchbooten in den Persischen Golf. Seitdem sind die Teilnahme an Blauhelmmissionen u. a. in Kambodscha, der Einsatz im Irak sowie die Versorgungseinsätze im Indischen Ozean dazu gekommen.
In Bezug auf die Aufwertung der Auslandsmissionen der SDF zu "Kernaufgaben" schrieb die Mainichi Shimbun am 1. Dezember: "Ein Anlass dafür war die nachlassende ‚Allergie' der Bevölkerung gegen die SDF aufgrund der wiederholten Auslandseinsätze seit dem Ende des Kalten Krieges, ihr Engagement bei Naturkatastrophen und letztendlich auch die zunehmend unsichere Situation in Bezug auf Nordkorea." Sie fügte hinzu: "Im Moment beteiligen sich lediglich 45 Angehörige der SDF an friedenserhaltenden Missionen, darunter Angehörige der Boden-SDF, die sich im Rahmen der United Disengagement Observer Force (UNDOF) auf den Golan-Höhen befinden [...] Die Diskussion über ein Gesetz über Auslandseinsätze dürfte nun sowohl innerhalb der Regierung als auch in den regierenden Parteien an Fahrt gewinnen."
Kommentare der Tageszeitungen: Yomiuri und Sankei dafür, Asahi dagegen
Die führenden Zeitungen griffen das Thema der Aufwertung des Amtes für Verteidigung zum Ministerium für Verteidigung in ihren Leitartikeln auf. Die Yomiuri Shimbun und die Sankei begrüßten das Vorhaben, während die Asahi es ablehnte.
Unter der Überschrift "Zustimmung des Parlaments zum 'Verteidigungsministerium' lange überfällig" meinte die Yomiuri in ihrem Leitartikel vom 1. Dezember: "Mit 90 % Jastimmen haben die Abgeordneten des Unterhauses die Gesetze mit großer Mehrheit verabschiedet." Sie schrieb weiter: "Die Gesetze, die eng mit der Sicherheit des Landes verknüpft sind, sind von großer Wichtigkeit und es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die Parlamentarier in dieser Frage so lange uneins waren." Die Yomiuri unterstrich: "Wenn man einen Blick auf die gegenwärtige Situation wirft und der Meinung ist, dass sich sowohl das Amt für Verteidigung als auch die SDF zu Organisationen entwickeln sollten, die dieser Situation gewachsen sind, dann ist es nur natürlich, das Amt zum Ministerium aufzuwerten." Die Zeitung griff auch den Fall durchgesickerter Informationen auf dem SDF-Stützpunkt Naha auf und warnte: "Das 'Verteidigungsministerium' und die SDF sollten bei der Schaffung eines Systems zusammenwirken, dass eine strengere Kontrolle des Informationsflusses einschließt, um dem Vertrauen der Öffentlichkeit und der Vereinigten Staaten als Japans Verbündetem gerecht zu werden."
Die Sankei lobte am 1. Dezember unter der Überschrift "Überparteiliche Übereinkunft sollte begrüßt werden" die Tatsache, dass "eine die Parteien übergreifende Übereinkunft in Bezug auf die Sicherheitspolitik, die das Rückgrat des Landes bildet, erreicht werden konnte." Sie meinte: "Die große Unterstützung im Parlament entspricht der breiten Zustimmung der Menschen im Land und wird Japans Abwehrpotential verstärken." Anlässlich der Aufwertung des Amtes für Verteidigung zum Ministerium für Verteidigung schrieb die Sankei: "Das Wichtigste für die Menschen selbst ist es, darüber nachzudenken, wie man das Land verteidigt." Sie forderte das Verteidigungsministerium auf, "eine Organisation zu werden, die sowohl dem Namen nach als auch in der Realität für die nationale Sicherheit sorgt." Weiterhin forderte die Sankei eine gründliche Untersuchung der jüngsten Skandale: "Wir erwarten von jedem SDF-Angehörigen, dass er sich selbst prüft und begreift, wie wichtig es ist, das Vertrauen wiederzugewinnen und sich zu bemühen, den Erwartungen der Menschen zu entsprechen."
Unter der Überschrift "Denkt an die große Verantwortung" hob die Mainichi am 1. Dezember hervor, dass "die Abneigung der Menschen gegenüber den SDF nachgelassen und das Verständnis für die Streitkräfte zugenommen hat [...] Die Anfragen der internationalen Gemeinschaft an die SDF mehren sich, und in gleichem Maße steigt ihre Wertschätzung." Sie bezeichnete die Aufwertung zum Ministeriums als "zeitgemäß". Jedoch warnte die Mainichi mit Blick auf Forderungen der LDP nach einem allgemeinen Gesetz über Auslandseinsätze der SDF, das auf Vorschlag des Amtes für Verteidigung angestrebt wird: "Wir möchten betonen, dass die jüngste Änderung und die Diskussion über ein allgemeines Gesetz zwei völlig unterschiedliche Dinge sind." Die Mainichi rief zudem dazu auf, alles Mögliche zu unternehmen, um weitere Skandale wie die jüngsten Vorfälle in Bezug auf Ausschreibungen und Informationslecks zu verhindern: "Für eine Aufwertung zum Ministerium ist das Vertrauen der Menschen unerlässlich; das Amt für Verteidigung ist somit aufgerufen, noch mehr Verantwortung zu zeigen."
Die Asahi hingegen kommentierte noch vor der Verabschiedung der entsprechenden Gesetze im Unterhaus in ihrem Leitartikel vom 30. November unter der Überschrift "Gesetz über das 'Verteidigungsministerium': militaristisches Denken könnte Auftrieb erhalten": "Es ist 52 Jahre her, dass das Amt für Verteidigung gegründet wurde. Neben der nationalen Verteidigung haben die SDF, beginnend mit der Entsendung nach Kambodscha, inzwischen verschiedene Auslandseinsätze durchgeführt. Es stimmt, dass die Menschen die SDF im Vergleich zu früher mehr schätzen und das Amt für Verteidigung positiver bewerten." Doch sie fügte hinzu: "Wir sorgen uns jedoch darüber, dass, wenn das Amt zu einem Ministerium aufgewertet wird, militaristisches Denken Auftrieb erhalten könnte." Der Leitartikel der Asahi schloss: "Japan hat aus seiner Vergangenheit, die in eine schreckliche Niederlage führte, gelernt und den Weg des Friedens gewählt [...] Wenn wir an die große Bedeutung dieser Wahl denken, dann können wir sie nicht einfach entsorgen wie einen alten Mantel."
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