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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


18. 12. 2006

 

 

 Japan und Indien vereinbaren Aufnahme der Verhandlungen über Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen sowie Ausbau der bilateralen Beziehungen

Japan und Indien werden im Januar Gespräche für den Abschluss eines umfassenden Wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommens (EPA) aufnehmen, um so ihre bilateralen Beziehungen zu stärken, die lange Zeit durch fehlenden Schwung gekennzeichnet waren, obwohl auf beiden Seiten durchaus die Erkenntnis über die große Bedeutung und das Potential engerer Beziehungen vorhanden war. Die Übereinkunft wurde anlässlich des Besuchs des indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh in Tokyo vom 13. bis 16. Dezember in den Gesprächen mit Ministerpräsident Shinzo Abe erzielt. Es war der erste Besuch eines führenden indischen Politikers seit fast fünf Jahren. Zuletzt hatte der damalige Ministerpräsident Atal Behari Vajpayee Japan 2001 besucht.

Die Bestätigung beider Länder, engere "strategische" Beziehungen anzustreben, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Indien sich zu einen rasch wachsenden Wirtschaftsriesen entwickelt. Sowohl Japan als auch Indien zeigen sich zunehmend besorgt über Tendenzen, die in ihren Augen als Streben Chinas nach Hegemonie in der Region erscheinen. Indien mit einer Bevölkerung von 1,1 Mrd. Menschen ist derzeit die drittstärkste Wirtschaftsmacht Asiens und verzeichnete in den letzten Jahren ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 8 %.

Bei ihren Gesprächen in der japanischen Hauptstadt kamen beide Ministerpräsidenten überein, die Gespräche über ein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen im Januar aufzunehmen und sich dabei auf die Abschaffung oder bzw. Reduzierung von Exportzöllen sowie auf die Liberalisierung von Handel und Dienstleistungen zu konzentrieren. Es wurde zudem vereinbart, die Zusammenarbeit in den Bereichen höhere Bildung sowie Wissenschaft und Technologie zu fördern. Auch kamen beide Seiten überein, dass die führenden Politiker beider Länder sich künftig abwechselnd einmal im Jahr besuchen werden.

Singh betonte seinen Wunsch nach mehr Investitionen japanischer Unternehmen in Indien und erwähnte das "unproportional niedrige Niveau" des Handels und der Investitionen Japans in Indien. In seiner Rede vor dem japanischen Parlament machte der indische Ministerpräsident zudem sein großes Interesse an der "Verteidigung der Seewege" im Indischen Ozean sowie an der Zusammenarbeit Japans bei Indiens nuklearer Entwicklung zu friedlichen Zwecken deutlich.

Tatsächlich sind Japans Wirtschaftsbeziehungen zu Indien im Vergleich zur Größe beider Volkswirtschaften eher schwach entwickelt. Auch wenn er jährlich weiter zulegt, beläuft sich der bilaterale Handel auf gerade einmal 6,5 Mrd. US-Dollar, was einem unbedeutenden Anteil an Japans weltweitem Handel und nur einem Drittel des Handels mit China entspricht. Derzeit sind ca. 350 japanische Unternehmen in Indien aktiv, während es in China fünfzig Mal mehr Unternehmen sind. Japan hinkt auch bei der Nutzung des rasch expandierenden indischen Binnenmarktes hinter anderen Staaten her, z.B. die Vereinigten Staaten, China und Südkorea. Sowohl die Vereinigten Staaten als auch China haben ihren Handel mit Indien in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, während Japans Handel mit Indien 2005 nur einem Viertel seines Handels mit den Vereinigten Staaten entsprach.

Hinter dem Interesse der japanischen Regierung nach einem Ausbau der Beziehungen zu Indien steht die Absicht, China entgegenzutreten, dessen Präsenz in Asien weiter zunimmt. So schlägt z.B. Ministerpräsident Abe Zusammenkünfte der vier Länder Japan, Vereinigte Staaten, Indien und Australien auf Ebene der Regierungschefs sowie der Außenminister vor. Erst kürzlich vereinbarte Japan auch mit Australien die Aufnahme von Verhandlungen über ein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen. Auch China nähert sich an Indien an. So besuchte Präsident Hu Jintao im November New Delhi, um Vereinbarungen über die Ausweitung des Handels sowie über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu treffen.

Tageszeitungen unterstreichen Bedeutung strategischer Beziehungen

Die japanischen Tageszeitungen wiesen übereinstimmend auf die große Bedeutung dessen hin, was sie "strategische Beziehungen" zu Indien nennen, und sie äußerten sich kritisch über die Verzögerungen bei der Gestaltung engerer wirtschaftlicher Bande zwischen beiden Ländern. Die Sankei Shimbun wies als erste auf die strategische Bedeutung der japanisch-indischen Beziehungen hin. In ihrem Leitartikel vom 13. Dezember, dem Tag von Singhs Ankunft, erklärte die Zeitung, Indien sei der größte Empfänger staatlicher Entwicklungshilfe Japans, und das Land solle die japanische Hilfe effizient dafür nutzen, Probleme wie die mangelhafte Infrastruktur einschließlich Straßen, Häfen und Eisenbahnlinien sowie die Armut großer Teile der Bevölkerung zu beseitigen. Die Zeitung warnte jedoch: "Allerdings besteht kein Grund zu Optimismus. [...] China und Indien sind seit dem Ende des Kalten Krieges in einer vielfältigen Diplomatie außerhalb des traditionellen Rahmens involviert. Im letzten Monat besuchte der chinesische Präsident Hu Jintao Indien im Vorfeld des japanisch-indischen Gipfels. Beide Seiten bestätigten die partnerschaftlichen Beziehungen und vereinbarten eine Ausweitung des Handels. Auch bei den Grenzstreitigkeiten nähert man sich einer Einigung an. [...] Der japanisch-indische Gipfel sollte daher als Gelegenheit genutzt werden, um sich Indiens Bedeutung erneut zu versichern."

Die Yomiuri Shimbun meinte in ihrem Leitartikel vom 15. Dezember: "Indien ist ein außerordentlich wichtiger Partner, mit dem zusammen Japan eine neue internationale Ordnung in Ostasien formen kann, da beide Länder die gemeinsamen Werte Freiheit und Demokratie miteinander teilen. Japan muss seinen wirtschaftlichen und personellen Austausch mit Indien ausbauen, um seine strategische Außenpolitik voranzubringen." Der Leitartikel hob die Bedeutung der "konkreten Zusammenarbeit" hervor, die "zu lebensfähigen strategischen Beziehungen mit Indien führen wird, die dann weitere enge Bande bedingt."

Auch die Nihon Keizai Shimbun merkte in ihrem Leitartikel vom 17. November an, dass die Gestaltung der Beziehungen zu Indien als einer der führenden Mächte Asiens "für Japan von strategischer Bedeutung ist, das eine Neugestaltung seiner Asienpolitik anstrebt." Sie fuhr fort: "Indien nimmt innerhalb des strategischen Gleichgewichts eine wichtige Position für Japans Asienpolitik ein. Die Beziehungen sind insbesondere mit Blick auf die Präsenz Chinas von Bedeutung. Dasselbe gilt auch für Indien." Allerdings nahm die Zeitung auch die Forderung von Ministerpräsident Singh nach Japans Billigung des Kooperationsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten und Indien im Nuklearbereich auf. Sie bekräftigte: "Japan kann diese Zusammenarbeit nicht unterstützen. [...] Falls Indien als Kernwaffenstaat, der nicht Mitglied des Nichtverbreitungsvertrags ist, seine Nuklearpolitik weiter wie bisher verfolgt, besteht die Gefahr, dass die Verbreitung von Kernwaffen nicht mehr aufzuhalten ist. Japan sollte sich aktiv um eine Ausweitung seiner Beziehungen zu Indien bemühen, zugleich aber an seinen Grundsätzen in dieser Frage festhalten."

Die Mainichi Shimbun forderte eine Ausweitung der bilateralen Beziehungen durch wirtschaftliche Partnerschaft. In ihrem Leitartikel vom 18. Dezember meinte die Zeitung, dass beide Volkswirtschaften in der Lage sind, "Beziehungen zu gegenseitigem Nutzen zu entwickeln, wenn Indiens Stärke im Bereich Software-Industrie und Japans Spitzenstellung im Bereich Hardware-Produktion sich gegenseitig ergänzen können." Sie merkte jedoch an, dass mögliche Schwierigkeiten bei den kommenden Verhandlungen über ein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen im Zusammenhang mit Indiens Wunsch nach einer gegenseitigen Anerkennung von Abschlüssen für solche Berufe wie Ärzte und Architekten auftreten könnten, wodurch Japan dazu gezwungen wäre, seine bisherige Zurückhaltung in Bezug auf die Öffnung des Landes für ausländische Arbeitskräfte weiter zu lockern.

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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