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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
19. 12. 2006
50. Jahrestag
der Aufnahme Japans in die Vereinten Nationen;
Ministerpräsident Abe bekräftigt Streben nach ständigem Sitz im
VN-Sicherheitsrat
Am 18. Dezember beging Japan den 50. Jahrestag seiner Aufnahme in die Vereinten Nationen. Die Regierung veranstaltete in Anwesenheit des Kaiserpaares eine Feierstunde im Kudan Kaikan im Tokyoter Bezirk Chiyoda, bei der Ministerpräsident Shinzo Abe seine Absicht bekräftigte, eine ständige Mitgliedschaft Japans im VN-Sicherheitsrat anzustreben. "Japan beabsichtigt seiner Verantwortung gerecht zu werden, indem es einen ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat einnimmt", so Abe. In einer Grußbotschaft würdigte VN-Generalsekretär Kofi Annan Japans Beitrag für die humanitäre Hilfe, die weltweite nukleare Abrüstung, sein Engagement gegen die globale Erwärmung u.a. im Rahmen des Kyoto-Protokolls und seine Unterstützung friedenserhaltender Maßnahmen der VN. Annan betonte: "Für Japan ist der Einsatz und das Engagement für die Vereinten Nationen ein bestimmendes Element seiner Außenpolitik."
Fünfzig Jahre anerkannter Einsatz
Japan wurde 1956 als achtzigster Mitgliedsstaat in die Vereinigten Nationen aufgenommen. In dem darauffolgenden halben Jahrhundert hat Japan wertvolle Unterstützung geleistet. So setzte es sich u.a. als einziges Land, das den Einsatz von Kernwaffen selbst erleiden musste, für die weltweite Abschaffung von Kernwaffen ein, entsandte Angehörige seiner Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) im Rahmen von Blauhelmmissionen u.a. nach Kambodscha, bemühte sich, das Problem der Landminen in den Focus der Öffentlichkeit zu rücken und leistete humanitäre Hilfe in Afghanistan und im Irak. Japan wurde bislang neunmal zum nichtständigen Mitglied des VN-Sicherheitsrates gewählt und ist damit zusammen mit Brasilien der Mitgliedsstaat mit den häufigsten Ernennungen zum nichtständigen Mitglied dieses Gremiums.
Gegenwärtig beträgt Japans Mitgliedsbeitrag für die VN 19,5 % des Haushalts dieser Organisation. Nach dem Beitrag der Vereinigten Staaten mit 22 % ist dies der zweithöchste Mitgliedsbeitrag und größer als die Beiträge der anderen vier ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats (Großbritannien, China, Frankreich und Russland) zusammen. Auf der Grundlage des Gesetzes für die internationale Zusammenarbeit für den Frieden hat Japan bislang im Rahmen von 18 Friedenmissionen insgesamt rund 5700 Angehörige der SDF entsendet. Im Januar 2006 waren zudem 671 Japaner für VN-Organisationen tätig. Was die 16 Blauhelmmissionen anbelangt, die derzeit stattfinden (ca. 81.000 Mann), so beschränkt sich Japans Beitrag auf 31 Mann, die auf den Golan-Höhen im Nahen Osten stationiert sind. Gemessen an der Anzahl des entsendeten Personals rangiert Japan lediglich auf Platz 81 von 112 Staaten. Auch die Zahl der bei den VN beschäftigten Japaner ist eigentlich zu niedrig.
In der Asahi Shimbun vom 14. Dezember kommentierte Yukio Sato, Leiter des Instituts für Internationale Angelegenheiten und ehemaliger Botschafter Japans bei den Vereinten Nationen: "Für Japan ist es wichtig, entsprechend seinem wirtschaftlichen Potential einen bedeutenden finanziellen Beitrag zu akzeptieren. Ein solcher Mitgliedsbeitrag wird Japan die Wahl in zahlreiche Gremien und Ausschüsse ermöglichen und ihm damit zu größerem Mitspracherecht verhelfen." In einem Beitrag der Mainichi Shimbun äußerte der ehemalige stellvertretende VN-Generalsekretär Yasushi Akashi, der als erster Japaner für die Vereinten Nationen tätig war, in der Ausgabe vom 18. Dezember: "Der neue Generalsekretär kommt aus Südkorea und der Generalsekretär der WHO aus China. Japaner sind noch schwach vertreten. Japan sollte Personen, denen die einheimische Bühne zu klein ist und die den Ehrgeiz besitzen, sich anderswo zu erproben, stärker unterstützen."
Noch große Hindernisse bis zur ständigen Mitgliedschaft
Im Zusammenhang mit der Frage eines ständigen Sitzes im VN-Sicherheitsrat legte Japan im Juli 2005 gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der so genannten Gruppe der Vier (Brasilien, Deutschland, Indien und Japan) einen Entwurf zur Erweiterung der Zahl der ständigen Mitglieder des Rates vor, der jedoch aufgrund des Widerstands Chinas abgelehnt wurde. In einem Interview mit der Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) vom 17. Dezember äußerte der ehemalige japanische Außenminister Nobutaka Machimura: "Die fünf ständigen Mitglieder wollen die bestehende Struktur, nach der sie die alleinige Macht in Form des Vetorechts besitzen, nicht verändern. Zudem gab es Widerstand von benachbarten Ländern. [...] Das Nachkriegssystem ohne Ausüben von Druck zu ändern, ist eine schwere Aufgabe. Trotzdem hat Japan allein mit dem Aufwerfen der Frage der VN-Reform, die bislang lediglich ein Wunschtraum war, für einen Hauch von Realität gesorgt. Das wichtigste Problem wird darin bestehen, ob Japan einen Entwurf vorzulegen vermag, dem die fünf ständigen Mitglieder zustimmen können."
Die Regierung von Ministerpräsident Abe hat ihre Absicht bekräftigt, erneut einen Vorstoß für eine ständige Mitgliedschaft Japans im Sicherheitsrat zu unternehmen. In seiner unmittelbar nach der Wahl zum Ministerpräsidenten erfolgten Erklärung vor dem Parlament sagte Abe, der sich während seines Wahlkampfes für den Vorsitz der Liberaldemokratische Partei (LDP) für eine ständige Mitgliedschaft Japans einsetzte: "Japan wird sein Engagement für eine Reform der Vereinten Nationen, einschließlich des Strebens nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat, fortsetzen." In einer Pressekonferenz am 15. Dezember betonte Chefkabinettsekretär Yasuhisa Shiozaki zudem: "Seit fünfzig Jahren verfolgt Japan eine Außenpolitik, die sich an den Vereinten Nationen orientiert. Japan ist dazu verpflichtet, seine Friedensdiplomatie auf der Grundlage des Ranges eines ständigen Mitglieds des Sicherheitsrates weiter fortzuführen."
Hingegen stellte die Nikkei in ihrer Ausgabe vom 17. Dezember fest: "Das Einverständnis der derzeitigen ständigen Mitglieder ist für die VN-Reform unabdingbar. Es werden große diplomatische Anstrengungen nötig sein, um eine Mehrheit zu bekommen und diese Hürde ist nach wie vor hoch." Die Mainichi berichtete am 18. Dezember: "Die Tatsache, dass die Bemühungen der G4-Staaten um eine ständige Mitgliedschaft scheiterten, stellt bis heute eine Belastung dar. Die G4 setzen ihre Treffen auf Arbeitsebene fort, aber diese sind nun lediglich ein Forum zur Bekräftigung der Zusammenarbeit. Beim japanisch-amerikanischen Gipfel im November brachte Ministerpräsident Abe US-Präsident Bush, der den G4-Entwurf abgelehnt hatte, dazu, Japan seine Unterstützung für einen ständigen Sitz zuzusagen. Allerdings ging der Ministerpräsident nicht darauf ein, als Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh in einem Gespräch am 15. Dezember äußerte, den Vorstoß der G4 fortsetzen zu wollen."
Leitartikel der Tageszeitungen
Am 18. Dezember kommentierten die führenden japanischen Tageszeitungen das 50-jährige Jubiläum der Aufnahme Japans in die VN in ihren Leitartikeln.
Unter der Überschrift "Japans Rolle in den VN: Japan sollte Annans Reformvorschlag weiter verfolgen" bezeichnete die Asahi das Scheitern von Japans Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat als "strategischen Fehler" und fuhr fort: " [...] die Notwendigkeit, die VN zu einer effizienteren und effektiveren Organisation zu machen, [...] wird weiterhin eine wichtige Herausforderung für die Welt sein." Zu den Anstrengungen der VN, sich den neuen grenzüberschreitenden Bedrohungen wie Terrorismus, Infektionskrankheiten und der globalen Erwärmung zu stellen, äußerte sich die Asahi wie folgt: "Japan hat eindeutig die Pflicht, einen substantiellen Beitrag zu leisten. [...] Dafür muss Japan beständig in den Entscheidungsprozess des Sicherheitsrates einbezogen sein." Zudem stellte die Asahi mit Blick auf die Abrüstung und Nichtverbreitung von Kernwaffen, den Schutz der Menschen, den Kampf gegen die Armut, die Förderung der Demokratisierung und die Schaffung von Frieden fest: "Es gibt tatsächlich eine Reihe von Bereichen, in denen Japans Präsenz das Vermögen der VN, auf Probleme zu reagieren, verbessert." Mit der Feststellung, dass "es nicht einfach sein wird, das Endziel eines ständigen Sitzes im Sicherheitsrat zu erreichen", empfahl die Asahi, dass die japanische Regierung die Idee einer halbpermanenten Mitgliedschaft, wie sie vom scheidenden VN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen wurde, weiterverfolgen sollte.
Unter der Überschrift "Zurück zum Beginn und Streben nach einer kooperativen Diplomatie" kommentierte die Mainichi: "Die Welt hat sich im vergangenen halben Jahrhundert erheblich verändert, und auch Japans Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft ist größer geworden. Wir hoffen, dass Japan in den nächsten fünfzig Jahren seine Präsenz als ein Land, das die internationale Zusammenarbeit vorantreibt, ausbaut." Die Zeitung schrieb weiter: "Unmittelbar nach seiner Aufnahme in die Vereinten Nationen [...] hat Japan eine auf die VN ausgerichtete Diplomatie als Säule seiner Außenpolitik etabliert. Die Realität ist jedoch, dass sich Japans Außenpolitik auf die japanisch-amerikanische Allianz stützt." Unter Hinweis darauf, dass "die multilaterale Kooperation im Rahmen der Vereinten Nationen jetzt wieder notwendig ist", und dass die Organisation und der Aufbau der VN globalen Problemen wie Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Umweltzerstörung nicht gerecht wird", fügte die Mainichi hinzu, dass, obgleich Japan in seinem Streben nach einem ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat nicht erfolgreich war, "es sich weiterhin für eine Reform [der VN] einsetzen sollte." Die Mainichi zitierte zudem aus der Rede des früheren japanischen Außenministers Mamoru Shigemitsu vor der VN-Generalversammlung im Jahr 1956, als Japans Aufnahme beschlossen wurde, dass "Japan durchaus als Brücke zwischen Ost und West betrachtet werden kann." Die Mainichi schloss: "Es ist Zeit für Japan, zu der ursprünglichen Idee zur Zeit seiner Aufnahme zurückzukehren und eine VN-Politik zu unterstützen, die auch auf Asien ausgerichtet ist."
Unter der Überschrift "Japans Stimme in den VN muss seinen Beiträgen entsprechen" unterstrich die Yomiuri Shimbun: "Als Land mit begrenzten natürlichen Ressourcen hat Japan keine andere Wahl, als mit der internationalen Gemeinschaft als Handelsnation zu kooperieren. Es ist erforderlich, dass Japan sich an den verschiedenen Aktivitäten der Organisation, die auf die Erhaltung des Friedens und der Stabilität in der Welt ausgerichtet sind, beteiligt." Sie hob hervor: "Japans internationaler Status ist in den vergangenen fünfzig Jahren seit seiner Aufnahme in die VN kontinuierlich gestiegen. Als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt nach den Vereinigten Staaten hat Japan im 21. Jahrhundert große Verantwortung zu tragen." Unter Hinweis darauf, dass Japan neunmal als nichtständiges Mitglied des VN-Sicherheitsrats gewählt wurde, schrieb die Yomiuri: "Diese Tatsache belegt, dass Japans Engagement in Bereichen wie internationale Friedensmissionen, Abrüstung, humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe von der internationalen Gemeinschaft allgemein anerkannt wird und Unterstützung findet." Zudem meinte die Yomiuri in Bezug auf Japans Anteil von 19,5% am VN-Haushalt, dem zweitgrößten nach dem Beitrag der Vereinigten Staaten: "Japans Außenpolitik sieht sich zahlreichen Aufgaben gegenüber, um seinen Status und Einfluss in den Vereinten Nationen seinem Beitrag entsprechend zu gestalten. Japan sollte sich für eine Reform des Sicherheitsrates einsetzen und danach streben, ein ständiges Mitglied dieses Gremiums zu werden." Sie fügte hinzu: "Japan muss innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine aktivere Rolle spielen. Das wird unseren nationalen Interessen am ehesten gerecht."
Der Leitartikel der Nikkei unter der Überschrift "Verstärkte Präsenz in der VN-Diplomatie mit neuer Entschlossenheit" stellte fest: "Wie [zum Zeitpunkt der Aufnahme] zugesagt, hat Japan eine an den VN orientierte Außenpolitik verfolgt. Nun sollte die Regierung mit neuer Entschlossenheit eine Führungsrolle in den Vereinten Nationen wahrnehmen." Sie schrieb weiter: "[Die VN] sind gezwungen, sich Problemen wie dem regelmäßigen Ausbrechen regionaler und ethnischer Konflikte, Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Armut, Infektionskrankheiten und Umweltzerstörung zu stellen." "Im Bereich der Sicherheit", so die Zeitung weiter, "muss in erster Linie dringend auf die Probleme der Nuklearprogramme Irans und Nordkoreas reagiert werden." Die Nikkei meinte: "Dies ist eine gute Chance für Japan, um aktiv einbezogen zu werden und seine Präsenz auszubauen." Obgleich Japan mit dem ersten Versuch scheiterte, einen ständigen Sitz im VN-Sicherheitsrat zu erlangen, unterstrich die Nikkei: "Japan verfügt über ausreichende Erfahrung und Referenzen, um ein ständiges Mitglied zu werden. Die Regierung muss ihre Strategie überdenken und ihre Anstrengungen zur Reform des VN-Sicherheitsrats intensivieren." Hinsichtlich der nach wie vor existierenden Feindstaaten-Klausel in der VN-Charta schrieb sie: "[Japan] sollte sich für deren Streichung einsetzen."
(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)