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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
23. 12. 2006
Sechs-Parteiengespräche beendet - Fortschritte bei Lösung des Atomproblems nicht in Sicht
Wie allgemein erwartet, gingen die Sechs-Parteiengespräche über Nordkoreas Atomprogramm, die ab dem 18. Dezember fünf Tage lang in Beijing stattfanden, am 22. Dezember ohne nennenswerten Erfolg zu Ende. Gastgeber China veröffentlichte eine Erklärung, die erneut das Anliegen der Schaffung einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel unterstrich und kündigte den erneuten Abbruch der Gespräche an. Letztendlich zeigte sich Nordkorea hinsichtlich der Forderung nach Verzicht auf seine Atomwaffen nicht gesprächsbereit, und auch die Einrichtung von Arbeitsgruppen wurde verschoben. Die Erklärung des Gastgebers kündigte an, dass die Gespräche "bei nächster Gelegenheit wieder aufgenommen werden"; allerdings wurde kein Termin vereinbart. Berichten zufolge werden die nächsten Konsultationen zur Frage der finanziellen Sanktionen zwischen den USA und Nordkorea im Januar in New York stattfinden.
Nach allgemeiner Ansicht der fünf teilnehmenden Staaten - außer Nordkorea - bestand das Ziel der letzten Runde der Sechs-Parteiengespräche, die erstmalig seit 13 Monaten wieder stattfanden, nicht in bloßen Empfehlungen an Nordkorea, sondern in konkreten Maßnahmen zur Verschrottung der nordkoreanischen Atomwaffen. Gleichzeitig stand nach wie vor das spezifische Ziel der Gemeinsamen Erklärung vom September 2005 auf der Tagesordnung, die Nordkoreas Einverständnis zur Aufgabe seiner Kernwaffen und seines Nuklearprogramms sowie die entsprechenden Gegenleistungen der anderen Staaten enthielt. Aus diesem Grunde erklärten sich die Vereinigten Staaten zu den von Nordkorea geforderten direkten Gesprächen bereit und entsandten einen für die finanziellen Sanktionen zuständigen Regierungsvertreter, so dass die Thematik über acht Stunden diskutiert wurde. Die USA forderten, dass Nordkorea den Betrieb seiner Nuklearanlagen, einschließlich der Anlagen in Yongbyon, einstellt, Inspektionen durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) akzeptiert, sein Atomtestgelände schließt und sich zur Einrichtung von Arbeitsgruppen bereit erklärt. Daraufhin erklärte Nordkorea, dass seine Atomwaffen der Abschreckung der atomaren Bedrohung durch die USA dienen und dass, vor allem anderen, die von den Vereinigten Staaten verhängten finanziellen Sanktionen sowie weitere auf der Basis der Resolution des VN-Sicherheitsrats verhängten Sanktionen aufgehoben werden müssen. Nordkorea, das die Aufhebung der Sanktionen als wichtigstes Ziel ansah, nahm vor dem Hintergrund seines Besitzes von Kernwaffen vom ersten Tag der Gespräche an eine herausfordernde Haltung ein, so dass die Konsultationen zwischen den für die Finanzen zuständigen Beamten Pjöngjangs und Washingtons - welches das Finanzproblem gesondert von den Hauptgesprächen behandeln wollte - eine harte Auseinandersetzung darstellten. Zudem gab es keine bilateralen Gespräche zwischen Japan und Nordkorea, so dass auch in der Frage der Entführungen kein Fortschritt zu verzeichnen war.
Am Abend des 22. Dezember äußerte sich Premierminister Shinzo Abe im Amt des Premierministers vor der Presse zum erfolglosen Ende der Sechs-Parteiengespräche und kritisierte die Haltung Nordkoreas. "Nordkorea sollte besser verstehen", so Abe, "dass es ohne eine Lösung des [Atom-] Problems nicht in der Lage sein wird, die Situation, in der viele seiner Bürger um ihr tägliches Brot kämpfen, zu verbessern." Hinsichtlich der Gespräche fügte Premierminister Abe hinzu: " Ich denke, dass die Sechs-Parteiengespräche das effektivste Gremium darstellen."
Zeitungskommentare: Nordkorea spielt auf Zeit
Nach dem Ende der Sechs-Parteiengespräche widmeten sich die führenden japanischen Tageszeitungen in ihren Leitartikeln vom 23. Dezember der Thematik.
Unter der Überschrift "Zuerst müssen die USA und Nordkorea den Durchbruch schaffen" brachte der Leitartikel der Asahi Shimbun seine "tiefe Enttäuschung" über den Verlauf der aktuellen Gesprächsrunde zum Ausdruck. Die Zeitung schrieb kritisch, dass die Schuld für das erfolglose Ende der Gespräche "bei Nordkorea liegt", das ausschließlich auf die Aufhebung der finanziellen Sanktionen fixiert war. Gleichzeitig lobte die Asahi die Vereinigten Staaten und schrieb: "Mehr als je zuvor reagierten die USA positiv auf bilaterale Gespräche mit Nordkorea. Auch im Verlauf der Vorbereitung des jetzigen Treffens engagierten sie sich wiederholt bei den praktischen Verhandlungen." Unter Hervorhebung der Tatsache, dass "eine Aufhebung der Sanktionen erst dann zur Debatte steht, wenn Nordkorea Maßnahmen zur Aufgabe seiner Atomwaffen getroffen hat", betonte die Asahi: "Wenn Nordkorea die finanziellen Sanktionen so hart treffen, sollte es doch möglich sein, die diesbezüglichen Verhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang als Einstieg zu nutzen. Wir hoffen, dass die Vereinigten Staaten flexibel reagieren, so dass Nordkorea die Atomgespräche wieder aufnimmt."
Unter der Überschrift "Spiel auf Zeit ohne Erfolg" stellte die Mainichi Shimbun gleichlautend fest, dass im Mittelpunkt der letzten Gespräche die Frage stand, wie weit man den konkreten Prozess der Aufgabe der Kernwaffen und des Atomprogramms verschieben kann und dass "der größte Teil der Verantwortung für das erfolglose Ende der Gespräche bei Nordkorea liegt." Die Zeitung fügte kritisch hinzu, dass die Verknüpfung illegaler Handlungen, wie die Herstellung gefälschter Banknoten und Geldwäscheaktivitäten, die offenbar von ganz oben angewiesen wurden, mit dem Atomproblem "völlig absurd" sei. Die Mainichi kommentierte weiter: "Uns beunruhigt, dass Nordkorea fälschlicherweise annimmt, es könne durch eine Verschiebung der Aufgabe seiner Kernwaffen und seines Atomprogramms weitere Zugeständnisse erwirken und die Aufhebung der finanziellen Sanktionen fordern." Sie schrieb: "Auch wenn Pjöngjang versucht, durch wiederholtes Spiel auf Zeit Ergebnisse zu erzielen, wird es damit nichts erreichen. Japan muss hartnäckig weiter versuchen, Nordkorea zu überzeugen - ohne dabei die Solidarität und Kooperation der anderen fünf Verhandlungspartner einschließlich der Vereinigten Staaten, Südkoreas und Chinas aufs Spiel zu setzen. Die einzige Möglichkeit für Nordkorea, seine internationale Isolation zu überwinden, besteht darin, die Abrüstung seiner Atomwaffen ernsthaft voran zu treiben. Wir wünschten, dies würde klar verstanden."
Der Leitartikel der Yomiuri Shimbun unter der Überschrift "Härtere Sanktionen gegen Nordkorea notwendig" zog die Schlussfolgerung, dass die Ursache dafür, dass die Verhandlungen zu nichts führten, darin lag, dass "Nordkorea Verhandlungen über die Kernfrage der Gespräche - die Aufgabe seines Atomprogramms - ablehnte, solange die Vereinigten Staaten die finanziellen Sanktionen nicht aufheben." Die Zeitung fuhr fort: "Wenn es den beteiligten Ländern nicht gelingt, Pjöngjang von seiner atomaren Aufrüstung abzubringen, macht es keinen Sinn, die Sechsparteien-Gespräche fortzuführen. Die anderen fünf Staaten - Japan, China, Russland, Südkorea und die Vereinigten Staaten - sollten eine gemeinsame Strategie wie z.B. eine Erweiterung der Sanktionen entwickeln, um das Problem zu lösen." Mit Bezug darauf, dass Nordkorea die Aufhebung der finanziellen Sanktionen und der VN-Sanktionen zur Bedingung für weitere Gespräche zum Einlösen der in der Gemeinsamen Erklärung der Sechs Parteien vom September 2005 gemachten Zusage für die Aufgabe seiner Kernwaffen und seines Atomprogramms machte, kritisierte die Yomiuri Pjöngjang dafür, nun der gemeinsamen Erklärung zuwider zu handeln. Sie schrieb: "Pjöngjang hat seine konfrontative Haltung noch unterstrichen, indem es ankündigte, sein Abschreckungspotential mit Hilfe seiner Kernwaffen auszubauen, um die Länder zu bedrohen, die sich für eine Verschärfung bzw. Beibehaltung der Sanktionen einsetzen." In Bezug auf Nordkoreas Stolz, nun eine Atommacht zu sein, fragte die Yomiuri: "Ein solches Verhalten lässt vermuten, dass Nordkorea nicht von seinem Atomprogramm ablassen wird. Nordkorea wird eher auf Zeit spielen, um die internationale Gemeinschaft dazu zu bringen, ein nuklear bewaffnetes Pjöngjang als vollendete Tatsache anzuerkennen. [...] Wie es aussieht, hat die internationale Gemeinschaft keine andere Wahl, als die Sanktionen gegen Nordkorea zu verstärken."
Unter der Überschrift "Sechs-Parteiengespräche beendet: Verschärfung der Sanktions-Resolution notwendig" kommentierte die Sankei Shimbun übereinstimmend mit den anderen Zeitungen: "Die letzte Gesprächsrunde endete ohne Ergebnis, da Nordkorea bei seiner unbeugsamen Haltung blieb, sich nicht an den Sechs-Parteiengesprächen zu beteiligen, solange die USA ihre finanziellen Sanktionen nicht aufheben." Sie äußerte besorgt: "Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sich die Sechs-Parteiengespräche um Nordkorea im Kreise drehen. Wenn es so weitergeht, muss der Sinn der Fortführung der Gespräche in Frage gestellt werden." Die Sankei fuhr fort: "Die Beteiligten sollten erwägen, erneut den VN-Sicherheitsrat anzurufen. [...] Die Haltung, die Nordkorea bei der letzten Runde der Sechs-Parteiengespräche an den Tag legte, rechtfertigt eine Verschärfung der Resolution des VN-Sicherheitsrats über Sanktionen. Die internationale Gemeinschaft darf die Ichbezogenheit Nordkoreas nicht länger dulden. Das wäre viel zu gefährlich."
Die Nihon Keizai Shimbun (Nikkei) titelte "Fortschritte bei den Sechs-Parteiengesprächen notwendig" und unterstrich: "Wenn wir tatsächlich der Meinung sind, dass etwas gegen die Bedrohung der globalen Sicherheit durch Nordkorea getan werden muss, dann müssen wir Fortschritte erzielen, um aus der Sackgasse zu kommen - zum Beispiel die Aufwertung der Gespräche auf Ebene der Außenminister. Das Gremium der Sechs-Parteiengespräche ist wichtig - das Problem ist allerdings kein technisches, sondern ein politisches. Besonders wichtig ist der politische Wille der Vereinigten Staaten und Chinas zur Lösung des Problems. [...] Es sind Verhandlungen nötig, die durch politischen Druck, etwa durch Sanktionen, verstärkt werden." Die Nikkei bemerkte zudem: "Nordkorea hat die Gemeinsame Erklärung der Sechs-Parteiengespräche vom September 2005 verletzt, in der es seine Bereitschaft zur Aufgabe seiner Kernwaffen erklärt hatte. Es wäre nur logisch, nach 13 Monaten die Gespräche wieder aufzunehmen. Man sagt Nordkorea nach, dass sich Diplomaten an diesem Land die Zähne ausbeißen. Der Grund liegt darin, dass es eine festgefügte innenpolitische Meinung sowohl in Japan als auch in den Vereinigten Staaten gibt. Nordkorea ist sich dessen bewusst, weshalb es unsinnige Diskussionen führt und auf Zeit spielt."
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