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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


25. 12. 2006

 

 

Japan alarmiert über prognostizierten Bevölkerungsrückgang von 30% bis 2055

Nach einer Prognose des Nationalen Forschungsinstituts für Bevölkerung und soziale Sicherheit wird Japans Bevölkerung innerhalb von 50 Jahren um 30% auf unter 90 Millionen Menschen im Jahr 2055 sinken, wenn die aktuelle Geburtenrate von 1,26 unverändert bleibt, was als höchstwahrscheinlich gilt. Die Bevölkerung Japans erreichte demnach im Dezember 2004 mit 127.840.000 Menschen ihren Höchststand. Im Jahr 2055 werden es noch 89.930.000 Japaner sein, sollte sich die Prognose bewahrheiten.

Die neue Prognose, die gegenüber der letzten Schätzung eine raschere Abnahme der Bevölkerungszahl voraussagt, gilt als ein Alarmzeichen dafür, dass sich Japan einem rapiden Rückgang seiner Bevölkerung gegenüber sieht, während sie zugleich einen beunruhigend hohen Prozentsatz von Menschen über 65 Jahren, den höchsten weltweit, aufweisen wird. Die Auswirkungen dessen werden insbesondere für das Rentensystem verheerend sein. Ein erheblicher Rückgang der arbeitenden Bevölkerung und damit des wirtschaftlichen Wachstumspotentials sind weitere einschneidende Konsequenzen.

Verglichen mit dem Jahr 2005 wird sich die Zahl der über 65-Jährigen gegenüber 2055 von 25.760.000 um 40% auf 36.460.000 erhöhen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird dementsprechend von 20% auf 40% steigen. Dagegen wird die arbeitende Bevölkerung in der Altersgruppe der 15- bis 64-Jährigen von 84.420.000 um 46% auf 45.950.000 sinken. So kommen in 50 Jahren nur noch 1,3 Arbeitnehmer auf einen Ruheständler, während derzeit noch 3,3 Arbeitnehmer auf einen Rentner kommen.  

Die Auswirkungen auf das Rentensystem, das auf den von den Arbeitnehmern entrichteten Beiträgen beruht, von denen wiederum die Renten gezahlt werden, werden als ernst erachtet. Ein solches System kann schwerlich zahlungsfähig bleiben, wenn mit den Jahren die Zahl junger Menschen sinkt. Die Rentenzahlungen werden einschneidend gekürzt oder ihr Auszahlungsbeginn weiter verschoben werden müssen; so wurde das Renteneintrittsalter bereits von 60 auf 65 Jahre angehoben. Selbst eine grundlegende Revision des gesamten Rentensystems ist in der Diskussion.

Die Aussicht auf eine Abnahme der arbeitenden Bevölkerung weckt zudem Bedenken, da sie das wirtschaftliche Wachstumspotential des Landes gefährdet. Neben dem Kapital und der Produktivität ist die Größe der Arbeitskraft ein Schlüsselindex für das Wachstumspotential einer Wirtschaft. Damit Japan seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Bevölkerungsriesen wie China und Indien bewahren kann, wird es zur Erhöhung der allgemeinen Produktivität notwendig werden, die Arbeit in produktivere und effizientere Bereiche der Wirtschaft zu verlagern. Eine verstärkte Beschäftigung von Menschen nach ihrer Pensionierung und der Einsatz bislang nur wenig genutzter weiblicher Arbeitskräfte stehen somit zur Diskussion. Ein solch scharfer Einschnitt bei den Arbeitskräften wie vorausgesagt wird jedoch schwerlich durch einen Anstieg der Produktivität oder andere Maßnahmen wettgemacht werden können, was Japan direkt auf die Notwendigkeit ausländischer Arbeitskräfte verweist.

Ein wichtiger und grundlegender Schritt, der in Betracht gezogen werden muss, besteht in der Umkehr der Tendenz der abnehmenden Bevölkerungszahl durch eine Erhöhung der niedrigen Geburtenrate, die mit 1,26 weit hinter der notwendigen Reproduktionsrate zurückliegt. Das Bevölkerungsinstitut prognostiziert, dass sich die Geburtenrate trotz Fördermaßnahmen für Frauen, die sie zur Heirat und Mutterschaft neben dem Berufsleben ermutigen sollen, innerhalb der nächsten 50 Jahre nicht entscheidend ändern wird.

Medien bezeichnen Prognose als "schockierend"   

Die ernsten Auswirkungen der abnehmenden Bevölkerungszahl im Rahmen der demographischen Prognose wurden von den meisten führenden Tageszeitungen thematisiert. Die Nihon Keizai Shimbun schrieb in ihrer Ausgabe vom 22. Dezember: "Unbestritten ist der Zusammenbruch des Rentensystems und der medizinischen Versorgung eine naheliegende Aussicht, und der Mangel an Arbeitskräften kann nicht allein durch technologische Innovationen kompensiert werden. Es ist an der Zeit, die Prognose als eine dringliche Warnung zu verstehen und umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um sich auf die sinkende Kinderzahl einzustellen und die verschiedenen Systeme zu überdenken." Die Zeitung kritisierte zudem scharf "den Mangel an Entschlossenheit im öffentlichen und privaten Sektor, sich trotz der gebotenen Dringlichkeit der Kinderfrage zu stellen". Sie erwähnte zum einen die mageren finanziellen Fördermöglichkeiten der Regierung für Kinder und zum anderen die allgemeine Abneigung von Privatunternehmen, die Arbeitsbedingungen zugunsten berufstätiger Mütter zu verbessern.

Die Asahi Shimbun bezeichnete die neue Bevölkerungsprognose der Regierung am 21. Dezember als "schockierend". Sie monierte den übertriebenen Optimismus der Regierung bei der Erstellung älterer demographischer Schätzungen. "Ein Gutachten der Regierung zeigt, dass 90% junger alleinstehender Japaner heiraten und zwei oder mehr Kinder haben möchten. Aber gemäß der aktuellen Studie wollen etwas mehr als 20% der Bevölkerung allein bleiben und die durchschnittliche Zahl der Kinder verheirateter Paare liegt nur noch bei 1,7. [...] Die Diskrepanz erscheint zu groß", kritisierte die Zeitung. Sie schrieb weiter: "Verschiedene Maßnahmen sind erforderlich, um die Lage zu verbessern. Wir glauben insbesondere, dass Unternehmen eine wichtige Rolle spielen müssen. Wenn junge Menschen heiraten, wird es schwierig für sie Kinder zu haben - es sei denn, sie haben sichere Zukunftsaussichten. Auch sollten die Unternehmen mehr feste Angestellte beschäftigen."

Die Mainichi Shimbun, die die neue Erhebung gleichfalls als "schockierende Zahl" bezeichnete, betonte in ihrem Leitartikel vom 21. Dezember, dass "wir uns der Realität stellen müssen." Sie unterstrich, dass "wir in erster Linie Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und ältere Menschen schaffen müssen. [...] Bessere Kindertagesstätten, die Senkung der Bildungskosten für Kinder und die Schaffung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind Bereiche, in denen es viel Spielraum für Verbesserungen sowohl durch staatliche als auch private Organisationen gibt. Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass zur Sicherung eines privaten Einkommens ein gutes wirtschaftliches Management die beste Politik für eine Gesellschaft mit einer sinkenden Zahl von Kindern ist", so die Zeitung. Sie fügte hinzu, dass "es höchste Zeit ist, eine Debatte zur Akzeptanz ausländischer Arbeitskräfte zu beginnen."

Die Yomiuri Shimbun hob in ihrem Leitartikel vom 21. Dezember hervor: "Die fallende Geburtenrate hat bereits alle Voraussagen übertroffen; die Bevölkerungsprognose wurde immer aufs neue aktualisiert und die jeweils vorangegangene Schätzung nach unten korrigiert. Dies ist ein seit Jahren praktiziertes Vorgehen. [...] Die unzureichenden staatlichen Beihilfen für mehr Kinder werden ohne ersichtlichen Erfolg bleiben. [...] Wenn angesichts der ernsten finanziellen Lage entscheidende Maßnahmen getroffen werden müssen, ist eine Diskussion um neue Einnahmequellen, die Verbrauchssteuer eingeschlossen, unausweichlich", so die Yomiuri.

Die Sankei Shimbun zitierte in ihrem Leitartikel vom 22. Dezember Sir Rutherford Alcock, der 1859 als erster britischer Generalkonsul in Japan eintraf und den Text "Die Hauptstadt des Tycoon" verfasste, in welchem er das Land zu seiner Zeit als "Kinderparadies" beschrieb: "In der Vergangenheit waren die Kinder Japans Schatz. Wir hoffen, dass wir ein weiteres Absinken der Geburtenrate verhindern können, indem sich jedes Mitglied der Gesellschaft daran erinnert", schrieb die Zeitung und rief dazu auf, dass sich Unternehmen, Gemeinschaften und Familien von ihrem jeweiligen Standpunkt aus mit dieser schwierigen und ernsten Frage auseinandersetzen.

(Copyright 2006 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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