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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)


15. 01. 2007

 

 

Premierminister Abe und Außenminister Aso besuchen Europa

Premierminister Shinzo Abe und Außenminister Taro Aso bereisten vom 9. bis 13. Januar Europa. Premierminister Abe besuchte vier Länder Westeuropas (Großbritannien, Deutschland, Belgien und Frankreich), während Außenminister Aso vier osteuropäischen Ländern (Rumänien, Bulgarien, Ungarn und die Slowakei) einen Besuch abstattete. Es ist außerordentlich selten, dass der japanische Premierminister und sein Außenminister gleichzeitig europäische Länder bereisen und somit gleichsam die Arbeit unter sich aufteilen.

Die japanischen Medien glaubten in den Aktivitäten des Premierministers und des Außenministers die Absicht der Regierung zu erkennen, die Beziehungen zu Europa zu vertiefen. In ihren Ausgaben vom 11. Januar publizierten die beiden führenden Tageszeitungen des Landes, die Yomiuri Shimbun und die Asahi Shimbun, lange Kommentare, die die Bedeutung der gleichzeitig unternommenen Besuche in Europa unter der Überschrift "Ausbau der Beziehungen zu Europa: Kooperation mit der NATO und Unterstützung für Osteuropa" sowie "Europabesuche: Doppeloffensive beim Versuch, sich von den USA zu lösen" analysierten. Unter Berücksichtigung des Hintergrunds der Europareisen hob der Artikel der Yomiuri hervor, dass die Regierung sich dafür entschieden zu haben scheine, dass "auf der Grundlage des im November 2006 verkündeten Konzepts des 'Bogens der Freiheit und der Prosperität' die Vertiefung der Beziehungen zur Europäischen Union und zum Nordatlantischen Bündnis von großer Bedeutung für die Stabilisierung der jungen Demokratien von der Ostseeküste bis nach Zentralasien ist."

Hoffen auf mehr Optionen innerhalb der japanischen Außenpolitik

Am 10. Januar, unmittelbar nach dem Abflug von Premierminister Abe nach Europa, widmeten sich die drei größten japanischen Tageszeitungen, die Yomiuri, die Asahi und die Mainichi Shimbun, diesem Thema in ihren Leitartikeln. Der rote Faden dieser Leitartikel bestand in der Hoffnung auf einer Erweiterung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Europa.   

Die Yomiuri schrieb in ihrem Leitartikel: "1949 wurde die NATO als militärisches Bündnis gegründet, das die Vereinigten Staaten, Kanada und zehn europäische Staaten umfasste. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde die NATO um die Länder Osteuropas erweitert und hat heute 26 Mitglieder. Unterdessen erweiterte sich auch die EU um eine Reihe von Mitgliedern des früheren Ostblocks. Die Zahl ihrer Mitglieder wuchs diesen Monat auf 27. Das bedeutet, dass sich die EU von einem Bündnis westeuropäischer Staaten zu einem Staatenbund entwickelt hat, der fast ganz Europa umfasst. Die Mitglieder der EU und der NATO teilen Werte wie Freiheit und Demokratie mit den Vereinigten Staaten, die ein seit langem bestehendes Bündnis mit Japan unterhalten. Abes Besuch in Europa bietet nun die Möglichkeit, Japans Beziehungen zur EU und zur NATO, die beide einen erheblichen Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen konnten und zugleich ihre Strukturen grundlegend veränderten,  auszubauen." In Bezug auf eine mögliche Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Japan und der NATO in weltweitem Rahmen fuhr sie fort: "Internationale Sicherheits- und Unterstützungskräfte unter Führung der NATO sind derzeit in Afghanistan stationiert. Die Aktivitäten der NATO in Afghanistan und die der Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) im Indischen Ozean beruhen auf gemeinsamen Grundlagen. Die Seestreitkräfte der SDF helfen in der Region bei der Treibstoffversorgung. Weitere Angehörige der SDF unterstützen Menschen in Pakistan, die 2005 vom verheerenden Erdbeben betroffen wurden und befinden sich nahe der Region, in der auch NATO-Truppen im Einsatz sind."

Der Leitartikel der Asahi stellte fest: "Das Desaster im Irak beeinträchtigt Washingtons Fähigkeit, effektiv auf außenpolitische Herausforderungen zu reagieren. Von nun an werden die Vereinigten Staaten die Zusammenarbeit mit Europa suchen müssen. Unter diesen veränderten Umständen des außenpolitischen Umfelds hat Japan mehr als nur einen Grund, seine Bemühungen zur Vertiefung seiner Beziehungen zu Europa zu intensivieren. Während das Bündnis mit den Vereinigten Staaten für Japan von unveränderter Wichtigkeit ist, ist es für Tokyo gleichfalls unerlässlich, sich eine breite außenpolitische Perspektiven zu eröffnen, anstatt sich ausschließlich auf seine Beziehungen zu Washington zu verlassen." Sie fügte hinzu: "Auch Europa ist eng mit den Vereinigten Staaten verbunden, allerdings unterscheidet  sich seine Haltung erheblich von derjenigen Japans. Frankreich und Deutschland waren gegen den Krieg im Irak. Europa verfolgt auch bei Fragen der Gestaltung internationaler Regeln im Kampf gegen die globale Erwärmung sowie bei der Fortsetzung multilateraler Handelsgespräche unter Führung der Welthandelsorganisation andere Positionen als die Vereinigten Staaten. Japan kann von den europäischen Staaten, die für ihre gemeinsamen Interessen eigene Regeln aufgestellt haben, eine Menge lernen."

Premierminister Abes Vortrag vor dem NATO-Rat

Bei seinen Gesprächen mit den führenden Politikern der besuchten Länder diskutierte Premierminister Abe sowohl Maßnahmen zur Vertiefung der jeweiligen bilateralen Beziehungen als auch Themen wie das Nuklearprogramm Nordkoreas, die Entführung japanischer Staatsbürger sowie die Aufrechterhaltung des Waffenembargos der EU gegenüber China. Innerhalb der verschiedenen offiziellen Termine des Premierministers richteten die japanischen Medien ihr größtes Augenmerk auf seinen Vortrag im NATO-Hauptquartier am 12. Januar.

Laut Berichten der japanischen Zeitungen hob Premierminister Abe in seinem Vortrag vor dem NATO-Rat u.a. hervor, dass (1) Japan und die NATO grundlegende Werte miteinander teilen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemeinsam für eine Lösung globaler Probleme einsetzen sollten und dass die japanische Regierung gegenwärtig die geeignetste Form der internationalen Zusammenarbeit für den Frieden einschließlich grundlegender Richtlinien für die Teilnahme von Angehörigen der SDF und von Zivilisten diskutiert, (2) dass Japan zusätzliche Entwicklungshilfe im Umfang von 300 Millionen US-Dollar für Afghanistan leisten wird und damit die Strategie zur Entwicklung Afghanistans in Bereichen wie Straßenbau und der Entwicklung der Landwirtschaft unterstützen wird, (3) dass der Atomtest Nordkoreas eine Bedrohung für die internationale Gemeinschaft darstellt, die unter keinen Umständen hingenommen werden kann und dass er daher die NATO-Mitgliedsstaaten auffordert, unverzüglich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Nordkorea dazu zu bringen, aufrichtige Schritte zur Lösung der Entführungsfrage zu ergreifen, sowie schließlich (4), dass es in Bezug auf China Unklarheiten, z.B. die steigenden Verteidigungsausgaben und einen anhaltenden Mangel an Transparenz, gibt sowie dass Partner mit gemeinsamen Grundwerten ihre Zusammenarbeit  vertiefen sollten, um die Sicherheit in Ostasien zu verbessern.

Ein Sonderkorrespondent der Yomiuri, der den Premierminister begleitete, äußerte sich anerkennend über die Bedeutung des Vortrags und schrieb: "Im Zuge der veränderten internationalen Lage seit den Anschlägen in den Vereinigten Staaten vom 11. September 2001 besteht die Strategie [der japanischen Regierung] in einer Vertiefung der Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Ländern - unter Beibehaltung des japanisch-amerikanischen Bündnisses als Herzstück der japanischen Außenpolitik." Ein Sonderkorrespondent der Asahi kommentierte: "Dies war der erste Besuch eines japanischen Premierministers bei der NATO. Der Grund dafür ist, dass Japan aufgrund verfassungsrechtlicher Beschränkungen Gespräche mit der NATO, die ein militärisches Bündnis darstellt, bislang vermieden hat. Sollte die Kooperation mit der NATO ausgebaut werden, besteht die Möglichkeit, dass der Rahmen der vom Premierminister vorgeschlagenen konkreten Prüfung in Bezug auf die Ausübung des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung erweitert wird."             

Die Ergebnisse der Reise des Premierministers und künftige Aufgaben

Auf einer Pressekonferenz für japanische und ausländische Journalisten am 13. Januar in Paris fasste Premierminister Abe die Ergebnisse seiner Reise wie folgt zusammen: "Es ist mir gelungen, die Beziehungen zu den europäischen Staaten zu intensivieren, die als strategische Partner unsere Ziele und Verantwortlichkeiten bei einem breiten Spektrum von Themen teilen." Nichtsdestotrotz ist nicht zu übersehen, dass die Reise auch die Unterschiede in Bezug auf die außenpolitischen Interessen Japans und Europas deutlich machte.

Die Yomiuri veröffentlichte am 14. Januar folgenden Artikel eines Sonderkorrespondenten: "Die Reise hat erneut deutlich gemacht, dass die europäischen Staaten weit von Japan entfernt liegen und dass sich die Interessen nicht zwangsläufig decken. Die Frage des Waffenembargos gegenüber China ist dafür ein klarer Beleg. Nach den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 untersagte die EU ihren Mitgliedsstaaten sowohl jegliche militärische Zusammenarbeit mit China als auch den Export von Waffen. Allerdings nehmen seit 2004 insbesondere in Deutschland und Frankreich die Stimmen zu, die sich für eine Aufhebung des Waffenembargos einsetzen, um die Beziehungen zu China, das derzeit eine eindrucksvolle wirtschaftliche Entwicklung erlebt, zu verbessern." Der Artikel fuhr fort: "Ein wichtiger Grund für das EU-Waffenembargo besteht in den Menschenrechtsverletzungen in China. Hier besteht ein grundlegender Unterschied zu Japan, das hier in erster Linie ein Sicherheitsproblem sieht." Zusammenfassend schloss der Artikel: "Durch den Europabesuch noch vor seinem Antrittsbesuch in den Vereinigten Staaten ist es dem Premierminister gelungen, seine positive Haltung gegenüber Europa deutlich zu machen. Allerdings sind beharrliche diplomatische Anstrengungen notwendig, um die Ergebnisse der Reise zu festigen."

(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)

 

 

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