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Japan Brief (Foreign Press Center Japan)
17. 01. 2007
Ostasiengipfel als weiterer Schritt in Richtung regionale Integration begrüßt
Die Serie bilateraler und multilateraler Zusammenkünfte, die am 14. und 15. Januar in Cebu auf den Philippinen stattfanden und ihren Höhepunkt mit dem zweiten Ostasiengipfel mit sechzehn teilnehmenden Staaten hatten, wurde allgemein als ein Schritt in Richtung stärkere regionale Integration begrüßt, die in den letzten Jahren auf der Grundlage immer enger werdender wirtschaftlicher Abhängigkeiten in der weltweit am schnellsten wachsenden Region zunehmend an Gestalt gewinnt. Zahlreiche Schichten miteinander verflochtener wirtschaftlicher und politischer Beziehungen zwischen den beteiligten Akteuren - Japan, China, Südkorea, die ASEAN (Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten), Indien, Australien und Neuseeland - deuten auf eine verstärkte Tendenz in Richtung regionale Integration hin, von der viele Beobachter glauben, dass ihr einerseits zahlreiche Hindernisse entgegen stehen, die anderseits aber auch nicht mehr aufzuhalten zu sein scheint.
Der Ostasiengipfel schloss mit einer Erklärung über Schritte zur regionalen Zusammenarbeit und Verpflichtungen u.a. im Bereich Energiesicherheit, die zudem eine Studie über eine sechzehn Staaten umfassende Freihandelszone und einen Aufruf an Nordkorea, die Entwicklung von Kernwaffen einzustellen, beinhaltete. Zuvor hatten bereits eine Zusammenkunft der so genannten ASEAN+3 (Japan, China und Südkorea), der ASEAN-Gipfel mit zehn Teilnehmern, ein Dreiergipfel zwischen Japan, China und Südkorea sowie bilaterale Zusammenkünfte zwischen diesen drei Ländern stattgefunden.
Wie schon beim letzten Gipfel im Dezember 2005 wurde erneut die Rivalität zwischen Japan und China in Bezug auf die Führerschaft in der Region deutlich. Beide stellten ihre jeweiligen Konzepte für eine regionale Gruppierung vor: Japan einen Zusammenschluss von sechzehn Staaten und China sein Konzept der "ASEAN+3". Allerdings trat diese Rivalität diesmal dank der versöhnlichen Haltung von Premierminister Shinzo Abe weniger deutlich zu Tage. Die Auflösung der Unterschiede zwischen beiden Konzepten in Bezug auf die regionale Gruppierung wurde auf die Zukunft vertagt, während China weiter an seinem Konzept einer Ostasiatischen Gemeinschaft mit dreizehn Staaten festhält und Japan sein Konzept mit sechzehn Mitgliedern propagiert, mit dem der Einfluss Chinas verringert werden soll.
Japans außenpolitische Kreise und die Medien lobten Premierminister Abe für die nachdrückliche Präsentation von Japans Agenda bei den verschiedenen Zusammenkünften. Ein Beispiel dafür war die Erklärung des Ostasiengipfels, in die zahlreiche japanische Vorschläge eingearbeitet wurden, wie etwa mehr Energiesicherheit durch gesteigerte Effizienz beim Energieverbrauch, eine Reduzierung der Treibhausgase, Maßnahmen gegen die Vogelgrippe, eine Studie über ein regionales Freihandelsabkommen, aber auch eine Warnung an Nordkorea wegen seines Nuklearprogramms und der Frage der Entführungen, die beide derzeit Japans wichtigste Anliegen darstellen.
Die stetig zunehmenden, entweder bereits abgeschlossenen oder geplanten Freihandelsabkommen, welche die Staaten in der Region miteinander verknüpfen, waren ebenfalls ein wichtiges Thema auf der Ebene der ASEAN+3, wo China offensichtlich eine zentrale Rolle spielte. Mit dem Auftreten Indiens als weiterer wichtiger Akteur auf der Bühne steht zu befürchten, dass Japan noch mehr ins Hintertreffen geraten könnte.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entscheidung der ASEAN, für die Bildung einer Union nun die Zielmarke 2015 anzugeben und damit den früher genannten Termin 2020 vorzuziehen. Die Entscheidung wurde allerdings wegen der zwischen den Mitgliedern bestehenden politischen Differenzen zunächst mit großer Skepsis aufgenommen. Nichtsdestotrotz wurde deutlich, dass die aus zehn Ländern bestehende Organisation ihre Einheit ausbauen muss, da die drei ostasiatischen Staaten Japan, China und Südkorea eine immer wichtigere Rolle bei der regionalen Integration spielen und damit die ASEAN, die bisher die Führung innehatten, zunehmend überholen.
Ergebnisse von den Medien allgemein begrüßt
Bei der Zusammenfassung der Treffen äußerten sich die meisten japanischen Medien vorsichtig positiv über deren Auswirkungen für die künftige regionale Integration. Alle fünf führenden Tageszeitungen behandelten das Thema in ihren Leitartikeln vom 16. Januar.
Die Sankei Shimbun gab Premierminister Abe die besten Noten für das, was sie als "fruchtbare Ergebnisse" dieser Zusammenkünfte bezeichnete. Die Zeitung schrieb: "Das am meisten zu lobende Resultat für Japan war das zunehmende Verständnis und die Ausweitung der Zusammenarbeit in Bezug auf die Entführungen. Chinas Premierminister Wen Jiabao sagte beim Treffen mit Premierminister Abe, dass China in Bezug auf die Entführungen die ‚notwendige Zusammenarbeit anbietet.' Damit ging das Land erstmals offiziell über den Ausdruck ‚Verständnis' hinaus. In der gemeinsam von Japan, China und Südkorea herausgegeben Erklärung wurde zum ersten Mal auch die Frage der Menschenrechte in Nordkorea einschließlich der Entführungen aufgeführt, indem die ‚Bedeutung der Behandlung dieser Frage, die Gegenstand der Besorgnis der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Menschenrechte ist', hervorgehoben wurde. Zugleich wurde darauf auch erstmals in der Erklärung des Vorsitzenden des Ostasiengipfels Bezug genommen."
Die Yomiuri Shimbun konzentrierte sich auf den Versuch der ASEAN, ihr Ziel der Bildung einer ASEAN-Gemeinschaft und der Schaffung einer Verfassung für die ASEAN bis 2015 zu erreichen. Sie schrieb: "Die ASEAN ziehen ausländische Investitionen an und nutzen diese, um die Solidarität und die wirtschaftliche Entwicklung unter den Mitgliedsstaaten auszuweiten und zugleich anderen Gruppierungen im Bereich regionaler Integration den Rang abzulaufen. Um dem zunehmenden Einfluss Chinas und Indiens zu begegnen, müssen die ASEAN das Tempo ihre Konsolidierung erhöhen und diese weiter festigen. [...] Die ASEAN sind für Japan nicht allein politisch und wirtschaftlich, sondern auch historisch von großer Bedeutung. Der Erfolg oder Misserfolg der ASEAN-Reform hat unmittelbare Auswirkungen auf die Stabilität der Region. Daher müssen die Auswirkungen, welche die Formulierung einer Verfassung auf die Zukunft der ASEAN haben können, aufmerksam verfolgt werden."
Die Asahi Shimbun unterstrich die große Bedeutung einer langfristigen Perspektive und von Geduld bei der regionalen Integration: "Die Reihe von Zusammenkünften auf den Philippinen hat die Tatsache beleuchtet, dass Japan und China zwei unterschiedliche Konzepte für die ostasiatische Gemeinschaft verfolgen. Dabei scheint Beijing gegenüber Tokyo einen leichten Vorsprung in Bezug auf die Führung in der Debatte innerhalb der Region zum Erreichen dieses ambitionierten Ziels zu haben. Allerdings ist dies eine wirklich langfristige Vision, die nicht in den nächsten zehn Jahren oder so Wirklichkeit werden wird. Japan und China sollten sich bei ihren außenpolitischen Kampagnen nicht so sehr auf kurzfristige Vorteile und Rückschläge konzentrieren, sondern sich verstärkt um die besseren Ideen bemühen, um so dieses Fernziel zu erreichen."
Die Nihon Keizai Shimbun meinte, dass die zunehmend an Fahrt gewinnende Tendenz für wirtschaftliche Partnerschaft in Ostasien weiter gefördert werden müsse: "Es ist offensichtlich, dass diese Tendenz zwischen den einzelnen Staaten in der Region zunehmend an Bedeutung gewinnt, um gemeinsame Aufgaben zu lösen, auch wenn man nicht erwarten kann, dass sie sich so ohne Weiteres zu einer ‚Wirtschaftsgemeinschaft' wie die Europäische Union weiterentwickeln wird." Die Zeitung fuhr fort: "Um die wirtschaftliche Vitalität Ostasiens als Ganzes zu verbessern, haben Japan und China die Verantwortung, ihre Austausch auf einem ‚gereiften' Niveau fortzusetzen sowie die Dynamik der Solidarität und Kooperation unter den Staaten der Region aufrechtzuerhalten. Beide Länder sollten um das beste Konzept und die besten Maßnahmen zur Ausweitung der wirtschaftlichen Partnerschaft konkurrieren und nicht so sehr um die Führerschaft streiten."
Die Mainichi Shimbun nahm Bezug auf die Energiesicherheit als eines der wichtigsten Themen beim Ostasiengipfel: "Japan ist im Besitz von weltweit führenden Technologien zur Energieeinsparung, und es ist in der Lage, dadurch Beziehungen auf der Grundlage von gegenseitigem Nutzen zu gestalten. Wir sollten eine erweiterte Zusammenarbeit anstreben, damit die asiatischen Länder ihren Einfluss auf Energiefragen vergrößern." Die Zeitung rief die japanische Regierung zu einem eigenen größeren Beitrag zur Liberalisierung des Handels auf, insbesondere mit Blick auf die Agrarimporte: "Um angesichts einer schrumpfenden Bevölkerungszahl die Vitalität zu bewahren, ist eine Ausweitung der Wirtschaft aufgrund des freien Handels erforderlich; genau dies ist die Verantwortung der Regierung Abe."
(Copyright 2007 Foreign Press Center, Japan)